950. Sitzung des Bundesrates am 4. November 2016
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Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat spricht sich gegen jede starre Frist in Artikel 36 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags aus. Es führt schon zu Unklarheiten, dass einerseits der Fristbeginn hier an den Zeitpunkt der Zuerkennung internationalen Schutzes geknüpft wird, andererseits aber auf Artikel 22 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union (BR-Drucksache 503/16 (PDF) ) verwiesen wird, der wiederum den Beginn der Frist von fünf Arbeitstagen bereits an den Zeitpunkt der Antragstellung im Sinne des Artikels 25 dieses Vorschlags knüpft. Jedenfalls ist ein gerichtliches Verfahren auf Vormundbestellung mit entsprechenden Verfahrensgarantien (Anhörung, Dolmetscher) und Ermittlungserfordernissen - etwa zur Frage der Minderjährigkeit, aber auch zu der Frage, ob die Sorgeberechtigten tatsächlich an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert sind, so dass das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt werden kann (§ 1674 BGB) - innerhalb dieser Frist nicht durchführbar. Eine starre Entscheidungsfrist stünde auch im Konflikt mit der sachlichen Unabhängigkeit der Gerichte (Artikel 47 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Artikel 97 Absatz 1 des Grundgesetzes) und potentiell auch mit dem verfassungsrechtlich geschützten Elternrecht.
- 2. Artikel 36 Absatz 2 Satz 2 des Verordnungsvorschlags sieht vor, dass die zuständigen Behörden regelmäßig die Leistung des Vormunds bewerten. Die Tätigkeit der Vormunde wird in Deutschland durch die Familiengerichte überwacht. Behördliche "Leistungsbewertungen" sind hingegen nicht vorgesehen. Dies dient auch der Sicherstellung, dass der Vormund unabhängig und im Interesse des Kindes handeln kann. Der Bundesrat hält deshalb eine Klarstellung für erforderlich, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, eine derartige Leistungsbewertung durch Gerichte oder Behörden vorzusehen.
- 3. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 4. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik, der Ausschuss für Familie und Senioren und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.