Antrag der Länder Thüringen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein
Antrag auf Entscheidung des Bundesrates über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) gemäß Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. §§ 13 Nr. 2, 43 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes
(BVerfGG)

Die Ministerpräsidentin des Freistaats Thüringen Erfurt, den 12. Dezember 2012

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungschefinnen und -chefs der Länder haben auf ihrer Sitzung am 6. Dezember 2012 die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) beschlossen.

Als Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz übersende ich im Namen der Landesregierungen von Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen den Antrag auf Entscheidung des Bundesrates über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) gemäß Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz in Verbindung mit §§ 13 Nr. 2, 43 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) mit der Bitte, ihn gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 904. Sitzung des Bundesrates am 14. Dezember 2012 zu setzen. Es wird sofortige Sachentscheidung beantragt.

Mit freundlichen Grüßen Christine Lieberknecht

Antrag auf Entscheidung des Bundesrates über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) gemäß Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. §§ 13 Nr. 2, 43 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG)

Der Bundesrat möge beschließen:

A.

Der Bundesrat beschließt, beim Bundesverfassungsgericht gemäß Artikel 21 Abs. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 2, 43 ff. BVerfGG folgende Entscheidung zu beantragen:

B.

Der Präsident des Bundesrates beauftragt einen Verfahrensbevollmächtigten mit der Antragstellung, Begründung und Prozessführung. Dem Verfahrensbevollmächtigten ist die "Materialsammlung für ein mögliches Verbotsverfahren - VS-NfD" (Stand: 25.10.2012) einschließlich ihrer von der IMK am 5.12.2012 beschlossenen kontinuierlichen Fortschreibungen zur Verfügung zu stellen. Der Verfahrensbevollmächtigte erarbeitet Antrag und Begründung in enger Abstimmung mit einer länderoffenen Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz.

C.

Die Begründung des Antrags soll sich an folgenden Tatsachen und Wertungen orientieren:

Auf der Grundlage der im Auftrag der Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern erstellten über 1000 Seiten umfassenden "Materialsammlung für ein mögliches Verbotsverfahren - VS-NfD" sowie des "Berichts zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines neuen NPD-Verbotsverfahrens - VS-NfD" (Stand: 09.11.2012) der Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat der Bundesrat die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei der NPD um eine verfassungswidrige Partei handelt.

Die Voraussetzungen für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD nach Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG liegen vor. Die NPD geht gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und sogar zu beseitigen. Der politische Kurs der NPD ist bestimmt durch ihre aktivkämpferische, aggressive Grundhaltung, die grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist. Sie ist eine Partei, die eine antisemitische, rassistische und ausländerfeindliche Einstellung hat und mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist. Ihre dauerhafte und zielgerichtete Absicht, die obersten Werte unserer Verfassungsordnung insgesamt - namentlich die Menschenwürde, die Freiheits- und Gleichheitsrechte sowie das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip - zu beeinträchtigen, lässt sich anhand der Materialsammlung belegen. Der Bundesrat sieht in dem vorgelegten quellenfreien Material eine geeignete Grundlage, das NPD-Verbotsverfahren erfolgreich abschließen zu können. Er hält daher ein Verbot der NPD für geboten.

Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Verbot der NPD der Verlust des Parteienprivilegs einher geht und somit die NPD auch von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen ist.

Ein Verbot der NPD, das auch ein Verbot von Nachfolgeorganisationen beinhaltet, stellt einen wichtigen Beitrag gegen den parteigebundenen Rechtsextremismus dar.