Das Europäische Parlament hat auf seiner Tagung vom 7. bis 10. März 2011 die nachstehend aufgeführten Texte angenommen. Sie wurden dem Bundesrat mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 28. März 2011 zugeleitet.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. März 2011 zur Frauenarmut in der Europäischen Union (2010/2162(INI))
Das Europäische Parlament,
- - gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 des EU-Vertrags,
- - gestützt auf die Artikel 8, 151, 153 und 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
- - unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere der Bestimmungen über die sozialen Rechte und über die Gleichstellung von Männern und Frauen,
- - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen von 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,
- - unter Hinweis auf das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau aus dem Jahr 1979 (CEDAW),
- - unter Hinweis auf die Erklärung und die Aktionsplattform von Beijing der Vierten Weltfrauenkonferenz, verabschiedet am 15. September 1995,
- - unter Hinweis auf die UN-Millenniumsentwicklungsziele aus dem Jahr 2000, insbesondere Ziel 1 (Beseitigung von Armut und Hunger) und Ziel 3 (Förderung der Gleichstellung der Geschlechter),
- - unter Hinweis auf die Entschließung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Nr. 1558 (2007) zur Feminisierung der Armut,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung)1,
- - unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1098/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung (2010)2,
- - unter Hinweis auf die Entscheidung Nr. 283/2010/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. März 2010 über ein europäisches Mikrofinanzierungsinstrument für Beschäftigung und soziale Eingliederung - PROGRESS 1,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 30. Oktober 2007 zur Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Beijing durch die Mitgliedstaaten und die EU-Institutionen mit Indikatoren zu Frauen und Armut (13947/07),
- - in Kenntnis des Berichts der Kommission vom 3. Oktober 2008 zur Umsetzung der Barcelona-Ziele auf dem Gebiet der Betreuungseinrichtungen für Kinder im Vorschulalter ( KOM (2008) 0638),
- - in Kenntnis des Berichts der Kommission zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union - 2010 (KOM (2009) 0694),
- - unter Hinweis auf das beigefügte Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zum Bericht der Kommission zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union - 2010 (SEK(2009)1706),
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zur Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 (KOM (2010) 0491),
- - unter Hinweis auf das beigefügte Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur Mitteilung der Kommission zur Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 (SEK(2010)1079) und (SEK(2010)1080),
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum (KOM (2010) 2020),
- - unter Hinweis auf den Eurofound-Bericht vom 24. März 2010 "Zweite Europäische Erhebung zur Lebensqualität: Familienleben und Arbeit",
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Oktober 2005 zu Frauen und Armut in der Europäischen Union2,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. November 2008 mit Empfehlungen an die Kommission zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen3,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Mai 2009 zu der aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen4,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2010 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union - 20095,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Juni 2010 zu geschlechtsspezifischen Aspekten der Rezession und Finanzkrise1;
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Juni 2010 zur Bewertung der Ergebnisse des Fahrplans zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010 und Empfehlungen für die Zukunft2,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. September 2010 zur Rolle der Frauen in einer alternden Gesellschaft3,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Oktober 2010 zu Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen4,
- - gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0031/2011),
A. in der Erwägung, dass laut oben genanntem Beschluss 1098/2008/EG die Tätigkeiten im Rahmen des Europäischen Jahrs zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung die unterschiedlichen Gefahren und Dimensionen von Armut und sozialer Ausgrenzung, wie sie von Frauen und Männern erlebt werden, berücksichtigen haben sollten, in der Erwägung, dass 85 Millionen Europäer unter der Armutsgrenze leben und dass 17 % aller Frauen in den EU27-Ländern als in Armut lebend eingestuft werden, in der Erwägung, dass darüber hinaus in den letzten zehn Jahren die Zahl der in Armut lebenden Frauen verglichen mit der Zahl der betroffenen Männer unverhältnismäßig stark angestiegen ist, und in der Erwägung, dass Elternarmut häufig die Ursache für Kinderarmut ist und sich damit stark auf das weitere Leben der Kinder auswirkt,
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union mit einer größeren Wirtschafts-, Finanz- und Sozialkrise konfrontiert ist, die speziell Frauen auf dem Arbeitsmarkt und in ihrem Privatleben benachteiligt, da es mehr Möglichkeiten gibt, dass sie prekäre Arbeiten verrichten, stärker von Entlassung bedroht sind und weniger von den Sozialversicherungssystemen geschützt werden, und in der Erwägung, dass gerade in Zeiten einer wirtschaftlichen Rezession die ohnehin schon armutsgefährdeten Personengruppen, von denen die Mehrheit Frauen sind, insbesondere Gruppen, die bereits mehrfach benachteiligt sind, einem noch größeren Risiko ausgesetzt sind,
C. in der Erwägung, dass die Sparmaßnahmen, die überall in der EU durchgesetzt werden, besonders nachteilige Auswirkungen auf Frauen haben werden, die im öffentlichen Sektor sowohl als Angestellte als auch als Leistungsempfänger die Mehrheit bilden,
D. in der Erwägung, dass die Bekämpfung der Armut eines der von der Kommission für die EU 2020-Strategie vorgeschlagenen fünf messbaren Ziele ist, und in der Erwägung, dass die Integrierte Leitlinie 10 der EU 2020-Strategie (Förderung der sozialen Einbeziehung und Bekämpfung der Armut) zur Annahme nationaler politischer Maßnahmen ermutigen würde, um insbesondere Frauen vor dem Armutsrisiko zu schützen und Einkommenssicherheit für Alleinerziehende oder ältere Frauen zu gewährleisten,
E. in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern eine Waffe im Kampf gegen die Frauenarmut ist, weil sie sich positiv auf die Produktivität und das Wirtschaftswachstum auswirkt und zu einer höheren Frauenerwerbstätigkeit führt, was seinerseits zahlreiche soziale und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt,
F. in der Erwägung, dass die Frauenerwerbsquote durchschnittlich 59,1 % beträgt, in der Erwägung, dass das durchschnittliche geschlechtsspezifische Lohngefälle seit 2000 signifikant geblieben ist und fast 18 % in der EU insgesamt und mehr als 30 % in einigen Mitgliedstaaten im Jahr 2010 erreicht und in der Erwägung, dass die geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarkts unmittelbare Auswirkungen auf Frauen hat,
G. in der Erwägung, dass in 16 Mitgliedstaaten das Risiko extremer Armut bei Frauen das Risiko extremer Armut bei Männern deutlich übersteigt,
H. in der Erwägung, dass eine Erwerbstätigkeit allein noch keinen angemessenen Schutz gegen extreme Armut bietet, und in der Erwägung, dass hauptsächlich als Folge der Aufteilung der Berufsfelder mehr Frauen als Männer schlechter bezahlte Stellen innehaben, wobei Sozialversicherungsleistungen allein häufig ebenfalls keinen Schutz gegen extreme Armut bieten,
I. in der Erwägung, dass je länger Menschen am Rande der Armutsgrenze mit einem besonders niedrigen Einkommen leben, desto größer die Gefahr des Abgleitens in dauerhafte wirtschaftliche Verelendung und soziale Ausgrenzung ist, daher in der Erwägung, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht nur auf die Unterstützung von Personen abzielen dürfen, die bereits unter Bedingungen der wirtschaftlichen Verelendung leben, sondern auch rechtzeitig auf die Vermeidung und Bewältigung von Phänomenen, die Bürger und insbesondere Frauen in die wirtschaftliche und soziale Verelendung geraten lassen, ausgerichtet sein müssen,
J. in der Erwägung, dass es beträchtliche alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, wie viel Zeit für unbezahlte Arbeit und für tägliche Betreuungsleistungen aufgewandt wird, und in der Erwägung, dass gerade Frauen die Hauptlast an unbezahlter Arbeit tragen,
K. in der Erwägung, dass der allgemeine Zugang und erschwingliche, hochwertige Unterstützungsleistungen wie Kinderbetreuungseinrichtungen, Einrichtungen für ältere Menschen und andere pflegebedürftige Personen wichtig ist für eine gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt und als ein Mittel, um Armut zu verhüten und zu verringern,
L. in der Erwägung, dass ältere Menschen einem größeren Armutsrisiko ausgesetzt sind als die Gesamtbevölkerung, wobei in den 27 EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2008 etwa 19 % der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, von Armut betroffen waren, und in der Erwägung, dass ältere Frauen sich in einer besonders prekären Situation befinden, wenn ihr Anspruch auf Alterseinkünfte häufig von ihrem Familienstand abhängt (Ehegatten- oder Hinterbliebenenbezüge) und sie aufgrund von Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit, des Lohngefälles und anderer Faktoren selten angemessene eigenen Rentenansprüche haben, und dass folglich Frauen stärker als Männer von dauerhafter und extremer Armut betroffen sind (22 % der Frauen, die 65 Jahre und älter sind, sind armutsgefährdet, verglichen mit 16 % der Männer),
M. in der Erwägung, dass Frauen, insbesondere in ländlichen Gebiete, häufiger als Männer Teil der Schattenwirtschaft sind, indem sie auf dem offiziellen Arbeitsmarkt nicht registriert sind oder auf kurze Zeit befristete Arbeitsverträge haben, was besondere Probleme hinsichtlich der sozialen Rechte von Frauen, einschließlich der Rechte während der Schwangerschaft, Mutterschaftsurlaub und Stillen, des Erwerbs von Rentenansprüchen und des Zugangs zur sozialen Sicherheit aufwirft,
