Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in der Justiz und zur Änderung weiterer Vorschriften

Der Bundesrat hat in seiner 875. Sitzung am 15. Oktober 2010 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 2a - neu - (Änderung der Insolvenzordnung)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in die Insolvenzordnung Regelungen zu den Anforderungen an die geeigneten Stellen im Sinne von § 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO und gegebenenfalls zu den diesbezüglichen Genehmigungsverfahren aufzunehmen sind.

Begründung:

Die Regelung des § 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO ermächtigt die Länder zu bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind, einem Schuldner das Scheitern einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung zu bescheinigen. Von dieser Ermächtigung haben die Länder alle Gebrauch gemacht und in Ausführungsgesetzen zur Insolvenzordnung die Voraussetzungen für eine Anerkennung als geeignete Stelle normiert. Des Weiteren gibt es in allen Ländern (mit Ausnahme von Baden-Württemberg) ein Genehmigungsverfahren, in dem eine nach Landesrecht bestimmte Behörde über die Anerkennung der Stelle entscheidet.

Es gibt bislang keine einheitliche Rechtsauffassung, ob die Tätigkeit der "Insolvenzberatungsstellen" nach § 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO, welche einer Genehmigung nach dem jeweiligen Ausführungsgesetz ihres Landes bedürfen, dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie unterfällt oder ob ein Ausnahmetatbestand des Artikels 2 der Richtlinie greift. Dementsprechend uneinheitlich wird derzeit auch die Frage beurteilt, ob das jeweilige Ausführungsgesetz des Landes einem Anpassungsbedarf unterliegt oder nicht.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Länderausführungsgesetze zur Insolvenzordnung und Dienstleistungsrichtlinie" hat unter Vorsitz von Rheinland-Pfalz in vier Sitzungen den Entwurf einer Änderung der Insolvenzordnung erarbeitet, der mit Abschlussbericht vom 11. März 2010 vorgestellt worden ist und der als Grundlage für die Aufnahme einer Regelung in den vorliegenden Gesetzentwurf dienen könnte. Die Arbeitsgruppe hat der in den Ländern differierenden Ressortierung der Ausführungsgesetze durch die Beteiligung von Landessozial- und Justizverwaltungen Rechnung getragen.

Die Einführung einer bundesgesetzlichen Regelung zur Vereinheitlichung der Genehmigungsanforderungen an geeignete Stellen entspricht auch der Beschlusslage der 86. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (TOP 5.11). Diese hielt es für geboten, die bisher unterschiedlichen Anerkennungsvoraussetzungen für geeignete Personen und für geeignete Stellen nach den Vorgaben der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie zu vereinheitlichen. Sie baten deshalb die Bundesregierung, alsbald einen Gesetzentwurf zur Änderung der Insolvenzordnung vorzulegen, der insbesondere Regelungen enthält zu den Personen, die aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation als geeignet im Sinne des § 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO anzusehen sind, sowie zu den Voraussetzungen, unter denen eine Verbraucherinsolvenzberatungsstelle als geeignet anerkannt werden kann.

Da der Begriff der Stelle im Bundesrecht angelegt, dort aber nicht näher definiert ist, sollten Regelungen zu den Anforderungen an die geeigneten Stellen in Ansehung des uneinheitlich beurteilten Anpassungsbedarfs der Länderregelungen auf der Ebene des Bundesrechts eingeführt werden.

2. Zu Artikel 3 (Artikel 102a EGInsO) Artikel 3 ist zu streichen.

Begründung:

Mit Artikel 3 soll ein neuer Artikel 102a in das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung (EGInsO) eingefügt werden, der gesetzlich die Aufnahme von Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in eine von dem Insolvenzgericht geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter regelt. Zudem wird eine Entscheidungsfrist von drei Monaten bei entsprechender Anwendung des § 42a Absatz 2 Satz 2 bis 4 VwVfG eingeführt.

Diese isolierte gesetzliche Regelung der Aufnahme in die sogenannten Insolvenzverwaltervorauswahllisten ist abzulehnen.

