Der Bundesrat hat in seiner 936. Sitzung am 25. September 2015 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission zur Strategie der EU für den Alpenraum, die rund 80 Millionen Menschen in 48 Regionen und sieben Staaten umfasst. Sie bildet den Rahmen für eine weitere Stärkung der Zusammenarbeit mit dem Ziel, die wirtschaftliche Entwicklung, die Verkehrsanbindung, die Umweltbedingungen sowie die Nachhaltigkeit der Energiesysteme zu verbessern.
- 2. Er begrüßt ferner, dass die Kommission die Strategie der EU für den Alpenraum in intensiver Zusammenarbeit und auf der Grundlage umfangreicher Konsultationen mit den Interessenträgern und Anrainern der betroffenen Region erstellt hat.
- 3. Der Bundesrat begrüßt zudem den integrativen Ansatz der Strategie der EU für den Alpenraum, die üblicherweise getrennt behandelte Politikfelder in Zusammenhang bringt und dadurch auf das koordinierte Zusammenwirken der Kommission mit den Regionen, beteiligten Staaten, Organisationen und anderen Interessenträgern abzielt. Dadurch können wichtige Synergieeffekte erreicht werden. Er unterstützt den gewählten Ansatz einer makroregionalen Strategie, wie er im Rahmen der Ostsee-, der Donauraum- und der Adriatisch-Ionischen Strategie bereits erfolgreich umgesetzt wird.
- 4. Der Bundesrat begrüßt außerdem, dass sich die Kommission auf wesentliche inhaltliche Schwerpunkte konzentriert hat, die im Rahmen der Strategie der EU für den Alpenraum verfolgt werden sollen: Den Aufbau von Wohlstand, die Anbindung des Alpenraums sowie den Umweltschutz und die Verbesserung der Nachhaltigkeit im Energiebereich. Damit kann die Strategie der weiteren Entwicklung des Alpenraums einen dynamischen Rahmen geben. Im Schwerpunktbereich Wirtschaftswachstum und Innovation sollen zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten Sektoren wie etwa der Tourismus, Land- und Forstwirtschaft und deren nachgelagerte Bereiche, Energie, die Forschungslandschaft sowie die Aus- und Weiterbildung, insbesondere auch in ländlichen Gebieten, gestärkt werden. Im Schwerpunktbereich Verkehr soll die Kombination verschiedener Transportmittel im Personen- und Güterverkehr gefördert werden. Im Bereich Kommunikation liegt der Fokus auf der digitalen Vernetzung der Menschen und der besseren Zugänglichkeit öffentlicher Dienste. Der dritte Schwerpunktbereich bezieht sich auf den Umweltschutz und damit auf Themen wie die Bewahrung von Ressourcen, ökologische Konnektivität, Risikomanagement und Klimawandel. Darüber hinaus soll der Alpenraum zur Modellregion für Energieeffizienz und erneuerbare Energien werden.
- 5. Entsprechend den identifizierten Herausforderungen für die Entwicklung der nachhaltigen Mobilität im Alpenraum liegen die Schwerpunkte der Strategie auf der Förderung intermodaler Mobilitätslösungen und der Konnektivität im gesamten Alpenraum, insbesondere über die Anbindung des ländlichen Raumes und abgelegener Regionen. Damit soll den negativen Umwelteinwirkungen durch den Verkehr ebenso wie der Landflucht entgegengewirkt und das ökonomische Überleben dieser Regionen gesichert werden. Der Bundesrat begrüßt diese Schwerpunktsetzung. Er sieht zugleich, dass die Anbindung des ländlichen Raumes und abgelegener Regionen gerade unter dem Aspekt der Entwicklung ökologisch nachhaltiger Mobilitätslösungen im Alpenraum, aber auch in anderen Regionen Europas besondere Schwierigkeiten bereitet. Er regt daher an, in der Umsetzung der Strategie und des begleitenden Aktionsplans ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung von Strategien und Vorreiterprojekten für nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum zu legen. Als Leuchtturmprojekte können diese zugleich wichtige Anregungen für andere Regionen Europas geben, zum Beispiel den Donauraum, der vor ähnlichen Problemen steht.
