Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Beziehungen zwischen der EU und China (2005/2161(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 314590 - vom 9. Oktober 2006. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 7. September 2006 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die strategische Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und China für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China von großer Bedeutung ist; ferner in der Erwägung, dass sich eine echte strategische Partnerschaft auf gemeinsame Werte stützen muss,

B. in der Erwägung, dass die Anerkennung der "Ein-China-Politik" die Berücksichtigung einer friedlichen Lösung für die Taiwan-Frage im Rahmen eines konstruktiven Dialogs unterstützt,

C. in der Erwägung, dass, abgesehen von demokratischen Werten, Glaubwürdigkeit, Stabilität und Verantwortung das Fundament der Beziehung zwischen der Europäischen Union und China bilden sollten,

D. in der Erwägung, dass eine Stärkung der Beziehung der Europäischen Union zu China im Hinblick auf die Bewältigung globaler Herausforderungen, wie des Klimawandels, der Sicherheit und der Nichtverbreitung von Waffen von ausschlaggebender Bedeutung sein wird,

E. in der Erwägung, dass China für sich genommen die größte Herausforderung der Globalisierung des Handels ist und derzeit einen gewaltigen Wirtschaftsboom mit Wachstumsraten von schätzungsweise rund 9% jährlich erlebt,

F. in der Erwägung, dass die starke Wirtschaftsentwicklung Chinas auch angesichts des Status Chinas als ständigem Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und als Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) diesem Land eine immer größere internationale Verantwortung auferlegt,

G. in der Erwägung, dass die "sektoralen Dialoge" zwischen der Europäischen Union und China in den letzten Jahren beträchtlich zugenommen haben,

H. in der Erwägung, dass die Europäische Union der größte Handelspartner Chinas und der größte Investor in China ist, und ferner in der Erwägung, dass China der zweitgrößte Handelspartner der Europäischen Union ist; in der Erwägung, dass das Problem demokratischer Reformen, der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit durch Handels- und Wirtschaftsbeziehungen in den Hintergrund gedrängt wurde,

I. in der Erwägung, dass die Mitgliedschaft in der WTO sowohl für die Europäische Union als auch für China eine Reihe von Rechten und Verpflichtungen mit sich bringt; ferner in der Erwägung, dass zahlreiche dieser Verpflichtungen auf chinesischer Seite immer noch unzureichend angewandt und umgesetzt werden, insbesondere in den Bereichen Umsetzung der Rechte am geistigen Eigentum, Inländerbehandlung und Transparenz,

J. in der Erwägung, dass 70% aller auf dem europäischen Markt beschlagnahmten Fälschungen aus China stammen, und dass jedes Jahr nahezu fünf Millionen gefälschter Artikel und Accessoires aus der Bekleidungsindustrie vom Zoll beschlagnahmt werden,

K. in der Erwägung, dass der Marktwirtschaftsstatus eher ein wirtschaftliches als ein politisches Instrument ist; ferner in der Erwägung, dass China größere Anstrengungen unternehmen muss, um den Marktwirtschaftsstatus zu erreichen,

L. in der Erwägung, dass die Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und China einen gegenseitigen Zugang zum Markt auf der Rechtsgrundlage der WTO-Regeln und des für alle gleichen und fairen Wettbewerbs erforderlich machen,

M. in der Erwägung, dass die chinesische Führung in ihrem Weißbuch über die Errichtung einer politischen Demokratie in China (2005) die Vorherrschaft der Kommunistischen Partei Chinas im chinesischen sozialistischen Regierungssystem bestätigt,

N. in der Erwägung, dass das Reich der Mitte von heute ein landesweites kompaktes Netz an Gerichten aufweist, was gegenüber der Situation vor etwa drei Jahrzehnten von beachtlichen Fortschritten zeugt,

O. in der Erwägung, dass auf der Tagung des 10. Nationalen Volkskongresses (5.-14. März 2006) ein Sprecher des Obersten Volksgerichts erklärte, China werde die international kritisierte Todesstrafe nicht abschaffen, weil die Volksrepublik China nach wie vor ein sich entwickelndes Land in der frühen Phase des Sozialismus sei,