Zunächst dürfte im Hinblick auf die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie kein zwingender Umsetzungsbedarf bestehen, da die Führung der Insolvenzvorauswahllisten derzeit gesetzlich nicht geregelt ist und die Insolvenzrichter bei der Aufnahme in die Vorauswahllisten die Wertungen der Dienstleistungsrichtlinie zu beachten haben. Zudem ist es mit guten Gründen vertretbar, die Ausnahmeregelung des Artikels 2 Absatz 2 Buchstabe i der Dienstleistungsrichtlinie als einschlägig anzusehen. So hat bereits der Bundesgerichtshof (vgl. Beschluss vom 8. Dezember 2005, IX ZB 308/04, ZIP 2006, 247) zur Entlassung eines Insolvenzverwalters festgestellt, dass dieser auch im öffentlichen Interesse tätig ist. Denn der Insolvenzverwalter ist ein externer Funktionsträger mit Teilhabe an hoheitlicher Gewalt, da er die Beschlagnahmefunktion des insolvenzgerichtlichen Verfahrens ausführt.

Im Gegensatz zu dem für die inländischen Insolvenzverwalter maßgeblichen § 56 der Insolvenzordnung (InsO), der eine Führung der sogenannten Insolvenzverwaltervorauswahllisten für den Hauptanwendungsbereich nicht regelt, soll eine gesetzliche Regelung ausschließlich für Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt werden. Insoweit handelt es sich um einen systematischen Bruch, der, wenn man die Führung von Insolvenzverwaltervorauswahllisten gesetzlich regeln will, nur dadurch behoben werden kann, dass die verpflichtende Führung von Insolvenzverwaltervorauswahllisten auch in § 56 InsO geregelt wird. Eine Ungleichbehandlung der inländischen Insolvenzverwalter im Vergleich zu denjenigen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist abzulehnen.

Ferner ist eine solche Vorauswahlliste nicht vom Insolvenzgericht, sondern von dem einzelnen Insolvenzrichter zu führen (vgl. Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 56 Rnr. 21; Lüke, ZIP 2007, 701, 704). Denn der jeweilige Insolvenzrichter bestellt im Rahmen der ihm zustehenden richterlichen Unabhängigkeit den Insolvenzverwalter und darf die Listenführung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 3. August 2009, 1 BvR 369/08, NZI 2009, 641) jedenfalls dann nicht einem anderen Insolvenzrichter oder Stellen der Gerichtsverwaltung überlassen, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Liste entsprechend der von ihm selbst für maßgeblich befundenen Kriterien geführt wird. So hat auch das OLG Düsseldorf (vgl. Beschluss vom 15. August 2008, I-3 VA 4/07, NZI 2008, 614) als materiell richtigen Antragsgegner für die Zuständigkeit für den Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste zutreffend den oder die Insolvenzrichter und nicht das Gericht angesehen.

Ferner erscheint die mit Artikel 102a Satz 2 EGInsO-E beabsichtigte Nähe zum Verwaltungsverfahrensrecht als systemwidrig. Denn die richterliche Entscheidung über die Aufnahme in die sogenannte Insolvenzverwaltervorauswahlliste ist ein Justizverwaltungsakt im Sinne der §§ 23 ff. EGGVG, dessen Ausgestaltung vielfach spezialgesetzlichen Vorschriften vorbehalten (vgl. Zöller/Lückemann, ZPO, 28. Aufl., § 23 EGGVG Rnr. 12) oder verfassungsrechtlich vorgeprägt ist. Sowohl systematisch als auch vom Rechtsweg her sind Justizverwaltungsakte ausdrücklich aus dem übrigen Verwaltungshandeln ausgegliedert (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl., § 23 EGGVG Rnr. 13). Dementsprechend birgt allein die Verweisung auf eine Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes die Gefahr, dass für das Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Aufnahme in die sogenannte Insolvenzverwaltervorauswahlliste nunmehr der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet wird. Dies ist abzulehnen.

