Der Bundesrat hat in seiner 944. Sitzung am 22. April 2016 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit der vorliegenden Mitteilung die Bedeutung der europäischen Stahlindustrie mit einem jährlichen Umsatz von 166 Milliarden Euro und rund 328 000 direkten Arbeitsplätzen und einer noch größeren Anzahl von indirekten Arbeitsplätzen für viele industrielle Wertschöpfungsketten ausdrücklich anerkennt. Deutschland ist dabei mit einer Rohstahlproduktion von aktuell rund 42 Millionen Tonnen der mit Abstand stärkste Stahlstandort.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass die Stahlindustrie in Deutschland mit ihren rund 86 000 Beschäftigten ein Werkstofflieferant mit zentraler Bedeutung für die industriellen Wertschöpfungsketten in Deutschland ist. Sie ist notwendig und unverzichtbar zur Sicherung der Leistungs- und Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie.
- 3. Der Bundesrat stellt mit Sorge fest, dass Tausende von Arbeitsplätzen in der deutschen und europäischen Stahlindustrie aktuell in Gefahr sind. Auf den internationalen Stahlmärkten, insbesondere in China, bestehen massive Überkapazitäten, mit der Folge, dass chinesische Stahlprodukte zu sehr niedrigen und gedumpten Preisen in den EU-Markt drängen.
- 4. Er begrüßt, dass die Kommission vor diesem Hintergrund die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahlindustrie sichern und sie vor unfairem Wettbewerb und unlauteren Handelspraktiken schützen will.
- 5. Der Bundesrat spricht sich für faire Wettbewerbsbedingungen der heimischen Stahlindustrie im globalen Wettbewerb aus. Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen müssen so gesetzt werden, dass sowohl Investment Leakage als auch Carbon Leakage an den Stahlstandorten in Europa und Deutschland zuverlässig vermieden wird. Die EU hat sich zum Ziel einer Reindustrialisierung Europas bekannt. Dieses Ziel darf nicht durch falsche Rahmenbedingungen und eine mangelnde Abwehr von gedumpten Stahlimporten gefährdet werden.
- 6. Er spricht sich für freien und fairen Handel aus und lehnt Protektionismus ab. Der Wettbewerb muss jedoch von den Marktteilnehmern WTO-konform ausgetragen werden.
- 7. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission bereits verschiedene Maßnahmen zum Schutz der europäischen Stahlindustrie gegen schädigende Auswirkungen des Dumpings getroffen hat. Er teilt die Auffassung der Kommission, dass die Wirksamkeit und Effizienz dieser Maßnahmen jedoch noch erheblich gesteigert, beschleunigt und verbessert werden könnte. Dazu gehört, dass zukünftig bereits bei drohenden Schädigungen Antidumpinguntersuchungen eingeleitet werden.
- 8. Er bittet die Bundesregierung, die Kommission bei ihren Bemühungen der Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente zu unterstützen. Dazu gehören die mögliche Aufhebung der Regel des niedrigen Zolls, eine Änderung der Berechnung der Schadensspanne, die Verkürzung von vorläufigen Fristen sowie die Straffung der Konsultation mit den Mitgliedstaaten.
- 9. Ferner bittet der Bundesrat die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass die Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft von der Erfüllung der fünf technischen Kriterien, die die EU selbst als Voraussetzung hierfür definiert hat, abhängig gemacht wird. Die Kommission muss alle Beteiligten frühzeitig in ihren Entscheidungsprozess über einen möglichen Marktwirtschaftsstatus Chinas einbeziehen und auch die Abstimmung mit anderen Industriestaaten in der WTO suchen.
- 10. Im Rahmen der anstehenden Novelle des EEG in Deutschland, die sich im rechtlichen Kontext der Umwelt- und Energieleitlinien der Kommission vollzieht, ist es deshalb ungeachtet der Verordnungsermächtigung in § 33 Absatz 2 Nummer 2 Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) erforderlich, den Fortbestand der Befreiung der Bestandsanlagen sicherzustellen. Der Bundesrat unterstützt daher die Bundesregierung bei ihren Anstrengungen, sich im Sinne des Vertrauensschutzes bei der Kommission dafür einzusetzen, dass bestehende Eigenstrom-Anlagen im Rahmen des geltenden Beihilferechts auch über das Jahr 2017 hinaus von der EEG-Umlage befreit werden können.