866. Sitzung des Bundesrates am 12. Februar 2010
A.
Der federführende Finanzausschuss und der Ausschuss für Arbeit uns Sozialpolitik empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat begrüßt die mit dem Gesetzentwurf vorgenommene Anhebung der Freibeträge für Altersvorsorgevermögen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende von derzeit 250 Euro auf künftig 750 Euro pro vollendetem Lebensjahr. Damit wird der Vermögensschutz für geldwerte Ansprüche, die unwiderruflich der Altersvorsorge dienen, wesentlich verbessert, die eigenständige Altersvorsorge gefördert und Armut im Alter vorgebeugt.
- b) Er weist jedoch darauf hin, dass nachvollziehbare und transparente Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen sowie zu einem Kostenausgleich fehlen. Insbesondere bestehen erhebliche Zweifel, was die zu erwartenden Mehrbelastungen für die Kommunen anbelangt. Der Gesetzentwurf beziffert die im Jahr 2010 und in den Folgejahren insgesamt entstehenden Mehrkosten für die Kommunen mit jährlich rund 80 bis 90 Mio. Euro. Ansatz und Aufteilung werden nicht näher dargelegt. Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren,
- - die im Gesetzentwurf getroffene Kostenschätzung und -aufteilung kritisch zu überprüfen sowie gegebenenfalls zu korrigieren und
- - schlüssig darzulegen, inwieweit Kosten beim Bund und inwieweit Kosten bei den Kommunen entstehen.
2.
- c) Der Bundesrat hebt mit Nachdruck hervor, dass den Kommunen infolge der Anhebung der Freibeträge keine finanziellen Nachteile entstehen dürfen. Die in § 46 Absatz 5 SGB II enthaltene Entlastungsgewähr darf durch die Rechtsänderung nicht verletzt werden. Der Bundesrat bittet deshalb, im weiteren Gesetzgebungsverfahren
- - darzulegen, inwieweit erwartet werden kann, dass den Kommunen entstehende Mehrkosten unter Berücksichtigung des in § 46 Absatz 5 ff. SGB II geregelten Anpassungsmechanismus ausgeglichen werden,
- - gegebenenfalls eine außerordentliche Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu prüfen, um eine vollständige Kompensation der Mehrbelastungen zu erreichen.
Begründung
zu a)
Eine großzügigere Vermögensanrechnung fördert die Eigenverantwortung der Hilfebedürftigen und ist ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung von Altersarmut und zur Stärkung der Anreize zum Sparen für das Alter. Da der verbesserte Vermögensschutz nur für geldwerte Ansprüche greift, die unwiderruflich erst mit Eintritt in den Ruhestand verfügbar sind, ist gewährleistet, dass das angesparte Vermögen tatsächlich der Alterssicherung zugute kommt.
zu b)
Bezüglich der finanziellen Auswirkungen der Rechtsänderung werden allerdings weder der Ansatz insgesamt, noch der auf die Kommunen entfallende Anteil mit 80 bis 90 Mio. Euro belegt. Nach den geltenden Anrechnungsvorschriften ( § 19 Satz 3 SGB II) mindern Einkommen und Vermögen zuerst die vom Bund zu tragende Regelleistung. Jedenfalls solche Hilfebedürftigen, die laufende Einkünfte erzielen und SGB II-Leistungen lediglich aufstockend erhalten, können die Regelleistung ganz oder teilweise selbst decken, erhalten also nur oder überwiegend kommunale Leistungen. Es ist deshalb nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass eine Erhöhung der Freibeträge beim Altersvorsorgevermögen in erster Linie zu einer stärkeren Belastung des Bundes führen wird. Die Aufteilung der entstehenden Mehrkosten zwischen Bund und Kommunen ist daher zu überprüfen, gegebenenfalls zu korrigieren und nachvollziehbar darzulegen.
zu c)
Den Kommunen dürfen durch die Anhebung der Freibeträge beim Altersvorsorgevermögen keine finanziellen Nachteile entstehen. Deshalb ist ferner darzulegen, inwieweit erwartet werden kann, dass den Kommunen entstehende Mehrkosten unter Berücksichtigung des in § 46 Absatz 5 ff. SGB II geregelten Anpassungsmechanismus ausgeglichen werden. Gegebenenfalls ist eine außerordentliche Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu prüfen.
B.
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.