Zudem kollidiert die Bestimmung einer Frist von drei Monaten bis zur Entscheidung über die Aufnahme mit dem bisher als zulässig erachteten Vorgehen, den Antragsteller vor der endgültigen Aufnahme in die sogenannte Insolvenzverwaltervorauswahlliste auf eine Probephase zu verweisen (vgl. nur Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 56 Rnr. 9). Eine Betrauung mit Verfahren unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades oder auch nur mit einem Verfahren ließe sich innerhalb der Frist nicht realisieren.

Mit dem Gesetzentwurf wird schließlich eine Vorfestlegung für ein Berufszulassungsverfahren getroffen, obwohl der diesbezügliche Diskussionsprozess über eine Zulassungsordnung für Insolvenzverwalter transparent, ergebnisoffen und unter Beteiligung aller relevanten Gruppen geführt werden muss. Hierzu hat das Bundesministerium der Justiz noch keinen entsprechenden Gesetzentwurf zur gesetzlichen Regelung der Zulassung zum Beruf des Insolvenzverwalters vorgelegt. Schon aus diesem Grund ist die Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung zum jetzigen Zeitpunkt nicht angezeigt.

3. Zu Artikel 6 (Änderung der Bundesnotarordnung)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, wie eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gestaltet werden kann, die berücksichtigt, dass in den Ländern, in denen es mehrere Oberlandesgerichte gibt und in denen von einer landesrechtlichen Zuständigkeitskonzentration kein Gebrauch gemacht wurde, das Oberlandesgericht entscheidet, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt seine Wirkung entfaltet oder entfalten würde.

Begründung:

Nach dem derzeitigen Wortlaut des § 11 1a Satz 1 Halbsatz 1 BNotO ist das Oberlandesgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde oder zu erlassen wäre. Erlassen wird ein Verwaltungsakt am Sitz der handelnden Behörde. Das hat zum Beispiel für Verwaltungsakte der obersten Dienstbehörde zur Folge, dass die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründet wird, in dessen Bezirk die oberste Dienstbehörde ihren Sitz hat. Eine solche Regelung war mit dem Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) nicht beabsichtigt. Die erbetene Regelung soll bewirken, dass in den Ländern, in denen es mehrere Oberlandesgerichte gibt und in denen von einer landesrechtlichen Zuständigkeitskonzentration kein Gebrauch gemacht wurde, dasjenige Oberlandesgericht über die Anfechtung oder die Vornahme eines Verwaltungsakts einer (landesweit zuständigen) Behörde der Landesjustizverwaltung entscheidet, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt seine Wirkung entfaltet oder entfalten würde.

4. Zu Artikel 7 (§ 51 Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 GVG)

Artikel 7 § 51 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Bei der Ersetzung des Wortes "Oberlandesgericht" durch die Wörter "ein Strafsenat des Oberlandesgerichts" handelt sich um eine notwendige Präzisierung. Die Änderung dahingehend, dass ein Strafsenat des Oberlandesgerichts die Entscheidung trifft, entspricht in der Sache der Regelung in § 113 Absatz 3 GVG für die Amtsenthebung ehrenamtlicher Richter bei den Kammern für Handelssachen. Die Regelung ist erforderlich, um sicherzustellen, dass die Entscheidung nicht als Akt der Justizverwaltung ergeht, sondern als Rechtsprechungstätigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfte nur in letzterem Fall die in § 51 Absatz 2 Satz 2 GVG-E geregelte Unanfechtbarkeit der Entscheidung zulässig sein, vgl. BVerfGE 107, 395 <405 f. >. Zwar wird in der Entwurfsbegründung vorausgesetzt, dass es sich um einen Senat des Oberlandesgerichts handelt. Die Klarstellung erscheint aber gerade vor dem Hintergrund der anderslautenden Regelung in § 113 Absatz 3 GVG notwendig. Aufgrund der Tatsache, dass die Regelung des § 51 GVG-E voraussichtlich nur selten zur Anwendung kommen dürfte, soll die Klarstellung vorhersehbare Missverständnisse mit Blick auf § 113 Absatz 3 GVG ausräumen, zumal auch die Entwurfsbegründung nur teilweise von der Zuständigkeit des Senats spricht.

Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Geschäftsverteilung des Präsidiums liegt nicht vor, weil diesem die Auswahl des Spruchkörpers im Übrigen verbleibt. So erscheint insbesondere eine Regelung wie in § 113 Absatz 3 GVG, dass der "erste" Senat die Entscheidung treffe, vorliegend nicht erforderlich.

Um jedoch eine Übertragung auf die Justizverwaltung wie etwa in § 113 Absatz 4 GVG im Fall des freiwilligen Ausscheidens vorgesehen, zu verhindern, ist die Präzisierung auf einen Strafsenat notwendig.

Die weitere Änderung des § 51 Absatz 2 Satz 1 GVG dient der Präzisierung dahingehend, dass die Entscheidung auf Antrag der oder des Vorsitzenden des Schöffenwahlausschusses nach § 40 Absatz 2 GVG ergeht. Dies soll verhindern, dass in der Praxis etwa die oder der Vorsitzende des Schöffengerichts den Antrag stellt.

Die im Entwurf benutzte Terminologie des "Richters beim Amtsgericht" ist mehrdeutig. Im Gesetz bezeichnet sie einerseits den Vorsitzenden des Schöffengerichts (vgl. §§ 25, 29 Absatz 1, § 30 Absatz 1 GVG), andererseits den Vorsitzenden des Schöffenwahlausschusses (§§ 38, 40 Absatz 2 GVG). Zwar spricht die Entwurfsbegründung von der oder dem Vorsitzenden des Schöffenwahlausschusses. Für die Praxis ist aber zu bedenken, dass die Vorschrift des § 51 GVG-E nur selten Anwendung finden dürfte. Gerade bei Richterinnen und Richtern kleinerer Amtsgerichte in den Flächenländern sind bei der derzeitigen Fassung Missverständnisse zu befürchten. Angesichts der Bedeutung des Antrags in dem Verfahren der Amtsenthebung einerseits und der damit verbundenen Außenwirkung andererseits sollten solche Missverständnisse unbedingt vermieden werden.

Zu Buchstabe b:

Die erste Änderung stellt eine Folgeänderung zu Buchstabe a dar.

Die weitere Ergänzung in § 51 Absatz 3 Satz 1 GVG-E dient der Sicherstellung des rechtlichen Gehörs des betroffenen Schöffen einerseits, der Sachaufklärung andererseits. Die in § 51 Absatz 3 Satz 2 GVG-E geregelte Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Nichtheranziehung dürfte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann zulässig sein, wenn dem Betroffenen zuvor rechtliches Gehör gewährt wurde (vgl. BVerfGE 107, 395, <405 f. > zu den Richtervorbehalten). Die Beteiligung des Schöffen ist darüber hinaus auch vor dem Hintergrund einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Sachverhalts vor der Entscheidung des Senats notwendig, um so das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter des Angeklagten im Strafprozess nach Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 GG zu gewährleisten. Angesichts der weitreichenden Bedeutung bereits der Entscheidung der Nicht-Heranziehung auf die Besetzung und Terminierung des erkennenden Gerichts sind alle Möglichkeiten der Sachaufklärung auszuschöpfen.

Trotz des Charakters einer Eilentscheidung kann der Schöffin oder dem Schöffen vor der Entscheidung zumindest kurzfristig die Möglichkeit rechtlichen Gehörs eingeräumt werden, um eine Teilhabe an der Entscheidung zu gewährleisten. Eine wesentliche Verfahrensverzögerung ist dadurch nicht zu erwarten, zumal bei einer endgültigen Amtsenthebung ohnehin erhebliche Folgen für ein anhängiges Strafverfahren eintreten. Eine mündliche Anhörung des Schöffen ist hingegen nicht notwendig.

