878. Sitzung des Bundesrates am 17. Dezember 2010
A
Der Finanzausschuss (Fz), der Verkehrsausschuss (Vk) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
a) Grundsätzliche Anmerkungen
- 1. Der Bundesrat begrüßt die ursprünglich für 2008/2009 vorgesehene und nunmehr vorgelegte Mitteilung zur Überprüfung des EU-Haushalts, da dem Unionshaushalt als Ausdruck und Instrument der fortgeschrittenen europäischen Integration und der europäischen Solidarität eine große Bedeutung zukommt. Als europäischer Staatenverbund muss die EU finanziell handlungsfähig und angemessen mit Eigenmitteln, über die sie selbst verfügen kann, ausgestattet sein.
- 2. Der Bundesrat bekräftigt seine Erwartung, dass die Reform des Finanzsystems der EU dessen Stärken ausbaut und derzeitige Unzulänglichkeiten beseitigt; hierfür wird eine Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben des EU-Haushalts sowie mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Finanzierungslasten auf die Mitgliedstaaten als erforderlich angesehen (Stellungnahme vom 14. März 2008 - BR-Drucksache 657/07(B) ).
- 3. Die Mitteilung enthält wesentliche Anregungen zur Verbesserung der Ergebnisorientierung, des europäischen Mehrwerts und der Ausgabenqualität des EU-Haushalts. Dem eigentlichen Auftrag des Europäischen Rates vom Dezember 2005, "dass die EU eine umfassende, die Einnahmen- und Ausgabenseite gleichermaßen einschließende neue Bewertung des Finanzrahmens durchführen sollte" wird diese Mitteilung jedoch nicht gerecht. Hierzu mangelt es sowohl der Mitteilung als auch dem Begleitdokument an einer ausreichenden Datenbasis und mit Sachdarstellungen unterlegten Argumentationen.
- 4. Der EU müssen auch in der kommenden Finanzperiode ausreichende Mittel zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben zur Verfügung stehen. Der künftige Finanzrahmen muss den Konsolidierungsbedarf der öffentlichen Haushalte berücksichtigen. In diesem Zusammenhang darf nicht vernachlässigt werden, dass die für die Kohäsionspolitik zur Verfügung gestellten Mittel einen erheblichen Mehrwert generieren, der spürbar zur strukturellen und konjunkturellen Entwicklung beiträgt. Die Beiträge der Mitgliedstaaten an die EU müssen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen und sollen sich klar an einem Prozent ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) orientieren.
- 5. Die Länder unterstützen die Position der Bundesregierung, dass sich durch die Neuausrichtung der Anteil des EU-Budgets gemessen an der Wirtschaftsleistung der EU nicht erhöhen darf.
- 6. Die Ausgaben sind auf die politischen Prioritäten der EU zu konzentrieren und insbesondere auf die Verwirklichung der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum auszurichten. Angesichts des EU-Haushalts in Höhe von etwa einem Prozent des EU-BIP ist die Ausgabenpolitik der EU jedoch nicht das Hauptinstrument zur makroökonomischen Steuerung und zur Umsetzung der Strategie Europa 2020.
- 7. Im Einzelnen stellt der Bundesrat fest: Die prioritären Ziele der EU innerhalb der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum sowie die Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise werden unterstützt.
- 8. Die neuen Herausforderungen wie auch sonstige der EU übertragene Kompetenzen sind allerdings weder automatisch ausgabenwirksam noch mit einer Prioritätenliste für den EU-Haushalt gleichzusetzen. Nicht alle Politikbereiche erfordern eine Finanzierung aus dem EU-Haushalt. Grundsätzlich sollte die EU als Rechtsgemeinschaft deshalb ihre Ziele eher mit Rechts- als mit Finanzinstrumenten verfolgen.
- 9. Finanzierungen der EU dürfen nur im Rahmen ihrer Kompetenz erfolgen. Europäische Finanzierungen sind nur dann gerechtfertigt, wenn die Maßnahmen nach den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit nicht von den Mitgliedstaaten und Regionen ausreichend verwirklicht werden können und wenn mit ihnen ein europäischer Mehrwert erzielt wird.
- 10. Der notwendige europäische Mehrwert ist nicht schon dann gegeben, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die die Mitgliedstaaten und Regionen nicht aus eigener Kraft umsetzen können. Eine solche Auslegung würde der Kompetenzverteilung zuwiderlaufen.
