Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0456 - vom 3. Februar 2006.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 15. Dezember 2005 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Stand der Beitrittsvorbereitungen Rumäniens (2005/2205(INI))
- Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Brüssel vom 16. und 17.Dezember 2004,
- - in Kenntnis des von Rumänien und der Europäischen Union am 25. April 2005 unterzeichneten Beitrittsvertrags,
- - unter Hinweis auf die regelmäßigen Berichte der Kommission über die Fortschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt, die sich auf die Jahre 1998 bis 2004 beziehen, und das Strategiedokument über die im Erweiterungsprozess erzielten Fortschritte (KOM (2005) 657),
- - unter Hinweis auf seine vorherigen Entschließungen und Berichte vom Beginn des Erweiterungsprozesses bis heute,
- - unter Hinweis auf den umfassenden Monitoringbericht über den Stand der Beitrittsvorbereitungen vom 25. Oktober 2005 (KOM (2005) 534),
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten(A6-0344/2005),
A. in der Erwägung, dass Rumänien und Bulgarien im Jahr 2000 neben anderen Ländern, die inzwischen Mitglieder der Union geworden sind, zu den Beitrittskandidaten zählten dass die fünfte Erweiterung der Union nicht vollständig war und im Interesse Rumäniens und der Union sowie im Einklang mit den von beiden Seiten eingegangenen Verpflichtungen abgeschlossen werden sollte,
B. in der Erwägung, dass die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags eine neue Etappe auf dem Weg Rumäniens in die Europäische Union eingeleitet hat, dass Rumänien seitdem als Beobachter an den Arbeiten des Europäischen Rates und des Ministerrates teilnimmt und sich am 26. September 2005 35 rumänische Beobachter unseren Arbeiten angeschlossen haben,
C. in der Erwägung, dass seit dem letzten Bericht der Kommission bedeutende Verbesserungen festgestellt werden können,
D. in der Erwägung, dass die Fortschritte in bestimmten Bereichen nicht zufrieden stellend waren und Rumänien unverzüglich Maßnahmen treffen muss, um diese Mängel zu beheben und der Union am 1. Januar 2007 beitreten zu können,
E. in der Erwägung, dass die Beitrittsperspektive als wichtiger Katalysator für Reformen wirkt indem sie die verschiedenen Akteure in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und im Zivilbereich mobilisiert,
F. in der Erwägung, dass das tatsächliche Beitrittsdatum auf der Grundlage der Empfehlung der Kommission nach strenger Prüfung des Standes der Beitrittsvorbereitungen Rumäniens festgesetzt wird,
- 1. bekräftigt, dass der Beitritt Rumäniens ein gemeinsames Ziel der Europäischen Union und Rumäniens darstellt und zusammen mit dem Beitritt Bulgariens die Vollendung der fünften Erweiterung der Union ermöglicht, die von der großen Befreiungsbewegung in Mittel- und Osteuropa angestoßen wurde;
- 2. wiederholt seinen Wunsch, Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2007 in die Europäische Union aufzunehmen, sofern die im Beitrittsvertrag vorgesehenen Bedingungen von jedem der beiden Ländern erfüllt werden;
- 3. erinnert an den Briefwechsel zwischen dem Präsidenten des Europäischen Parlaments und dem Präsidenten der Kommission über die vollständige Einbeziehung des Europäischen Parlaments in alle Überlegungen hinsichtlich der Anwendung einer der im Beitrittsvertrag vorgesehenen Schutzklauseln; stellt fest, dass das Parlament entsprechend dem Stand der Durchführung der notwendigen Reformen, insbesondere der Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft, die das Justizwesen und die Korruptionsbekämpfung betreffen, und anhand der ausführlichen Bewertung der Situation, die die Kommission im Frühjahr vornehmen wird, eine Stellungnahme zur Anwendung der Schutzklauseln und besonders zum Zeitplan des Beitritts abgeben wird erwartet in diesem Sinne, dass die Kommission und Rumänien mit dem Parlament diesbezüglich eng zusammenarbeiten;
- 4. äußert ferner den Wunsch nach einem gemeinschaftlichen Beitritt Rumäniens und Bulgariens; betont in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Prüfung und Bewertung der Beitrittsgesuche beider Länder schlussendlich die jeweils eigenen Leistungen zugrunde gelegt werden müssen;
- 5. betont, dass die Reformanstrengungen, die die Union von Rumänien fordert, im Interesse beider Parteien sind, da sie es Rumänien erlauben, uneingeschränkt in den Genuss der Vorteile des Beitritts zu gelangen und sicherstellen, dass dieser zu den bestmöglichen Bedingungen erfolgt;
- 6. erkennt Rumäniens wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des südosteuropäischen Raums und seine fortdauernde Rolle bei der Förderung von Sicherheit und Wohlstand in der Region an;
- 7. nimmt die Bewertung der Beitrittsvorbereitungen Rumäniens im Monitoringbericht der Kommission zur Kenntnis und schließt sich deren Schlussfolgerungen an.
