Der Bundesrat hat in seiner 949. Sitzung am 14. Oktober 2016 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat nimmt den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) zur Kenntnis. Mit dem Vorschlag sollen neben der Verpflichtung zu einer Netto-Kohlenstoffneutralität auch Beiträge der landwirtschaftlichen Nutzflächen und des Waldes durch die Land- und Forstwirtschaft zur Erfüllung von Klimaschutzverpflichtungen im Rahmen der Flexibilitätsregelung ermöglicht werden.
- 2. Der Bundesrat hält die präzise Bilanzierung der Treibhausgasemissionen bzw. des Abbaus von Treibhausgasen für erforderlich, um zu einem realistischen Überblick der Gesamtemissionen der EU zu kommen. Er ist sich der erheblichen methodischen Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Senkenbeiträge bewusst.
- 3. Der Bundesrat betont die Bedeutung nachhaltig bewirtschafteter Wälder und der Holzverwendung für den Klimaschutz. Die stoffliche und energetische Holzverwendung aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern kann andere nicht nachwachsende Rohstoffe ersetzen und leistet dadurch, ganz besonders bei kombinierten Verwendungsabfolgen, einen sehr wirksamen positiven Beitrag zum Klimaschutz. Dies darf im Hinblick auf die im Pariser Übereinkommen vereinbarte Netto-Kohlenstoffneutralität bis 2050 jedoch nicht dazu führen, dass die Klimaschutzaktivitäten in den anderen Bereichen nachlassen.
- 4. Er begrüßt insbesondere, dass gemäß dem Verordnungsvorschlag in Artikel 2 zukünftig eine parallele Berichterstattung sowohl nach den Standards des Kyoto-Protokolls als auch nach dem Berichterstattungsrahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) entfällt und es einheitliche Berichterstattungs- und Anrechnungsvorgaben gibt. Dies führt zu einer größeren Klarheit der ermittelten Werte, zu einer Verbesserung der Transparenz und zu erheblichen Verwaltungsentlastungen.
- 5. Der Bundesrat begrüßt ferner den Vorschlag, für Anrechnung und Verbuchung bei bewirtschafteten Ackerflächen und bewirtschaftetem Grünland als Basisjahr und Referenzwert das Mittel der Jahre 2005 bis 2007 zu wählen (Artikel 7 Absatz 1 und 2). Dies erhöht die Genauigkeit und es gelingt dadurch besser, den Emissionsminderungsbeitrag des LULUCF-Sektors an die Ziele der Klima- und Energiepolitik der EU bis 2030 anzupassen, als wenn lang zurückliegende Zeiträume als Referenz gewählt werden würden.
- 6. Er begrüßt außerdem den Vorschlag, nach einem Zeitraum von 20 Jahren aufgeforstete Flächen in die Kategorie "Waldfläche, die Waldfläche bleibt" zu überführen. Allerdings ist er der Auffassung, dass die in Artikel 6 Absatz 2 eröffnete Möglichkeit, in Abweichung zu Artikel 5 Absatz 3 den Wechsel der Kategorie im Falle von aufgeforsteten Flächen um 10 Jahre auf bis zu 30 Jahre verlängern zu können, nicht zielführend ist. Dies würde zu einer in dieser Pauschalität nicht zu rechtfertigenden Ausweitung der Anrechenbarkeit von Aufforstungsmaßnahmen führen und wäre damit ein Rückschritt für die Erreichung der allgemeinen Ziele der Verordnung. Er bittet die Bundesregierung, in den weiteren Verhandlungen dafür einzutreten, dass die Anwendung des Artikels 6 Absatz 2 nur nach Prüfung des Einzelfalls und Genehmigung durch die Kommission ermöglicht wird.
- 7. Zudem ist der Bundesrat der Auffassung, dass die zahlreichen und umfassenden Flexibilisierungsmöglichkeiten in Artikel 11 eine eingehende Überprüfung erfordern. Er begrüßt dabei innerstaatliche Flexibilisierungsmechanismen im Hinblick auf die Gesamtbilanz bis zum Jahr 2030. Die Möglichkeit einer Ansammlung des Nettoabbaus innerhalb eines Mitgliedstaates kann helfen, die Implementierung neuer Maßnahmen auch über einen längeren Zeitraum hinweg wahrzunehmen und jährliche Schwankungen auszugleichen.
- 8. Der Bundesrat ist hingegen der Überzeugung, dass eine Übertragung von Treibhausgasminderungen des LULUCF-Sektors auf den Nicht-EHS-Sektor zum Ausgleich dort nicht erfolgter Treibhausgasminderungen, selbst mit den in der vorgeschlagenen Verordnung bestimmten Einschränkungen, zu erheblichen Verzerrungen bei der Zielerreichung führt, Wettbewerbsnachteile in einigen Mitgliedstaaten nach sich zieht und insgesamt die Erreichung der Pariser Klimaziele gefährdet. Sie sollte daher ausgeschlossen werden.
- 9. Die Regelung der sehr komplexen Zusammenhänge bringt naturgemäß die Gefahr von Missbräuchen und Umgehungen mit sich und macht ein stringentes Monitoring- und Überwachungssystem in allen Mitgliedstaaten erforderlich, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Staaten zu vermeiden. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, im weiteren Rechtsetzungsverfahren und bei der Umsetzung der Verordnung insbesondere auf Transparenz, Nachvollziehbarkeit und geeignete Sanktionsmechanismen hinzuwirken.