Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/769/EWG in Bezug auf Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Dichlormethan) KOM (2008) 80 endg.; Ratsdok. 6689/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 27. Februar 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 14. Februar 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 14. Februar 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.

Begründung

1. Hintergrund

Die Richtlinie 76/769/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen schafft einen Rahmen für gemeinschaftsweit harmonisierte Regeln für das Inverkehrbringen und die Verwendung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen.

Mit Hilfe der Richtlinie 76/769/EWG sollen die Risiken beherrscht werden, die gefährliche Stoffe für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bergen. Die in Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG verzeichneten gefährlichen Stoffe dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen in Verkehr gebracht und verwendet werden.

Es wird vorgeschlagen, folgenden Stoff in Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG aufzunehmen und damit sein Inverkehrbringen und seine Verwendung zu beschränken: Dichlormethan (DCM).

1.1. Dichlormethan: Chemische Eigenschaften und Risiken für die menschliche Gesundheit

Dichlormethan (DCM), CAS-Nummer 75-09-2, EINECS-Nummer 200-838-9, farblose, aliphatische Halogen-Kohlenwasserstoffverbindung mit durchdringendem, Äther ähnlichem oder leicht süßlichem Geruch. Der Stoff wird vorwiegend bei der Herstellung von Arzneimitteln, Lösungsmitteln und Hilfsanwendungen, Farbabbeizmitteln und Klebstoffen verwendet. DCM ist nicht in den Prioritätenlisten gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe enthalten. Die von DCM in Farbabbeizern ausgehenden Risiken wurden in mehreren Studien1 untersucht die zu dem Ergebnis führten, dass Maßnahmen zur Risikominderung gemeinschaftsweit erforderlich sind. Farbabbeizer werden in der Industrie, von Gewerbetreibenden und von privaten Verbrauchern dazu verwendet, Farbschichten - insbesondere Blasen werfender oder rissiger Schichten auf unterschiedlichen, vor allem aus Metall und Holz bestehenden Untergründen - zu entfernen.

Die Ausdünstungen von DCM und dessen toxische Wirkungen auf das zentrale Nervensystem stellen die größten mit diesem Stoff verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit dar.

In Kombination mit schlechten Arbeits- bzw. Betriebsbedingungen (z.B. unzureichende Belüftung, ungeeignete persönliche Schutzausrüstung) waren diese Effekte in der EU Mitauslöser einer ganzen Reihe von in den vergangenen 18 Jahren gemeldeten Unfällen und Todesfällen.

Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Ausschusses "Gesundheits- und Umweltrisiken"2 (SCHER) ist DCM aus Farbabbeizern für die menschliche Gesundheit bedenklich, was insbesondere für die aufgrund der potenziell höheren Exposition stärker gefährdeten Bevölkerungsgruppen, beispielsweise Kinder, gilt. Die bei der Entfernung von Farbschichten gemessenen hohen DCM-Konzentrationen sind aufgrund der damit verbundenen Gefährdung der menschlichen Gesundheit nicht tolerierbar.

Auf dem Markt sind bereits Alternativen zu DCM-haltigen Farbabbeizern erhältlich, die physikalisches/mechanisches, pyrolytisches/thermisches sowie chemisches Entfernen mithilfe anderer Chemikalien als DCM ermöglichen. Die alternativen chemischen Farbabbeizer werden am häufigsten verwendet, haben jedoch ihr eigenes Gefahrenprofil und könnten je nach Konzentration in der chemischen Zusammensetzung andere Gefahren für den Nutzer mit sich bringen.

Während der vergangenen vier Jahre fanden Gespräche zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und anderen Interessengruppen statt. Trotz stark divergierender Auffassungen über die von DCM ausgehenden Risiken und über die Sicherheit alternativer Farbabbeizer herrscht nunmehr Einvernehmen darüber, dass im Rahmen der Richtlinie 76/769/EWG des Rates gemeinschaftsweit Beschränkungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung einzuführen sind, damit die Gefährdung durch DCM verringert wird.

1.2. Ziel des vorgeschlagenen Rechtsakts

Da die Risiken, denen die Verwender aus Industrie und Gewerbe sowie der private Verbraucher beim Einsatz von DCM-haltigen Farbabbeizern ausgesetzt sind, verringert werden müssen, sollten gewisse Beschränkungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung eingeführt werden. Mit der vorgeschlagenen Entscheidung soll der Stoff Dichlormethan in den Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG aufgenommen werden. Damit wird sichergestellt, dass gemeinschaftsweit harmonisierte Rechtsvorschriften angewandt werden.