N. in der Erwägung, dass Armut ein Faktor ist, der mit einem erhöhten Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt einhergeht, die ein größeres Hemmnis für die Gleichstellung der Geschlechter ist, in der Erwägung, dass häusliche Gewalt, da sie häufig zum Verlust des Arbeitsplatzes, zu schlechter Gesundheit und zu Obdachlosigkeit führt, Frauen auch in einen Teufelskreis der Armut treiben kann, und in der Erwägung, dass überdies Menschenhandel eine moderne Form der Sklaverei ist, der Frauen und Mädchen in großem Ausmaß betrifft und einen bedeutenden Faktor, der sowohl von Armut gefördert wird als auch zur Armut beiträgt, darstellt,
O. in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen in jeglicher Form eine der gängigsten Menschenrechtsverletzungen ist, die keine geografischen, wirtschaftlichen oder sozialen Grenzen kennt, und in der Erwägung, dass diese Gewalt ein kritisches Problem in der Union darstellt, da annähernd 20 - 25 % der Frauen im Erwachsenenalter physischer Gewalt ausgesetzt waren und mehr als 10 % aller Frauen sexuelle Gewalt erlitten haben,
P. in der Erwägung, dass Frauen mit Behinderungen in Bezug auf Familie und Bildung diskriminiert werden, ihre Möglichkeiten des Zugangs zu Beschäftigung eingeschränkt sind und der Sozialschutz sie in den meisten Fällen nicht vor Armut bewahrt, und in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten deshalb Frauen mit Behinderungen besondere Aufmerksamkeit widmen sollten, damit diese ihre Rechte ausüben können, und Maßnahmen vorschlagen sollten, um ihre Integration durch ergänzende und unterstützende Programme zu erleichtern,
Q. in der Erwägung, dass Armut immer weiblicher wird, die Frauen dem Armutsrisiko ausgesetzt sind, insbesondere Gruppen von Frauen mit besonderen Bedürfnissen wie Frauen mit Behinderungen, ältere Frauen und Alleinerziehende (insbesondere alleinerziehende Mütter und Witwen mit unterhaltsberechtigten Kindern) sowie Gruppen, denen Ausgrenzung droht, wie die Roma-Frauen, denen aufgrund ihrer Traditionen die alleinige Zuständigkeit für Haushalt und Betreuung zukommt, was sie schon frühzeitig von Ausbildung und Beschäftigung fernhält, und die Immigrantinnen, und in der Erwägung, dass gute Arbeitsbedingungen notwendig sind, einschließlich des Schutzes der Rechte wie angemessenes Einkommen, Mutterschaftsurlaub und nicht diskriminierendes Arbeitsumfeld, die für diese Frauen von entscheidender Bedeutung sind,
R. in der Erwägung, dass das Progress-Programm zur Unterstützung der wirksamen Umsetzung des Grundsatzes der Gleichstellung der Geschlechter und zur Förderung des Gender Mainstreaming in allen EU-Strategien bestimmt ist, und in der Erwägung, dass dieses Programm ein äußerst wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Feminisierung der Armut darstellt,
S. in der Erwägung, dass die Lebenserwartung von Frauen ungefähr sechs Jahre höher ist als die der Männer, wobei nach den Statistiken für die EU-27 aus dem Jahr 2007 Männer durchschnittlich 76 Jahre und Frauen durchschnittlich 82 Jahre alt werden, und in der Erwägung, dass dies erhebliche Auswirkungen auf die Frauenarmut hat, gerade weil Frauen größere Schwierigkeiten als Männer haben, Zugang zu den Sozialversicherungs- und Rentensystemen zu erhalten,
Feminisierung der Armut
- 1. ist der Auffassung, dass die Verhütung und Verringerung von Frauenarmut ein wichtiger Bestandteil des Grundprinzips der sozialen Solidarität ist, dem sich die Europäische Union verpflichtet fühlt, wie dies in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union festgelegt ist, was die Gleichstellung von Frauen und Männern, soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz sowie die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung beinhaltet;
- 2. anerkennt, dass die "Feminisierung der Armut" bedeutet, dass Frauen eine größere Armutsquote als Männer haben, dass ihre Armut größer ist als die der Männer und dass Armut bei Frauen im Anstieg begriffen ist;
- 3. weist darauf hin, dass entsprechend dem Eurostat-Indikator "Von Armut bedroht" 2008 nahezu 85 Millionen Menschen in der Europäischen Union von Armut bedroht waren und dass sich diese Zahl entsprechend dem Indikator "Materielle Entbehrung" schätzungsweise auf 120 Millionen Menschen erhöhen würde; ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Rates über die Armutsindikatoren möglicherweise zu Unklarheiten hinsichtlich des Gesamtziels der Reduzierung der Zahl der von Armut und Ausgrenzung betroffenen Personen um 20 Millionen bis 2020 führen kann (Reduzierung um 23,5 % entsprechend dem Eurostat-Indikator "Von Armut bedroht", doch lediglich um 16,7 % entsprechend dem Indikator "Materielle Entbehrung"); betont, dass es sich bei der Mehrheit der in der Europäischen Union in Armut lebenden Menschen um Frauen handelt, wozu Arbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne, Pensionen und Renten, die unter dem Existenzminimum liegen, und weitverbreitete Schwierigkeiten beim Zugang zu qualitativ hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen beitragen;
- 4. betont, dass die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern die Verringerung der Armut behindert und die Aussichten auf wirtschaftliche und humane Entwicklung gefährdet;
- 5. fordert die Mitgliedstaaten auf, bei ihrer Beschäftigungspolitik und spezifischen Maßnahmen das Gender Mainstreaming zu berücksichtigen, um den Zugang zur Beschäftigung zu verbessern, die Überrepräsentierung von Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu verhindern, eine dauerhafte Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben zu steigern und die Karrieremöglichkeiten der Frauen zu fördern sowie die Segregation des Arbeitsmarktes nach Geschlechtern durch die Beseitigung der direkten und indirekten Ursachen abzubauen;
- 6. weist darauf hin, dass Frauenarmut nicht nur auf die jüngste Wirtschaftskrise zurückzuführen ist, sondern die Folge unterschiedlicher Faktoren ist, zu denen Stereotype, das bestehende geschlechtsspezifische Lohngefälle, Hindernisse aufgrund der unzulänglichen Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben, die längere Lebenserwartung von Frauen und ganz allgemein verschiedene Formen der geschlechtsspezifischen Diskriminierung gehören, unter der vor allem Frauen zu leiden haben;
- 7. verweist darauf, dass die Europäische Kommission 2010 zum "Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung" erklärt hat, um die politische Verpflichtung der Union, entscheidend zur Bekämpfung der Armut beizutragen, zu bekräftigen und zu stärken und das Grundrecht der von Armut und sozialer Ausgrenzung Betroffenen auf ein Leben in Würde und auf umfassende Teilhabe an der Gesellschaft anzuerkennen;
- 8. erinnert daran, dass das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2010 nicht nur eine Medienkampagne sein sollte, sondern eine Initiative, mit der multidimensionale Strategien zur Bekämpfung von Armut und weiterentwickelte Armutsindikatoren zusätzlich gefördert werden sollen; fordert deshalb die Kommission auf, die von den Mitgliedstaaten zur Überwindung von Armut und sozialer Ausgrenzung eingeleiteten neuen Maßnahmen in diesem Sinne kritisch zu überprüfen;
- 9. weist auf die Notwendigkeit hin, sich sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene stets nachdrücklich für weitere Fortschritte auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter einzusetzen, und zwar mit Strategien, mit denen der Fahrplan der Kommission für die Gleichstellung von Frauen und Männern, der vom Europäischen Rat angenommene Europäische Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter und der von den europäischen Sozialpartnern vereinbarte Aktionsrahmen für die Gleichstellung von Frauen und Männern vorangebracht werden;
- 10. betont, dass die Geschlechtergleichstellung eine der Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt ist;
- 11. fordert die Kommission und den Rat auf, den Forderungen Rechnung zu tragen, die das Parlament in seinen Entschließungen vom 15. November 2007 zu einer Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit1, vom 9. Oktober 2008 zur Förderung der sozialen Integration und zur Bekämpfung der Armut, einschließlich der Kinderarmut, in der EU1, vom 6. Mai 2009 zu der aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen2 und vom 20. Oktober 2010 zur Bedeutung des Mindesteinkommens für die Bekämpfung der Armut und die Förderung einer integrativen Gesellschaft in Europa3 gestellt hat, wenn sie Maßnahmen und Strategien für die nächste Etappe der offenen Koordinierungsmethode (OKM) im Bereich soziale Eingliederung und Sozialschutz, die Strategie für die soziale Eingliederung und die Leitinitiative zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung im Rahmen der Strategie Europa 2020 ausarbeiten, und darin alle Akteure in einen partizipativen Prozess einzubinden;
- 12. nimmt die Mitteilung der Kommission zur Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 zur Kenntnis; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine geschlechtsspezifische Perspektive als Kernbestandteil aller gemeinsamen politischen Maßnahmen und nationalen Programme, um die Armut zu beseitigen und die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, einzunehmen;
- 13. begrüßt die Initiative der Kommission zu einer "Europäischen Plattform gegen Armut"; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die geschlechtsspezifische Dimension in dieser Plattform zu fördern;
- 14. fordert die Kommission auf, im Einklang mit der obengenannten Initiative "Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut" die europäische Strategie der sozialen Eingliederung und des Sozialschutzes zu verstärken und noch mehr Anstrengungen zu unternehmen, um die Situation vor allem von Alleinerziehenden zu verbessern und ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen;