- 6. Der Bundesrat unterstützt den Ansatz der Kommission, dass die Koordinierung der einzelnen Schwerpunktbereiche originäre Aufgabe der Staaten und Regionen ist. Insbesondere liegt die Verantwortung für die Umsetzung der Projekte und deren Erfolg vorrangig bei den Akteuren vor Ort. In dieser Hinsicht werden in Deutschland die Länder Baden-Württemberg und Bayern eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Strategie übernehmen.
- 7. Der Bundesrat begrüßt den Ansatz der makroregionalen Strategien, die Schaffung neuer Governance-Strukturen auf ein notwendiges Mindestmaß zu begrenzen. Dies ist insbesondere auch notwendig, um bei begrenzten Personalressourcen die politische Gestaltungsfähigkeit und die Effizienz des Verwaltungshandelns der beteiligten Länder zu erhalten. Er unterstützt daher die enge Zusammenarbeit der EU-Alpenraumstrategie mit bereits bestehenden nationalen, regionalen, lokalen und grenzüberschreitenden Gremien.
- 8. Der Bundesrat stimmt damit mit der Kommission überein, dass gestraffte Governance-Mechanismen für eine wirksame Durchführung makroregionaler Strategien unverzichtbar sind, und nimmt ihre Empfehlung für eine ZweiEbenen-Koordination zur politischen Steuerung zur Kenntnis. Er spricht sich für eine personalressourceneffiziente Durchführung der Strategie der EU für den Alpenraum aus, die gleichzeitig der Komplexität der makroregionalen Strategie Rechnung trägt. Er empfiehlt daher, dass die Aktionsgruppenleiter ("Action Group Leader") nach Möglichkeit auch die Aufgabenbereiche der vorgesehenen Zielkoordinatoren ("Objective Coordinators") mit abdecken.
- 9. Der Bundesrat begrüßt weiterhin, dass die Strategie der EU für den Alpenraum einen wichtigen Beitrag für die Umsetzung anderer wichtiger Politiken und Ziele der EU, darunter die Strategie Europa 2020, leisten und die bessere Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften unterstützen soll, insbesondere im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt und der Umwelt. Sie kann einen Rahmen bilden, um existierende politische Initiativen und Instrumente der EU wie etwa die Verkehrs- und Energiepolitik, die Kohäsionspolitik oder die Strategie der EU zur Erhaltung der biologischen Vielfalt besser zu koordinieren und optimal zu nutzen.
- 10. Der Mehrwert der Strategie der EU für den Alpenraum liegt in der Stärkung der staaten- und regionenübergreifenden Zusammenarbeit. Aus diesem Grund sind die Strukturfonds und einschlägigen Programme der Kohäsionspolitik ein wichtiges Instrument. Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem Alpenraum-Programm ein eigenes Interreg-V-B-Programm zur transnationalen Zusammenarbeit zur Verfügung steht.
- 11. Er stimmt mit der Kommission überein, dass die Strategie einen Orientierungsrahmen für den Alpenraum bieten soll. Gerade die Vernetzung bestehender Initiativen und Organisationen, wie der Alpenkonvention und des Alpenraumprogramms, kann einen Mehrwert bringen.
- 12. Der Bundesrat bedauert, dass die Kommission das Begleitdokument "Aktionsplan zur Alpenraumstrategie" nur in englischer Sprache vorgelegt hat. Der Aktionsplan erläutert detailliert die geplanten Aktionen. Der Bundesrat fordert die Kommission auf, den Aktionsplan im Interesse einer sinnvollen Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Öffentlichkeitsarbeit vor Ort zumindest in die Amtssprachen der sieben beteiligten Staaten zu übersetzen.
- 13. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.