Der Bundesrat hat in seiner 944. Sitzung am 22. April 2016 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen
- 1. Die jüngst in den Medien verbreiteten Informationen über Existenz und Funktionsweise einer enormen Anzahl so genannter Briefkastenfirmen in Panama haben nach Auffassung des Bundesrates erneut dringenden steuerpolitischen Handlungsbedarf deutlich gemacht. Steuergerechtigkeit und eine faire Finanzierung der öffentlichen Haushalte sind die Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen und einen handlungsfähigen Staat. Internationale Steuerflucht und Steuerhinterziehung führen dazu, dass dem Staat ihm zustehende notwendige Mittel fehlen. Dies ist ungerecht gegenüber den ehrlichen Steuerpflichtigen. Mangelnde Transparenz und ein eingeschränkter Austausch von Informationen in Steuerangelegenheiten begünstigen internationale Steuerflucht und Steuerhinterziehung. Steuerschlupflöcher müssen geschlossen, Steuerkriminalität bekämpft und die internationale Zusammenarbeit weiter verbessert werden. Zudem bedarf es einer Ergänzung der bestehenden Regelungen, um die wirtschaftlichen Profiteure identifizieren und zur Besteuerung heranziehen zu können.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass für eine rechtsstaatlich geordnete Aufarbeitung die Kenntnis aller sachdienlichen Unterlagen erforderlich ist, und würde es begrüßen, wenn die den Medien vorliegenden Informationen den Steuerbehörden zur Verfügung gestellt werden. Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich ist, sobald den Finanzbehörden Hinweise auf einen konkreten Sachverhalt vorliegen.
- 3. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich weitere geeignete Schritte über den bereits vereinbarten Austausch über Finanzkonten hinaus zur Erhöhung der Transparenz bei finanziellen Auslandsbeziehungen einzuleiten.
Das BEPS-Projekt darf hierbei lediglich den Anfang bei der Bewältigung von steuerlichen Herausforderungen auf internationaler Ebene darstellen. Die Förderung von Transparenz und Informationsaustausch zur Verhinderung von steuerunehrlichem oder unlauterem Verhalten muss zukünftig verstärkt als internationale Aufgabe betrachtet werden.
- 4. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Finanzinstitute, die nachweislich Beihilfe zum Steuerbetrug leisten, künftig stärker zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Der Bundesrat erwartet insbesondere, dass in das Kreditwesengesetz explizite Regelungen aufgenommen werden, die ein Vorgehen gegen Banken im Falle der systematisch betriebenen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermöglichen.
Der Bundesrat hat einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen (BR-Drucksache 117/14(B) ). Die Initiative wurde vom Bundestag bislang nicht aufgegriffen.
- 5. Der Bundesrat hält es für notwendig, dass Bund und Länder gemeinsam prüfen, ob und wenn ja, welche neuen Erkenntnisse sich als Folge einer Analyse der bekannt gewordenen steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Gestaltungen für die zukünftige Gesetzgebung ergeben. Dabei sind insbesondere folgende Maßnahmen in den Fokus zu nehmen:
- a) Erweiterung der Mitwirkungspflichten von Steuerpflichtigen dahingehend, jede Beteiligung an, jede wirtschaftliche Beziehung zu und jede tatsächliche Beherrschung von Unternehmen in Offshore-Staaten darzulegen;
- b) Sanktionierung von Zuwiderhandlungen gegen diese Anzeige- und Darlegungspflichten;
- c) Beseitigung noch bestehender Hemmnisse für eine effektive Betriebsprüfung hinsichtlich der Beziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Briefkastenfirmen;
- d) Einführung einer Anzeigepflicht von Banken und anderen Dienstleistern, die entsprechende Geschäftsbeziehungen vermitteln oder herstellen, gegenüber den Steuerbehörden;
- e) Sanktionierung und Haftung für etwaige Steuerschäden bei Verletzung der Anzeigepflicht.