858. Sitzung des Bundesrates am 15. Mai 2009
A.
Der Verkehrsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen einberufen wird:
1. Zu Artikel 2 Nummer 3 Buchstabe c ( § 5a Absatz 8 AEG)
Artikel 2 Nummer 3 Buchstabe c § 5a Absatz 8 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 sind die Wörter "Den nach § 5 Abs. 1a zuständigen Eisenbahnaufsichtsbehörden" durch die Wörter "Dem Eisenbahn-Bundesamt" und das Wort "ihrer" durch das Wort "seiner" zu ersetzen.
- b) Die Sätze 2 und 3 sind zu streichen.
Begründung
Es sollte eine bundesweit einheitliche Zuständigkeit beim Eisenbahn-Bundesamt geschaffen werden, um Klarheit für die betroffenen Bürger und eine einheitliche Beurteilung zu gewährleisten.
Es bestehen weder ein sachlicher Zusammenhang mit den übrigen Aufgaben der - technischen - Eisenbahnaufsicht noch im Zusammenhang mit der Umsetzung der Verordnung relevante regionale Besonderheiten, die eine Aufsplitterung der Zuständigkeit rechtfertigen würden. Die Eisenbahnaufsicht erstreckt sich bisher nicht auf Fragen der Fahrgastrechte. Sollte im Einzelfall eine Information für die Ausübung der Eisenbahnaufsicht durch die Länder von Bedeutung sein, kann dem durch eine Mitteilung des Eisenbahn-Bundesamtes Rechnung getragen werden.
Die Zuständigkeit sollte daher unabhängig von der allgemeinen Zuständigkeitsverteilung des § 5 AEG geregelt werden. Dies gilt umso mehr, als es hier nicht um eine einzelfallbezogene Streitbeilegung geht, sondern um die Feststellung von Verstößen gegen die Verordnungen. Anderenfalls müsste ein regelmäßiger Austausch zwischen den Behörden über die getroffenen Entscheidungen und eine interne Abstimmung organisiert werden, was zusätzlichen Aufwand generieren würde.
2. Zu Artikel 3 Nummer 3 (§ 5 Satz 2 EVO)
In Artikel 3 Nummer 3 § 5 Satz 2 sind der abschließende Punkt zu streichen und folgende Wörter anzufügen:
- und es sich um einen Fahrausweis handelt, der kein bestimmtes Fahrtziel festlegt.
Begründung
Der Tatbestand des "erheblich ermäßigten Beförderungsentgelts" ist zu unbestimmt gefasst und würde erhebliche Rechtsunsicherheit schaffen. Daran ändert auch die Genehmigungspflicht nichts. Es wird beispielsweise nicht klar, welche der Sparangebote als erheblich ermäßigte Beförderungsentgelte anzusehen wären und was der Bezugsmaßstab ist. So wird ein nur von einer Person genutztes Länder-Ticket oft zu keiner erheblichen Ermäßigung gegenüber dem Normalpreis führen, ein von mehreren Personen genutztes aber schon. Zudem könnten auch aufgrund einer Berechtigung aus einer BahnCard ermäßigte Beförderungsentgelte von der Regelung erfasst werden: Zumindest ein Rabatt von 50 Prozent wäre nach landläufigem Verständnis wohl eine erhebliche Ermäßigung. Dabei blieben aber die Anschaffungskosten für die BahnCard außer Betracht.
Da das Ziel der Regelung ausweislich der Entwurfsbegründung ist, preisgünstige Fahrkarten wie das "Schönes-Wochenende-Ticket" zu erhalten, ist § 5 Satz 2 EVO auf sogenannte relationslose Fahrausweise zu beschränken, bei denen der Reisende wie beim "Schönes-Wochenende-Ticket" nicht auf ein bestimmtes Fahrtziel festgelegt ist. Bei fahrtzielgebundenen Beförderungsverträgen besteht dagegen kein Grund, die für den Fall einer Schlechtleistung vorgesehenen Rechte des § 17 Absatz 1 Nummer 1 EVO einzuschränken.