b) Prioritäten für den künftigen Finanzrahmen
- 11. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen der Kommission, den künftigen Finanzrahmen an den Prioritäten der Strategie Europa 2020 auszurichten. Sie begrüßt grundsätzlich die Konzentration auf intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Allerdings bedingen sich diese Elemente wechselseitig und können daher nicht einfach schematisch den verschiedenen Ausgabenkategorien des Finanzrahmens zugeordnet werden. Die Einordnung der Kohäsionspolitik unter der Überschrift "Integratives Wachstum" reduziert das eigentliche Aufgabenspektrum. Die Kohäsionsmittel sind zu einem hohen Anteil auf die Stärkung von Wissen, Innovation und Forschung auf regionaler Ebene ausgerichtet und tragen somit auch zu intelligentem und nachhaltigem Wachstum bei. Der neue Wachstumsansatz bildet ein Querschnittsziel, zu dessen Umsetzung die verschiedenen Ausgaben der Union in jeweils spezifischer Weise beitragen müssen. Klarheit und Transparenz der Ausgaben sollten Vorrang vor der schematischen Abbildung politischer Strategien haben.
aa) Kohäsionspolitik
- 12. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Kohäsionspolitik eines der erfolgreichsten Instrumente zur solidarischen Unterstützung Schwächerer und zur Schaffung von Wachstum und Wohlstand in ganz Europa bildet.
Kohäsionspolitik in allen Regionen
- 13. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission auch zukünftig eine Kohäsionspolitik in der gesamten Union für bedeutsam hält, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die harmonische Entwicklung der Union als Ganzes durch intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu fördern. Die Kohäsionspolitik soll wie bisher vor allem den strukturschwächsten Regionen und Mitgliedstaaten zugute kommen.
- 14. Der Vorschlag, dass die Kohäsionspolitik weiterhin allen, insbesondere den ärmsten Regionen und Mitgliedstaaten zugute kommen soll, wird deshalb unterstützt.
- 15. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission Übergangshilfen für jene Regionen vorsieht, deren Aufholprozess noch nicht abgeschlossen ist.
- 16. Für die Regionen, die aus der Förderung im Ziel Konvergenz ausscheiden, müssen angemessene und gerechte Übergangsregelungen im Rahmen des Ziels Konvergenz vorgesehen werden. Darüber hinaus muss auch in den Regionen des Ziels "Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" nach 2013 die [flächendeckende Förderung bei] angemessener Mittelausstattung fortgesetzt werden.
- 17. Die Kommission äußert sich in ihrer Mitteilung nicht zur europäischen territorialen Zusammenarbeit. Wegen des hohen europäischen Mehrwerts muss auch die Förderung der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Kooperation nach 2013 EU-weit fortgeführt werden.
Strategische Ausrichtung auf die Europa-2020-Strategie
- 18. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission darin überein, dass die Kohäsionspolitik mit der Strategie Europa 2020 verbunden werden muss, um zum einen die Aufholbemühungen der strukturschwächeren Regionen zu unterstützen und zum anderen als Wachstumsmotor für die gesamte EU zu fungieren. Nur durch die Einbindung aller Regionen der EU kann die Kohäsionspolitik diesen Aufgaben gerecht werden. Alle strategischen Prioritäten der Europa-2020-Strategie sowie die entsprechenden Leitinitiativen sind für die Kohäsionspolitik relevant und dazu geeignet, die jeweiligen Ziele mit den Strukturfonds wirkungsvoll zu unterstützen.
- 19. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Regionalpolitik bereits jetzt einen erheblichen Beitrag zur Umsetzung der Strategie Europa 2020 leistet. Die durch die Strukturfonds unterstützten Operationellen Programme sind an den Zielen und Aufgaben der Lissabon- Strategie ausgerichtet und legen deshalb schon jetzt einen starken Fokus auf Wissen, Innovation und Forschung, wie dies auch Europa 2020 erforderlich macht.
- 20. Gleichzeitig muss die strategische Ausrichtung der künftigen Kohäsionspolitik weiterhin in besonderem Maße ihrem Vertragsziel Rechnung tragen, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern und eine harmonische Entwicklung der EU als Ganzes zu fördern. Die zukünftige Ausrichtung des Förderspektrums auf die Ziele der Strategie Europa 2020 muss daher mit Augenmaß vorgenommen werden. Die Ausgestaltung der Förderinstrumente muss vor allem die Teilhabe von kleinen und mittleren Unternehmen ermöglichen und darf die Wirtschaft in den strukturschwächeren (Teil-)Regionen nicht überfordern. Deshalb müssen die Regionen auch zukünftig ausreichende Spielräume zur Verfügung haben, die Förderung auf ihre spezifischen Potenziale und Anforderungen auszurichten. Eine thematische oder räumliche Fokussierung sollte daher erst auf der Ebene der regionalen Operationellen Programme erfolgen.
- 21. Der Bundesrat stimmt grundsätzlich mit der Kommission überein, dass die Förderung von Innovationen eine übergreifende verpflichtende Priorität der zukünftigen Kohäsionspolitik werden sollte. Die von der Kommission zur Realisierung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums angeführten Finanzierungsprioritäten, wie beispielsweise die Unterstützung von Unternehmensgründern, Innovation, Modernisierung der Hochschulen, Investitionen in die Verbesserung der Umwelt, der Forschungsinfrastrukturen und der Entwicklung von Humankapital, sind richtig gesetzt. Auch außerhalb der Konvergenzregionen sind Themen wie der wirtschaftliche Wandel hin zu einer innovativeren, wissensbasierten Wirtschaft sowie Umwelt und Nachhaltigkeit weiterhin von großer Bedeutung.
