Punkt 66 der 835. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2007
Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes einberufen wird.
Begründung
In den parlamentarischen Beratungen wurde deutlich, dass das vorliegende Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 (Drs. 16/5240 und 16/5769) vom 20.6.2007 noch Defizite aufweist. Sie lassen sich wie folgt beschreiben:
Der Bundesrat begrüßt die Intention der Bundesregierung, im Rahmen der Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Handel mit Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 2008-2012 die Regeln für den Emissionshandel zu vereinfachen und somit für mehr Transparenz zu sorgen. Er trägt die Reduzierung der Zuteilungsmengen mit und verschließt sich der Veräußerung bzw. der Versteigerung eines kleinen Anteils der Emissionszertifikate nicht. Er beanstandet jedoch, dass im Interesse eines fristgerechten Inkrafttretens des Gesetzes elementare Fragen der Versteigerung nicht hinreichend geprüft und diskutiert worden sind. Mit dem Ansatz einer Versteigerung von fast 10% der Zuteilungsmenge an Zertifikaten schöpft die Bundesregierung nunmehr den von der EU eingeräumten Korridor für Versteigerungen in der Zuteilungsperiode 2008-2012 vollständig aus, ohne auf Erfahrungswerte zurückgreifen zu können und Folgewirkungen ermittelt zu haben.
Der Bundesrat weist darauf hin, dass für die Gestaltung der Versteigerung wichtige Verfahrensfragen noch ungeklärt sind. Dies betrifft vor allem den Turnus der Versteigerungen, die Wahl der Versteigerungsart sowie Regelungen, die einen Missbrauch bei der Preisbildung ausschließen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass er bei der Verfahrensgestaltung zur Veräußerung bzw. Versteigerung der Emissionsberechtigungen zu beteiligen ist.
Der Bundesrat erwartet, dass die Bundesregierung die finanziellen Auswirkungen der Auktionierung im Bund - Länder - Verhältnis detailliert darstellt und konkrete Vorschläge für die Verwendung der Mittel macht.
Die deutschen Braunkohlekraftwerke sind mit einem Anteil von rund 25 % an der öffentlichen Stromversorgung ein bedeutendes Standbein in der Grundlast. Als heimischer subventionsfreier Rohstoff sorgt die Braunkohle dafür, dass die deutsche Energieversorgung von internationalen Einflüssen zumindest zum Teil unabhängig bleibt. Ein im beschlossenen Gesetz nicht berücksichtigter Braunkohle-Benchmark von 950 g CO₂/kWh unterstellt die Anwendung der besten verfügbaren Techniken, d.h. einen hohen Wirkungsgrad, der nur bei den derzeit in Planung und Bau befindlichen Kondensationskraftwerken erreicht werden kann. Damit wird gleichzeitig auch für die bestehenden Braunkohlekraftwerke ein Anreiz zur weiteren Effizienzsteigerung gesetzt. Bei einem niedrigen Benchmark würden die neuesten Braunkohlekraftwerke eine Unterausstattung von weit über 20% hinnehmen müssen. Dies widerspricht aber Anhang III Ziffer 3 der Emissionshandelsrichtlinie, wonach die Menge der zuzuteilenden Zertifikate mit dem technischen Potenzial zur Emissionsverringerung in Einklang stehen muss.
Die von der EU-Ratspräsidentschaft im März 2007 beschlossenen Klimaschutzziele stehen im Einklang mit der hochmodernen Verstromung heimischer Braunkohle und schließen den weiteren Ausbau regenerativer Energien nicht aus. Das Ziel einer 20%-igen Einsparung des Primärenergieverbrauchs wird auch getragen von den beachtlichen Wirkungsgradsteigerungen moderner Braunkohlekraftwerke.
Der Bundesrat misst modernen CO₂-Abscheidetechnologien große Bedeutung bei der CO₂-Reduzierung zu. Insbesondere vor dem Hintergrund der eingegangenen Reduktionsverpflichtungen wie auch der Bedeutung der Entwicklung des technischen Knowhows im Land wird die Bundesregierung gebeten, die politischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Entwicklung und den Einsatz moderner und zukunftsweisender Technologien zu schaffen. Dazu können die Erlöse aus der Versteigerung einen wichtigen Beitrag leisten.
Im Vergleich zur Vorperiode 2005 bis 2007 sind in dem vorliegenden Gesetz wichtige Verbesserungen für die betroffene Wirtschaft erreicht worden, so u.a. die Entlastung von Kleinemittenten, die Einführung einer Härtefallklausel insbesondere für KMU, die Behandlung von KWK-Anlagen. Allerdings sind aus Sicht des Bundesrates für die energieintensiven Industriebereiche, u.a. für die Zementindustrie, die Kokereien und die Glasindustrie noch Nachbesserungen erforderlich, um diesen Unternehmen nicht die Grundlage für ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu entziehen.
Im Zuteilungsgesetz 2012 wird ausschließlich der Fall abgebildet, dass ein neu zu errichtendes oder zu erweiterndes Kuppelgaskraftwerk der Eisen- und Stahlindustrie in bestimmtem Umfang Erdgas zur Stützfeuerung einsetzt und nur im Umfang der Stützfeuerung mit Emissionsberechtigungen auszustatten ist da die Rechte für das eingesetzte Kuppelgas bereits an anderer Stelle zugeteilt sind. Um einen flexiblen Einsatz von Erdgas in Kuppelgaskraftwerken zu ermöglichen, der über eine reine Stützfeuerung hinaus geht, sollte bei der Zertifikatszuteilung auf Antrag des Betreibers ein individueller Auslastungsfaktor zu Grunde gelegt werden, der sich auf die Kapazität der außer dem Kuppelgas genutzten Brennstoffe bezieht. Der Nachweis über Auslastungsfaktor und Kapazität ist dabei über ein verifiziertes Gutachten durch den Betreiber zu erbringen.
Im Zuteilungsgesetz sollte klargestellt werden, dass die industrielle Prozesswärmeerzeugung nicht den Regelungen für Anlagen der Energiewirtschaft in § 7 ZuG 2012 unterliegt, insbesondere hinsichtlich einer Zuteilung auf der Basis eines Benchmark-Systems und einer anteiligen Kürzung nach § 4 Abs. 3 ZuG 2012. Bei der industriellen Prozesswärmeerzeugung handelt es sich um einen integralen Bestandteil des Produktionsprozesses. Die erzeugte Prozesswärme wird nicht - wie bei Anlagen der Energieerzeugung - am Markt an Dritte verkauft, sondern dient der Versorgung eigener Produktionsanlagen.