Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 110042 - vom 19. Mai 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. April 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2006 zur Lage in Birma1 und seine Entschließung vom 21. Juni 2007 zu Birma2,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. November 2007, in denen er verstärkte und zusätzliche restriktive Maßnahmen gegen Birma beschlossen hat3,
- - unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 194/2008 des Rates vom 25. Februar 2008 zur Verlängerung und Ausweitung der restriktiven Maßnahmen gegen Birma/Myanmar und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 817/20064,
- - gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der birmanische Staatsrat für Frieden und Entwicklung (SPDC) unter der Führung von General Than Shwe angekündigt hat, dass am 10. Mai 2008 eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung abgehalten wird und im Jahr 2010 Wahlen unter Beteiligung mehrerer Parteien stattfinden,
B. in der Erwägung, dass der SPDC das eigene Volk nach wie vor schrecklichen Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit, Verfolgung von Dissidenten, Rekrutierung von Kindersoldaten und Zwangsumsiedlung aussetzt,
C. in der Erwägung, dass die birmanische Regierung die Vorschläge des UN-Sondergesandten Ibrahim Gambari zurückgewiesen hat, die eine freie und faire Volksabstimmung in Anwesenheit internationaler Beobachter gewährleisten sollten,
D. in der Erwägung, dass die birmanische Regierung im Verfassungsentwurf vorgesehen hat ein Viertel der Sitze in beiden Kammern des Parlaments Militäroffizieren vorzubehalten dem Militärchef des Landes das Recht einzuräumen, die Verfassung jederzeit außer Kraft zu setzen und Kandidaten, die einen ausländischen Ehegatten oder ein Kind mit einem Ausländer haben (was auf die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin und Vorsitzende der Nationalen Liga für Demokratie sowie Trägerin des Friedensnobelpreises und des Sacharow-Preises, Aung San Suu Kyi zutrifft), von den Präsidentschaftswahlen auszuschließen; in der Erwägung, dass der Verfassungsentwurf zudem Staatsbeamten Straffreiheit für in Ausübung ihres Amtes begangene Handlungen bietet,
E. in der Erwägung, dass die Regierung seit der Ankündigung der Volksabstimmung das Gesetz Nr. 1/2008 erlassen hat, das Mitgliedern religiöser Orden das Wahlrecht abspricht
F. in der Erwägung, dass die demokratische Opposition nicht am Verfassungsprozess beteiligt wurde,
G. in der Erwägung, dass der Großteil der Opposition in Birma beschlossen hat, bei der Volksabstimmung mit Nein zu stimmen,
H. in der Erwägung, dass es in Birma noch immer ungefähr 1800 politische Gefangene gibt darunter Aung San Suu Kyi,
I. in der Erwägung, dass die birmanische Regierung nichts dagegen unternimmt, dass nach wie vor Kindersoldaten rekrutiert und in bewaffneten Konflikten eingesetzt werden J. in der Erwägung, dass die von der Europäischen Union gegen die birmanische Regierung verhängten Sanktionen bislang keine Wirkung gezeitigt haben,
K. in der Erwägung, dass die birmanische Regierung weiterhin enge politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Nachbarstaaten und zur ASEAN unterhält,
L. in der Erwägung, dass 30 % der Bevölkerung von Birma, also schätzungsweise 15 Millionen Menschen, unter der Armutsgrenze leben,
- 1. bedauert die Tatsache, dass die Volksabstimmung über die Verfassung keinerlei demokratische Legitimität hat, da den birmanischen Bürgern alle grundlegenden demokratischen Rechte verwehrt sind, die es ihnen erlauben würden, eine offene Debatte über den Verfassungstext zu führen, ihn abzuändern und sich anschließend in einer Volksabstimmung frei zu äußern;
- 2. verurteilt die Tatsache, dass die birmanische Regierung die Vorschläge des UN-Sondergesandten Ibrahim Gambari, wonach im Vorfeld der Volksabstimmung über die Verfassung eine offene und umfassende Kampagne erlaubt werden sollte, abgelehnt hat fordert die birmanische Regierung auf, guten Willen zu beweisen und konstruktiv mit dem UN-Sondergesandten zusammenzuarbeiten;