- 22. Die Aufzählung möglicher Finanzierungsprioritäten kann nicht abschließend sein. Sie lässt insbesondere bewährte Instrumente der Strukturpolitik vermissen wie z.B. die Förderung produktiver Unternehmensinvestitionen. Investitionen von Unternehmen gehören zu den stärksten Wachstumstreibern. Sie tragen in wirtschaftlich schwächer wie besser entwickelten Regionen in erheblichem Umfang zu Entstehung, Adaption und Diffusion von Innovationen bei, sind unerlässlich für flächendeckendes Wachstum und unterstützen damit in hohem Maße die Strategie Europa 2020. Sie leisten insbesondere einen bedeutenden Beitrag, die Ziele der Leitinitiative "Eine Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung" zu erreichen.
- 23. Die städtische Dimension muss im Rahmen der Kohäsionspolitik beibehalten werden. Städte erfüllen wichtige Funktionen als Wachstums- und Innovationsmotoren der Wissensgesellschaft. Zugleich bleiben zukünftig Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung von Städten und städtischen Problemgebieten im Rahmen eines integrierten Ansatzes erforderlich. Nicht zuletzt muss die Kohäsionspolitik auch die Potenziale der strukturschwächeren, ländlichen Regionen erschließen. Insbesondere die ländlichen Räume werden von den Auswirkungen des demographischen Wandels betroffen sein.
- 24. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission darin überein, dass auch der Europäische Sozialfonds (ESF) auf die Strategie Europa 2020 ausgerichtet werden soll. Er soll ein wichtiges Instrument der europäischen Kohäsionspolitik bleiben. Der Förderung der Qualifikation, Mobilität und Anpassungsfähigkeit kommt eine besondere Bedeutung für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu. Die Aktivierung von Langzeitarbeitslosen sowie Integration von benachteiligten Menschen und gesellschaftlichen Minderheiten ist angesichts der demographischen Entwicklung sowie des Ziels der Armutsbekämpfung eine wichtige Herausforderung in ganz Europa. Der ESF kann hierzu einen Beitrag leisten, indem er die Erwerbsintegration von Minderheiten und anderen benachteiligten Gruppen fördert.
Dezentrale Programmierung und Programmumsetzung
- 25. Der Bundesrat weist darauf hin, dass sich das System der geteilten Mittelverwaltung mit der Programmierung und Umsetzung auf regionaler Ebene bewährt hat und auch zukünftig unbedingt beibehalten werden muss. Auf regionaler Ebene können am besten vorhandene Entwicklungspotenziale erschlossen und lokale und regionale Akteure aktiviert werden. Die in der Mitteilung angelegte Tendenz zur Stärkung eines Topdown-Ansatzes in der Kohäsionspolitik wird sehr kritisch gesehen. Eine rigide Vorgabe thematischer Schwerpunkte von europäischer Ebene oder gar etwaige Quoten für einzelne Themenbereiche würden den Mehrwert der Kohäsionspolitik, der in der passgenauen Gestaltung regionaler Strategien liegt, zunichte machen und damit die Effizienz der Förderung reduzieren. Derartige Vorgaben sind deshalb abzulehnen.
Konzentration und Verbesserung der Kohärenz
- 26. Der Bundesrat befürwortet prinzipiell im Interesse größtmöglicher Effektivität eine Beschränkung der Mittel auf klare Prioritäten. Eine restriktive Beschränkung der Schwerpunkte in den entwickelteren Regionen lehnen die Länder jedoch ab, wenn sie zu einer Einschränkung der Flexibilität vor Ort führen. Eine solche Beschränkung kann der Entwicklung und Umsetzung integrierter Entwicklungsstrategien gemäß den spezifischen Bedarfen und Potenzialen der Regionen entgegenstehen. Es ist darauf zu achten, dass die strategischen, inhaltlichen Vorgaben für die Regionen nicht zu eng formuliert werden. Es muss möglich bleiben, Maßnahmen auf die konkreten regionalen Bedürfnisse auszurichten.
- 27. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, ein Mehr an Kohärenz und Abstimmung mit anderen EU-Instrumenten herzustellen. Im Interesse von Transparenz und Übersichtlichkeit sollten die EU-Programme klar voneinander abgegrenzt werden. Überschneidungen müssen vermieden werden.
- 28. Das Vorhaben, eine bessere Abstimmung zwischen den einzelnen Fonds (EFRE, ESF, Kohäsionsfonds, Fischereifonds - EFF - und den Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums - ELER) durch einen gemeinsamen strategischen Rahmen herzustellen, wird grundsätzlich begrüßt. Der im strategischen Rahmen enthaltene Konkretisierungsgrad darf allerdings nicht über die derzeitigen Integrierten Leitlinien hinaus gehen und muss ausreichend regionale Handlungsspielräume belassen. Der bürokratische Aufwand darf nicht erhöht werden.
