Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht KOM (2009) 293 endg.; Ratsdok. 11722/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 07. Juli 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 26. Juni2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 26. Juni 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 025/05 (PDF) = AE-Nr. 050029,
Drucksache 511/05 (PDF) = AE-Nr. 051673,
Drucksache 512/05 (PDF) = AE-Nr. 051674,
Drucksache 527/05 (PDF) = AE-Nr. 051675 und AE-Nr. 000014
Drucksache 648/09 (PDF)

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

1.1. Gründe und Ziele des Vorschlags

Mit der hier vorgeschlagenen Verordnung soll eine Agentur errichtet werden, die für das Betriebsmanagement von Informationstechnologie-Großsystemen (IT-Großsystemen) im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht verantwortlich ist.

Der Agentur soll das langfristige Betriebsmanagement des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), des Visa-Informationssystems (VIS) und von EURODAC übertragen werden. Darüber hinaus soll der Agentur mit dieser Verordnung ein Rahmen für die Entwicklung und das Betriebsmanagement anderer IT-Großsysteme in Anwendung von Titel IV EG-Vertrag sowie gegebenenfalls für andere IT-Großsysteme, die den Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht betreffen, vorgegeben werden. Für die Integration anderer Systeme bedarf es allerdings eines gesonderten Auftrags des Gesetzgebers, da der vorliegende Verordnungsvorschlag diesen Aspekt nicht abdeckt.

Das vorliegende Legislativpaket besteht aus zwei Vorschlägen: dem vorliegenden Verordnungsvorschlag und dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates. Mit Letzterem sollen der durch die Verordnung errichteten Agentur Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betriebsmanagement des SIS II und des VIS in Anwendung von Titel VI EU-Vertrag übertragen werden. Der Verordnungsvorschlag deckt den Regelungsbereich der Systeme SIS II, VIS und EURODAC ab, der in die Gemeinschaftszuständigkeit (erste Säule) fällt, während der Beschlussvorschlag den Bereich der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit (dritte Säule) betrifft.

Die Kommission hat eine Folgenabschätzung durchgeführt, um die beste Lösung für ein langfristiges Betriebsmanagement der Systeme SIS II, VIS sowie EURODAC zu finden1. In gemeinsamen Erklärungen zu den SIS-II- und VIS-Rechtsinstrumenten2 ersuchten das Europäische Parlament und der Rat die Kommission, nach einer Folgenabschätzung, die eine eingehende Analyse der Alternativen aus finanzieller, operativer und organisatorischer Sicht enthält die erforderlichen Legislativvorschläge zu unterbreiten, um das langfristige Betriebsmanagement des SIS II und des VIS auf eine Agentur zu übertragen. Die Prüfung der verschiedenen Optionen ergab, dass die Aufgaben einer "Verwaltungsbehörde" für diese Systeme langfristig am besten von einer neuen Regulierungsagentur wahrgenommen werden können.

Die Agentur wird in erster Linie alle mit dem Betriebsmanagement der Systeme SIS II, VIS und EURODAC zusammenhängenden Aufgaben wahrnehmen, die erforderlich sind, um diese Systeme 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche betriebsbereit zu halten, und so einen kontinuierlichen ununterbrochenen Datenaustausch gewährleisten. Darüber hinaus werden der Agentur Aufgaben übertragen, die den Erlass von Sicherheitsmaßnahmen, die Berichterstattung, Veröffentlichung, Aufsicht, Information, die Veranstaltung VIS- und SIS-II-spezifischer Schulungen, die Durchführung von Pilotprojekten auf ausdrücklichen Wunsch und nach genauen Vorgaben der Kommission sowie die Verfolgung von Forschungsarbeiten betreffen. Die Zusammenlegung der Systeme in einer Agentur schafft Synergien und ermöglicht die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen und Personal. Die Verwaltungsstruktur der Agentur spiegelt die heterogene Gruppe der Teilnehmerstaaten wider zu denen die EU-Mitgliedstaaten gehören, die in unterschiedlichem Umfang an den Informationssystemen beteiligt sind, sowie assoziierte Staaten.

