Punkt 6 der 896. Sitzung des Bundesrates am 11. Mai 2012
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass es in den Jahren 2010 und 2011 zu einem sehr hohen Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen von jeweils rund 7.500 Megawatt gekommen ist. Insbesondere zum Ende des Jahres 2011 kam es auf Grund der bevorstehenden Vergütungsabsenkung nochmals zu erheblichen Vorzieheffekten und der Installation von schätzungsweise 3.000 Megawatt allein im Monat Dezember. Mit der bereits gesetzlich verankerten und vollzogenen Förderabsenkung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zum 1. Januar 2012 von 15 Prozent wird einem weiteren Ausbau über den Zielkorridor von jährlich bis 3,5 Gigawatt Leistung hinaus entgegengewirkt. Die bisherige Aufteilung in Basisdegression und einem marktabhängigen Degressionsbestandteil als flexibles marktabhängiges Instrument hat sich als "atmender Deckel" zur Nachsteuerung bewährt. Der Bundesrat begrüßt, dass dieses Instrument auch weiterhin Bestand haben wird. Die nun beschlossene Absenkung des Zubaukorridors ab 2014 wird aber der Bedeutung der Photovoltaik für die Energiewende nicht gerecht und sollte zeitnah korrigiert werden. Die feste und marktabhängige Degression muss zukünftig wieder so gewählt sein, dass ein Zielkorridor erreicht wird, der nicht unter dem Ausbaupfad von jährlich 2.500 - 3.500 MW liegt.
- 2. Die Photovoltaik hat in den vergangenen Jahren unter den erneuerbaren Energien die höchsten Kostenreduktionspotenziale ausgeschöpft. Zwischenzeitlich liegt die EEG-Förderung knapp über oder für einzelne Anlagentypen bereits unter dem marktgängigen Strombezugspreis für Haushaltskunden. Der Bundesrat spricht sich deshalb grundsätzlich gegen eine Begrenzung der vergütungsabhängigen Strommengen aus. Bei Kleinanlagen besteht durch das Unterschreiten der Netzparität bereits ein ausreichender Anreiz für den Eigenverbrauch. Bei Großanlagen bestehen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bereits ausreichende Möglichkeiten zur Direktvermarktung. Der Bundesrat schließt die Notwendigkeit nicht grundsätzlich aus, über die bereits gesetzlich verankerten Degressionsschritte hinaus Potenziale zur Reduktion der Förderung zu nutzen. Dies bedarf jedoch zunächst einer grundlegenden Überprüfung aller Folgen für die heimische Solarwirtschaft und des betroffenen Handwerks sowie der möglichen Wirkung auf die Investitionsbereitschaft in Solartechnik. Die abrupte Absenkung des Förderniveaus um 20 bis über 30 Prozent führt jedoch in allen Marktsegmenten zu erheblichen kurzfristigen Einschnitten, die in dem geplanten Umfang nicht kostenseitig aufgefangen werden können. Der Bundesrat steht den weitgehenden Einschnitten kritisch gegenüber, die sich nicht nur durch einmalige Absenkungen, sondern auch durch das Marktintegrationsmodell, monatliche Degressionsschritte, Einführung neuer Größenklassen für die Vergütungssätze sowie Größenbeschränkungen bei Freiflächenanlagen ergeben.
- 3. Der Bundesrat erachtet eine bessere Netzintegration von Photovoltaik-Anlagen als ein wichtiges energiepolitisches Ziel. Der Bundesrat bedauert es, dass mit der verabschiedeten EEG-Novelle kein Anreiz zur Verwendung von Energiespeichern gesetzt wird und fordert die Bundesregierung auf, hier kurzfristig Abhilfe zu schaffen.
- 4. Investitionssicherheit und Planbarkeit sind nach Auffassung des Bundesrates der wesentliche Garant, um die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien zu meistern. Der Bundesrat lehnt kurzfristige und rückwirkend geltende Kürzungen der EEG-Vergütung ab. Bereits begonnene oder in Planung befindliche PV-Anlagen werden dadurch unweigerlich in die Unrentabilität rutschen, Arbeitsplätze sowie die ökonomische Existenz von Unternehmen und privaten Investoren gefährdet und langfristig das Vertrauen von Investoren in verlässliche Rahmenbedingungen zerstört. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, zukünftig bei Anpassungen der EEG-Vergütung ausreichende Übergangsregelungen zu schaffen.
- 5. Der Bundesrat sieht mit Sorge den drohenden Kompetenzverlust für Innovationen und Forschung bei den in Deutschland ansässigen Photovoltaikherstellern und Zulieferbetrieben durch internationalen Wettbewerbs- und Preisdruck. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Entwicklung und der abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit entgegenzuwirken.