Entwicklungsstrategie der Mitgliedstaaten
- 29. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die von der Kommission vorgesehenen Vereinbarungen über eine Entwicklungs- und Investitionspartnerschaft die jeweiligen Kompetenzen der Regionen in den föderalen Mitgliedstaaten berücksichtigen müssen. Ein zentraler Vorteil der Kohäsionspolitik ist die Möglichkeit, in ihrem Rahmen maßgeschneiderte regionale Entwicklungsstrategien zu verfolgen. Die Abstimmung der Pläne und Programme zwischen regionaler, nationaler und europäischer Ebene in der laufenden Förderperiode hat sich bewährt und sollte daher beibehalten werden. Eine vertragliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten und Regionen auf Strukturreformen als Bedingung für die Zuweisung von Strukturfondsmitteln wird abgelehnt.
- 30. Die Ausrichtung der Strukturpolitik an den Nationalen Reformprogrammen wird grundsätzlich im Interesse größtmöglicher Transparenz befürwortet. Der Bundesrat fordert hierfür effiziente Verfahren. Doppelarbeiten müssen vermieden werden. Bereits jetzt werden im Rahmen der Kohäsionspolitik Programme und jährliche Durchführungsberichte erstellt. Letztere weisen den jeweiligen Programmfortschritt anhand geeigneter Ergebnis- und Finanzindikatoren nach. Auch muss die Einbeziehung der Strukturpolitik in die Nationalen Reformprogramme bereits auf europäischer Ebene so gestaltet werden, dass die erforderliche Mitwirkung von Gliedstaaten in föderalen Mitgliedstaaten gewährleistet ist. Das gilt insbesondere auch für die Fristen. Die föderalen Mitgliedstaaten müssen genügend Zeit haben, die erforderlichen Abstimmungsprozesse durchzuführen.
Erfolgskontrolle und Sanktionsmechanismen
- 31. Evaluierung und Erfolgskontrolle bei der europäischen Strukturpolitik sind erforderlich und ein seit langem bewährtes Prinzip der Programmumsetzung. Da-zu werden geeignete Ergebnis- und Finanzindikatoren genutzt. Strukturpolitik wirkt mittel- und langfristig. Sie ist in ihren Wirkungen nicht einfach über einzelne Indikatoren auf der Projektebene abzubilden. Ebenfalls sind die Wirkungen auf die volkswirtschaftlichen Aggregate (BIP, Beschäftigung) angesichts der Vielfalt und Interdependenz der Wirkungszusammenhänge nicht eindeutig abbildbar. Werden Bewilligungen und Auszahlungen an die Erreichung einiger ausgewählter quantifizierbarer Ziele geknüpft, dann geht davon eine Anreizwirkung für eine Programmgestaltung aus, die der Komplexität regionaler Entwicklungsprobleme nicht gerecht wird. Es besteht die Gefahr, dass die Programmierung auf Projekte und Maßnahmen fokussiert wird, die schnelle Realisierungen versprechen, aber keine nachhaltige Umstrukturierung und langfristige Entwicklungsperspektive beinhalten. Eine Sanktionierung unzureichender Zielerreichung in Form von Mittelkürzungen und Nichtzuteilung zusätzlicher Fördermittel sollte daher ebenso wie eine EU-weite Leistungsreserve nicht vorgesehen werden. Ein positiver Anreiz könnte gesetzt werden, indem den Mitgliedstaaten und Regionen eine Option eingeräumt wird, sich für eine leistungsgebundene Reserve auf der Ebene der Operationellen Programme zu entscheiden.
- 32. Die Bewilligung und Auszahlung europäischer Mittel muss für den Planungszeitraum kalkulierbar bleiben, auch unter den Bedingungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Die Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten (in Deutschland auch der Länder) müssen gewährleistet bleiben. Vorzüge europäischer Strukturpolitik sind u.a. der langfristige Planungshorizont und die verlässliche Bereitstellung der Mittel darin. Das macht die Formulierung komplexer und langfristiger Entwicklungsstrategien erst möglich. Dieser Vorzug darf nicht aufgegeben werden.
Mittelzuweisung an die Mitgliedstaaten und Regionen
- 33. Es ist zu begrüßen, dass die Kommission in der Kohäsionspolitik ein Standardwerkzeug zur Verwirklichung aller drei strategischen Prioritäten von Europa 2020 - intelligentes, integratives und nachhaltiges Wachstum - sieht. Dieser besondere Stellenwert der Kohäsionspolitik bei der Umsetzung der Europa-2020- Strategie muss sich deutlich in der Dotierung der dafür im künftigen EU-Haushalt zur Verfügung stehenden Mittelansätze niederschlagen.