P. in der Erwägung, dass die Zahl der Hinrichtungen in China als Staatsgeheimnis gilt, dass aber laut Schätzungen chinesischer Juristen etwa 8 000 Menschen jährlich auf diese Art sterben,

Q. in der Erwägung, dass im Jahr 2005 die chinesischen Sicherheitsbehörden 87 000 "Zwischenfälle mit massiver Beteiligung" registrierten, was einem Anstieg von 6,6% gegenüber 2004 entspricht,

R. in der Erwägung, dass einheimische Sozialwissenschaftler warnen, dass die Strategien der chinesischen Führung für eine harmonische Gesellschaft und für den Bau neuer sozialistischer Dörfer die derzeitige gefährliche Übergangsphase der Volksrepublik China zu einer Marktwirtschaft widerspiegeln,

S. in der Erwägung, dass die Volksrepublik China 1976 eine "Ein-Kind-Politik" eingeführt hat, die derzeit unter dem interessanten Aufhänger "Wird China alt, bevor es reich wird" diskutiert wird,

T. in der Erwägung, dass China die Friedrich-Naumann-Stiftung 1996 aus Peking ausgewiesen hat,

U. in der Erwägung, dass China im März 2004 eine Bestimmung in seine Verfassung aufnahm, der zufolge die Menschenrechte vom Staat geachtet und gewährleistet werden; ferner in der Erwägung, dass China den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert hat,

V. in Erwägung der wiederholten beunruhigenden Berichte über Gefängnisstrafen aus politischen Gründen, insbesondere für Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten, Foltervorwürfe, den weit verbreiteten Einsatz von Zwangsarbeit, die häufige Verhängung der Todesstrafe und die systematische Unterdrückung der Religionsfreiheit, der Redefreiheit und der Medienfreiheit einschließlich des Internet,

W. in der Erwägung, dass am 1. März 2005 neue Vorschriften für Religionsfragen in Kraft traten,

X. in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe zur Frage des Verschwindenlassens von Personen der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen feststellte, dass ihre Sitzung in Genf im April 2006 mit dem 17. Geburtstag von Gendhun Choekyi Nyima, dem Pantschen-Lama von Tibet, der von den Chinesen im Alter von sechs Jahren gegen seinen Willen und den Willen seiner Eltern entführt worden ist, zusammenfiel,

Y. in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über Folter nahezu ein Jahrzehnt nach seiner Anfrage der Volksrepublik China während des Zeitraums vom 20. November bis zum 2. September 2005 einen Besuch abstatten konnte; ferner in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über die Religions- und Glaubensfreiheit jedoch nicht zu einem Folgebesuch nach dem Besuch seines Vorgängers im November 1994 in China empfangen wurde und dass China keine Dauereinladung für alle themenbezogenen Verfahren der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen ausgesprochen hat,

Z. in der Erwägung, dass der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) in seinem weltweiten Aufruf 2006 die Volksrepublik China wieder dazu aufruft, einschlägige nationale Rechtsvorschriften über Flüchtlinge zu erlassen und den Zugang zu Asylbewerbern aus der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) auszuweiten, die möglicherweise internationalen Schutzes bedürfen,

AA. in der Erwägung, dass laut dem Jahrbuch 2005 des Obersten Volksgerichts im Jahr 2004 etwa 400 Bürger aufgrund politischer Vergehen verurteilt wurden, das sind 25 % mehr als im Vorjahr,

AB. in der Erwägung, dass nach Aussage der Dui Hua-Stiftung, der vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen "besonderer Konsultativstatus" zuerkannt wurde, derzeit zwischen 3 000 und 3 500 Personen aufgrund des Verbrechens der "Bedrohung der öffentlichen Sicherheit" in der Volksrepublik China inhaftiert sind,

