Punkt 18 der 932. Sitzung des Bundesrates am 27. März 2015
Der Bundesrat möge zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung nehmen:
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie den Interessen der Personen, die über die Stichtagsregelung hinaus Leistungen erhalten hätten, Rechnung getragen werden kann.
Begründung:
Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ehemalige politische Häftlinge aus dem kommunistischen Machtbereich oder den ehemaligen deutschen Ostgebieten sowie deren hinterbliebene Ehepartner, Eltern und Kinder, soweit sie sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden, zu unterstützen. Das Häftlingshilfegesetz betrifft Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland vor dem 3. Oktober 1990 in Gewahrsam genommen wurden. Gewahrsam im Sinne des Häftlingshilfegesetzes ist ein Festgehaltenwerden auf engbegrenztem Raum unter dauernder Bewachung oder ein zwangsweises Verbringen in ein ausländisches Staatsgebiet. Die Gewährung der genannten Leistungen betrifft z.B. Personen, die nach politischer Haft aus der DDR fliehen konnten oder freigekauft wurden und Personen, die auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR verhaftet und von sowjetischen Stellen interniert oder von einem Sowjetischen Militärtribunal verurteilt wurden. Das gilt auch dann, wenn der Verfolgte einen Teil des politischen Gewahrsams in Lagern in der Sowjetunion verbringen musste, wenn er anschließend in die DDR oder die Bundesrepublik zurückgekehrt ist. Auch Personen, die in den in § 1 Absatz 2 Nummer 3 BVFG genannten Gebieten in Gewahrsam genommen wurden, werden durch die Leistung unterstützt. Dies betrifft gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 3 BVFG Personen, die "die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen, die ehemalige Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China verlassen" haben oder verlassen werden. Das Häftlingshilfegesetz bildet bislang die rechtliche Grundlage für eine Unterstützungsleistung in Höhe von 500 € jährlich. Mit der Gesetzesänderung soll diese jährliche Unterstützungsleistung durch eine einmalige Abschlusszahlung in Höhe von bis 3 000 € abgelöst werden. Durch die Beendigung im Wege der Einmalzahlung könnte der Verdacht der Entledigung einer Verpflichtung gegenüber Menschen entstehen, die u.a. auch wegen ihres Deutschseins während und nach dem II. Weltkrieg besonders gelitten haben. Jährlich werden rund 700 Erstanträge gestellt. Es ist nicht davon auszugehen, dass kurzfristig der Bedarf für die Unterstützungsleistung nach § 18 HHG wesentlich abnimmt. Die Änderungen des BVFG im Jahr 2013 führten zu einem Anstieg der Ausreiseanträge und der Einbeziehungsanträge von Ehegatten und Abkömmlingen in Aufnahmebescheide von Spätaussiedlern. Durch diesen seit eineinhalb Jahren zu verzeichnenden deutlichen Wiederanstieg der Zugangszahlen deutscher Spätaussiedler aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion ist auch mit einem Anstieg von Erstantragstellern für Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz zu rechnen. Die Nachkommen der zu Unrecht Inhaftierten, die laut HHG einen Anspruch auf Unterstützungsleistung haben, sind zudem jüngeren Alters. Auch diese Personengruppe hätte nach der Stichtagsregelung keinen Anspruch mehr auf Unterstützungsleistungen. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass mehr Personen auf die Leistung aufmerksam werden.