- 15. weist darauf hin, dass Arbeitslosigkeit und soziale Härten infolge der Wirtschaftskrise in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiter zunehmen und dass jüngere und ältere Menschen, Frauen und Männer und deren Familienangehörige hiervon in unterschiedlicher Weise betroffen sind, und fordert deshalb die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, ihr Engagement zu verstärken und spezielle Maßnahmen zur Beseitigung von Armut und zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung, insbesondere von Frauenarmut und deren Auswirkungen auf die Familien, zu ergreifen, da Armut und soziale Ausgrenzung einen Verstoß gegen die Menschenrechte darstellen und mindestens einer von sechs europäischen Bürgern davon betroffen ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Augenmerk besonders auf den Schutz der schutzbedürftigsten Gruppen (Alleinerziehende, Familien mit drei oder mehr Kindern, Menschen mit Behinderungen, ethnische Minderheiten, vor allem Roma, Menschen, die in den am stärksten benachteiligten Mikroregionen leben, Menschen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit und junge Menschen ohne Berufserfahrung) zu richten; ist der Ansicht, dass Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt sowie Teilhabe an der Gesellschaft Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben sind; fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Beseitigung der Kinderarmut getroffen werden und alle Kinder im Leben die gleichen Chancen haben;
- 16. macht darauf aufmerksam, dass durch die Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt in den letzten Jahrzehnten sich die Rezession anscheinend nicht nur unmittelbarer auf die Frauen selbst auswirkt, sondern auch auf die Haushalte, wo das Familieneinkommen durch Arbeitsplatzverluste von Frauen erheblich beeinträchtigt wird; betont, dass bei Ankündigung von Haushaltseinsparungen im öffentlichen Sektor mit einem überproportionalen Anstieg der Frauenarbeitslosigkeit zu rechnen ist, da im Bildungs- und Gesundheitswesen und im sozialen Dienstleistungssektor überdurchschnittlich viele Frauen beschäftigt sind;
- 17. ermutigt die Kommission und die Mitgliedstaaten, die in Zusammenhang mit der Pekinger Aktionsplattform entwickelten Indikatoren in Bezug auf Frauen und Armut als ein Instrument umzusetzen, um die Auswirkungen allgemeiner sozial-, wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Maßnahmen auf die Verringerung der Armut zu verfolgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignetere Methoden zu finden, um die Frauenarmut zu messen;
- 18. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, systematisch nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten und Informationen in der nationalen Berichterstattung und in dem jährlichen Gemeinsamen Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung zu übermitteln;
- 19. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, neue individuelle Indikatoren in Bezug auf Frauen und Armut als ein Instrument einzuführen, um die Auswirkungen allgemeiner sozial-, wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Maßnahmen auf Frauen und Armut zu beobachten;
- 20. betont, wie notwendig es ist, sich auf Folgemaßnahmen zur Frauen-Charta zu einigen, unter umfassender Konsultierung des Europäischen Parlaments und unter Berücksichtigung der Ansichten der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft, um Mechanismen zu fördern, um die Gleichstellung der Geschlechter in allen Aspekten des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens zu erreichen;
- 21. besonderes Augenmerk sollte der Notwendigkeit gelten, die Forschungen und Analysen zum Phänomen der " Feminisierung der Armut" fortzusetzen; fordert die Kommission und Eurofound auf, mit dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen zusammenzuarbeiten und eine gezielte Forschung zu initiieren, um u.a. die Auswirkungen der weltweiten Krise auf Frauen zu untersuchen;
- 22. ermahnt die Mitgliedstaaten, jedem Einzelnen, insbesondere jungen und älteren Menschen, den Zugang zur medizinischen Grundversorgung zu garantieren;
- 23. ermahnt die Mitgliedstaaten, den Zugang zur Präventivmedizin und zur Diagnose von für ältere Frauen typischen Krankheiten als Instrument zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Armut zu gewährleisten;
- 24. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zur medizinischen Versorgung für Migrantinnen bei Krankheiten zu erleichtern, die auf unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten und rituelle Praktiken zurückzuführen sind; fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gesundheitspolitische Maßnahmen vorzugeben, die auf die Bekämpfung und die Verhütung von die Gesundheit von Frauengefährdenden Praktiken, die auch ein Grund für soziale Ausgrenzung und Armut sind, ausgerichtet sind;
- 25. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Anwendung von Geschlechterpolitik und der Prinzipien der EU auf allen Ebenen - von der lokalen bis zur nationalen - zu gewährleisten;
- 26. erinnert daran, dass Armut und soziale Ausgrenzung sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch außerhalb bekämpft werden müssen, damit die UN-Millenniums-Entwicklungsziele, zu deren Verwirklichung bis 2015 sich die Europäische Union und die Mitgliedstaaten verpflichtet haben, erreicht werden können;
Bekämpfung der Frauenarmut durch Arbeitsmarktpolitik und sozialen Schutz
- 27. verlangt von den Mitgliedstaaten spezifische Programme, um die aktive Einbeziehung oder Wiedereingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt zu fördern, und spezifische Möglichkeiten für lebenslange Ausbildung, um die im Lichte der EU 2020-Strategie, die einen Schwerpunkt auf Projekte und Programme zur ökologischen Umgestaltung, z.B. im Bereich erneuerbare Energien, und wissenschafts- und technologieintensive grüne Arbeitsplätze für eine neue nachhaltige Wirtschaft legt, benötigten Kompetenzen und Qualifikationen wie Empowerment, Vertrauensbildung und Kapazitätsaufbau zu erwerben; fordert im Bemühen, die Beschäftigungsunsicherheit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht zu verstärken, im Zusammenhang mit Entlassungen die Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen, da häufig die Frauen die Kinder versorgen;
- 28. weist darauf hin, dass es in puncto Ausbildung, Beschäftigung und Qualität des Arbeitsplatzes große Unterschiede zwischen den Menschen gibt, die auf dem Land leben, und jenen, die in der Stadt leben; hält das Recht auf eine gute schulische und berufliche Ausbildung sowie auf Hochschulbildung für all diese Menschen, insbesondere für die jüngsten und schutzbedürftigsten unter ihnen, für sehr wichtig; fordert daher die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, diese Gruppen über ein effizientes System aktiver politischer Maßnahmen und geeigneter Ausbildungsmaßnahmen zu unterstützen, um sie in die Lage zu versetzen, sich rasch an die Anforderungen des Arbeitsmarktes anzupassen;
- 29. weist darauf hin, dass Sozialschutz, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und Sozialpolitik einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Schwere und Dauer der Rezession durch eine Stabilisierung der Arbeitsmärkte und des Verbrauchs zu verringern, und dass sich das Sozialschutzsystem stabilisierend sowohl auf die Einnahmen- als auch auf die Ausgabenseite auswirkt;
- 30. hält aktive Beschäftigungspolitik (z.B. Ausbildung am Arbeitsplatz, berufliche Bildung und Fortbildung) für sehr wichtig für die Verhütung von Armut und erachtet diese als einen Prozess, bei dem die Sozialpartner eine wesentliche Rolle spielen; ist darüber hinaus der Ansicht, dass aktive Beschäftigungspolitik (z.B. Berufserfahrung für junge Menschen, geschützte Werkstätten und betreute Arbeitsplätze) ebenfalls entscheidend ist, um für einen ausgewogenen Arbeitsmarkt zu sorgen, die Zugänglichkeit zu diesem zu verbessern und Arbeitsplätze für benachteiligte Gruppen zu erhalten;
- 31. unterstreicht angesichts der Tatsache, dass der Antritt einer Beschäftigung eine wichtige Triebfeder der Armutsbekämpfung ist, dass ein transparenter Rechtsrahmen für atypische Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden muss, um angemessene Arbeitsbedingungen und angemessene Gehälter sicherzustellen;
- 32. ist der Auffassung, dass die Einbeziehung von Frauen in den Arbeitsmarkt ein Schlüsselelement ist, um Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen; betont, wie wichtig es ist, die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu unterstützen, zusätzliche allgemeine und berufliche Bildung für armutsgefährdete Frauen zu erleichtern und die Arbeitsvermittlung zu verstärken;
- 33. anerkennt den direkten Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Ungleichheit, der Abhängigkeit von Frauen und der fortbestehenden Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Hinblick auf den Zugang zu Bildung auf der einen und der Verantwortung für die Familie und deren Gesamtunterhalt auf der anderen Seite und stellt mit Bedauern fest, dass das Lohngefälle zwischen den beiden Geschlechtern weiterhin besteht und negative Auswirkungen zeitigt;
- 34. hebt hervor, dass beim Verlust der Arbeit das Risiko bei Frauen größer ist, keine neue Stelle zu finden, und es auch bei der Einstellung wahrscheinlicher ist, dass sie benachteiligt werden, da es bei den Frauen einen höheren Anteil an unsicheren Arbeitsverträgen oder an unfreiwilligen Teilzeitverträgen gibt oder weil immer noch Einkommensunterschiede zu ihren Lasten bestehen;
- 35. weist darauf hin, dass entsprechend der Eurobarometer-Sonderumfrage "Gleichstellung der Geschlechter in der EU im Jahr 2009" die Notwendigkeit, das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zu reduzieren, in Europa weithin anerkannt wird;
- 36. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in der Beschäftigung als Teil der EU 2020-Strategie zu beseitigen; befürwortet nachdrücklich, dass die Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles um 1 % pro Jahr als ein Ziel festgelegt wird, um eine Verringerung um 10 % als Zielvorgabe bis 2020 zu erreichen und vollen Lohnausgleich für Frauen während des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs zu gewährleisten, wie in seinem Standpunkt zu diesem Thema vom 20. Oktober 20101 empfohlen wird, da dies dazu beitragen wird, Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern auf dem Gebiet der Beschäftigung zu beseitigen; setzt sich ferner für notwendige positive Maßnahmen ein, um die Teilnahme von Frauen an politischen, wirtschaftlichen und unternehmerischen Entscheidungsorganen zu erhöhen; eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (P7_TA(2010)0373).