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Finanzrahmen 2007-2013. Der Finanzbogen im Anhang zu diesem Vorschlag stützt sich weitgehend auf Schätzungen und Zahlen aus der Folgenabschätzung von 2007. Es wird davon ausgegangen, dass der Vorschlag 2010 erlassen wird so dass die Agentur 2011 gegründet werden kann und 2012 voll einsatzfähig sein wird, um alle Aufgaben zu übernehmen, die mit dem Betriebsmanagement der Systeme SIS II, VIS und EURODAC sowie anderer IT-Großsysteme verbunden sind. In der gemeinsamen Erklärung zu den SIS-II- und VIS-Rechtsakten haben sich das Europäische Parlament und der Rat dazu verpflichtet, sich so schnell wie möglich mit den Vorschlägen für das langfristige Betriebsmanagement des SIS II und des VIS zu befassen und sie so rechtzeitig anzunehmen, dass die Agentur ihre Aufgaben vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist nach Inkrafttreten der SIS-II-und VIS-Regelungen in vollem Umfang wahrnehmen kann.

Zu guter Letzt gilt es für den Rat, auch die Auswirkungen zu bedenken, die mit der Wahl des Standorts der Agentur verbunden sind.

1.2. Allgemeiner Kontext

Artikel 61 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ("EG-Vertrag") schreibt den Erlass von Maßnahmen zur Gewährleistung des freien Personenverkehrs nach Artikel 14 EG-Vertrag in Verbindung mit flankierenden Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, Asyl und Einwanderung sowie Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität vor. der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten, ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 129.

Das Schengener Informationssystem (SIS), das auf der Grundlage des Schengener Durchführungsübereinkommens3 entwickelt wurde, dient der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wie auch der nationalen Sicherheit. Das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 sowie durch den Beschluss 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation4 geschaffen. Ziel des SIS II ist es, anhand der über dieses System mitgeteilten Informationen ein hohes Maß an Sicherheit im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts der Europäischen Union, einschließlich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie des Schutzes der inneren Sicherheit im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, zu gewährleisten und die Bestimmungen des Dritten Teils Titel IV des EG-Vertrags im Bereich des Personenverkehrs in ihrem Hoheitsgebiet anzuwenden.

Das Visa-Informationssystem (VIS) wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung)5 eingeführt. Mithilfe des VIS können Konsulate und andere Behörden der Mitgliedstaaten Visainformationen austauschen, um auf diese Weise das Visumantragsverfahren zu vereinfachen, "Visumshopping" zu verhindern, zur Betrugsbekämpfung beizutragen, Kontrollen an den Außengrenzübergangsstellen und in den Mitgliedstaaten zu erleichtern, zur Identifizierung von Drittstaatsangehörigen beizutragen, die Anwendung der Dublin-Verordnung zu erleichtern und zur Verhütung von Gefahren für die innere Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten beizutragen.

In den für das SIS II und das VIS maßgeblichen Regelungen ist vorgesehen, dass die Zentralsysteme in Straßburg (Frankreich) angesiedelt sind (CS-SIS und CS-VIS) und die Backup-Systeme in Sankt Johann im Pongau (Österreich) (Backup-CS-SIS und Backup-CS-VIS). EURODAC, ein gemeinschaftsweites IT-System, wurde eingeführt, um die Anwendung des Dubliner Übereinkommens6 zu erleichtern, mit dem ein Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats festgelegt werden sollte, der für die Prüfung eines in einem EU-Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist. Das Übereinkommen wurde durch einen Rechtsakt der Gemeinschaft, und zwar durch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist ("Dublin-Verordnung")7, ersetzt.

Der rechtliche Rahmen für das SIS II, VIS und EURODAC zeichnet sich durch seinen uneinheitlichen Geltungsbereich aus. So sind Irland und das Vereinigte Königreich zwar an EURODAC angeschlossen, am SIS II aber nur zum Teil beteiligt und am VIS gar nicht, während Dänemark an allen drei Systemen teilnimmt, jedoch auf einer anderen Rechtsgrundlage. Demgegenüber beteiligen sich eine Reihe von Drittstaaten wie Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein an der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands und damit sowohl am SIS II als auch am VIS bzw. werden sich in Zukunft daran beteiligen.