Zu den weitaus meisten Todesfällen im Zusammenhang mit der Verwendung DCM-haltiger Farbabbeizer kam es in Europa während der letzten 18 Jahre bei industriellem und gewerblichem Einsatz in Verbindung mit unzureichender Belüftung und unsachgemäßer Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung.

Für die in Industrieanlagen ausgeführten Tätigkeiten sollten verbindliche Vorschriften eingeführt werden, z.B. die Verwendung geeigneter Schutzhandschuhe, der Einbau lokaler Belüftungsanlagen bzw. die Bereitstellung von Atemschutzgeräten mit unabhängiger Frischluftversorgung sowie Veränderungen an den Abbeizmittel enthaltenden Behältern, so dass die Belastung von Arbeitnehmern durch DCM verringert wird.

Die gewerbliche Verwendung sollte grundsätzlich untersagt werden. Den Mitgliedstaaten könnte jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, die Verwendung von DCM-haltigen Farbabbeizern auf ihrem Hoheitsgebiet durch Gewerbetreibende weiter zu gestatten, die über eine besondere Genehmigung für jene Tätigkeiten verfügen, bei denen der Ersatz von DCM als besonders schwierig oder unzweckmäßig erachtet wird. Derartige Genehmigungen sollten nur nach Absolvierung einer spezifischen Schulung erteilt werden.

Das Inverkehrbringen von DCM-haltigen Farbabbeizern für die Verwendung durch private Verbraucher sollte zur Gänze untersagt werden, da ein derartiges Verbot die einzig wirksame Maßnahme zur Beseitigung der Gefährdung darstellt.

2. Ergebnisse der Anhörungen von interessierten Kreisen und der Folgenabschätzung

2.1. Anhörungen

Die Kommission nahm 2004 Beratungen in den Sitzungen der für die Umsetzung der Richtlinie 76/769/EWG zuständigen Arbeitsgruppe (nachstehend: Arbeitsgruppe "Beschränkungen") auf. Im November 2005 veranstaltete die Kommission ein Forum zum Thema "Farbabbeizmittel", an dem die Hersteller von DCM-haltigen Farbabbeizern und von alternativen Abbeizmethoden teilnahmen. Da nach wie vor Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertretern der Industrie und der Behörden bestanden, gab die Kommission eine weitere Studie in Auftrag, die neue Erkenntnisse bringen sollte, um die Folgenabschätzung etwaiger gemeinschaftsweiter Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung von DCM-haltigen Farbabbeizern beurteilen zu können.

Die Empfehlungen dieser Studie3 wurden auf der Sitzung der Arbeitsgruppe "Beschränkungen" am 3. Juli 2007 erörtert. Neben Unternehmensvertretern, die sich dafür einsetzten weiterhin DCM zu verwenden bzw. alternative Methoden befürworteten, nahmen auch der Europäische Verbraucherverband (BEUC), die Europäische Föderation der Bergbau-, Chemie- und Energiegewerkschaften (EMCEF) und der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) an der Sitzung teil bzw. wurden konsultiert.

2.2. Folgenabschätzung

Eine detaillierte Folgenabschätzung wurde ausgearbeitet und am 5. Oktober 2007 dem Ausschuss für Folgenabschätzung übermittelt, der dazu am 9. November 2007 Stellung nahm.

Alle Anmerkungen des Ausschusses (Qualitätsprüfliste und endgültige Stellungnahme) wurden in die Endfassung der Folgenabschätzung4 aufgenommen.

Es wurden eine Reihe von Möglichkeiten bewertet. Diese reichten von der Einschätzung, dass kein Handlungsbedarf besteht, über freiwillige Maßnahmen durch die Industrie bis zu unterschiedlich ausgeprägten Beschränkungen durch den Gesetzgeber. Für die drei Verwenderkategorien sind die folgenden Optionen am wirksamsten und am kostengünstigsten:

- Verwendung durch die Industrie

Arbeiten mit DCM-haltigen Farbabbeizern sollten nur in jenen Industrieanlagen durchgeführt werden in denen verbindliche Anforderungen an den Schutz von Arbeitnehmern (u. a. zweckmäßige Handschuhe, Belüftungsanlagen bzw. Atemschutzgeräte sowie technische Schutzmaßnahmen an den Abbeizmittel enthaltenden Behältern) bestehen. Durch diese Maßnahmen lassen sich die Rechtsvorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer leichter durchsetzen indem die Exposition gegenüber DCM wirksam verringert und somit die Zahl der Unfälle und Todesfälle gesenkt wird.