In diesem Zusammenhang:
- - begrüßt die bedeutenden Fortschritte, die insbesondere in den Bereichen Meinungsfreiheit, Justizwesen, Integration von Minderheiten, Kinderschutz, Rückgabe von Eigentum und Wettbewerbspolitik erzielt wurden;
- - betont es, dass weitere Korrekturen notwendig sind, insbesondere im Hinblick auf die Vollendung der Reform der öffentlichen Verwaltung; ferner gilt es, das reibungslose Funktionieren des Justizsystems sicherzustellen, eine solide und transparente Grundlage für die Beziehungen zwischen den Bürgern und den Institutionen zu schaffen, Verbrechen und illegalen Handel zu bekämpfen, die Integration der Roma voranzubringen und die Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands zu vollenden;
- - ist es besorgt über die anhaltenden Berichte über Misshandlungen durch Polizeikräfte, darunter auch Fälle von exzessiver Gewaltanwendung und Gewaltanwendung mit Todesfolge, deren Opfer zum großen Teil Roma sind, und fordert Rumänien auf, die gerichtliche Überprüfung solcher Fälle zu verbessern;
- - ist es besorgt über die anhaltenden Verzögerungen in mehreren Bereichen wie Verbesserung der Verwaltungskapazität, Bekämpfung von Korruption und Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften in bestimmten Sektoren der Landwirtschaft, im öffentlichen Auftragswesen und im Umweltbereich;
- 8. hält die Bekämpfung der Korruption, insbesondere der Korruption auf hoher Ebene, der Korruption auf allen Ebenen der Justiz, der Vollstreckungsbehörden und der öffentlichen Verwaltung, sowie der Korruption in großem Umfang, für eine der Aufgaben mit höchster Priorität; dieser Kampf muss auf allen Ebenen entschlossen fortgesetzt werden, indem die Gesetze streng angewendet und Straftäter erfolgreich verfolgt und verurteilt werden, und ein Bewusstsein des Ausmaßes dieses Problems und seiner Folgen entwickelt wird;
- 9. stellt fest, dass die Außengrenze Rumäniens zu einer Außengrenze der Europäischen Union werden wird;
- 10. hebt hervor, dass es notwendig ist, die Reform des Justizwesens fortzusetzen, wobei die im Aktionsplan aufgestellten Ziele und Fristen einzuhalten sind und mit Hilfe der notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen die tatsächliche Umsetzung dieses Plans gewährleistet werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung aller Formen von illegalem Handel (insbesondere Drogen- und Menschenhandel); außerdem ist die Finanzkontrolle zu verstärken;
- 11. empfiehlt dem rumänischen Parlament nachdrücklich, unverzüglich die von der Regierung vorgeschlagene Änderung des Strafgesetzbuchs anzunehmen, die eine Streichung der strafrechtlichen Bestimmungen betreffend Verleumdungen und eine Anpassung des Strafrechts an die Rechtsvorschriften aller EU-Mitgliedstaaten vorsieht;
- 12. vertritt die Ansicht, dass die Annahme des Gesetzes über Mediation durch das rumänische Parlament einen Fortschritt bei den Bemühungen zur Verringerung der Zahl anhängiger Gerichtsverfahren bedeuten würde;
- 13. weist ferner auf die Notwendigkeit hin, die personellen und finanziellen Ressourcen zu erhöhen um die Verwaltung und die Sicherheit der Grenzen substantiell zu verbessern und alle Formen des illegalen Handels, das organisierte Verbrechen und die illegale Einwanderung zu bekämpfen;
- 14. stellt fest, dass trotz der ermutigenden wirtschaftlichen Ergebnisse Armut weit verbreitet ist und der Lebensstandard weit unterhalb des Durchschnitts der Europäischen Union zurückbleibt, weshalb erhöhte Anstrengungen in den Bereichen Zusammenhalt und Solidarität erforderlich sind;