1.3. Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Da das SIS II Elemente enthält, für die sowohl die Gemeinschaft als auch die Mitgliedstaaten zuständig sind, sind die für dieses System maßgeblichen Regelungen in Verordnungen und Entscheidungen (auf der Grundlage des EG-Vertrags) sowie in Beschlüssen (auf der Grundlage des EU-Vertrags) niedergelegt:

Beim VIS handelt es sich im Gegensatz zum SIS II um ein IT-System, das auf der Grundlage des EG-Vertrags, d. h. der so genannten ersten Säule, eingerichtet worden ist. Um Strafverfolgungsbehörden eine Abfrage der Datenbank nach bestimmten Straftaten zu gestatten, wurde allerdings auf der Grundlage der dritten Säule eine besondere Regelung erlassen. Für das VIS sind folgende Rechtsakte von Belang:

Rechtsgrundlage von EURODAC ist der EG-Vertrag:

1.4. Vereinbarkeit mit der Politik und den Zielen der Europäischen Union in anderen Bereichen

Der Vorschlag steht im Einklang mit bestehenden politischen Strategien und Zielen der Europäischen Union, insbesondere mit dem Ziel der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

2. Anhörung von interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

2.1. Einholung und Nutzung von Expertenwissen, Konsultation

Der Folgenabschätzung liegt eine von einem externen Auftragnehmer angefertigte Studie zugrunde27. Im Rahmen dieser Studie wurden 27 Interviews geführt: u. a. mit Vertretern der EU-Mitgliedstaaten, Norwegens, des Europäischen Parlaments, der Kommission, des Europäischen Datenschutzbeauftragten, der Gemeinsamen Kontrollinstanz Schengen, der Europäischen Umweltagentur, der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX), von Europol, des für das Betriebsmanagement des SIS 1+ zuständigen C.SIS-Standorts Straßburg sowie mit Experten aus der Industrie. Darüber hinaus ist eine Lenkungsgruppe mit Vertretern aus den beteiligten Generaldirektionen der Kommission eingesetzt worden, um bei der Folgenabschätzung mitzuarbeiten.

2.2. Folgenabschätzung

Nach einer ersten Prüfung kamen fünf Optionen für das langfristige Betriebsmanagement des SIS II, des VIS und von EURODAC in die engere Wahl, die einer weiteren Prüfung unterzogen wurden.

Aus der vergleichenden Analyse ging die Option einer neuen Regulierungsagentur für das gemeinsame Betriebsmanagement der Systeme SIS II, VIS und EURODAC als Sieger hervor.

3. Rechtliche Aspekte

3.1. Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

Mit der hier vorgeschlagenen Verordnung soll eine Agentur für das Betriebsmanagement der Systeme SIS II, VIS, EURODAC und anderer IT-Großsysteme in Anwendung von Titel IV EG-Vertrag sowie gegebenenfalls anderer IT-Systeme - auf der Grundlage eines entsprechenden Rechtsinstruments - im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht errichtet werden.

Der Umstand, dass die Verantwortung für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht einer Agentur übertragen wird, hat keine Auswirkungen auf die Vorschriften, die Zweckgebundenheit, Zugriffsrechte, Sicherheitsmaßnahmen und weitere Datenschutzanforderungen in Bezug auf diese Systeme regeln.

Die Regulierungsagentur wird als Einrichtung der Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit errichtet. Der Agentur werden zunächst operative Aufgaben übertragen, d. h. die Verwaltung der Informationssysteme insgesamt und der Betrieb dieser Systeme. Die Agentur würde auf diese Weise zu einem Kompetenzzentrum mit einem fachlich entsprechend qualifizierten Personal. Eine eigene Fachorganisation würde überdies ein Höchstmaß an Effizienz und Flexibilität gewährleisten. Dies gilt auch für die Entwicklung und das Betriebsmanagement etwaiger anderer Systeme im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht.

Die Agentur übernimmt die Aufgaben, die die Kommunikationsinfrastruktur im Sinne des Artikels 15 Absatz 2 der SIS-II-Verordnung und des SIS-II-Beschlusses sowie des Artikels 26 Absatz 2 der VIS-Verordnung und des Artikels [4 Absatz 2] der Verordnung (EG) Nr. 0XX/2009 über die Einrichtung von "EURODAC" für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EG) Nr. [.../...]28 betreffen. Darüber hinaus veranstaltet die Agentur Schulungen zum VIS und SIS II einschließlich Schulungen für den Austausch von Zusatzinformationen, verfolgt Forschungsarbeiten und führt auf ausdrücklichen Wunsch und nach genauen Vorgaben der Kommission Pilotprojekte durch.

Die Agentur könnte gegebenenfalls auch die Entwicklung und Verwaltung anderer IT-Großsysteme übernehmen die den Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht betreffen. Für solche Systeme bedarf es einer eigenen Regelung, die der Agentur die entsprechenden Zuständigkeiten überträgt.