- Verwendung durch Gewerbetreibende

Die Verwendung von DCM-haltigen Farbabbeizern durch Gewerbetreibende in einem nicht industriellen Umfeld sollte grundsätzlich untersagt werden. Den Mitgliedstaaten könnte jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, die Verwendung dieser Farbabbeizmittel auf ihrem Hoheitsgebiet durch Gewerbetreibende weiter zu gestatten, die über eine besondere Genehmigung für jene Tätigkeiten verfügen, bei denen der Ersatz von DCM als besonders schwierig oder unzweckmäßig erachtet wird. Mit dieser Maßnahme wird den Mitgliedstaaten und interessierten Unternehmen die volle Verantwortung und der Verwaltungsaufwand dafür übertragen mit geeigneten Maßnahmen ein Schulungs- und Genehmigungssystem aufzubauen und zu überwachen. Die Anzahl der Unfälle und Todesfälle wird zurückgehen.

- Verwendung durch den privaten Verbraucher

Ein Verbot des Inverkehrbringens von DCM-haltigen Farbabbeizern für die Verwendung durch private Verbraucher ist die einzig wirksame Maßnahme, mit der sich die Gefährdung für diese Verwendergruppe beseitigen lässt. Eine umfassende Überwachung des Verhaltens von Verbrauchern bei Heimwerkertätigkeiten ist nicht möglich, ebenso wenig können eine ausreichende Schulung und die Verwendung der erforderlichen Schutzausrüstung sichergestellt werden.

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

3.1. Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für diesen Vorschlag ist Artikel 95 EG-Vertrag.

Mit dieser Entscheidung würden Vorschriften für das Inverkehrbringen und die Verwendung von DCM-haltigen Farbabbeizern für die drei Verwenderkategorien (Industrie, Gewerbetreibende, private Verbraucher) eingeführt.

Darin würden ferner einheitliche Regeln für den Verkehr mit DCM-haltigen Farbabbeizern festgelegt und die durch unterschiedliche Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten entstehenden Handelshemmnisse verhindert werden. Die vorgeschlagene Änderung der Richtlinie 76/769/EWG würde das Funktionieren des Binnenmarktes verbessern und ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleisten.

3.2. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Mit der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sollen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen EU-weit angeglichen werden, so dass auf nationaler Ebene keine unterschiedlichen Rechtsvorschriften erlassen werden, die zu Behinderungen für den innergemeinschaftlichen Handel führen könnten. Das kann nicht erreicht werden, wenn die Verantwortung für entsprechende Maßnahmen allein den Mitgliedstaaten überlassen wird.

Die in dieser Entscheidung vorgeschlagenen Maßnahmen sind auch verhältnismäßig, da einerseits die Gesamtkosten und der Nutzen für alle Verwenderkategorien und andererseits das Endziel, d. h. die Verbesserung des Gesundheitsschutzes, gegeneinander abgewogen wurden.

3.3. Wahl des Rechtsinstruments

Die Kommission erachtet die Richtlinie 76/769/EWG für am besten geeignet, das Funktionieren des Binnenmarktes und zugleich ein hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau zu gewährleisten. Die Richtlinie steht im Einklang mit Artikel 95 Absatz 3 EG-Vertrag.

Die Richtlinie 76/769/EWG wird am 1. Juni 2009 durch die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission aufgehoben. Die mit dieser Entscheidung vorzunehmende Änderung an Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG wird nach dem 1. Juni 2009 Gültigkeit haben und dann in Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 aufgenommen.

Da die Umsetzung der vorgeschlagenen Beschränkungen in nationales Recht erst wenige Monate vor Aufhebung der Richtlinie 76/769/EWG oder sogar erst nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen wäre, ist zur Änderung des Anhangs I der Richtlinie 76/769/EWG eine Entscheidung besser geeignet als eine Richtlinie. Die Umsetzung würde daher keinem sinnvollen Zweck dienen. Vor diesem Hintergrund ist eine Entscheidung als Rechtsinstrument geeigneter als eine Richtlinie.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Diese Entscheidung hat keinerlei Auswirkungen auf den Haushalt.

Vorschlags für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/769/EWG in Bezug auf Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Dichlormethan) (Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates) (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der europäischen Union -


gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,
insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission1,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses2,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag3,
in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Entscheidung erlassen:

Artikel 1

Artikel 2

Artikel 3


Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang

In Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG wird folgende Nummer xx hinzugefügt:

"XX dichlormethan CAS-NR.: 75-09-2 EINECS-NR.: 200-838-9