Der Bundesrat hat in seiner 922. Sitzung am 23. Mai 2014 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat nimmt Bezug auf seine Stellungnahme zum EU-Justizbarometer 2013, BR-Drucksache 244/13(B) , und wiederholt grundsätzlich seine darin geäußerte Kritik angesichts der Veröffentlichung des EU-Justizbarometers 2014, COM (2014) 155 final.
- 2. Er hat weiterhin Bedenken, ob das Vorhaben des EU-Justizbarometers die Zuständigkeitsverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten achtet.
- 3. Der Bundesrat sieht ferner insbesondere dessen Einbeziehung in das Europäische Semester kritisch. Gegen eine solche Einbeziehung spricht nicht nur, dass der Stellenwert der dritten Gewalt und ihre Unabhängigkeit über ihre Bedeutung für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft hinausgehen, sondern auch, dass dem an sich unverbindlichen EU-Justizbarometer durch die Verknüpfung mit dem Europäischen Semester rein tatsächlich Vorwirkungen zukommen.
- 4. Der Bundesrat erkennt an, dass das EU-Justizbarometer 2014 gegenüber dem EU-Justizbarometer 2013 teilweise methodische Verbesserungen aufweist. So wird beispielsweise hinsichtlich der Vergleiche bezüglich der Verfahrensdauer von wettbewerbs- und verbraucherrechtlichen Fällen in den Abbildungen 11 und 12 das Bemühen deutlich, auf vergleichbare Daten zurückzugreifen.
- 5. Ebenso begrüßt der Bundesrat, dass in dem EU-Justizbarometer 2014 zunehmend unter Verwendung von Asterisken erklärend auf bestehende Unterschiede in den einzelnen Justizsystemen oder auf Unsicherheiten hinsichtlich der Datenlage hingewiesen wird.
- 6. Die fehlende Vergleichbarkeit der Daten wird in dem EU-Justizbarometer 2014 hierdurch aber nicht beseitigt und führt nach Ansicht des Bundesrates zu Fehleinschätzungen.
So berücksichtigt das EU-Justizbarometer nicht, dass das Europarecht bereits Gegenstand sowohl der universitären juristischen Ausbildung als auch der Referendarausbildung in Deutschland ist. Ferner werden in allen seinen Ländern europarechtliche Fragestellungen im Kontext fachlicher Fortbildungsveranstaltungen zu zivil-, straf- oder öffentlichrechtlichen Themen mitbehandelt. Zusätzlich stehen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz die Angebote der Deutschen Richterakademie zu speziell europarechtlichen Themen offen. Außerdem werden die maßgeblichen Gründe für die lediglich eingeschränkte Fortbildungspflicht der Richterinnen und Richter in Deutschland, die unter anderen in der richterlichen Unabhängigkeit liegen, nicht hinreichend gewürdigt. Ohne die Aufnahme dieser Hintergründe in die Abbildungen 22 und 23 ergibt sich ein verzerrtes Bild - die Gegenüberstellung hat keine belastbare Aussagekraft.
Ferner berücksichtigt das EU-Justizbarometer 2014 beispielsweise im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht die unterschiedlichen Verfahrensgrundsätze in den Mitgliedstaaten. Als Beispiele sind die unterschiedliche Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes und die unterschiedliche Prüfungsdichte zu nennen. Auch dies steht einem verwertbaren Vergleich der aufgezeigten Verfahrensdauer entgegen.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, seine Position bei den Verhandlungen im Rat zu berücksichtigen und dafür Sorge zu tragen, dass aus dem EU-Justizbarometer keine zusätzlichen Belastungen für die Justiz erwachsen.
- 8. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.