Hauptorgan der Agentur ist ein Verwaltungsrat, in dem die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission angemessen vertreten sind. Die Vertretung der Mitgliedstaaten sollte die dem jeweiligen Mitgliedstaat nach dem EG-Vertrag obliegenden Pflichten und zustehenden Rechte widerspiegeln. Die Länder, die bei der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands und der EURODAC-bezogenen Maßnahmen assoziiert sind, werden sich ebenfalls an der Agentur beteiligen.

3.2. Rechtsgrundlage

Der vorliegende Verordnungsvorschlag stützt sich auf dieselbe Rechtsgrundlage wie die SIS-II-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1986/2006), die VIS-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 767/2008) und die EURODAC-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 2725/2000), d. h. auf Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe a und Buchstabe b Ziffer ii, Artikel 63 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 3 Buchstabe b sowie auf Artikel 66 EG-Vertrag.

Artikel 66 EG-Vertrag sieht den Erlass geeigneter Maßnahmen zur Förderung und Stärkung der Verwaltungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Dienststellen der Behörden der Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen Dienststellen und der Kommission in den Bereichen Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr vor.

Dieser Artikel ist als Rechtsgrundlage geeignet, da die Agentur die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den betreffenden Dienststellen der Mitgliedstaaten in den oben genannten Bereichen erleichtern wird.

Die der Agentur im Bereich des Betriebsmanagements zu übertragenen Aufgaben werden den politischen Zielsetzungen, die der SIS-II- und der VIS-Verordnung zugrunde liegen, förderlich sein. Nach Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe a und Artikel 63 Nummer 3 Buchstabe b EG-Vertrag, die eine geeignete Rechtsgrundlage für die SIS-II-Verordnung abgeben wird sich die Agentur mit den technischen Aspekten befassen, die die Personenkontrollen an den Außengrenzen sowie die Maßnahmen in Bezug auf illegale Einwanderung und illegalen Aufenthalt betreffen. Soweit es um den VIS-Bereich geht, wird die Agentur das Visumantragsverfahren in den Mitgliedstaaten in technischer Hinsicht unterstützen. Rechtsgrundlage hierfür ist Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe b Ziffer ii EG-Vertrag.

Im Bereich EURODAC wird die Agentur im Rahmen des ihr übertragenen Betriebsmanagements mit technischen Mitteln die Bestimmung des Mitgliedstaats erleichtern, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Artikel 63 Nummer 1 Buchstabe a EG-Vertrag).

Gemäß Artikel 67 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 1 des Beschlusses 2004/927/EG des Rates über die Anwendung des Verfahrens des Artikels 251 EG-Vertrag auf bestimmte Bereiche, die unter Titel IV des Dritten Teils dieses Vertrags fallen29, werden die Maßnahmen in Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe a und Buchstabe b Ziffer ii, Artikel 63 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 3 Buchstabe b EG-Vertrag im Mitentscheidungsverfahren nach Artikel 251 EG-Vertrag erlassen. Da Artikel 66 EG-Vertrag der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit unterliegt30, sind die Rechtsgrundlagen miteinander vereinbar und können miteinander kombiniert werden. Für die Annahme der gesamten Verordnung ist somit das Mitentscheidungsverfahren maßgeblich.

3.3. Unterschiede im Geltungsbereich

Rechtsgrundlage der vorgeschlagenen Verordnung ist Titel IV EG-Vertrag, so dass sich der Geltungsbereich dieser Verordnung nach den Protokollen über die Position des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks bestimmt. Mit dem Vorschlag sollen der Schengen-Besitzstand und die EURODAC-bezogenen Maßnahmen weiterentwickelt werden. Es ist deshalb zu prüfen, inwieweit sich die einzelnen Protokolle und Assoziierungsabkommen auf den Geltungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung auswirken werden.

Dänemark:

Nach dem Protokoll über die Position Dänemarks im Anhang zum EG- und EU-Vertrag beteiligt sich dieser Mitgliedstaat nicht an der Annahme von Maßnahmen durch den Rat, die unter Titel IV EG-Vertrag fallen. Dies gilt jedoch nicht für "Maßnahmen zur Bestimmung derjenigen Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen," sowie für "Maßnahmen zur einheitlichen Visumgestaltung". Der Verordnungsvorschlag stellt eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar, so dass Artikel 5 des Protokolls Anwendung findet. Dänemark hat gemäß Artikel 5 des Protokolls beschlossen, die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und die Verordnung (EG) Nr. 767/2008 in einzelstaatliches Recht umzusetzen.