- 3. unterstützt den Übergang zur Demokratie durch einen integrativen Prozess der nationalen Aussöhnung und des Dialogs zwischen dem Regime, der Nationalen Liga für Demokratie und Vertretern der verschiedenen Bevölkerungsgruppen;
- 4. verlangt von der birmanischen Regierung Garantieen dafür, dass sie eine unabhängige Wahlkommission einsetzen, korrekte Wählerlisten aufstellen, die seit langem bestehenden Einschränkungen für die Medien aufheben, Vereinigungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Birma gewähren und neue Verordnungen aufheben wird, die die legitime Debatte über die Volksabstimmung kriminalisieren, sowie die Anwesenheit internationaler Beobachter zulassen wird;
- 5. fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung der politischen Gegner des Regimes und der über 1800 politischen Gefangenen, darunter Aung San Suu Kyi, die Anführer der Gruppe "88 Generation Students" und die 2005 festgenommenen Anführer der "Shan Nationalities League for Democracy";
- 6. fordert das Regime auf, Rechenschaft über alle Opfer und Vermissten im Zusammenhang mit der Niederschlagung der Proteste von buddhistischen Mönchen und Aktivisten der Demokratiebewegung im September 2007 abzulegen sowie Angaben über den Verbleib der vermissten Mönche und Nonnen zu machen;
- 7. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, jede Gelegenheit auf dem internationalen Parkett zu nutzen, um den anhaltenden Missbrauch von Kindern in Birma, und insbesondere ihren Einsatz als Kindersoldaten, anzuprangern; verurteilt aufs Schärfste die Rekrutierung von Kindersoldaten in Birma und fordert den UN-Sicherheitsrat auf die Lage in Birma in diesem Zusammenhang eingehend zu prüfen;
- 8. stellt fest, dass China vor kurzem das Fakultativprotokoll der Vereinten Nationen zur Konvention über die Rechte des Kindes bezüglich der Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten ratifiziert hat, verweist auf die bedauerlichen Fälle von Missbrauch durch die Militärjunta in Birma und fordert China nachdrücklich auf, insoweit aktiv zu werden;
- 9. unterstützt die Vermittlung durch den UN-Generalsekretär und die Bemühungen von Ibrahim Gambari um Verhandlungen mit der birmanischen Regierung; fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, eng mit dem UN-Sondergesandten zusammenzuarbeiten damit die Kohärenz des Engagements der internationalen Gemeinschaft in Birma gewährleistet ist;
- 10. unterstützt die Bemühungen des EU-Sondergesandten für Birma, Piero Fassino, um die Förderung des Dialogs mit den ASEAN-Ländern; fordert die ASEAN mit Nachdruck auf starken Druck auf die birmanischen Staatsorgane auszuüben, um einen demokratischen Wandel zu erreichen;
- 11. fordert den Rat nachdrücklich auf, seine gezielten Sanktionen fortzusetzen und auszuweiten und dabei den Schwerpunkt auf Beschränkungen des Zugangs von Unternehmen, die sich in der Hand des Militärs befinden, bzw. von Konglomeraten und Unternehmen, die enge Verbindungen zum Militär haben oder deren Gewinne dem Militär zufließen, zu internationalen Bankdienstleistungen und Beschränkung des Zugangs bestimmter Generäle und ihrer direkten Angehörigen zu persönlichen Geschäftschancen, zur Gesundheitsversorgung, zu Einkaufsmöglichkeiten und zu ausländischen Bildungseinrichtungen für ihre Kinder zu setzen; fordert den Rat nachdrücklich auf, es bestimmten Einzelpersonen und Körperschaften generell und explizit zu verbieten, Finanztransaktionen durchzuführen, die über Clearing-Banken abgewickelt werden, oder Finanzdienstleistungen im Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union in Anspruch zu nehmen;