AC. in der Erwägung, dass sich das Internet-Portal "Google" von den chinesischen Behörden auferlegten Beschränkungen unterworfen hat, durch die der Zugang zu Internet-Seiten mit kritischen Elementen und Wörtern wie "Taiwan", "Unabhängigkeit", "Tibet" oder "Tiananmen" verweigert wird,

AD. in der Erwägung, dass am 14. März 2006 die internationale Nachrichtenagentur Reuters und die BBC über einen offenen Brief (vom 2. März 2006) mehrerer ehemaliger hochrangiger Persönlichkeiten der Kommunistischen Partei Chinas berichteten, in dem die verschärfte Pressezensur kritisiert wird,

AE. in der Erwägung, dass die Kampagne in der Autonomen Region Xinjiang-Uigur, die auf die "drei Übel" - religiösen Extremismus, Separatismus und Terrorismus - abzielt, weiter andauert und laut Berichten der staatlichen Medien im letzten Jahr zu zahlreichen Verhaftungen geführt hat,

AF. in der Erwägung, dass es aufgrund der strengen Kontrolle, die die chinesische Regierung über Informationen betreffend die tibetischen Gebiete Chinas und den Zugang zu diesen ausübt, schwierig ist, das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen genau abzuschätzen,

AG. in der Erwägung, dass die chinesische Führung in Bezug auf das bewundernswerte Wiederauftauchen der Volksrepublik China auf der Weltbühne den "friedlichen Aufstieg" oder die "friedliche Entwicklung" Chinas betont,

AH. in der Erwägung, dass die Möglichkeit der Annäherung zwischen der Volksrepublik China und Taiwan nicht verworfen werden sollte; ferner in der Erwägung, dass eine solche Option friedlich auf dem Wege eines Dialogs und der Diplomatie sowie unter Berücksichtigung des Willens der Menschen auf beiden Seiten verfolgt werden muss,

AI. in der Erwägung, dass die Ursachen für die sich verschlechternde bilaterale Beziehung zwischen China und Japan nicht wirtschaftlicher, sondern politischer Art sind,

AJ. in der Erwägung, dass die aktuelle amerikanische Politik gegenüber China als aufstrebender Macht sich durch den Begriff des "congagement" charakterisieren lässt, einer Kombination aus zwei Strategien: Eindämmung (containment) und Verpflichtung (engagement),

AK. in der Erwägung, dass das Engagement und der Einfluss Chinas in Afrika im Laufe des letzten Jahrzehnts beträchtlich gestiegen sind,

AL. in der Erwägung, dass China umfangreiche finanzielle und handelspolitische Verbindungen zur Islamischen Republik Iran unterhält (Suche nach und Einfuhr von Öl und Gas/Waffenexporte) und entscheidend dazu beitragen könnte, Iran davon zu überzeugen, sich im Nuklearbereich kooperativer zu verhalten,

AM. in der Erwägung, dass China im Rahmen der "Shanghai Cooperation Organisation" (SCO) mit Nachbarländern zusammenarbeitet,

AN. in der Erwägung, dass China und der Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN) 2002 beschlossen haben, eine Freihandelszone ASEAN-China zu errichten,

AO. in Erwägung der Aufmerksamkeit, die sowohl die Kommission als auch das Europäische Parlament Macao und Hongkong in den letzten Jahren gewidmet haben,

Zusammenarbeit EU-China

Wirtschaftliche Lage

Innenpolitische Lage

Menschenrechte

Außenpolitik/Beziehungen zu den Nachbarländern

Schlussfolgerungen


1 ABl. L 250 vom 19.9.1985, S. 2.
2 ABl. L 6 vom 11.1.2000, S. 40.
3 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0381.
4 ABl. C 193 E vom 17.8.2006, S. 347.
5 ABl. C 45 E vom 23.2.2006, S. 107.
6 ABl. C 127 E vom 29.5.2003, S. 652.
7 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0037.
8 ABl. C 157 E vom 6.7.2006, S. 471.
9 ABl. C 201 E vom 18.8.2005, S. 122.
10 ABl. C 247 E vom 6.10.2005, S. 158.
11 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0416.