- 38. fordert die politischen Entscheidungsträger sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene auf, ihre politischen Lösungsansätze, um die negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu begrenzen, auf einer gleichstellungsorientierten Analyse des Arbeitsmarktes sowie auf systematischen geschlechtsbezogenen Wirkungsanalysen und -evaluierungen zu basieren;
- 39. fordert die Kommission auf, auch weiterhin Initiativen zu fördern, die auf eine Anerkennung des informellen Wirtschaftssektors und eine Quantifizierung des Wertes der "Ökonomik des Alltags" anhand geschlechtsspezifischer Ansätze entsprechend dem von der Kommission initiierten Projekt "Jenseits des BIP" abzielen; ersucht die Mitgliedstaaten, einen angemessenen Sozialschutz für Frauen und Männer zu gewährleisten, die für die Betreuung kranker, alter oder behinderter Mitglieder ihrer Familie verantwortlich sind, sowie für ältere Frauen, die besonders niedrige Renten beziehen;
- 40. fordert die Kommission auf, die bestehenden Rechtsvorschriften zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit zu überprüfen, wie dies das Parlament in seiner Entschließung vom 18. November 20081 gefordert hat (eine legislative Initiative, in der die Kommission aufgefordert wird, bis Ende 2009 einen geeigneten Vorschlag vorzulegen);
- 41. betont, wie wichtig es vor allem ist, die makroökonomische Politik sowie die Sozial- und Arbeitspolitik mit dem Ziel zu überprüfen, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit für Frauen sicherzustellen, indem die Methoden zur Ermittlung der Armutsquote überprüft und Strategien ausgearbeitet werden, durch die eine gerechte Verteilung des Einkommens gefördert wird, Mindesteinkommen, menschenwürdige Löhne und Renten garantiert werden, mehr mit Rechten verbundene qualitativ hochwertige Arbeitsplätze für Frauen geschaffen werden, allen Frauen und Mädchen Zugang zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen gewährt wird, der Sozialschutz und entsprechende Nachbarschaftsdienste, insbesondere Kinderkrippen, Kinderhorte, Kindergärten, Tagesbetreuungsstätten, Freizeit- und Familienzentren, Mehrgenerationenzentren auf Gemeindeebene, dadurch verbessert werden, dass alle Frauen, Männer, Kinder und älteren Menschen sie besuchen dürfen und dass sie mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar sind;
- 42. fordert die Mitgliedstaaten auf, Kontaktstellen einzurichten, um die Ausbeutung von Frauenarbeit, die zu den Hauptgründen von Armut und sozialer Ausgrenzung gehört, zu ermitteln und zu bekämpfen;
- 43. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, den Sozialschutz im Hinblick auf eine Individualisierung der Ansprüche bei Pensions- und Rentensystemen und Systemen der sozialen Sicherheit zu überprüfen, um den "Brötchenverdiener-Vorteil" zu beseitigen und somit eine Angleichung der Renten zu garantieren;
- 1. ABl. C 16E vom 22.1.2010, S. 21.
- 44. betont die positiven Auswirkungen der Gleichstellung von Männern und Frauen auf das Wirtschaftswachstum; weist darauf hin, dass in etlichen Studien ausgerechnet wurde, dass das BIP um 30 % steigen würde, wenn die Beschäftigungs- und Teilzeitbeschäftigungsquote sowie die Produktivität der Frauen auf dem gleichen Niveau lägen wie die der Männer, was sich nicht allein positiv auf die Wirtschaft insgesamt auswirken würde, sondern auch das Risiko vieler Frauen, in Armut zu geraten, verringern würde;
- 45. fordert die Kommission und den Rat auf, dringend eine Strategie zur Halbierung der Kinderarmut bis 2012 und zur Durchbrechung der Armutsspirale im Allgemeinen auszuarbeiten und umzusetzen, da die Gefahr groß ist, dass anhaltende Armut von den Eltern auf die Kinder übergeht, was zu einer beträchtlichen Benachteiligung hinsichtlich der Chancen der Kinder auf ein besseres Leben führen könnte; betont folglich die Notwendigkeit, die Rechte des einzelnen Kindes in sämtlichen Strategien und Maßnahmen der EU zu berücksichtigen, die Schritte zur Beseitigung der Kinderarmut zu verfolgen und zu evaluieren, prioritäre Aktionen zu ermitteln und zu entwickeln, die Datenerhebung auszubauen und gemeinsame Indikatoren auf EU-Ebene weiter zu entwickeln; erachtet in diesem Sinne die Erleichterung des Einstiegs oder Wiedereinstiegs von Alleinerziehenden in den Arbeitsmarkt, den Sozialschutz für Alleinerziehende angesichts der besonderen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben, sowie die Zusicherung einer konkreten Unterstützung für kinderreiche Familien als essenziell; ist der Ansicht, dass Kinder aus Haushalten, in denen niemand arbeitet und in denen Armut herrscht, besondere Aufmerksamkeit und Förderung erhalten müssen, um künftige Armut zu verhindern;
- 46. fordert die zuständigen nationalen Behörden auf, ihre Einwanderungspolitik zu revidieren, um strukturelle Hindernisse für die uneingeschränkte Teilhabe von Migranten am Arbeitsmarkt abzubauen, Daten über die bezüglich der Diskriminierung schutzbedürftiger Gruppen erzielten Fortschritte zu sammeln und die Auswirkungen von den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Bildung und Sozialschutz betreffenden Ausgabenkürzungen auf die Geschlechter zu bewerten;
- 47. nimmt den Beschluss des Rates vom 17. Juni 2010 zur Kenntnis, wonach es den Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den Regionen überlassen bleibt, ihre nationalen Ziele zur Reduzierung der Zahl der von Armut und Ausgrenzung bedrohten Personen auf der Grundlage eines oder mehrerer der drei vom Rat definierten Indikatoren festzulegen; ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten, die lediglich den Indikator "arbeitsloser Haushalt" zugrunde legen, möglicherweise systematisch Probleme wie Armut trotz Erwerbstätigkeit, Energiearmut, Armut von Alleinerziehenden, Kinderarmut und soziale Ausgrenzung außer Acht lassen; fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, ihr Recht auf freie Wahl des Indikators nicht zu missbrauchen, um weniger ehrgeizige Ziele bezüglich der Bekämpfung der Armut zu verwirklichen; macht auf die schwierige Lage von Millionen von europäischen Rentnern aufmerksam, deren Rente nicht ausreicht, um die täglich anfallenden Kosten, spezifische altersbedingte Ausgaben und vor allem die hohen Ausgaben für Arzneimittel und medizinische Versorgung zu bestreiten; hebt die Tatsache hervor, dass die Schul- und Hochschulbildung für die schutzbedürftigsten Gruppen ein vorrangiges Ziel darstellen und jeder Mitgliedstaat in diesem Zusammenhang Zielvorgaben festlegen muss;
- 48. weist darauf hin, dass, da die gleichberechtigte und uneingeschränkte Teilhabe am wirtschaftlichen, politischen und sozialen Leben als ein individuelles Recht erachtet werden sollte, aktive Strategien für die soziale Eingliederung auf der Grundlage eines ganzheitlichen Ansatzes für die Beseitigung der Armut und der sozialen Ausgrenzung durchgeführt werden sollten, insbesondere, indem ein uneingeschränkter Zugang zu hochwertigen sozialen Dienstleistungen und Dienstleistungen von allgemeinem (wirtschaftlichem) Interesse für alle gewährleistet wird;
- 49. betont, dass auf nationaler Ebene angemessene Maßnahmen für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt und die berufliche Bildung, aber auch Sonderregelungen für die Besteuerung von Alleinerziehenden entwickelt werden müssen, wobei dies im Rahmen der Bekämpfung von Armut, Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung geschehen soll;
- 50. betont, dass sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene Maßnahmen getroffen werden müssen, um Diskriminierungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt und bei der Lohnpolitik zu verhindern;
- 51. fordert die Kommission auf, Hindernisse für die Teilhabe an der Gesellschaft, z.B. Energiearmut, finanzielle Ausgrenzung und Hemmnisse beim Zugang zu den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), im Detail zu untersuchen;
- 52. unterstreicht, wie wichtig die Koordinierung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der sozialen Ausgrenzung auf allen Regierungsebenen im Hinblick auf die wirksame Bekämpfung von Armut ist;
- 53. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu Programmen für allgemeine und berufliche Bildung und damit die Teilhabe am Arbeitsmarkt für Immigranten und Angehörige ethnischer Minderheiten zu erleichtern; Vereinbarkeit von Familie und Arbeit bei Frauen, die in Armut leben oder armutsgefährdet sind
- 54. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zu fördern, um Frauen, die von Armut bedroht sind, in die Lage zu versetzen, ihre berufliche Laufbahn bei Vollzeitarbeit fortzusetzen, oder ihnen Zugang zu Teilzeitarbeit und anderen flexiblen Arbeitszeitvereinbarungen auch über die Inanspruchnahme von Formen von Teilzeitarbeit, die rückgängig gemacht werden können, während der Erziehungszeiten zu ermöglichen;
- 55. stellt fest, dass ein Drittel der Einelternfamilien in Europa in Armut lebt;
- 56. fordert die Mitgliedstaaten auf, im Zusammenhang des obengenannten Verfahrens zur Änderung der Richtlinie 92/85/EWG des Rates die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Kündigungen von Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft oder Mutterschaft zu verhindern; fordert die Mitgliedstaaten auf, aktive Maßnahmen zu ergreifen, um die Diskriminierung schwangerer Arbeitnehmerinnen zu bekämpfen, sowie Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Mutterschaft nicht die Rentenansprüche von Arbeitnehmerinnen beeinträchtigt und dass deren Höhe nicht durch die Inanspruchnahme des Mutterschaftsurlaubs beeinflusst wird;