- 15. hält es für ganz besonders dringend, Maßnahmen zu treffen, um die Verwaltungskapazitäten der Institutionen zu stärken und das Verwaltungs- und Kontrollsystem für den Zahlungsverkehr einzurichten, damit die bewilligten Mittel wirksam und transparent verwendet werden können; stellt nachdrücklich fest, dass weiterhin gemeinsame und anhaltende Bemühungen im Bereich der Verwaltungsreform unternommen werden müssen, die entscheidend für die erfolgreiche Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands ist;
- 16. empfiehlt, die Heranführungshilfe im Bereich der Landwirtschaft und ländlichen Entwicklung auf die Gründung von Partnerschaften zur Programmplanung für nachhaltige ländliche Entwicklung unter Einbeziehung der Bürgergesellschaft, des öffentlichen und des privaten Sektors auszurichten, insbesondere durch Verwendung der Bottom-up-Methode aus dem Leader-Ansatz, die jetzt auch für Programme zur Vorbereitung des Beitritts verfügbar ist;
- 17. fordert die rumänische Regierung zu weiteren Anstrengungen bei der Anwendung der Umweltvorschriften auf und fordert eine Konsultation mit den Nachbarstaaten und eine strenge Anwendung der Normen im Geiste der derzeit geprüften einschlägigen EU-Vorschläge (z.B. zur Bewirtschaftung von Abfällen aus der Mineral gewinnenden Industrie) unter besonderer Berücksichtigung groß angelegter Minenprojekte mit erheblichen Umweltauswirkungen wie der Mine in Rosia Montana;
- 18. weist auf die verheerenden Auswirkungen der Überschwemmungen im Sommer dieses Jahres - die schwersten der letzten hundert Jahre - hin, von denen mehr als 60% des Landes betroffen waren, die schwere Schäden verursacht und die Häuser vieler Menschen in mehreren Regionen zerstört haben; fordert die Kommission auf, zu prüfen inwieweit Mittel im Rahmen der Heranführungshilfe eingesetzt werden könnten um den Menschen und Regionen zu helfen, die besonders schwer von den Überschwemmungen betroffen sind;
- 19. ersucht die Kommission und den Rat, die rumänische Regierung in ihren Bemühungen zu unterstützen, die einmalige Landschaft des Donaudeltas zu schützen, das von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt wurde und nun gefährdet ist, weil die ukrainischen Behörden die Arbeit am Bystroe-Kanal wieder aufgenommen haben;
- 20. legt Rumänien dringend nahe, die veterinärrechtlichen Vorschriften anzunehmen und umzusetzen um die Lebensmittelsicherheit sicherzustellen und die Übertragung von Tierseuchen zu verhindern;
- 21. betont, dass das Gesetz über die Rückgabe von Eigentum zügiger umgesetzt werden muss;
- 22. hält es außerdem für dringend geboten, die Gesetze zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum anzuwenden, um Produkt- und Markenpiraterie zu verhindern;
- 23. begrüßt die Verbesserungen, die von den rumänischen Behörden im Bereich Kinderschutz erzielt wurden und fordert die rumänische Regierung an die Notwendigkeit, die Anträge auf internationale Adoption zu regeln, die während des Moratoriums vom Juni 2001 eingereicht wurden, und sicherzustellen, dass alle Fälle im Lichte der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und des rumänischen Gesetzes über den Rechtsstatus von Adoptionen geprüft werden, damit in diesen speziellen Fällen, soweit gerechtfertigt und angemessen, Adoptionen von Land zu Land möglich sind;