5. Zu Artikel 8 Nummer 2 (§ 850k Absatz 8, 9 Satz 1 ZPO), Nummer 3 (§ 850l Absatz 4 Satz 1 ZPO) Artikel 8 Nummer 2 und 3 ist zu streichen.

Begründung:

Die Vorschrift des § 850k Absatz 8 ZPO ist im Rahmen der parlamentarischen Beratungen des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes (BGBl. 2009 I. S. 1707) mit dem Ziel aufgenommen worden, die missbräuchliche Führung eines zweiten Pfändungsschutzkontos zu verhindern. Sie geht unter anderem auf die vom Bundesrat am 9. November 2007 beschlossene Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zurück, BR-Drs. 663/07(B) HTML PDF . Der Bundesrat hatte gebeten, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob schon bei der Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos sichergestellt werden könne, dass eine Person nur ein Pfändungsschutzkonto führe. Zugleich hat der Bundesrat für den Fall, dass nicht bereits bei der Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos die Führung nur eines solchen Kontos sichergestellt werden könne, um Prüfung gebeten, ob die Sanktionierung der Einrichtung eines weiteren Pfändungsschutzkontos durch die Schaffung eines gesonderten Straftatbestandes sichergestellt werden könne.

Von einer strafrechtlichen Flankierung hat der Deutsche Bundestag unter anderem "im Hinblick auf die nahezu flächendeckende Kontrolle mittels der ( ... ) SCHUFA-Abfrage" (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses; BT-Drs. 016/12714, S. 18) abgesehen und nur noch flankierend in § 850k Absatz 9 ZPO eine Regelung aufgenommen, die in Fällen des Missbrauchs durch den Schuldner dem Gläubiger ein Verfahren an die Hand gibt, die Wirkungen weiterer Pfändungsschutzkonten zu beseitigen.

Da durch § 850k Absatz 8 ZPO einem Privatunternehmen ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Auskunfteien eingeräumt wird, ist die Beseitigung des bestehenden Wettbewerbsvorteils der SCHUFA Holding AG grundsätzlich zu begrüßen.

Indessen bestehen erhebliche Bedenken gegen die konkret vorgeschlagene Ausgestaltung einer Änderung von § 850k Absatz 8 ZPO.

Eine im Interesse von Vollstreckungsgläubigern erforderliche Missbrauchskontrolle erfordert, dass alle oder zumindest der ganz überwiegende Teil der Kreditinstitute die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos einer zentralen Stelle melden bzw. bei einer solchen Stelle Auskunft über ein bestehendes Pfändungsschutzkonto eines Kunden erhalten. Wenn die Kreditinstitute zukünftig die Möglichkeit haben sollten, die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos Auskunfteien ihrer Wahl zu melden, ist die Missbrauchskontrolle nicht mehr in dem bislang bestehenden Umfang gewährleistet. Sollte eine verlässliche Überprüfung der Versicherung des Kunden nur durch Anfragen bei verschiedenen Auskunfteien möglich sein, würde dies eine Missbrauchskontrolle erheblich erschweren.

Es ist daher zu erwägen, eine zentrale Stelle zu bestimmen, welcher alle Kreditinstitute die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos melden. In Betracht käme beispielsweise die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder das Bundeszentralamt für Steuern, welches bereits in das Kontrollverfahren der freigestellten Kapitalerträge eingebunden ist und nach § 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ZPO (eingefügt durch das Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlichen Regelungen vom 24. September 2009, BGBl. I 3145) ab dem 1. Januar 2013 dem Gerichtsvollzieher zur Auskunftserteilung über Konten verpflichtet sein wird. Denkbar wäre gegebenenfalls auch die Aufnahme einer Regelung in die ZPO, wonach das Bundesministerium der Justiz ermächtigt wird, eine bzw. mehrere Auskunftei(en) konkret zu bestimmen, welchen Kreditinstitute die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos melden (müssen).