3. Zu Artikel 3 Nummer 6 (Überschrift zu § 17, § 17 Absatz 1 Satz 1 EVO)
Artikel 3 Nummer 6 § 17 ist wie folgt zu ändern:
- a) In der Überschrift sind die Wörter "im Schienenpersonennahverkehr" zu streichen.
- b) In Absatz 1 Satz 1 sind die Wörter "Besitzt der Reisende einen Fahrausweis, der ausschließlich für den öffentlichen Personennahverkehr gilt, so hat er" durch die Wörter "Der Reisende hat" zu ersetzen.
Begründung
Der Anwendungsbereich von § 17 EVO und die darin geregelten Ansprüche sind auf den Fernverkehr auszudehnen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Eine Differenzierung ist weder europarechtlich geboten noch praxisgerecht. Sachliche Gründe, die eine Schlechterstellung von Reisenden im Fernverkehr rechtfertigen, sind nicht erkennbar. Außerdem sind Fernverkehrsverbindungen regelmäßig mit einem Zuschlag versehen und damit teurer als Nahverkehrszüge, so dass dem Reisenden im Fernverkehr erst recht nicht vermittelt werden könnte, weshalb ihm bei erheblichen Verspätungen die in § 17 EVO vorgesehenen Ansprüche vorenthalten bleiben sollten.
Gerade in Flächenländern sind zudem die Grenzen zwischen Nah- und Fernverkehr oft fließend. Teilweise werden dieselben Strecken sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr bedient. Ferner werden sehr weite Verbindungen ausschließlich im Nahverkehr bedient. Solange der Bund seinen verfassungsrechtlichen Daseinsvorsorgeauftrag ausschließlich durch die privatwirtschaftliche DB Fernverkehr AG zu erfüllen sucht, ist damit zu rechnen, dass sich der Fernverkehr weiter zurückzieht. Sollten auch hier Verbindungen durch Nahverkehr ersetzt werden, verschärft sich das Problem.
Das in § 17 Absatz 1 Nummer 1 EVO vorgesehene Recht des Reisenden, in einen anderen Zug umzusteigen, stellt erst dann eine echte Verbesserung dar, wenn die gesamte Reisekette und sowohl Nah- als auch Fernverkehrszüge erfasst sind, da nur so überhaupt ein nennenswerter Anwendungsbereich verbleibt.
4. Zu Artikel 3 Nummer 6 (§ 17 Absatz 1 Nummer 2 EVO)
In Artikel 3 Nummer 6 § 17 Absatz 1 Nummer 2 sind nach den Wörtern "zum vertragsgemäßen Zielort" die Wörter "oder zu seinem eigentlichen Reiseziel" einzufügen.
Begründung
Der Einschub "oder zu seinem eigentlichen Reiseziel" dient dazu, die Intention der Regelung sachgerechter umzusetzen. Die in § 17 Absatz 1 Nummer 2 EVO vorgesehene Möglichkeit der Wahl eines anderen Verkehrsmittels (insbesondere auch Taxis) muss neben einer Fahrt zum vertragsgemäßen Zielort eine solche zum eigentlichen Zielort (Wohnung, Hotel oder ähnliches) des Fahrgastes umfassen. Sinn der geplanten Regelung kann nicht sein, den Fahrgast nachts am Zielbahnhof abzuliefern, wo regelmäßig die für den letzten Abschnitt vorgesehenen Beförderungsmittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Der nachts "gestrandete" Passagier wird regelmäßig eher zu seinem eigentlichen Zielort (Wohnung, Hotel oder ähnliches) fahren wollen.
Dass die Fahrt zum eigentlichen Reiseziel nicht mit der vertraglich geschuldeten Beförderungsleistung zum Zielbahnhof identisch ist, begegnet keinen Bedenken, da es sich bei dem Anspruch seinem Wesen nach um einen Schadenersatzanspruch wegen Verzugs oder Nichtleistung handelt. Dem Ersatzanspruch ist in jedem Fall durch § 17 Absatz 2 EVO eine betragsmäßige Grenze gesetzt.
B.
- 5. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, dem Gesetz gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.