- 24. weist auf die dringende Notwendigkeit hin, den Schutz von Menschen mit geistiger Behinderung zu verbessern, deren Lebens- und Betreuungsbedingungen noch nicht zufrieden stellend sind; besonders im Fall von Menschen mit geistigen oder psychischen Behinderungen, die in Heimen untergebracht sind; fordert die rumänische Regierung auf, unverzüglich Initiativen zur Auflösung der großen Unterbringungs- und Betreuungszentren für Menschen mit Behinderungen zugunsten kleinerer, gemeindenaher Einrichtungen zu ergreifen, wofür spezifische Finanzhilfen der Kommission in großem Umfang bereitgestellt werden sollten; betont, dass alle notwendigen Maßnahmen zur Durchführung des Gesetzes von 2002 über geistige Gesundheit und den Schutz psychisch kranker Menschen ergriffen werden müssen;
- 25. stellt fest, dass die Umsetzung der Antidiskriminierungsgesetze und die von der rumänischen Regierung getroffenen Maßnahmen zugunsten der Roma einen Fortschritt bedeuten ist jedoch der Auffassung, dass die Anstrengungen zur Verwirklichung der Integration dieser Menschen, insbesondere durch eine Politik der klaren Ächtung jeglicher Form des Rassismus gegenüber den Roma und Gewährleistung eines besseren Zugangs zu einer guten Ausbildung und zum Arbeitsmarkt, fortgesetzt werden müssen, wobei für eine uneingeschränkte Einbeziehung der Medien zu sorgen ist;
- 26. äußert Enttäuschung darüber, dass sich die Annahme des Gesetzes über die Minderheiten weiterhin verzögert; äußert Besorgnis darüber, dass weiterhin diskriminierende Maßnahmen in den Wahlgesetzen enthalten sind und sich auch im Entwurf des Gesetzes über die Minderheiten wieder finden; gibt seinem Wunsch Ausdruck, dass das Gesetz über die Minderheiten unter Achtung der politischen Kriterien so bald wie möglich angenommen wird;
- 27. betont, dass zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der ungarischen Minderheit im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der kulturellen Autonomie ergriffen werden müssen; fordert die rumänischen Behörden auf, sich nachhaltig für die höhere Schulbildung zugunsten der ungarischen Minderheit einzusetzen, indem sie entsprechende Mittel bereitstellen;
- 28. fordert die Kommission auf, das Monitoring der Beitrittsvorbereitungen streng und objektiv fortzusetzen und die rumänischen Behörden dabei zu unterstützen, ihren Verpflichtungen nachzukommen und die Entwicklungen in den Bereichen, in denen sie in ihren vorherigen Berichten Veränderungen gefordert hat, genau zu verfolgen, nicht nur im Hinblick auf eingegangene Verpflichtungen, sondern auch, was ihre Umsetzung an Ort und Stelle betrifft;
- 29. bekräftigt seine Forderung, von der Kommission regelmäßig über das von ihr durchgeführte Monitoring informiert und ohne Einschränkung an der endgültigen Entscheidung über die etwaige Anwendung der Schutzklauseln beteiligt zu werden;
- 30. billigt den Ansatz der Kommission, die Entscheidung über eine mögliche Verschiebung des Beitrittsdatums auf der Grundlage der von Rumänien bis zum Frühjahr 2006 erzielten Ergebnisse zu treffen;
- 31. bekräftigt seinen von einem starken politischen Willen getragenen Wunsch nach einem Beitritt Rumäniens zum 1. Januar 2007, betont jedoch, dass die Verwirklichung dieses Ziels zunächst von der Fähigkeit der rumänischen Behörden abhängt, die im Beitrittsvertrag eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, da andernfalls die Schutzklauseln angewendet werden;
- 32. ruft die rumänischen Behörden auf, die festgestellten Mängel in zufriedenstellender Weise zu beheben, um den Beitritt Rumäniens entsprechend dem vorgesehenen Zeitplan zu ermöglichen;
- 33. fordert die Mitgliedstaaten der Union, die dies noch nicht getan haben, auf, den Vertrag über den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union baldmöglichst zu ratifizieren;
- 34. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und Rumäniens zu übermitteln.