COM (2018) 734 final; Ratsdok. 14204/18
Der Bundesrat hat in seiner 974. Sitzung am 15. Februar 2019 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission ihre Mitteilung zur künftigen Strategie im Umgang mit hormonschädlichen Chemikalien vorgelegt hat und darin ankündigt, den bestehenden Rechtsrahmen für endokrine Disruptoren insbesondere unter den Gesichtspunkten der Kohärenz der Vorschriften darauf hin zu überprüfen, ob das übergeordnete Ziel erreicht wird, die menschliche Gesundheit und die Umwelt durch Minimierung der Exposition gegenüber diesen Stoffen zu schützen.
- 2. Er ist der Auffassung, dass sich die angekündigte Überprüfung und Anpassung des Rechtsrahmens für endokrine Disruptoren insbesondere auf folgende Punkte konzentrieren sollte, um für die Zukunft sicherzustellen, dass die Anforderungen an den Vorsorgegrundsatz der Umweltpolitik der EU erfüllt werden:
- - Schaffung eines horizontalen Konzepts zur Identifizierung endokriner Disruptoren in allen europäischen Stoff-Regulierungen: Bisher enthalten die Rechtsakte über Pflanzenschutzmittel, Biozide, Chemikalien unter der Verordnung (EU) Nr. 1907/2006 vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH-Verordnung), Medizinprodukte und Wasser spezifische Bestimmungen für den Umgang mit hormonschädlichen Stoffen. In den Vorschriften über Spielzeug, kosmetische Mittel und Lebensmittelkontaktmaterialen fehlen dagegen bisher spezifische und damit adäquate Regelungen für endokrine Disruptoren. Hier ist zu gewährleisten, dass ein Stoff, der in einem Rechtsgebiet als endokriner Disruptor eingestuft ist, auch in den anderen stoffbezogenen Rechtsakten als solcher betrachtet wird. - Stärkung des Vorsorgeprinzips vor dem Hintergrund bestehender Wissenslücken hinsichtlich der Auswirkungen endokriner Disruptoren: Angesichts verbreitet zunehmender und bisher nicht erklärbarer kumulativer Effekte der Stoffausbringung in die Umwelt ist auf europäischer Ebene eine Stärkung des Vorsorgeprinzips anzustreben. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass bisher keine geeigneten Vorhersagemodelle für hormonell bedingte Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen vorliegen.
- - Minimierung der Gesamtexposition unter besonderer Berücksichtigung des Schutzes gefährdeter Bevölkerungsgruppen: Es herrscht Einvernehmen darüber, dass empfindliche Wachstumsphasen wie die Entwicklung des Fötus oder die Pubertät besonders kritische Zeitfenster bei der Exposition gegenüber endokrinen Disruptoren sind. Eine Minimierung ist daher auch angesichts der wissenschaftlichen Unsicherheit geboten, ob für endokrine Disruptoren überhaupt ein sicherer Schwellenwert festgelegt werden kann.
- - Prüfung der Aufnahme endokriner Disruptoren in das bestehende internationale System zur Klassifizierung von Chemikalien: Wie auch bei anderen Klassen von Gefahrstoffen mit mutagenen, karzinogenen oder reproduktionstoxischen Eigenschaften sollte auch für endokrine Disruptoren eine international gültige Einstufung angestrebt werden.
- 3. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich in diesem Sinne in die weiteren Beratungen auf EU-Ebene einzubringen und dabei für eine Stärkung des Vorsorgeprinzips einzutreten.
- 4. Er bittet die Bundesregierung darüber hinaus, sich dafür einzusetzen, dass bei der Anpassung des Rechtsrahmens zu endokrinen Disruptoren eindeutige und vollziehbare Regelungen aufgenommen werden.