- 34. Der Bundesrat unterstützt den Vorschlag der Kommission, bei der Zuteilung der Mittel auch die Verwaltungskapazitäten der Mitgliedstaten und Regionen für einen wirkungsvollen Umgang mit den finanziellen Ressourcen, die Notwendigkeit, die Grundsätze der Kofinanzierung und der Zusätzlichkeit einzuhalten, sowie die Situation der nationalen Haushalte zu berücksichtigen.
bb) Innovation, Bildung und Jugend
- 35. Der Bundesrat bekennt sich zur Innovationsunion und verweist insoweit auf die Stellungnahme des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission "Leitinitiative der Strategie Europa 2020 - Innovationsunion" vom 6. Oktober 2010 (BR-Drucksache 616/10(B) ). Mit der Leitinitiative wurden ein grundsätzlich tragfähiger Politikansatz gefunden, die Definition des Begriffs Innovation zu Recht weit gefasst, die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft in den Fokus genommen und Schlüsseltechnologien berücksichtigt. Anerkannt und unterstützt wird, dass die Kommission mit der vorgelegten Mitteilung die Leistungen der Länder und Regionen und der Zivilgesellschaft mit einbezieht und diese als bedeutende Akteure anerkennt.
- 36. Die Leitinitiative muss jedoch dezentrale Entscheidungsfindung ermöglichen. Für die Innovationspolitik im Rahmen der Strategie Europa 2020 ist dies bislang nicht gewährleistet. Die Finanzmittel der EU für Forschung und Innovation müssen dies ermöglichen. Da Innovation in den Ländern und Regionen stattfindet, sollten die in ihnen vorhandenen Strukturen genutzt und ihre innovativen Netzwerke eingebunden werden. Den Regionen müssen ausreichend Spielräume für ihre eigenen innovationspolitischen Zielsetzungen im Sinne einer intelligenten Spezialisierung bleiben, die parallel zu Europa 2020 fortbestehen. Die Ausgestaltung der Förderinstrumente darf vor allem die Teilhabe von kleinen und mittleren Unternehmen nicht behindern und die Wirtschaft in den strukturschwächeren (Teil-)Regionen nicht überfordern.
- 37. Der Bundesrat erkennt an, dass zur Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020 unter anderem eine Modernisierung der Bildungssysteme erforderlich sein wird, sowie die mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten und Strukturen im Bildungsbereich dabei gewahrt werden müssen. Die von der Kommission vorgeschlagene Leitinitiative "Jugend in Bewegung" muss sich auf ein integriertes Konzept im Rahmen der der EU in den einschlägigen Bereichen übertragenen Kompetenzen konzentrieren. In diesem Sinne wird die von der Kommission vorgeschlagene Überprüfung der bestehenden Programme im Bereich von Bildung, Ausbildung und Mobilität begrüßt.
cc) Transeuropäische Netze, Energie- und Klimapolitik
- 38. Der Bundesrat sieht wie die Kommission in der Beseitigung von grenzübergreifenden Engpässen strategischer transnationaler Achsen der Verkehrs-, Kommunikations- und Energienetze einen Mehrwert von hohem gesellschaftlichen Nutzen, der dem neuen Wachstumsansatz der EU entspricht. Um den erforderlichen Modernisierungsschub zu unterstützen, sollte die Union wie bisher eine Politik anbieten, die die Erarbeitung von Leitlinien, die Erhöhung der Interoperabilität der Netze, die Auswahl von Vorhaben von gemeinsamem Interesse und die Erarbeitung von Durchführbarkeitsstudien betont. Die vorhandenen Finanzierungsinstrumente in Form von Anleihebürgschaften oder Zinszuschüssen sollten sehr gezielt und im Rahmen der vereinbarten Ausgabenobergrenzen eingesetzt werden. Die EU sollte im Rahmen ihrer finanziellen Unterstützung der Verkehrsinfrastruktur auch zur Internalisierung von externen Effekten beitragen.
- 39. Die Kommission ist der Ansicht, dass den aktuellen und langfristigen (haushälterischen) Herausforderungen insbesondere durch einen intelligenteren Einsatz der finanziellen Mittel begegnet werden sollte. Im Zusammenhang mit der Verkehrsinfrastruktur weist die Kommission unter anderem darauf hin, dass eine gezielte finanzielle Unterstützung auf EU-Ebene in Verkehrsnetze zur Inangriffnahme von wichtigen Vorhaben beitragen könne.
- 40. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich, dass die Kommission beabsichtigt, den Einsatz von EU-Haushaltsmitteln auf solche Vorhaben und Programme zu richten, die eine eindeutig positive Wirkung für Europa haben. Dies entspricht auch den bisherigen Forderungen des Bundesrates zum Grünbuch TEN-V der Kommission, wonach solche Maßnahmen Priorität genießen sollen, die hoch wertschöpfende Zentren und Metropolregionen verbinden (vgl. Nummer 3 der Stellungnahme in BR-Drucksache 278/10(B) ). Dabei ist eine nachhaltige Mobilitätsstrategie auf europäischer und nationaler Ebene weiterhin zielführend (vgl. Nummer 57 der Stellungnahme in BR-Drucksache 113/10(B) ).