- 57. erinnert die Mitgliedstaaten daran, dass die Bereitstellung angemessener Kinderbetreuungseinrichtungen ein grundlegender Bestandteil der Gleichbehandlung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt ist; bedauert, dass die Ziele des Rates von Barcelona für die Betreuung von Kindern im Vorschulalter, nämlich für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, Zielvorgaben, die bis 2010 erreicht werden sollten, weit von ihrer Verwirklichung entfernt sind; fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, ihre Verpflichtungen für die Barcelona-Ziele, zugängliche, erschwingliche und hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, und neue Zielvorgaben für die Betreuung pflegebedürftiger Menschen zu erneuern und einzuhalten; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, die Zugänglichkeit insbesondere durch eine finanzielle Begleitung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten und öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen zu verbessern und den Unternehmen Anreize für die Schaffung firmeneigener Einrichtungen zu bieten; und hochwertige Einrichtungen für die Betreuung von Kindern vorhanden sind;
- 58. fordert die Mitgliedstaaten auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um den Frauen in einem benachteiligten Umfeld einen gleichberechtigten Zugang zu den öffentlichen Gesundheitssystemen, insbesondere den Basisgesundheitsdiensten gemäß den Definitionen der Weltgesundheitsorganisation, die den Schutz von Mutter und Kind einschließen -, zur gynäkologischen und geburtshilflichen Versorgung, zu einer akzeptablen Wohnung, zum Rechtswesen sowie zur allgemeinen und beruflichen Bildung, zum lebenslangen Lernen, zum Sport und zur Kultur zu gewährleisten, um der vorzeitigen Beendigung des Schulbesuchs entgegenzuwirken und um einen reibungslosen Übergang von der Schule auf den Arbeitsmarkt zu ermöglichen;
- 59. fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zur Unterstützung minderjähriger Mütter zu prüfen, die aufgrund ihres häufig niedrigen Bildungsniveaus und der gesellschaftlichen Vorurteile Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Arbeitsplatz haben und in Armut leben;
Bekämpfung von Armut bei älteren Frauen
- 60. betont, dass das Risiko, in Armut zu geraten, für Frauen größer ist als für Männer, insbesondere für ältere Frauen, wenn die Sozialschutzsysteme auf dem Grundsatz einer ununterbrochenen bezahlten Erwerbstätigkeit beruhen; weist darauf hin, dass Frauen in einigen Fällen wegen Unterbrechungen in ihrer Erwerbstätigkeit diese Anforderung nicht erfüllen und dass sie aufgrund von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere wegen des Lohngefälles, Mutterschaftsurlaub und Teilzeitarbeit, das Ab- oder Unterbrechen der Berufstätigkeit, um sich der Familie zu widmen oder im Betrieb des Ehepartners, insbesondere im Handel und in der Landwirtschaft, ohne Entgelt und eigene Sozialversicherung mitzuarbeiten, bestraft werden; fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, die Kindererziehung anzuerkennen und zu gewährleisten, dass diese Zeit für die Rente angerechnet wird, und dadurch Frauen in die Lage zu versetzen, die volle Rente zu beziehen; empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten für eine angemessene Altersvorsorge von Frauen sorgen;
- 61. fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um einen gleichberechtigten Zugang von Frauen zu den Systemen der sozialen Sicherheit und den Pensions- und Rentensystemen unter Berücksichtigung der längeren Lebenserwartung von Frauen zu gewährleisten, und dafür Sorge zu tragen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Rentenversicherungssystemen durchgängig angewendet wird, damit die geschlechtsspezifische Rentenlücke verkleinert wird;
- 62. fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Sozialleistungen für die Frauen vorzusehen, die für die Pflege kranker, älterer oder behinderter Angehöriger ihrer Familien verantwortlich sind, und für ältere Frauen, die besonders niedrige Renten beziehen;
Auswirkungen von geschlechtsspezifischer Gewalt auf das Armutsrisiko
- 63. weist darauf hin, dass Gewalt gegen Frauen immer noch ein größeres Problem in der Europäischen Union ist, das sie Opfer wie auch Täter unabhängig von Alter, Bildung, Einkommen oder sozialer Stellung betrifft und zunehmende Auswirkungen auf das Risiko der Marginalisierung, Armut und sozialen Ausgrenzung hat und dass sie ein Hindernis darstellen kann, das die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen, Gesundheit und Zugang zu Beschäftigung und zu Bildung verhindert; fordert die Kommission erneut auf, ein Europäisches Jahr zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen auszurufen;
- 64. ersucht die Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen zur korrekten Erfassung, Analyse und Prüfung der zu häuslicher Gewalt führenden Faktoren zu ergreifen, damit unverzüglich Präventionsmaßnahmen und Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen dieser Phänomene, wie z.B. die Unterbringung obdachloser Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, entwickelt werden können;
- 65. betont die Notwendigkeit weiterer Anstrengungen, die darauf abzielen, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung durch eine engere justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit auf EU-Ebene auszumerzen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um auf Gewohnheit oder Tradition beruhende fehlgeleitete Einstellungen und Praktiken zu beseitigen, darunter Genitalverstümmelung bei Frauen, Früh- und Zwangsehen und Ehrenverbrechen;
- 66. fordert die Mitgliedstaaten auf, dort nationale Pläne zur Bekämpfung jeder Form von Gewalt gegen Frauen aufzulegen, wo es noch keine solchen Pläne gibt, die Fortschritte der Maßnahmen fortlaufend und systematisch zu überprüfen, die höchsten Standards bei den Rechtsvorschriften hinsichtlich der Bekämpfung männlicher Gewalt gegen Frauen zu gewährleisten und angemessene Finanzmittel zur Unterstützung und zum Schutz der Opfer von Gewalt als einen Weg, Armut zu verhüten und zu verringern, bereitzustellen;
- 67. anerkennt zudem, dass die Suche nach sinnvollen Lösungen, um gegen Frauenarmut vorzugehen, ein Weg sein kann, geschlechtsspezifische Gewalt zu verringern, da arme Frauen einem größeren Missbrauchsrisiko ausgesetzt sind;
- 68. betont, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Behörden Maßnahmen ergreifen, die dazu dienen, die Wiedereingliederung von Frauen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind, in den Arbeitsmarkt mit Hilfe von Instrumenten wie dem Europäischen Sozialfonds (ESF) oder dem Programm PROGRESS zu erleichtern;
- 69. fordert die Mitgliedstaaten auf, geschlechtsspezifische Maßnahmen zu ergreifen, um Themen zu behandeln, die nicht nur mit der Einkommensarmut verknüpft sind, sondern einen Bezug zu Kultur, gesellschaftlicher und politischer Teilhabe und sozialen Netzwerken aufweisen;
Sozialer Dialog und Zivilgesellschaft im Kampf gegen Frauenarmut
- 70. betont, wie wichtig ein strukturierter sozialer Dialog für die Bekämpfung der Frauenarmut ist; weist diesbezüglich auf die Notwendigkeit hin, die bisherigen Regelungen, wie Frauenorganisationen, andere NGO und wichtige Akteure und die Bürgergesellschaft im Allgemeinen mitarbeiten und wie sie darin eingebunden werden, zu verbessern;
- 71. ist der Auffassung, dass ein wirklicher sozialer Dialog darauf abzielen sollte, die Angehörigen der am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen zusammen mit den nationalen und EU-Behörden in die Lage zu versetzen, Standpunkte auszutauschen und dazu beizutragen, extreme Armut zu überwinden und ein konkretes Beispiel der Verfahren zu bieten, die sich auf europäischer Ebene auf diesem Gebiet am meisten bewährt haben;
- 72. fordert die Kommission auf, den Finanzrahmen, der von Organisationen der Zivilgesellschaft genutzt werden kann, um die Auswirkungen von Frauenarmut zu bekämpfen und einzudämmen, beizubehalten;
Gewährleistung der Finanzierung als Mittel zur Bekämpfung von Armut
- 73. betont, wie wichtig die Strukturfonds sind, insbesondere der Europäische Sozialfonds, als ein zentrales Instrument, um die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu unterstützen; verlangt von den Mitgliedstaaten mehr kofinanzierte Maßnahmen, um Dienstleistungen wie Kinderbetreuungseinrichtungen und Einrichtungen für ältere und pflegebedürftige Menschen vermehrt zu unterstützen, und auch neue Formen und Methoden der organisatorischen und finanziellen Zusammenarbeit zwischen dem staatlichen und dem privaten Sektor auszuprobieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, die ordnungsgemäße und vorschriftsmäßige Verwendung der zugewiesenen Mittel zu überwachen;
- 74. betont, wie wichtig es ist, die Rechtsform des gemeinsamen Eigentumstitels weiter zu entwickeln, damit die Rechte der Frauen im Agrarsektor, der entsprechende sozialversicherungsrechtliche Schutz und ihre Arbeit umfassend anerkannt werden; unterstreicht ferner, dass die ELER-Verordnung1 dahingehend geändert werden muss, dass für den nächsten Programmierungszeitraum von 2014-2020 - so wie beim ESF und wie es in der Vergangenheit der Fall war, aber derzeit nicht möglich ist - positive Maßnahmen zugunsten von Frauen verwirklicht werden können, was sehr vorteilhafte Auswirkungen auf die Beschäftigung von Frauen im ländlichen Raum haben wird;
- 75. begrüßt die Schaffung eines Europäischen Mikrofinanzierungsinstruments für Beschäftigung und soziale Eingliederung; fordert in diesem Rahmen spezifisch zugeschnittene Maßnahmen - vor allem für technische Unterstützung und zur Begleitung -, die darauf ausgerichtet sind, einen besseren Zugang und die Verfügbarkeit von Mikrofinanzierung für Frauen zu gewährleisten, die Schwierigkeiten haben, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden, oder die sich selbständig machen oder ihre eigenen Kleinstunternehmen gründen möchten;
- 76. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1. ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23.
- 2. ABl. L 298 vom 7.11.2008, S. 20.
- 1. ABl. L 87 vom 7.4.2010, S. 1.
- 2. ABl. C 233 E vom 28.9.2006, S. 130.
- 3. ABl. C 16 E vom 22.1.2010, S. 21.
- 4. Angenommene Texte, P6TA(2009)0371.
- 5. Angenommene Texte, P7_TA(2010)0021.
- 1. Angenommene Texte, P7_TA(2010)0231.
- 2. Angenommene Texte, P7TA(2010)0232.
- 3. Angenommene Texte, P7TA(2010)0306.
- 4. Angenommene Texte, P7_TA(2010)0365.
- 1. ABl. C 282E vom 6.11.2008, S. 463.
- 1. ABl. C 9E vom 15.1.2010, S.11.
- 2. Angenommene Texte, P6TA(2009)0371.
- 3. Angenommene Texte, P7_TA(2010)0375.
