Der Bundesrat hat in seiner 842. Sitzung am 14. März 2008 zu dem Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates gemäß § 6 Abs. 1 SachvRatG und zu dem Jahreswirtschaftsbericht 2008 der Bundesregierung gemäß § 2 Abs. 1 StabG wie folgt Stellung genommen:
- 1. Der Bundesrat nimmt das Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und den Jahreswirtschaftsbericht 2008 der Bundesregierung zur Kenntnis.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass sich der Aufschwung in Deutschland 2007 mit einem realen Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent ungebrochen fortgesetzt hat. Als besonders erfreulich bewertet er die großen Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt. Der Beschäftigungsaufbau hat sich beschleunigt. Die Zahl der Erwerbstätigen ist mit über 40 Millionen so hoch wie nie zuvor. Die Zahl der Arbeitslosen ging von 4.860.880 im Jahresdurchschnitt 2005 um über eine Million auf 3.776.425 im Jahresdurchschnitt 2007 zurück. Der Bundesrat teilt die Einschätzung von Bundesregierung und Sachverständigenrat, dass es sich bei der Entspannung am deutschen Arbeitsmarkt in den letzten beiden Jahren nicht nur um eine zyklische Erholung handelt, sondern auch um einen Abbau der verfestigten Sockelarbeitslosigkeit.
- 3. Der Bundesrat stimmt mit der Bundesregierung und dem Sachverständigenrat darin überein, dass die erfreuliche Entwicklung beim Wachstum und bei der Beschäftigung auch auf die Reformpolitik der letzten Jahre zurückzuführen ist. Die Arbeitsmarktreformen, die Senkung der Lohnzusatzkosten, die Rückführung der Staatsquote, die Maßnahmen zum Bürokratieabbau, die Rentenreform, die Hightech-Strategie für Deutschland, das Impulsprogramm von Genshagen und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte haben die Wachstums- und Beschäftigungskräfte in Deutschland gestärkt. Im Ergebnis trugen und tragen diese Reformen dazu bei, das Potenzialwachstum zu steigern und die Beschäftigungsschwelle des Wachstums zu senken.
- 4. Der Bundesrat sieht in der Bilanz des vergangenen Jahres eine gute Ausgangsbasis für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2008. Er teilt die Einschätzung von Sachverständigenrat und Bundesregierung, wonach das Wachstumstempo in diesem Jahr zwar etwas nachlassen, der Aufschwung aber nicht abreißen werde. Die konjunkturellen Abwärtsrisiken sind zweifellos gestiegen, die Wirtschaft ist aber in einer ausreichend robusten Verfassung, um damit fertig zu werden. Die wichtigsten Frühindikatoren sprechen für eine Fortsetzung des Aufschwungs. Nach dem Auslandsgeschäft und den Investitionen sollte sich in diesem Jahr auch der private Verbrauch, getragen von wachsender Beschäftigung, steigenden Löhnen und Gehältern und niedrigeren Beiträgen zur Sozialversicherung spürbar beleben.
- 5. Der Bundesrat weist allerdings auch darauf hin, dass verhindert werden muss, dass auf Märkten, bei denen der Wettbewerb stark eingeschränkt ist, z.B. bei Strom und Gas, durch einen überhöhten Preisanstieg zusätzlich Kaufkraft zu Gunsten von Monopolgewinnen der dort agierenden Unternehmen entzogen wird, wodurch der erhoffte konjunkturelle Impuls aus steigenden Verbraucherausgaben zumindest teilweise absorbiert würde.
- 6. Der Bundesrat plädiert für eine quantitative und qualitative Konsolidierung der Staatsfinanzen mit dreifacher Zielsetzung: Erstens ist die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte konsequent weiter voranzutreiben. Zweitens sollten die investiven Ausgaben noch stärker erhöht werden, vor allem auch für die Verkehrsinfrastruktur und für Forschung und Entwicklung. Ausgabenwünsche im konsumtiven Bereich sollten eng begrenzt werden. Drittens sollten finanzpolitische Handlungsspielräume mittelfristig auch dazu genutzt werden, um die Steuer- und Abgabenbelastung der Bürger weiter zu senken und sie nicht zuletzt auf diesem Wege am Aufschwung teilhaben zu lassen.
- 7. Der Bundesrat stellt fest, dass insbesondere auch die neuen Länder von der Überwindung der bis zum Jahr 2005 anhaltenden gesamtdeutschen Wachstumsschwäche profitiert haben. Das Wachstum der ostdeutschen Industrie hat sich in 2007 weiter beschleunigt. Nach den vorliegenden Prognosen wird diese positive Wirtschaftsentwicklung in den neuen Ländern auch im laufenden Jahr anhalten. Die wirtschaftlichen Fortschritte der neuen Länder bestätigen die Bedeutung gesamtstaatlicher Strukturreformen für den Aufbau Ost. Der Bundesrat hält es daher gerade auch mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung in den neuen Ländern für geboten, dass die Bundesregierung an dem eingeschlagenen Reformkurs zur Steigerung der Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland festhält.
- 8. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Bundesregierung, dass auf Grund der immer noch bestehenden Strukturprobleme eine besondere Förderung der neuen Länder notwendig bleibt. Die Ansiedlung neuer und das Wachstum bestehender Unternehmen in Ostdeutschland müssen weiterhin gezielt unterstützt werden. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, die Mittelausstattung der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" in den kommenden Jahren mindestens auf dem derzeitigen Niveau zu verstetigen.