- 41. Allerdings lokalisiert die Kommission den europaweiten Mehrwert zum Teil einseitig bei grenzüberschreitenden Projekten. Gerade im Bereich der Verkehrsinfrastrukturen müssen auch innerstaatliche Engpässe beseitigt werden, um die Leistungsfähigkeit des Binnenmarkts zu erhalten. Insbesondere Projekte in Transitländern, die darauf ausgerichtet sind, Engpässe und Flaschenhälse in der Verkehrsinfrastruktur zu beseitigen, sind dazu geeignet, europäischen Mehrwert zu erzeugen.
- 42. Der Bundesrat tritt dafür ein, dass der Ausbau einer bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Infrastruktur und die Beseitigung kritischer Engpässe grundsätzlich vor dem Hintergrund der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft wie auch der ausgeglichenen und nachhaltigen Entwicklung erfolgen sollten. Von besonderer Bedeutung sind dabei Knotenpunkte, Verbindungen von höchster strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung sowie die intelligente Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger. In diesem Zusammenhang wird es unverzichtbar bleiben, sich unter anderem an den jeweiligen Verkehrsmengen und der Verkehrsnachfrage zu orientieren und bereits bestehende Verkehrs- (insbesondere Güter-)ströme dabei zu berücksichtigen.
- 43. Zu Recht identifiziert die Kommission nach Auffassung des Bundesrates die Infrastruktur als einen Bereich, dem hoher gesamtgesellschaftlicher Nutzen in Verbindung mit langfristigem Ertragspotenzial inhärent ist. Hochwertige Verkehrsinfrastruktur ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Erhalt und den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarkts und spielt als Rahmenbedingung für ein langfristiges Wirtschaftswachstum eine wichtige Rolle. Daher braucht die EU-Verkehrspolitik eine ihrem hohen Stellenwert angemessene Verankerung im europäischen Haushalt. Insbesondere müssen ein transparenter und effizienter Einsatz der EU-Finanzmittel sowie die Überprüfbarkeit und Kontrolle, auch hinsichtlich einer zeitgerechten Realisierung von Vorhaben, gewährleistet sein.
- 44. Befürwortet wird auch der Ansatz der Kommission, im Rahmen eines intelligenten Wachstums ein europäisches Kernverkehrsnetz finanziell zu unterstützen, das den Güter- und Personenverkehr auf nachhaltigere Verkehrsträger umlenkt. Bei den vorrangigen Vorhaben des TEN-V wurden bisher umweltverträgliche Verkehrsträger überproportional berücksichtigt und der Bundesrat hat dafür plädiert, dass die Kommission diese Proportionen auch künftig sicherstellt (vgl. Nummer 11 der Stellungnahme in BR-Drucksache 278/10(B) ).
dd) Landwirtschaft
- 45. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Bedeutung der Landwirtschaft für eine nachhaltige europäische Wirtschaft anerkennt und am sogenannten Zwei-Säulen-Modell der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) festhält. Um die zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen, braucht die GAP auch in Zukunft ein angemessenes Agrarbudget.
ee) Weitere EU-Finanzierungsinstrumente
- 46. Der Bundesrat befürwortet die von der Kommission beabsichtigte Fortführung des Europäischen Globalisierungsfonds (EGF) zur Unterstützung der beruflichen Wiedereingliederung von Arbeitskräften, die infolge der Globalisierung entlassen werden. Eine Aufstockung der Mittel wird hingegen in Anbetracht knapper öffentlicher Haushalte kritisch gesehen. Im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung sollte geprüft werden, den EGF auf Grund der auch im ESF verankerten Zielrichtung in diesen zu integrieren und mit dessen Regelungen zu harmonisieren. Damit könnte auch eine Vereinfachung der Finanzierungsinstrumente herbeigeführt werden.
- 47. Der Bundesrat unterstützt die Absicht der Kommission, die europäischen Aktionsprogramme zur Förderung der Kultur und der bürgerschaftlichen Begegnung in einem großen Programm zusammenzufassen. Das dient der Übersichtlichkeit und Verwaltungsvereinfachung.
- 48. Der Europäische Solidaritätsfonds ist Ausdruck des Füreinander-Einstehens der Mitgliedstaaten. Er sollte erhalten bleiben und weiterhin bei Naturkatastrophen größeren Ausmaßes zum Einsatz kommen. Das sollte allerdings nur dann geschehen, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit des betroffenen Mitgliedstaates zur Bewältigung der Naturkatastrophen nicht ausreicht. Richtig ist es, den Solidaritätsfonds transparenter zu gestalten und reagibler zu administrieren.
