945. Sitzung des Bundesrates am 13. Mai 2016
A
- 1. Der federführende Rechtsausschuss und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.
B
- 2. Der Rechtsausschuss (R) und der Gesundheitsausschuss (G) empfehlen dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass der Deutsche Bundestag mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen eine rechtliche Grundlage zur Bekämpfung von korruptivem Handeln durch Angehörige der Heilberufe schafft und damit eine nicht hinzunehmende Gesetzeslücke schließt.
- b) Der Bundesrat hält es jedoch für nicht sachgerecht, dass der Gesetzesbeschluss - anders als noch in der dem Bundesrat seinerzeit zur Stellungnahme zugeleiteten Fassung (BR-Drucksache 360/15 (PDF) ) - allein wettbewerbsbezogene Handlungen erfasst, die patientenschutzbezogene Handlungsmodalität [ des "Verstoßes gegen berufsrechtliche Pflichten" ] hingegen ausspart und damit wesentliche Inhalte und Schutzzwecke des Gesetzes wegfallen.
- c) Eine wirksame Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen muss gleichermaßen zwei Ziele verfolgen:
Zum einen muss sie einen funktionierenden Leistungswettbewerb auf Seiten der Anbieter sichern, da nur dieser eine qualitative Weiterentwicklung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten bei gleichzeitig vertretbarer Kostenentwicklung im Gesundheitssektor gewährleisten kann (Wettbewerbsschutz). Zum anderen muss sie aber auch das Vertrauen der Patienten in eine von unlauteren Geldzahlungen unbeeinflusste Gesundheitsversorgung und damit die Akzeptanz des - von ihnen solidarisch finanzierten - Gesundheitssystems aufrechterhalten (Patientenschutz).
Dadurch, dass der Gesetzesbeschluss ausschließlich auf den Wettbewerbsschutz abstellt und den Patientenschutz weitgehend ausblendet, könnten eine Reihe von Fallkonstellationen straffrei bleiben, in denen medizinische Entscheidungen primär an wirtschaftlichen Interessen, nicht aber am Wohl des individuellen Patienten orientiert getroffen werden. Dergestalt entstehende Schutzlücken wären geeignet, das Vertrauen der Patienten in das von ihnen getragene Gesundheitssystem erheblich zu beeinträchtigen.
Entsprechende Schutzlücken könnten zukünftig insbesondere in Fällen auftreten, in denen eine wettbewerbsbezogene Bevorzugung bestimmter Anbieter gerade nicht gegeben ist, also etwa
- - bei der Verordnung patentgeschützter (und damit in Monopolstellung) angebotener Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel oder Medizinprodukte,
- - bei der allgemeinen - und gegebenenfalls medizinisch gar nicht indizierten - Steigerung von Bezugs-, Verordnungs- oder Zuweisungsmengen sowie
- - bei Arzneimittelverordnungen, die sich allein auf den Wirkstoff beziehen,
- d) Der Bundesrat weist zudem darauf hin, dass die jetzt vorgenommene Beschränkung des Gesetzes auf den Bezug und die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln sowie Medizinprodukten dazu führt, dass ganze Berufsgruppen, vor allem die der Apothekerinnen und Apotheker, aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfallen. Vor dem Hintergrund der Bedeutung, die diese Berufsgruppen innerhalb des Gesundheitswesens haben, können auch insoweit nicht zu rechtfertigende Strafbarkeitslücken entstehen.
- e) Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung zu beobachten, ob zukünftig in der Praxis die vorbeschriebenen Strafverfolgungslücken in einem Umfang auftreten, der geeignet ist, das Vertrauen der Patienten in das Gesundheitssystem zu beeinträchtigen. Sollte dies der Fall sein, müssten die notwendigen gesetzlichen Änderungen im Sinne dieser Entschließung vorgenommen werden.