- 12. fordert den Rat auf, die effektive Anwendung gezielter Sanktionen sicherzustellen, angemessene Untersuchungen anzustellen, gegen wen eine Verhängung von Sanktionen in Betracht kommt, die Revision von Entscheidungen und der laufenden Überwachung zu ermöglichen sowie dafür zu sorgen, dass die angenommenen Maßnahmen auch umgesetzt werden;
- 13. fordert den Rat auf, weiterhin die Sanktionen anhand spezifischer Zielvorgaben im Zusammenhang mit den Menschenrechten zu überprüfen, die Folgendes umfassen: Freilassung politischer Häftlinge und aller anderen Personen, die willkürlich aufgrund der Ausübung ihrer grundlegenden Menschenrechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit festgehalten werden, genaue offizielle Angaben über die Zahl der von den Sicherheitskräften - auch bei der Niederschlagung der jüngsten Proteste - getöteten Personen sowie über den Verbleib und die Verfassung der von ihnen festgenommenen und/oder inhaftierten Personen, Einstellung der militärischen Angriffe auf Zivilpersonen und Übergang zur Demokratie; fordert den Rat ferner auf, weitere gezielte Sanktionen in Erwägung zu ziehen, wie etwa ein umfassendes Verbot neuer Investitionen, ein Verbot von Versicherungsleistungen für Investitionen in Birma und ein Handelsembargo für wichtige Waren, mit denen die Militärregierung bedeutende Einnahmen erwirtschaftet;
- 14. fordert die Europäische Union und die anderen westlichen Staaten gleichzeitig auf, Anreize für Reformen zu bieten, damit ein Gegengewicht zur Androhung und/oder Verhängung von Sanktionen besteht und der militärischen Führung eine positive Motivation für einen Wandel geboten wird;
- 15. stellt fest, dass das Waffenembargo der Europäischen Union gegen Birma nicht greift, da die Militärregierung ihre militärische Ausrüstung in China, Russland und Indien kauft fordert die Europäische Union daher nachdrücklich auf, sich aktiv für ein weltweites Waffenembargo gegen Birma einzusetzen;
- 16. fordert die internationale Gemeinschaft, die westlichen Regierungen und NRO auf, ihre humanitären Arbeiten zu verstärken, insbesondere indem bestehende Programme im Gesundheitssektor ausgeweitet und neue umfassendere Programme zur Förderung der Elementarbildung aufgelegt werden, die die Vertriebenen und andere Menschen in den Konfliktzonen, vor allem an der Grenze zu Thailand, erreichen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Mittel für die humanitäre Hilfe im Rahmen des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit für Birma (derzeit 32 Mio. EUR für 2007-2010) aufzustocken und mehr in die grenzüberschreitend geleistete humanitäre Hilfe für Vertriebene zu investieren;
- 17. fordert die Kommission auf, Hilfsprogramme zur Stärkung der entrechteten Gruppen, einschließlich Frauen sowie ethnischer und religiöser Minderheiten, einzurichten und auszuweiten um politische, ethnische, religiöse und andere Spaltungen zu überwinden;
- 18. fordert die Kommission auf, die Unterstützung für Staatsangehörige von Birma, die im Ausland leben, durch das Programm für entwurzelte Bevölkerungsgruppen im Rahmen des Finanzierungsinstruments für Entwicklungszusammenarbeit zu verstärken und auch andere Möglichkeiten zu prüfen, wie sie Hilfe leisten könnte;
- 19. betont, dass die Leistung von Hilfe an nachprüfbare Kriterien und Fristen geknüpft sein muss um die Korruptionsrisiken besser kontrollieren zu können;
- 20. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen und Parlamenten der ASEAN-Staaten, der birmanischen Nationalen Liga für Demokratie, dem birmanischen Staatsrat für Frieden und Entwicklung, der Regierung der Volksrepublik China, der Regierung und dem Parlament von Indien, der Regierung von Russland und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.
- 1 ABl. C 317 E vom 23.12.2006, S. 902.
- 2 Angenommene Texte, P6_TA(2007)0290.
- 3 Vgl. Gemeinsamer Standpunkt 2007/750/GASP des Rates vom 19. November 2007 zur Änderung des Gemeinsamen Standpunkts 2006/318/GASP zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Birma/Myanmar (ABl. L 308 vom 24.11.2007, S. 1).
- 4 ABl. L 66 vom 10.3.2008, S. 1.