- 49. Der Bundesrat hält weiter Vorbeitrittshilfen für erforderlich. Sie helfen, die Beitrittskandidaten an die Union heranzuführen. Dabei muss die Höhe der Mittel in einem angemessenen Verhältnis zu Stand und Perspektiven der Beitrittsvorbereitung und zu den für die innere Entwicklung der Union bereitgestellten Mitteln bleiben.
ff) Maßnahmen der gemeinsamen Außenpolitik
- 50. Richtig ist, dass der finanzielle Beitrag der EU zum internationalen Klimaschutz deutlich erkennbar sein muss. Dazu ist aber ein separates Instrument nicht erforderlich. Der EU-Beitrag kann sich nur im Rahmen des haushaltspolitischen Spielraums der EU unter Beachtung der weiteren dringlichen Prioritäten bewegen. Die Mittel müssen effektiv und effizient eingesetzt werden.
c) Erhöhung der Wirksamkeit der Ausgabenpolitik
- 51. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission angekündigt hat, ihre Verwaltungsausgaben zu überprüfen.
- 52. Die Überlegungen, die Verwaltungsausgaben deutlich zu reduzieren, werden deshalb unterstützt und sollten mit Nachdruck verfolgt werden.
- 53. Auch die Kommission darf nicht von Konsolidierungsanstrengungen und strikter Haushaltsdisziplin ausgenommen werden.
- 54. Allerdings darf eine Verminderung der Verwaltungsausgaben auf EU-Ebene nicht zu einer Verlagerung auf die Mitgliedstaaten führen.
- 55. Der Bundesrat betrachtet mit großer Sorge die Kostenentwicklung europäischer Großprojekte. Bessere Planung und besseres Management sind erforderlich. Die Beauftragung privater Projektträger, wenn diese das Risiko einer Kostenüberschreitung tragen, kann einen Beitrag dazu leisten.
d) Struktur und Geltungsdauer des Finanzrahmens
- 56. Der Vorschlag der Kommission, die ersten drei Rubriken des Mehrjährigen Finanzrahmens durch Rubriken entsprechend der drei Ziele der EU-2020-Strategie zu ersetzen, verkennt ihre enge Interdependenz. Ein bestehender Wirkungszusammenhang würde künstlich aufgeteilt.
- 57. Der Vorschlag der Kommission, die Zahl der Rubriken auf drei große Rubriken (interne, externe Ausgaben und Verwaltungsausgaben) zu reduzieren, ist vorzuziehen, da er zur Flexibilität der Mittelbewirtschaftung beiträgt. Wenige große Rubriken weisen allerdings einen hohen Aggregationsgrad und damit einen entsprechenden Informationsverlust auf. Die großen Rubriken müssen durch aussagekräftige Unterkategorien untersetzt werden. Die Darstellung des Ausgabensystems der EU muss seiner Komplexität Rechnung tragen und transparent bleiben.
- 58. Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass auch zukünftige Finanzrahmen siebenjährige Perioden abbilden sollen. Diese Zeitspanne hat sich für die Strukturfondsprogramme und die anderen Förderprogramme der EU bewährt und entspräche der Laufzeit der Strategie Europa 2020.
- 59. Die derzeitige Laufzeitdauer des Finanzrahmens hat sich ebenfalls bewährt.
- 60. Eine Verkürzung würde den Abstimmungs- und Verwaltungsaufwand unnötig erhöhen [und die Planungssicherheit reduzieren].
- 61. Diesen Nachteil wiegt eine Synchronisierung mit den Mandatsperioden der Kommission und des Europäischen Parlaments nicht auf.
- 62. Die von der Kommission vorgeschlagene zehnjährige Laufzeit mit ausführlicher Halbzeitbewertung ("55") kommt ebenfalls einer Verkürzung der Laufzeit gleich, da zur Halbzeit mit ausführlichen und gegebenenfalls langwierigen Verhandlungen zu rechnen ist.
- 63. Innerhalb des Finanzrahmens sind die Vorteile eines langfristig auf Stabilität ausgelegten EU-Haushalts den Vorteilen größerer Flexibilität gegenüberzustellen. Die bereits vorhandene Flexibilität hat sich als ausreichend erwiesen. Zusätzliche Ausgaben sind deshalb vorrangig durch interne Mittelumschichtungen zu finanzieren. Nicht verbrauchte Mittel sollten auch zukünftig an die Mitgliedstaaten erstattet werden. Die Option einer Übertragung nicht genutzter Spielräume des Vorjahres oder einer freien Verschiebung von Mitteln auf frühere oder spätere Jahre steht dem entgegen.