Was EURODAC anbelangt, so beteiligt sich Dänemark gemäß den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks im Anhang zum EG- und zum EU-Vertrag nicht an der Annahme dieser Verordnung, die diesen Mitgliedstaat somit nicht bindet und auf ihn keine Anwendung findet. Dänemark wendet allerdings die derzeitige EURODAC-Verordnung an nachdem es 2006 mit der EG ein entsprechendes internationales Abkommen geschlossen hat31.

Vereinigtes Königreich und Irland:

Die vorgeschlagene Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Schengen-Bestimmungen dar an denen sich das Vereinigte Königreich und Irland gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland bzw. dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands nicht beteiligen.

Demzufolge beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für diese Länder weder bindend noch in diesen Ländern anwendbar ist.

Das Vereinigte Königreich und Irland sind an die EURODAC-Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 gebunden, nachdem sie gemäß dem Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands im Anhang zum EG- und EU-Vertrag mitgeteilt haben, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten. Die Position dieser beiden Mitgliedstaaten hinsichtlich der EURODAC-Verordnung lässt ihre mögliche Beteiligung an dem vorliegenden Vorschlag unberührt.

Norwegen und Island:

In Bezug auf Norwegen und Island stellt der vorliegende Vorschlag eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands32 dar.

Über die Assoziierung einer Reihe von Drittstaaten am Schengen-Besitzstand hinaus hat die Gemeinschaft mit den betreffenden Ländern Übereinkünfte geschlossen (bzw. steht vor dem Abschluss solcher Übereinkünfte), um diese Länder auch an EURODAC-bezogenen Maßnahmen zu beteiligen. Das Übereinkommen über die Assoziierung Islands und Norwegens wurde 2001 geschlossen33.

Schweiz:

Der vorliegende Vorschlag stellt auch in Bezug auf die Schweiz eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands34 dar.

Was die EURODAC-bezogenen Maßnahmen anbelangt, so wurde am 28. Februar 2008 ein Assoziierungsabkommen mit der Schweiz geschlossen, das seit dem 12. Dezember 2008 anwendbar ist35.

Liechtenstein:

Für Liechtenstein stellt dieser Verordnungsvorschlag eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die in den in Artikel 1 Buchstaben A, B und G des Beschlusses 1999/437/EG des Rates in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/261/EG des Rates36 genannten Bereich fallen.

Was die EURODAC-bezogenen Maßnahmen anbelangt, so wurde am 28. Februar 2008 ein Abkommen über die Assoziierung Liechtensteins unterzeichnet, dessen Abschluss zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt37.

Gemeinsame Bestimmungen für die Länder, die an EURODAC-bezogenen Maßnahmen beteiligt sind:

Die assoziierten Länder übernehmen entsprechend den vorgenannten Übereinkünften den EURODAC-Besitzstand und dessen Weiterentwicklung ohne Vorbehalt. Sie beteiligen sich nicht an der Annahme von Rechtsakten zur Änderung oder Weiterentwicklung des EURODAC-Besitzstands (einschließlich des vorliegenden Vorschlags), müssen der Kommission aber nach Erlass eines diesbezüglichen Rechtsakts durch das Europäische Parlament und den Rat innerhalb einer bestimmten Frist mitteilen, ob sie dem Inhalt dieses Rechtsakts zustimmen. Sollten Norwegen, Island, die Schweiz oder Liechtenstein einem solchen Rechtsakt nicht zustimmen, endet die betreffende Übereinkunft, sofern der zuständige

Gemischte/Gemeinsame Ausschuss nicht einstimmig etwas anderes beschließt.

Zur Begründung von Rechten und Pflichten im Verhältnis zwischen Dänemark - das, wie oben erläutert, über ein internationales Abkommen in die EURODAC-Bestimmungen einbezogen ist - und den vorgenannten assoziierten Ländern wurden zwei Protokolle zwischen der Gemeinschaft und den assoziierten Ländern geschlossen38.

3.4. Subsidiaritätsprinzip

Der Vorschlag steht im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip, da das Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme, nämlich die Übertragung des Betriebsmanagements des zentralen SIS II, des zentralen VIS und der nationalen Schnittstellen sowie der zentralen EURODAC-Datenbank und bestimmter Aspekte ihrer Kommunikationsinfrastruktur auf eine Agentur von den Mitgliedstaaten allein nicht erreicht werden kann.