- 1. Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 20. Oktober 2010 zu dem Vorschlag für 37. stellt fest, dass der Zugang von Unternehmerinnen zu Krediten beschränkt ist, was ein großes Hindernis für ihr berufliches Fortkommen und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit darstellt und was dem Grundsatz der Gleichbehandlung widerspricht;
- 1. Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1)
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zur Vorgehensweise der EU gegenüber dem Iran (2010/2050(INI))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Iran, einschließlich seiner Entschließung zur Lage der Menschenrechte in Iran, insbesondere den Fällen von Sakineh Mohammadi Ashtiani und Zahra Bahrami 1 vom 8. September 2010, zur Lage im Iran vom 10. Februar 20102 und zu Iran vom 22. Oktober 20093,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2010 zum Internationalen Tag gegen die Todesstrafe4,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung sowie das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, zu deren Vertragsstaaten der Iran gehört,
- - unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Europäischen Union und der USA vom 8. Februar 2010, in der die iranische Regierung aufgefordert wird, ihre Verpflichtungen zur Achtung der Menschenrechte einzuhalten,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (nachstehend: "die Hohe Vertreterin"), Catherine Ashton, vom 24. September 2010 zu den "empörenden und unannehmbaren" Aussagen des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der EU zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, die auf dem Europäischen Rat von Thessaloniki vom 19./20. Juni 2003 angenommen wurde, sowie auf die EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen vom 10. Dezember 2003,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin vom 23. September 2010, mit der der Bombenanschlag in Mahabad (Iran) verurteilt wird,
- - unter Hinweis auf den Bericht über die Durchführung der Europäischen Sicherheitsstrategie mit dem Titel "Sicherheit schaffen in einer sich wandelnden Welt", der vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2008 angenommen wurde,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin vom 22. September 2010 im Namen der E3+3 über eine frühzeitige Lösung auf dem Verhandlungsweg in Bezug auf den Atomstreit mit dem Iran,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin vom 12. August 2010 im Namen der Europäischen Union zur Verurteilung von sieben führenden Vertretern der Baha'i,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin vom 16. Juli 2010, mit der die Anschläge im Iran verurteilt werden,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. März 2010 zum freien Zugang zu Informationen im Iran,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin vom 6. Juli 2010 zu den bevorstehenden Hinrichtungen im Iran,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin vom 12. Juni 2010 im Namen der Europäischen Union zur gravierenden Verschlechterung der Menschenrechtslage im Iran seit den Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009,
- - unter Hinweis darauf, dass laut Informationen des Statistischen Amts des Iran die Arbeitslosenrate im Iran im Frühjahr 2010 auf 14,6 % angestiegen ist und die Zahl der Arbeitslosen auf über 3,5 Millionen geschätzt wird,
- - unter Hinweis darauf, dass der Iran eine Vertragspartei des Atomwaffensperrvertrags ist, dadurch seinen Verzicht auf den Erwerb von Nuklearwaffen erklärt hat und somit rechtlich verpflichtet ist, seine gesamten nuklearen Tätigkeiten, einschließlich des nuklearen Materials, bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) offenzulegen und sie unter deren Obhut zu stellen,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der IAEO vom 27. September 2005, wonach der Iran seine Verpflichtungen im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags nicht erfülle,
- - unter Hinweis darauf, dass in sechs Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (1696, 1737, 1747, 1803, 1835 und 1929) bekräftigt wurde, dass die Aussetzung der Anreicherung von Kernmaterial sowie andere Anforderungen eine Voraussetzung für die Wiederherstellung der Rechte des Iran im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags darstellen,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Generaldirektors der IAEO, Yukiya Amano, in seinem vierteljährlichen Bericht an den Gouverneursrat der IAEO vom 18. Februar 2010, wonach der Iran die in den einschlägigen Resolutionen des Gouverneursrates und des Sicherheitsrates enthaltenen Anforderungen nicht durchführe,
- - unter Hinweis auf den Vorschlag der IAEO im Hinblick auf eine Vereinbarung zur Versorgung des Teheraner Forschungsreaktors mit Kernbrennstoff im Tausch gegen schwach angereichertes Uran aus iranischen Beständen sowie unter Hinweis auf den Überbrückungsvorschlag der türkischen und der brasilianischen Regierung, der darauf abzielt, Vertrauen zu schaffen und die Verhandlungen zwischen dem Iran und der E3+3-Gruppe sowie zwischen dem Iran und der Wiener Gruppe zu erleichtern,
- - unter Hinweis auf die Resolution 1929(2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, mit der neue restriktive Maßnahmen gegen den Iran verhängt werden und dem Iran eine vierte Runde von Sanktionen aufgrund seines Atomprogramms auferlegt wird,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Iran vom 26. Juli 2010 und auf die Verabschiedung eines Pakets von restriktiven Maßnahmen, die gegen den Iran in den Bereichen Handel, Finanzdienstleistungen, Energie und Verkehr verhängt werden sollen, sowie einer Verordnung, mit der die Liste der Personen und Einrichtungen, deren Vermögenswerte eingefroren werden, erweitert wird,
- - unter Hinweis auf die zusätzlichen Sanktionen gegen den Iran, die die USA, Japan, Kanada und Australien angekündigt haben,
- - unter Hinweis auf das seit langem bestehende Engagement der Europäischen Union im Hinblick auf die Erzielung einer diplomatischen Lösung des Atomstreits mit dem Iran,
- - gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7- 0037/2011),
A. in der Erwägung, dass die Islamische Republik Iran (im Folgenden als Iran bezeichnet) vor einer Reihe von politischen Herausforderungen steht - von Machtkämpfen zwischen rivalisierenden Fraktionen innerhalb der herrschenden Eliten des Landes bis hin zu einer lähmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Malaise, einer problematischen regionalen Sicherheitslage und der steigenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung im Iran -, von denen viele das Ergebnis der Politik des iranischen Regimes selbst sind,
B. in der Erwägung, dass die politische Entwicklung im Iran nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009, die nach allgemeiner Auffassung von Wahlbetrug gekennzeichnet waren, gezeigt hat, dass ein großes Potenzial für einen vom Volk ausgehenden demokratischen Wandel in diesem Land besteht, bei dem seine kraftvolle und aktive Gesellschaft eine zentrale Rolle spielt, unter Hinweis darauf, dass die Reformkräfte am ehesten mit der Grünen Bewegung gleichgesetzt werden, die während der Massenproteste gegen Präsident Ahmadinedschads Wiederwahl Gestalt angenommen hat,
C. in der Erwägung, dass Irans Sicherheitskräfte, die Revolutionsgarden, die Basij Milizen und die Polizei hart vorgegangen sind und Tausende friedlicher Demonstranten und Dissidenten willkürlich festgenommen haben, darunter auch Studenten und Hochschulmitarbeiter, Frauenrechtsaktivisten, Gewerkschafter, Rechtsanwälte, Journalisten, Blogger, Geistliche und prominente Menschenrechtsverteidiger, wodurch eindeutig versucht werden sollte, Kritiker einzuschüchtern und abweichende Meinungen zu unterdrücken; in der Erwägung, dass die Justiz Massenschauprozesse gegen Hunderte bekannter Reformer und Aktivisten inszenierte, die zur Verurteilung einiger Betroffener zu langen Gefängnisstrafen und sogar zu Todesurteilen führten,
D. in der Erwägung, dass seit Präsident Ahmadinedschads Wahl im Jahr 2005 die iranischen Revolutionsgarden Finanzmittel, die sie seit den 1980er Jahren akkumuliert haben, dazu verwenden, Staatsbetriebe und über die Teheraner Börse privatisierte Unternehmen aufzukaufen,
E. in der Erwägung, dass die grundlegenden Menschenrechte der Iraner - das Recht auf Leben, auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Schutz vor willkürlicher Verhaftung, Inhaftierung und Folter sowie auf Schutz vor jeder Form der Diskriminierung - weiterhin ungestraft verletzt werden,
F. in der Erwägung, dass der Iran zu den Ländern im Nahen Osten mit den meisten Internetanschlüssen zählt und nach den USA und China die drittgrößte "Blogosphäre" der Welt ist; in der Erwägung, dass es kein Zufall ist, dass der Telekommunikationsbereich und das Internet seit den Wahlen vom Juni 2009 regelmäßig gestört werden,
G. in der Erwägung, dass der Iran nach wie vor an der Todesstrafe festhält und eines der drei Länder der Welt ist, in denen die meisten Hinrichtungen vollstreckt werden; in der Erwägung, dass der Iran die höchste Zahl von Hinrichtungen jugendlicher Straftäter aufweist sowie in der Erwägung, dass der Iran weiterhin die Todesstrafe durch Steinigung praktiziert, was im Widerspruch zum Zweiten Fakultativprotokoll des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte steht,
H. in der Erwägung, dass zahlreiche Iraner aus politischen Gründen hingerichtet wurden, unzählige weiterhin in Gefängnissen inhaftiert sind und Hunderte gezwungen wurden, aus Angst um ihr Leben und/oder vor einer Inhaftierung auf unbestimmte Zeit, Verhören und Folter aus dem Land zu fliehen,
I. in der Erwägung, dass Menschenrechtsorganisationen im Iran (z.B. die Islamische Menschenrechtskommission und die Artikel-90-Kommission) mit der Regierung zusammenarbeiten und nach wie vor weitgehend unbedeutend sind,
J. in der Erwägung, dass das Atomprogramm des Iran auch in der Vergangenheit von Geheimhaltung gekennzeichnet war, was die Glaubwürdigkeit der Behauptungen des Iran, wonach das Programm nur friedlichen Zwecken diene, untergraben hat,