- 64. Der Bundesrat hält wie die Kommission eine Erhöhung der Flexibilität des EU-Haushaltes für erforderlich. Stärkere Flexibilität innerhalb der Rubriken und zwischen den Rubriken sollte gewährleistet sein. Allerdings sollte an dem Grundsatz der Jährlichkeit der Haushaltsführung festgehalten werden. Die in einem Jahr nicht benötigten Haushaltsmittel sollten an die Mitgliedstaaten zurückfließen.
- 65. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die auch von ihnen seit langem geäußerte Kritik aufgreift und den Verwaltungsaufwand bei der Inanspruchnahme der europäischen Programme reduzieren will. Bei der angekündigten Standardisierung der europäischen Durchführungsbestimmungen muss darauf geachtet werden, dass den unterschiedlichen Ausgangs- und Rahmenbedingungen der einzelnen Politikbereiche Rechnung getragen wird. Die Kommission verweist auf ihren vor kurzem vorgelegten Vorschlag zur Überarbeitung der Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der EU. Die Länder halten die erneute grundlegende Umstellung des Systems der Strukturfondsförderung nicht für sinnvoll. Sie sind der Auffassung, dass der Vorschlag für eine Verordnung über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union (Neufassung) insbesondere für die fondsfinanzierten Förder- und Ausgleichsmaßnahmen einen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Dies würde zu Unsicherheiten, erheblichem Mehraufwand sowie Reibungsverlusten und neuen Fehlerquellen führen. Die zusätzlichen Kontrollebenen und -stufen verschlechtern das Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und eingesetzten Geldern. Im Einzelnen hat der Bundesrat dazu am 24. September 20 10 Stellung genommen - vgl. BR-Drucksache 347/10(B) -.
e) Reform des Einnahmensystems der EU
- 66. Der Bundesrat sieht Reformbedarf am Finanzsystem der EU.
- 67. Der Bundesrat erwartet, dass die Finanzreform zu einer transparenten und gerechten Gestaltung der Einnahmen und Ausgaben der EU führt. Das bedeutet, dass die Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten an die EU und die Rückflüsse an die Mitgliedstaaten aus der EU in einem angemessenen Verhältnis zum relativen Wohlstand der Mitgliedstaaten stehen müssen. Dementsprechend müssen die Beitragslasten an der Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten ausgerichtet werden.
- 68. Neben den traditionellen Eigenmitteln sollten auch in Zukunft die erforderlichen Eigenmittel von den Mitgliedstaaten erbracht werden. Das künftige Finanzsystem sollte neben den traditionellen Eigenmitteln über die BNE-Eigenmittel finanziert werden, weil die Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten hierdurch am besten abgebildet wird. Der Vorschlag, die Mehrwertsteuer-Eigenmittelquelle aufzugeben, wird daher unterstützt. Die Aufgabe dieser Eigenmittelquelle setzt jedoch nicht voraus, dass neue Eigenmittelquellen geschaffen werden müssen.
- 69. Das Recht zur Erhebung von Steuern als zentraler Bereich nationaler Souveränität haben die Mitgliedstaaten. EU-Steuern und steuerbasierte Einnahmen der EU werden abgelehnt, ebenso EU-Abgaben und abgabenbasierte Einnahmen der EU. Auch im Fall einer europaweit koordinierten Einführung von Steuern ist eine Einnahmebeteiligung der EU an diesen Steuern abzulehnen.
- 70. Das bestehende Verschuldungsverbot hat sich in vollem Umfang bewährt und ist aufrechtzuerhalten. Neue Finanzierungsinstrumente, die gegen das Verschuldungsverbot verstoßen, sind strikt abzulehnen.
- 71. Sonderregelungen zugunsten einzelner Mitgliedstaaten [sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite] sollten durch einen [transparenten] {allgemeinen} Korrekturmechanismus ersetzt werden, der allen übermäßig durch ihre Nettosalden belasteten Mitgliedstaaten {zugute kommt} und [sie entlastet].
- 72. Grundlage für Überlegungen zur Einführung eines solchen allgemeinen Korrekturmechanismus sollte ausschließlich die übermäßige Belastung einzelner Mitgliedstaaten sein. Die Zusammensetzung von EU-Ausgaben und Politikbereichen kann nicht als Maßstab für die Einführung eines allgemeinen Korrekturmechanismus herangezogen werden.
- 73. Für den Fall, dass es nicht gelingt, sich über einen derartigen Mechanismus zu einigen, müssen weiterhin Adhoc-Mechanismen zum Ausgleich exzessiver Nettosalden herangezogen werden können.
- 74. Der Bundesrat fordert eine zügige Fortsetzung der Verhandlungen unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments, damit der neue mittelfristige Finanzrahmen rechtzeitig verabschiedet werden und in Kraft treten kann.
B
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit haben ihre Beratungen noch nicht abgeschlossen.*
* Das Land Sachsen-Anhalt hat bei der Präsidentin des Bundesrates beantragt, die Vorlage auf die Tagesordnung der 878. Sitzung des Bundesrates am 17. Dezember 2010 zu setzen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.