COM (2018) 812 final; Ratsdok. 15508/18
975. Sitzung des Bundesrates am 15. März 2019
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Kommission zur Bekämpfung des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs. Maßnahmen gegen grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug, der zum großen Teil von kriminellen Vereinigungen begangen wird, haben für den Bundesrat höchste Priorität. Er hat jedoch Zweifel, ob dieses für ihn wichtige Ziel durch den in seiner jetzigen Fassung unterbreiteten Richtlinienvorschlag auf verhältnis- und zweckmäßige Art und Weise erreicht werden kann.
- 2. Die Zahlungsdienstleister sollen verpflichtet werden, bestimmte Daten ab einer festgelegten Grenze von Zahlungsvorgängen an eine nationale Datenbank zu übermitteln, welche wiederum in einem Datenaustausch mit der bei der Kommission einzurichtenden Datenbank CESOP steht. Hierdurch würde eine gewaltige Menge an Daten produziert, die sowohl für die betroffenen Unternehmen als auch für die Finanzverwaltung erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand nach sich ziehen würde. Es ist für den Bundesrat unklar, wie mit dieser Datenmenge umzugehen ist und wie der Austausch zwischen der Datenbank CESOP und den nationalen Datenbanken funktionieren soll. Die an die Finanzverwaltung über inländische Zahlende und ausländische Zahlungsempfänger übermittelten Datensätze dürften in der Praxis nicht mehr sinnvoll handhabbar sein. Der Bundesrat sieht außerdem die Gefahr, dass die Daten nicht übereinstimmen und deshalb zu unnötigen Ermittlungen führen könnten. Er bezweifelt daher, ob die Kommission einen effektiven Weg zur Betrugsbekämpfung gewählt hat.
- 3. Der Vorschlag der Kommission sieht eine Umsetzung der Richtlinie bis spätestens 31. Dezember 2021 vor, weshalb alle Mitgliedstaaten bis zu diesem Zeitpunkt über funktionierende nationale Datenbanken verfügen müssten, um die Daten erheben und verarbeiten zu können. Der Bundesrat hat erhebliche Zweifel, ob diese Umsetzungsfrist eingehalten werden kann.
- 4. Die Zahlungsdienstleister sollen verpflichtet werden, bestimmte Daten zwei Jahre in elektronischer Form aufzubewahren (Speicherfrist). Diese Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Zahlung ausgeführt worden ist, und deckt sich mit der Speicherfrist in der Datenbank CESOP. Eine Aufbewahrungsfrist von zwei Jahren erscheint nur dann ausreichend, wenn die von der Datenbank CESOP an die nationalen Datenbanken übermittelten Daten unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Vorschriften gespeichert werden könnten. Hierzu bedarf es einer gesetzlichen Klarstellung. Anderenfalls wäre die Frist von zwei Jahren aufgrund der organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen deutlich zu kurz bemessen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen ein Amtshilfeverfahren oder eine multilaterale Prüfung durchzuführen wäre.
- 5. Der Bundesrat sieht noch Begründungsbedarf zur Rechtmäßigkeit der Aufzeichnungspflicht von Zahlungsdienstleistern im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e Datenschutz-Grundverordnung (EU) Nr. 2016/679 vom 27. April 2016 (DSGVO). Eine Aufzeichnungspflicht für private Zahlungsdienstleister stellt eine wichtige Vorstufe im Kampf gegen den Mehrwertsteuerbetrug dar. Die Auffassung der Kommission, dass die unionsrechtliche Kompetenz für ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem und der damit zusammenhängende Zweck der Mehrwertsteuerbetrugsbekämpfung auch eine Regulierung privater Zahlungsdienstleister umfasst, bedarf aber noch einer näheren Überprüfung. Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e DSGVO ist noch von der Kommission nachzuweisen. Dies gilt gleichermaßen für die Einhaltung der Zweckbindung gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b DSGVO.
- 6. Zu den datenschutzrechtlichen, sich im Zusammenhang mit der Speicherfrist und dem Schwellenwert stellenden Detailfragen bleibt zunächst die Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten abzuwarten und diese kritisch zu würdigen, um anschließend durch die Mitgliedstaaten feststellen zu können, ob die Kommission datenschutzrechtlichen Hinweisen Folge leistet.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die vorstehenden Gesichtspunkte in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene zu berücksichtigen.
- 8. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 9. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.