Für den Fall, dass eine zentrale Stelle nicht bestimmt werden kann, wäre die Schaffung eines strafrechtlichen Missbrauchsschutzes (im Hinblick auf eine nicht mehr vorhandene "nahezu flächendeckende Kontrolle") erneut zu diskutieren.

Da die vorgeschlagene Änderung von § 850k Absatz 8 ZPO nicht im Zusammenhang mit der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie steht und hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung einer Änderung noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht, sollte im Rahmen des vorliegenden Gesetzgebungsverfahrens auf die Änderung verzichtet werden.

Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass das Gesetz über die Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009 bereits in Kraft getreten (BGBl. I S. 1707) und eine Änderung vor Inkrafttreten folglich nicht mehr erreichbar ist. Die konkrete Ausgestaltung einer Änderung könnte im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens betreffend Änderungen des Zwangsvollstreckungsrechts diskutiert werden. In Betracht käme beispielsweise eine Diskussion im Rahmen der parlamentarischen Beratungen über den Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Neustrukturierung und Modernisierung des Pfändungsschutzes vom 7. Mai 2010, BR-Drs. 139/10(B) HTML PDF .

Mit der Streichung von Nummer 2 muss zugleich als redaktionelle Folgeänderung auch eine Streichung von Nummer 3 einhergehen, da die sprachlichen Änderungen nur einheitlich vorgenommen werden können.

6. Zu Artikel 12 Nummer 4a - neu - (§ 73 - neu - GKG),

Nummer 5 Buchstabe m -neu-, n - neu - (Anlage 1 - zu § 3 Absatz 2 - Nummern 9010, 9011 KV-GKG), Artikel 13 Nummer 2 - neu - (§ 137 Absatz 1 Nummer 12 KostO), Nummer 3 - neu - (§ 165 - neu - KostO), Artikel 14 Nummer 2a - neu - (§ 64 - neu - FamGKG), Nummer 3 Buchstabe d -neu-, e - neu - (Anlage 1, Nummer 2008, 2009 KV - FamGKG), Artikel 15 Nummer 01 - neu - (§ 5 Absatz 3 Satz 2 JVKostO), Nummer 1a neu - (§ 18 JVKostO)

Begründung:

Die genannten Vorschriften der Kostenverzeichnisse sowie § 137 Absatz 1 Nummer 12 KostO verweisen für die Höhe der Auslagen im Fall einer Zwangshaft auf die Höhe des Haftkostenbeitrags nach § 50 Absatz 2 und 3 StVollzG. Die Kosten einer sonstigen Haft werden nach geltendem Recht nur dann als Auslagen erhoben, wenn sie nach § 50 Absatz 1 StVollzG zu erheben wären. Diese Verweisungen auf § 50 StVollzG sind an die geänderte Gesetzgebungskompetenz anzupassen. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) ist die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder übergegangen. Einige Länder haben hiervon bereits Gebrauch gemacht und eigene Strafvollzugsgesetze erlassen, durch die auch § 50 StVollzG ersetzt wird. Daher erscheint für die Höhe der zu erhebenden Auslagen eine Verweisung auf die entsprechenden Bestimmungen des Landesrechts angezeigt. Dies soll umgesetzt werden, indem jeweils der Verweis auf § 50 StVollzG durch Anmerkungen zu den betroffenen Kostentatbeständen ersetzt wird. Danach soll sich die Höhe der Auslagenerstattung im Fall der Zwangshaft nach der Höhe des Haftkostenbeitrags bemessen, der nach Landesrecht von einem Gefangenen zu erheben ist. Das Gleiche soll für die Kosten einer sonstigen Haft gelten, wenn der Haftkostenbeitrag auch von einem Gefangenen im Strafvollzug zu erheben wäre.

In Ländern, die noch keine den § 50 StVollzG ersetzende Vorschrift erlassen haben, soll sich nach den vorgesehenen Übergangsvorschriften die Höhe der zu erhebenden Auslagen weiterhin nach derzeit geltendem Recht richten. Insoweit soll es also bei dem Verweis auf § 50 Absatz 2 und 3 StVollzG bleiben.