Der Bundesrat hat in seiner 980. Sitzung am 20. September 2019 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat teilt grundsätzlich die Einschätzung der Kommission, dass Rechtsstaatlichkeit ohne unabhängige und effiziente Justizsysteme nicht möglich ist. Er nimmt Bezug auf seine Stellungnahmen zum EU-Justizbarometer aus den vergangenen Jahren (vergleiche BR-Drucksache 244/13(B) , BR-Drucksache 171/14(B) , BR-Drucksache 092/15(B) , BR-Drucksache 173/16(B) , BR-Drucksache 279/17(B) , BR-Drucksache 416/18(B) ) und wiederholt die darin geäußerte grundsätzliche Kritik.
- 2. Er sieht die Komplexität und Kleinteiligkeit des Justizbarometers mit teilweise überfrachteten graphischen Darstellungen und sehr langen Fußnoten im Hinblick auf die Verständlichkeit und Aussagekraft weiterhin als kritisch an. Aus seiner Sicht geht es aber in die richtige Richtung, dass es im EU-Justizbarometer 2019 eine Reduktion der Schaubilder um circa 16 Prozent gibt, von 68 Schaubildern im EU-Justizbarometer 2018 auf jetzt 57.
- 3. Der Bundesrat betont erneut, dass er eine stärkere Konzentration des EU-Justizbarometers auf Kernfragen im Rahmen des Kompetenzbereichs der EU für geboten hält. Er nimmt dabei auch zur Kenntnis, dass das EU-Justizbarometer 2019 einen stärkeren Fokus auf die Unabhängigkeit der Justiz in den Mitgliedstaaten legt. Er ist jedoch der Ansicht, dass eine weitere Straffung erfolgen kann und Schaubilder, die keine weiteren Rückschlüsse zulassen, konsequent entfallen sollten. Ein Beispiel ist etwa das Schaubild 1, das ohne jegliche Wertung schlichtweg die Quantität an Reformvorhaben im Justizbereich darstellt.
- 4. Der Bundesrat unterstreicht, dass es bei der Auswahl der Fragestellungen darauf ankommen muss, ob valides Datenmaterial der Mitgliedstaaten beigebracht werden kann und ob ein Vergleich der mitgliedstaatlichen Justizsysteme möglich ist.
- 5. Vor diesem Hintergrund sieht er es kritisch, dass die Kommission ausweislich der Mitteilung der Kommission "Die weitere Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union - Aktuelle Lage und mögliche nächste Schritte" (BR-Drucksache 164/19 (PDF) ) erwägt, das EU-Justizbarometer als Instrument zur Beurteilung der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten auszubauen.
- 6. Auch wenn die Kommission mit dem EU-Justizbarometer kein "Ranking" der Justizsysteme beabsichtigt, sieht es der Bundesrat als problematisch an, dass die Darstellungsweise durch Schaubilder mit Balken so verstanden werden kann. Beispielsweise ist bei dem neuen Schaubild 24 zu Informationen zum Verfahrensstand der Balken des Mitgliedstaats umso länger, je mehr Kommunikationsquellen verwendet werden. Im Sinne einer bürgerfreundlichen Justiz sollte hier allein im Vordergrund stehen, dass die Beteiligten eines Prozesses effektiv informiert werden.
- 7. Der Bundesrat kritisiert Bestrebungen zur Ausweitung auf weitere Felder wie zuletzt auf den Bereich der Strafrechtspflege. Er erinnert daran, dass wegen der besonders empfindlichen Berührung der demokratischen Selbstbestimmung durch Straf- und Strafverfahrensnormen das Bundesverfassungsgericht von der EU im Bereich der Strafrechtspflege besondere Zurückhaltung verlangt (vergleiche BVerfGE 123, 267 (358)).
- 8. Der Bundesrat spricht sich abermals dafür aus, Datenerhebungen zum EU-Justizbarometer künftig in einem zweijährigen oder längeren Turnus durchzuführen. Ein längerer Erhebungszeitraum erscheint angesichts der geringfügigen Änderungen des Datenmaterials von Jahr zu Jahr völlig ausreichend, um relevante längerfristige Entwicklungen in den Justizsystemen abzubilden, und würde die Belastung der Mitgliedstaaten, insbesondere derjenigen mit föderalen Justizstrukturen, in einem angemessenen Verhältnis in Bezug auf den Erkenntnisgewinn halten.
- 9. Er weist darauf hin, dass aus dem EU-Justizbarometer keine unnötigen Belastungen für die Justiz erwachsen dürfen.
- 10. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.