Der Bundesrat hat in seiner 908. Sitzung am 22. März 2013 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf insgesamt
- a) Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass im Interesse der Rechtssicherheit und Transparenz alle materiellen Anforderungen an die Schlichtung, die sich aus der Umsetzung oder Konkretisierung europäischen Rechts ergeben, konsistent und einheitlich ausgestaltet werden sollten. Hierzu sollten die Regelungen zur Schlichtung im Kraftomnibusverkehr insbesondere mit den Schlichtungsregelungen im Energiewirtschaftsgesetz, in der Eisenbahn-Verkehrsordnung, im EU-Fahrgastrechte-Schifffahrt-Gesetz sowie im Entwurf eines Gesetzes zur Schlichtung im Luftverkehr harmonisiert werden.
- b) Der Bundesrat stellt fest, dass es auch bei den Regelungen zur Teilnahme der Unternehmen an einer Schlichtung bislang leider an der erforderlichen Konsistenz fehlt. Für die Fahrgastrechte der Bahnkunden wird beispielsweise auf eine freiwillige Teilnahme der jeweiligen Unternehmen gesetzt, an einer vereinsgetragenen Schlichtungsstelle mitzuwirken. Eine lediglich freiwillige Teilnahme der Unternehmen an einer privatrechtlichen Schlichtungsstelle lässt auch das EU-Fahrgastrechte-Schifffahrt-Gesetz genügen. Für Flugpassagiere wird im aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Schlichtung im Luftverkehr eine "Optionsregelung" eingeführt, nach der die Luftfahrtunternehmen Mitglied einer anerkannten privatrechtlichen Schlichtungsstelle werden können und für die übrigen Unternehmen alternativ eine behördliche Schlichtung bei einer Bundesbehörde vorgesehen wird. Im Interesse eines möglichst umfassenden Verbraucherschutzes sollten sich die verantwortlichen Unternehmen jedoch einer Schlichtung nicht durch bloße Weigerung entziehen können. Der Bundesrat setzt sich deshalb für eine Pflicht zur Beteiligung an einer Schlichtung für alle Beförderer, Reiseveranstalter und Reisevermittler ein.
2. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 3 EU-FahrgRBusG)
In Artikel 1 ist § 6 Absatz 3 wie folgt zu ändern:
- a) Das Wort "insbesondere" ist zu streichen.
- b) Nach den Wörtern "wenn sie" sind die Wörter "vorbehaltlich einer Regelung nach § 8 Absatz 3 Satz 1 den Anforderungen der Empfehlung Nr. 098/257 der Kommission vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten zuständig sind (ABl. L 115 vom 17.4.1998, S. 31), entspricht und" einzufügen.
Begründung:
Die Empfehlung Nr. 098/257 der Europäischen Kommission stellt einen weithin anerkannten Standard für die Anforderungen insbesondere an die Unabhängigkeit, Ausgewogenheit und Transparenz von Schlichtungsstellen und deren Verfahren dar. Auf sie wird auch im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Schlichtung im Luftverkehr Bezug genommen. Daher ist sie auch als Maßstab für Schlichtungsstellen im Bereich des Kraftomnibusverkehrs zugrunde zu legen.
Das Wort "insbesondere" führt zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Eignungsvoraussetzungen und ist daher zu streichen.
3. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 5 EU-FahrgRBusG)
In Artikel 1 ist § 6 Absatz 5 wie folgt zu fassen:
(5) Die Beförderer, Reiseveranstalter und Reisevermittler sind verpflichtet,
leicht, unmittelbar und deutlich sichtbar sowie dauerhaft zugänglich in folgenden Fällen auf die Möglichkeit der Schlichtung durch eine Schlichtungsstelle im Sinne des Absatzes 1 hinzuweisen:
- 1. auf ihrer Internetseite,
- 2. in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen,
- 3. in allen an die Fahrgäste im Zusammenhang mit einer Beförderung gerichteten Schreiben,
- 4. in allen für die Fahrgäste bestimmten Beförderungs- und Geschäftsunterlagen und
- 5. bei der Beantwortung einer Beschwerde im Zusammenhang mit den unter die Verordnung (EU) Nr. 181/2011 fallenden Rechten und Pflichten.
Die Hinweise nach Satz 1 haben jeweils alle wesentlichen Kontaktinformationen der Schlichtungsstellen einschließlich der E-Mail- und Internetadressen sowie die Information zu enthalten, ob sich der Beförderer, Reiseveranstalter oder Reisevermittler bereit erklärt hat, an der Schlichtung teilzunehmen."
Begründung:
Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Formen der alternativen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung) sieht eine Verpflichtung der Unternehmen vor, Verbraucher über die im Falle einer Streitigkeit jeweils zuständigen Schlichtungsstellen zu informieren. Die Informationen müssen leicht, unmittelbar und deutlich sichtbar zu finden und dauerhaft zugänglich sein, und zwar, sofern das Unternehmen eine Website besitzt, auf dieser Website, sowie in den wichtigsten Geschäftsunterlagen, die sich auf die Verträge mit den Verbrauchern beziehen.
Zu informieren ist u.a. über die Adressen der Websites einschlägiger Schlichtungsstellen; ferner ist anzugeben, ob der Unternehmer sich im Fall von Streitigkeiten mit Verbrauchern zur Einschaltung dieser Stellen verpflichtet. Um für die Zukunft einen weitgehenden Gleichlauf mit diesen Anforderungen herzustellen und größtmögliche Transparenz für die Fahrgäste zu gewährleisten, sollte in den vorliegenden Gesetzentwurf eine Verpflichtung für die Beförderer, Reiseveranstalter und Reisevermittler aufgenommen werden, den Fahrgästen direkt auf den Reise- und Beförderungsunterlagen sowie auf dem jeweiligen Internetauftritt der Beförderer, Reiseveranstalter und Reisevermittler Informationen über einschlägige Schlichtungsstellen und ihre Kontaktdaten bereitzustellen.
4. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 7 Satz 3 - neu - EU-FahrgRBusG)
In Artikel 1 ist dem § 6 Absatz 7 folgender Satz anzufügen:
"Eine nach Satz 1 anerkannte Schlichtungsstelle ist hinsichtlich der Hemmung der Verjährung einer durch die Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestelle nach § 204 Absatz 1 Nummer 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleichgestellt."
Begründung:
Um dem Fahrgast die Möglichkeit einer gerichtlichen Durchsetzung seiner Ansprüche zu erhalten und Nachteile aus der Anrufung der Schlichtungsstelle zu vermeiden, ist eine Hemmung der Verjährung während des Schlichtungsverfahrens erforderlich. Dies gilt umso mehr, als das EU-FahrgRBusG keine Vorgaben zur Verfahrensdauer enthält. Daher wird eine von den zuständigen Bundesministerien anerkannte Schlichtungsstelle einer von der Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestelle gleichgestellt mit der Folge, dass gemäß § 204 Absatz 1 Nummer 4 BGB die Verjährung der Ansprüche des Fahrgastes mit der Veranlassung der Bekanntgabe des Schlichtungsantrags gehemmt ist.