K. in der Erwägung, dass der Iran immer noch seinen Verpflichtungen aus allen einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen - wie der jüngsten Entschließung 1929(2010) - und sämtlichen Anforderungen des IAEO-Gouverneursrates nachkommen muss, die den uneingeschränkten und bedingungslosen Zugang der Mitarbeiter der Organisation zu allen Orten, Gerätschaften, Personen und Dokumenten vorsehen, wie dies für eine ordnungsgemäße Inspektion der nuklearen Absichten des Iran notwendig wäre und die es der IAEO ermöglichen würde, ihre Rolle als Atomenergiebehörde zu erfüllen,
L. in der Erwägung, dass einige Maßnahmen der iranischen Regierung eine Bedrohung der Stabilität und des Friedens in der Region darstellen; in der Erwägung, dass sich Israel und insbesondere die Golfregion durch die aggressive und gezielte Rhetorik des Iran, die Fortführung seines Atomprogramms sowie seine Unterstützung für die Hisbollah und die Hamas eingeschüchtert fühlen; in der Erwägung, dass auf der anderen Seite das Stabilisierungspotenzial, das der Iran durchaus wiedererlangen könnte, der gesamten Region zugute käme, unter der Voraussetzung, dass er seine internationalen Beziehungen - insbesondere zu seinen Nachbarn - normalisiert, dass er die Sorgen in Bezug auf die wahren Absichten seines Atomprogramms endgültig aus dem Weg räumt und dass er für eine bessere Achtung der Menschenrechte Sorge trägt,
M. in der Erwägung, dass der Iran zwei Generationen afghanischer Flüchtlinge im Land aufgenommen hat, die eine Grundversorgung im Gesundheits- und Bildungsbereich in Anspruch nehmen konnten; in der Erwägung, dass im Jahr 2010 mehr als eine Million registrierter Afghanen im Iran lebten, sowie in der Erwägung, dass der Iran nur begrenzte internationale Unterstützung in diesem Bereich erhalten hat,
N. in der Erwägung, dass der Iran zu den drei Ländern der Welt mit den größten nachgewiesenen Öl- und Gasreserven zählt,
O. in der Erwägung, dass es eine bemerkenswerte Vertiefung der Beziehungen zwischen dem Iran und der Türkei gegeben hat; in der Erwägung, dass der Iran seine staatlichen und nichtstaatlichen Verbündeten Syrien, die Hisbollah und die Hamas sowie die Muslimische Bruderschaft benutzt, um die Region zu destabilisieren,
P. in der Erwägung, dass Artikel IV des NVV Folgendes besagt: "Dieser Vertrag ist nicht so auszulegen, als werde dadurch das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien beeinträchtigt, unter Wahrung der Gleichbehandlung und in Übereinstimmung mit den Artikeln I und II die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche zivile Zwecke zu entwickeln",
Innere Lage
- 1. nimmt die interne politische Situation, insbesondere was die Demokratie betrifft, mit Besorgnis zur Kenntnis; nimmt auch den Wunsch des iranischen Volkes - insbesondere der jüngeren Generation - nach demokratischem Wandel zur Kenntnis und bedauert zutiefst, dass die Regierung und das Parlament des Iran offensichtlich nicht in der Lage sind, auf die verständlichen Forderungen der iranischen Bürger einzugehen; betont, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung über die iranische Regierung als Folge der ernsten sozioökonomischen Lage, gepaart mit dem Fehlen von Freiheit und der grundlegenden Achtung der Menschenwürde innerhalb des Iran, als größte Herausforderungen ausschlaggebend dafür sein werden, ob sich das iranische Regime halten kann;
- 2. unterstreicht, dass der demokratische Wandel nicht von außen oder gar mit militärischen Mitteln durchgesetzt werden kann, sondern dass er durch einen friedlichen demokratischen Prozess erreicht werden muss; drückt seine Bewunderung für den Mut der Zehntausenden Iraner aus, die weiterhin mit dem Ruf nach größerer Freiheit und mehr demokratischen Rechten in der Islamischen Republik Iran ihre beruflichen Karrieren und ihr Leben riskieren;
- 3. weist darauf hin, dass - obwohl Präsident Ahmadinedschad im Jahr 2005 auf einer Plattform der sozialen Gerechtigkeit und des wirtschaftlichen Populismus gewählt wurde - sich die innenpolitischen Probleme des Iran trotz steigender Ölpreise weiter verschärft haben; bedauert daher das Ziel von Präsident Ahmadinedschad, seine politische Position zu Hause durch eine radikale internationale Agenda abzustützen - in der Erwartung, dass eine extrem antiwestliche und antiisraelische Haltung die Führungsposition des Iran in der muslimischen Welt stärken werde;
- 4. stellt fest, dass frühere iranische Massenbewegungen auf dem doppelten Streben nach Wohlstand und nach Freiheit basierten, und dass dies nach wie vor unerfüllte Versprechen der Revolution von 1979 sind; stellt ferner fest, dass wirtschaftliche Probleme, wie Inflation, Korruption, hohe Arbeitslosenraten, Energieknappheit, ein ineffizienter Staatssektor und die Verschwendung öffentlicher Mittel in den letzten Jahren drastisch angestiegen sind;
- 5. stellt fest, dass sich in der Reformbewegung ein ganzes Spektrum an intellektuellen Trends und politischen Programmen vereint, die von dem Wunsch nach einer schrittweisen Modernisierung der staatlichen Einrichtungen des Iran bis zu dem Ziel einer völligen Erneuerung des Regimes reichen;
- 6. bringt seine Solidarität mit den Millionen Iranern zum Ausdruck, die seit den Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 mit der Hoffnung, eine politische Wende im Iran herbeizuführen, auf die Straße gegangen sind;
- 7. verurteilt nachdrücklich die illegale Festnahme der Oppositionsführer Mir Hossein Mousavi und Mehdi Karroubi und ihrer Ehefrauen durch iranische Sicherheitskräfte und fordert ihre sofortige und bedingungslose Freilassung; weist darauf hin, dass die Festnahme unter Nichtbeachtung des iranischen Rechts erfolgte; verurteilt die Haltung der iranischen Behörden gegenüber der Opposition, die von ihrem legitimen Protestrecht Gebrauch macht und erklärt seine Solidarität mit dem iranischen Volk bei seinen demokratischen Bemühungen; bedauert die Scheinheiligkeit der iranischen Regierung, die unangemessene Gewalt, Einschüchterung und willkürliche Festnahmen gegenüber friedlichen, in Solidarität mit dem ägyptischen Volk am 14. Februar 2011 demonstrierenden Menschen zum Einsatz brachte und dabei vorbringt, die Freiheit in Ägypten zu unterstützen;
- 8. verurteilt auf das Schärfste, dass das Regime die Demonstranten und die politischen Gegner nach den Wahlen von 2009 als "Feinde Allahs" ("muharib") verurteilt hat, die nach islamischem Recht die härtesten Strafen erhalten sollten; kommt zu dem Schluss, dass während der Herrschaft des Schahs Kritik am Regime als Verbrechen galt, wohingegen sie unter dem derzeitigen Regime eine Sünde gegen den Islam darstellt;
- 9. weist darauf hin, dass die Tatsache, dass die Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) in der iranischen Gesellschaft - in militärischer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht - eine immer größere Rolle spielen, Anlass zu Befürchtungen im Hinblick auf eine weitere Militarisierung des Staates geben; bringt seine tiefste Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass solche Tendenzen zur Eskalation der Gewalt und Unterdrückung der politischen Gegner führen könnten;
- 10. ist zutiefst besorgt über die wichtige Rolle, die der Basidsch-Studentenorganisation, die von den IRGC zentral kontrolliert wird, im Zusammenhang mit der Eindämmung und Unterdrückung abweichender Meinungen unter Studenten in der iranischen Gesellschaft zukommt, und weist darauf hin, dass die iranische Studentenbewegung einer der herausragendsten Akteure im Kampf für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit ist;
Menschenrechte
- 11. fordert den Iran dringend auf, jeder Form der Diskriminierung im Land ein Ende zu setzen; ist besorgt über die Diskriminierung sowie die politische und soziale Unterdrückung, von der insbesondere die Frauen im Iran betroffen sind; fordert die iranischen Behörden auf, die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung einzustellen; prangert die unmenschliche und mittelalterliche Praxis an, Personen aufgrund angeblicher Verstöße im Zusammenhang mit der Wahl des Partners oder sexueller Praktiken zum Tode zu verurteilen;
- 12. ist entsetzt darüber, dass aus Jahresberichten über die Todesstrafe im Iran hervorgeht, dass die Zahl der Hinrichtungen im Jahr 2009 die höchste der letzten zehn Jahre war; weist darauf hin, dass der Iran somit weltweit das Land mit der höchsten Zahl an Hinrichtigungen pro Kopf ist; fordert den Iran auf, offizielle Statistiken über die Anwendung der Todesstrafe zu veröffentlichen; fordert den Iran ferner auf, die Todesstrafe für Straftaten, die vor Erreichen des achtzehnten Lebensjahres begangen wurden, endgültig abzuschaffen und seine Rechtsvorschriften zu ändern, die gegen die internationalen Menschenrechtsübereinkommen verstoßen, welche der Iran ratifiziert hat, wozu auch das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte gehören; fordert die iranischen Behörden auf, gemäß den Resolutionen 062/149 und 063/138 der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Erwartung der Abschaffung der Todesstrafe ein Moratorium für Hinrichtungen auszusprechen; unterstreicht, dass die EU-Organe in diesem Zusammenhang fortwährend Druck auf den Iran ausüben müssen;
- 13. verurteilt mit Nachdruck die Hinrichtung der Doppelstaatsbürgerin der Niederlande und des Iran, Zahra Bahrami, vom 29. Januar 2011 in Teheran; ist bestürzt darüber, dass die iranischen Behörden Frau Bahrami den Zugang zu konsularischem Beistand verweigerten und dass sie nicht für ein transparentes und faires Gerichtsverfahren sorgten;
- 14. nimmt die Behauptung der iranischen Regierung zur Kenntnis, Diskriminierungen aus Gründen der Rasse abzulehnen; weist aber darauf hin, dass die ethnischen Minderheiten des Iran darüber klagen, dass die Provinzen, in denen sie eine Mehrheit stellen, wirtschaftlich unterentwickelt sind; verurteilt die zahlreichen Terroranschläge der Dschundollah in der Provinz Sistan-Belutschistan seit ihrer Gründung im Jahr 2003; ersucht gleichzeitig um konkrete Beweise für die Behauptung von offizieller iranischer Seite, dass die Dschundollah vom amerikanischen und britischen Geheimdienst unterstützt werden;
- 15. zeigt sich äußerst bestürzt darüber, dass der Iran nach wie vor zusammen mit Afghanistan, Somalia, Saudi-Arabien, Sudan und Nigeria zu den wenigen Ländern gehört, die die Steinigung noch durchführen; fordert das iranische Parlament auf, Rechtsvorschriften zu erlassen, mit denen diese grausame und unmenschliche Form der Bestrafung für rechtswidrig erklärt wird;