3.5. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Die aus dem EU-Haushalt finanzierte Agentur wird nur die zentralen Komponenten des SIS II und des VIS sowie die nationalen Schnittstellen, das Zentralsystem von EURODAC und bestimmte Aspekte der Kommunikationsinfrastruktur verwalten. Für die Dateneingabe wird die Agentur nicht zuständig sein. Für die nationalen Systeme sind die Mitgliedstaaten verantwortlich. Die Befugnisse der Agentur beschränken sich somit auf das notwendige

Mindestmaß, um einen effizienten, sicheren und ununterbrochenen Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Die Errichtung einer besonderen Agentur für diese Aufgaben darf daher im Hinblick auf die berechtigten Interessen der Nutzer und die hohen Anforderungen an die Sicherheit, Verfügbarkeit und Funktion dieser Systeme als verhältnismäßig gelten.

3.6. Wahl des Instruments

Eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates auf der Grundlage von Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe a und Buchstabe b Ziffer ii, Artikel 63 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 3 Buchstabe b sowie Artikel 66 EG-Vertrag ist für die Errichtung einer Agentur nach Titel IV EG-Vertrag das am besten geeignete Rechtsinstrument.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Die Agentur wird aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union finanziert. Die hierfür erforderlichen Mittel werden aus den Haushaltslinien 18 02 04 "Schengeninformationssystem (SIS II)", 18 02 05 "Visainformationssystem (VIS)" und 18 03 11 "EURODAC" bereitgestellt wie sie in der Finanzplanung für 2011-2013 angesetzt sind. Der Finanzbogen, der diesem Vorschlag beigefügt ist, gilt auch für den vorgeschlagenen Beschluss des Rates zur Übertragung von Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betriebsmanagement der Systeme SIS II und VIS auf die mit Verordnung XX errichtete Agentur in Anwendung von Titel VI EU-Vertrag.

5. Weitere Angaben

5.1. Rechtsvereinfachung

Durch die Einrichtung eines einheitlichen Betriebsmanagements für mehrere IT-Systeme im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht bietet der Vorschlag Raum für eine Rechtsvereinfachung.

5.2. Bewertung

Artikel 27 des Verordnungsvorschlags enthält eine Bewertungsklausel.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht

Das Europäische Parlament und der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe a und Buchstabe b Ziffer ii, Artikel 63 Nummer 1 Buchstabe a, Artikel 63 Nummer 3 Buchstabe b und Artikel 66, auf Vorschlag der Kommission39, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag40, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung erlassen:

Kapitel I
Gegenstand

Artikel 1
Errichtung der Agentur

Kapitel II
Aufgaben

Artikel 2
Aufgaben in Bezug auf das SIS II

Artikel 3
Aufgaben in Bezug auf das VIS

Artikel 4
Aufgaben in Bezug auf EURODAC

Artikel 5
Verfolgung der Entwicklungen in der Forschung

Artikel 6
Pilotprojekte

Kapitel III
Aufbau und Organisation

Artikel 8
Aufbau

Artikel 9
Befugnisse des Verwaltungsrats

Artikel 10
Zusammensetzung des Verwaltungsrats

Artikel 11
Vorsitz des Verwaltungsrats

3. Zum Vorsitzenden können nur die Mitglieder gewählt werden, die von

Artikel 12
Sitzungen des Verwaltungsrats

Artikel 13
Abstimmung

Artikel 14
Aufgaben und Befugnisse des Exekutivdirektors

Artikel 15
Ernennung des Exekutivdirektors

Artikel 16
Beratergruppen

Kapitel IV
Arbeitsweise

Artikel 17
Personal

Artikel 18
Öffentliches Interesse

Artikel 19
Sitzabkommen

Artikel 20
Vorrechte und Befreiungen

Artikel 21
Haftung

Artikel 22
Sprachenregelung

Artikel 23
Zugang zu Dokumenten

Artikel 24
Information und Kommunikation

Artikel 25
Datenschutz

Artikel 26
Sicherheitsvorschriften für den Schutz von Verschlusssachen und nicht als Verschlusssache eingestuften sensiblen Informationen

Artikel 27
Bewertung

Kapitel V
Finanzbestimmungen

Artikel 28
Haushaltsplan

Artikel 29
Ausführung des Haushaltsplans

Artikel 30
Finanzregelung

Artikel 31
Betrugsbekämpfung

Kapitel VI
Schlussbestimmungen

Artikel 32
Vorbereitende Maßnahmen

Artikel 33
Beteiligung der Länder, die bei der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands und der EURODAC-bezogenen Maßnahmen assoziiert sind

Artikel 34
Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Finanzbogen

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