Der Bundesrat hat in seiner 956. Sitzung am 31. März 2017 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, die für zentrale Gegenparteien (CCPs) geltenden Regulierungsregelungen, wie sie insbesondere mit der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 eingeführt wurden, mit der Vorlage um einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zu ergänzen. Er unterstützt die Zielsetzung, im Krisenfall eine Fortführung der kritischen Funktionen des CCP im Rahmen einer geordneten Abwicklung im Sinne einer Finanzmarktstabilität zu gewährleisten und dabei die Kosten durch Eigentümer und Gläubiger des CCP - und nicht durch den Steuerzahler - tragen zu lassen.
- 2. "Ultima-Ratio-Prinzip" beim Einsatz von Steuergeldern
Das Ultima-Ratio-Prinzip für den Einsatz von Steuergeldern bedarf - auch zur Vermeidung falscher Anreizsysteme - einer konsequenten Umsetzung in der vorgeschlagenen Verordnung. Einige Regelungen des Verordnungsvorschlags genügen dieser Anforderung nicht.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, sich für eine lückenlose und stringente Durchsetzung dieses Prinzips einzusetzen. Im Einzelnen:
- a) Der Bundesrat spricht sich dafür aus, im Rahmen des Artikels 27 Absatz 2 einen noch näher auszugestaltenden Mindestbeitrag zur Verlusttragung aus dem Kreise der Eigentümer, Clearingmitglieder und sonstiger Gläubiger als Bedingung für den Einsatz staatlicher Stabilisierungsinstrumente einzufügen. Die Regelung in der für Kreditinstitute geltenden Richtlinie (EU) Nr. 59/2014 im dortigen Artikel 37 Absatz 10 beinhaltet eine Mindestverlusttragung durch Anteilseigner und weitere Personen in Höhe von 8 Prozent der gesamten Verbindlichkeiten, bevor der Einsatz staatlicher Stabilisierungsinstrumente zulässig ist. Eine vergleichbare Mindestbeteiligung durch die von der staatlichen Stabilisierung profitierenden Akteure vor dem Einsatz von Steuergeldern erscheint auch im Rahmen der Abwicklung von CCPs zwingend geboten.
- b) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dahingehend für eine klarstellende Formulierung im Rahmen des Artikels 27 Absatz 2 einzusetzen, dass es sich bei einer Systemkrise in dort gemeintem Sinne um eine sehr außergewöhnliche Situation handelt. Insoweit würde wiederum ein Gleichklang mit der Formulierung in der für Kreditinstitute geltenden Regelung in Artikel 37 Absatz 10 der Richtlinie (EU) Nr. 59/2014 erreicht.
- c) Er hält eine Klärung des Verhältnisses des Wasserfallprinzips des Artikels 45 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (EMIR) mit jenem des Artikels 23 der Vorlage für erforderlich. Die Implementierung dieser Haftungskaskade stellte schon bei Einführung von EMIR eine bedeutsame Regelung zum Schutz von Steuergeldern dar und sollte nicht durch die neue Verordnung verwässert werden.
- d) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung sicherzustellen, dass das "UltimaRatio-Prinzip" für den Einsatz von Steuergeldern beim Einsatz des Abwicklungsinstruments eines (zumindest teilweise) in öffentlicher Hand gehaltenen Brücken-CCPs hinreichend durch die Regelung in Artikel 42 Absatz 3 gewahrt ist. Diese Regelung sieht zwar vor, dass die auf den Brücken-CCP übertragenen Verbindlichkeiten nicht den Gesamtwert der ebenfalls auf diese übertragenen Vermögenswerte überschreiten. Es erscheint jedoch zumindest fraglich, ob dies ausreicht, um den Fiskus vor etwaigen Ausfallrisiken zu schützen.
- e) Weiterhin fordert er die Bundesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass es durch den Einsatz alternativer Finanzierungsmöglichkeiten gemäß Artikel 44 nicht zu einer Umgehung des Subsidiaritätsgrundsatzes beim Einsatz von Steuergeldern im Rahmen der Abwicklung eines CCP kommen kann. Die Regelung in Artikel 44 erlaubt es der Abwicklungsbehörde, für eine wirksame Anwendung von Abwicklungsinstrumenten Kredite aufzunehmen und andere Formen der finanziellen Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Durch die weite und zudem nahezu voraussetzungslose Formulierung der Regelung besteht die Gefahr der Implementierung staatlicher Stabilisierungsmaßnahmen unter Außerachtlassung der eigentlich hierfür geltenden Voraussetzungen. Es gilt zu verhindern, dass das Instrument der alternativen Finanzierungsmöglichkeiten als verdecktes staatliches Stabilisierungsinstrument missbraucht wird.
- f) Der Bundesrat hält daneben eine Klarstellung in der Regelung des Artikels 45 für erforderlich, die darauf abzielt, dass - wie in Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe b angelegt - die staatlichen Stabilisierungsinstrumente nur dann als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn zuvor andere Abwicklungsinstrumente auch tatsächlich zum Einsatz kamen.
- g) Er hält es im Sinne des "Ultima-Ratio-Prinzips" für erforderlich, den Einsatz staatlicher Stabilisierungsinstrumente gemäß Artikel 45 Absatz 1 zusätzlich daran zu knüpfen, dass die Möglichkeit bestehen muss, die eingesetzten öffentlichen Gelder - abzüglich etwaiger Erlöse aus dem Verkauf nach Artikel 46 Absatz 3 - vom CCP nach Abschluss der Abwicklung zurückzufordern. Eine solche Regressmöglichkeit verhindert gleichzeitig falsche Anreize für Eigentümer und Clearingmitglieder.
- 3. Sicherung der Wettbewerbsneutralität im Hinblick auf CCPs mit Sitz in Drittstaaten
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass die Anerkennung von CCPs, die in einem Drittstaat ansässig sind und Clearingleistungen für Clearingmitglieder erbringen, die in der Union ansässig sind, zusätzlich davon abhängig gemacht wird, dass der betroffene CCP wirksamen Abwicklungsregelungen unterliegt, die den Anforderungen des Verordnungsvorschlags inhaltlich entsprechen. Das Ziel einer wettbewerbsneutralen Regulierung lässt sich nur erreichen, wenn alle vergleichbaren Marktteilnehmer letztlich den gleichen Regulierungsanforderungen unterliegen. Nur so lässt sich ein faires Konkurrenzverhältnis auf einem sogenannten Level Playing Field erzielen. Durch eine Anknüpfung an das bereits nach geltendem Recht in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vorgesehene Anerkennungsverfahren durch die ESMA ließe sich eine Wettbewerbsneutralität des Sanierungs- und Abwicklungsregimes der Verordnung im Vergleich zwischen einerseits in der EU und andererseits in einem Drittstaat ansässigen CCPs erreichen. Systematisch wäre eine derartige Regelung in Artikel 80 des Verordnungsvorschlages mit einer ergänzenden Regelung in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 einzufügen.