- 16. fordert die iranischen Behörden nachdrücklich auf, alle Formen von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Bestrafung in Recht und Praxis einzustellen und ordnungsgemäße Gerichtsverfahren durchzuführen sowie der Straffreiheit von Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu setzen; fordert insbesondere das iranische Parlament und die iranische Justiz auf, so grausame und unmenschliche Bestrafungen wie Amputation von Gliedmaßen, Steinigung und Auspeitschung, die mit den internationalen Verpflichtungen des Iran unvereinbar sind, abzuschaffen; weist die von den iranischen Justizbehörden vertretene Ansicht entschieden zurück, dass diese Formen der Bestrafung kulturell gerechtfertigt sind;
- 17. erinnert an den weit verbreiteten - und gerechtfertigten - Ruf "Wo ist meine Stimme"" der iranischen Demonstranten am 13. Juni 2009, mit dem sie ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, dass es bei den Wahlen am Vortag zu weitverbreitetem Wahlbetrug gekommen war, was nach wie vor ein Makel der zweiten Amtszeit von Präsident Ahmadinedschad darstellt;
- 18. ist entsetzt darüber, dass es die Sicherheitskräfte ab der Nacht des 15. Juni 2009 für akzeptabel erachteten, in die demonstrierende Menschenmenge hineinzuschießen, wie Videoaufnahmen zeigen; ist zutiefst besorgt über die Ausweitung der Repressionen ein Jahr nach dem Volksaufstand im Iran, wie Berichte über willkürliche Verhaftungen, Folter, Misshandlungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten zeigen; verurteilt die Bemühungen der iranischen Regierung, die darauf ausgerichtet sind, jede politische Opposition zum Schweigen zu bringen, sowie ihre Versuche, sich jeglicher internationalen Prüfung der Menschenrechtsverstöße, die sich während der Unruhen nach den Wahlen ereigneten, zu entziehen; fordert die EU-Organe dringend auf, den iranischen Behörden eine detaillierte Liste aller bekannten Vorfälle / gewalttätigen Aktionen gegen iranische Zivilisten nach den Wahlen vorzulegen und darauf zu bestehen, dass eine unabhängige internationale Untersuchung durchgeführt wird, deren Ergebnisse veröffentlicht werden sollten;
- 19. fordert die iranischen Behörden auf, sofort alle Personen freizulassen, die für die friedliche Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit inhaftiert wurden, sowie Regierungsmitglieder und Sicherheitskräfte zu verfolgen und anzuklagen, die für die Tötung, den Missbrauch und die Folterung von Familienmitgliedern von Dissidenten, Demonstranten und Inhaftierten verantwortlich sind;
- 20. besteht darauf, dass die Hohe Vertreterin bei allen künftigen Verhandlungen mit dem Iran die Lage der Menschenrechte in dem Land zu einer der wichtigsten Prioritäten machen sollte; fordert die Kommission auf, sich aller ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte im Iran zu bedienen; fordert sie insbesondere dringend auf, zusätzliche Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte zu entwickeln, um Menschenrechtsverteidiger aktiv zu schützen; betont, dass es besonders wichtig ist, den Schutz von Menschenrechtsverteidigern sowie ihren Zugang zu organisatorischen Ressourcen und Kommunikationsplattformen zu erleichtern; bestärkt die Mitgliedstaaten, das europäische "Shelter City"-Programm sowie Programme zur Entwicklung von Maßnahmen gegen Technologien zur Überwachung der Medien zu unterstützen;
- 21. bedauert, dass iranische Ehemänner behaupten können, ihre ehebrecherischen Beziehungen seien in Wirklichkeit ordnungsgemäße zeitweilige Ehen, während verheiratete Frauen, die des Ehebruchs bezichtigt werden, keine derartigen Gründe geltend machen können; bedauert ferner, dass es Artikel 105 des Strafrechts der Islamischen Republik einem Richter freistellt, eine Person, die des Ehebruchs angeklagt ist, einzig und allein aufgrund seines "Wissens" zum Tod durch Steinigung zu verurteilen; bedauert außerdem die Tatsache, dass der Iran versucht, Informationen über seine Brutalität auf internationaler Ebene einzuschränken, indem er die Verurteilungen zum Tod durch Steinigung nicht öffentlich bekannt gibt;
- 22. verurteilt die systematische Schikanierung von Gewerkschaftsaktivisten durch die iranischen Behörden und weist darauf hin, dass dieses Vorgehen im Widerspruch zu den Verpflichtungen steht, die der Iran im Rahmen des Verfahrens der Vereinten Nationen zur allgemeinen regelmäßigen Überprüfung im Hinblick auf die Achtung der Rechte seiner Bürger im sozialen und wirtschaftlichen Bereich sowie ihres Rechts auf Meinungsfreiheit eingegangen ist; fordert die iranischen Behörden dringend auf, alle inhaftierten Aktivisten, die sich für die Rechte der Arbeitnehmer einsetzen, freizulassen und das Recht der Gewerkschaftsaktivisten und Lehrer auf Teilnahme am Internationalen Tag der Arbeit (1. Mai) und am Nationalen Tag der Lehrer (2. Mai) zu respektieren; fordert die iranische Regierung auf, die Grundrechte der Arbeitnehmer, wie sie in den internationalen Arbeitsnormen festgelegt sind, zu achten;
- 23. verurteilt die Welle der Entlassungen prominenter Universitätsprofessoren aus politischen Gründen als nicht hinzunehmenden Angriff gegen ihre Menschenrechte und die akademische Freiheit; ist der Ansicht, dass die iranischen Universitäten - auf denen lange Zeit der nationale Stolz ruhte und die von Akademikern auf der ganzen Welt bewundert wurden - durch diese Maßnahmen noch weiter politisiert und herabgewürdigt werden; fordert die iranischen Behörden auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die akademische Freiheit im Land wieder herzustellen;
- 24. bedauert die Tatsache, dass im Widerspruch zur Verfassung Angehörige religiöser Minderheiten Diskriminierungen im Wohnungs- und Bildungswesen und auf dem regulären Beschäftigungssektor erdulden müssen, was junge Mitglieder dieser Minderheiten veranlasst, sich für die Auswanderung zu entscheiden; verurteilt insbesondere die systematische Verfolgung der Bahai-Gemeinde, die Verhaftungswelle von Christen im Jahr 2009 und die Schikanierung religiöser Dissidenten, Konvertierter sowie der Sufis und der Sunniten; fordert erneut die Freilassung der sieben führenden Vertreter der Bahai und ruft das iranische Parlament auf, die Rechtsvorschriften des Iran dahingehend zu ändern, dass sichergestellt ist, dass alle Mitglieder unterschiedlicher Glaubensrichtungen im Iran - gleichgültig, ob sie in der Verfassung anerkannt sind oder nicht - ihren Glauben ausüben können, ohne verfolgt zu werden, und ihnen nach dem Gesetz und in der Praxis gleiche Rechte garantiert werden;
- 25. stellt fest, dass sich die Lage der iranischen NRO infolge der Demonstrationen nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni 2009 erheblich verschlechtert hat; kritisiert nachdrücklich die Tatsache, dass alle internationalen Kontakte und alle finanziellen Hilfen für NRO im Iran von den iranischen Behörden systematisch für den Versuch missbraucht werden, diese Organisationen und ihre Arbeit in Misskredit zu bringen;
- 26. bringt seine ernste Besorgnis über die große Zahl an Hinrichtungen von Minderjährigen und die öffentliche Steinigung von Frauen zum Ausdruck, die jedes Jahr trotz internationaler Appelle an den Iran, sich an die Menschenrechtsnormen zu halten, vollstreckt werden;
- 27. fordert die erneute Schaffung eines Mandats der Vereinten Nationen für einen Sonderberichterstatter, der Menschenrechtsverletzungen untersuchen und sich darum bemühen sollte sicherzustellen, dass diejenigen, die im Iran Menschenrechtsverletzungen begehen, zur Rechenschaft gezogen werden; fordert die iranischen Behörden dringend auf, den langjährigen Ersuchen mehrerer UN-Sonderberichterstatter (z.B. über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, Folter, Religions- oder Glaubensfreiheit, die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten) stattzugeben und zuzulassen, dass sie den Iran offiziell besuchen;
- 28. bedauert die Tatsache, dass sich im Widerspruch zu den UN-Grundprinzipien betreffend die Rolle der Rechtsanwälte die Situation der Anwälte im Iran nach den Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 wesentlich verschlechtert hat, da die iranischen Behörden auf Unterdrückungsmethoden (z.B. Verhaftungen, Streichung von der Anwaltsliste, Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung, ungerechtfertigte Steuerprüfungen und sonstigen finanziellen Druck) zurückgreifen, um Anwälte an der freien Ausübung ihres Berufs zu hindern;
- 29. bedauert, dass sich die Situation der Menschenrechtsverteidiger, einschließlich der im Bereich der Menschenrechte tätigen Anwälte und der Verteidiger der Rechte von Frauen, auf die die Maßnahmen besonders stark abzielen, verschlechtert; ist zutiefst besorgt über die Tatsache, dass Menschenrechtsverteidiger verschiedenen Angriffen und unfairen Gerichtsverfahren ausgesetzt sind und davon abgehalten werden, von ihren verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch zu machen; fordert die unverzügliche Freilassung aller Menschenrechtsverteidiger und Gefangenen aus Gewissensgründen, die sich immer noch in Haft befinden;
- 30. fordert die Islamische Republik Iran auf, das UN-Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW) zu unterzeichnen, zu ratifizieren und durchzuführen;
- 31. unterstützt die Kampagne "Eine Million Unterschriften für die Änderung der diskriminierenden Gesetze", die darauf abzielt, eine Million Unterschriften für die Änderung der diskriminierenden Gesetze gegen Frauen im Iran zu sammeln; fordert die iranischen Behörden dringend auf, die Schikanierung - auch durch die Justizbehörden - von Mitgliedern dieser Kampagne umzusetzen;
- 32. fordert die iranische Regierung dringend auf, die Rechte der Frauen zu verbessern und die wesentliche Rolle, die Frauen in der Gesellschaft spielen, anzuerkennen; fordert die iranische Regierung ferner auf, den Verpflichtungen des Iran im Rahmen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte nachzukommen; fordert das iranische Parlament erneut auf, Rechtsvorschriften zu erlassen, mit denen die grausame und unmenschliche Praxis der Steinigung für rechtswidrig erklärt wird; fordert die Hohe Vertreterin auf, besonderes Augenmerk auf die Rechte der Frauen im Iran zu richten und den Fall von Sakineh Mohammadi Ashtiani und von Zahra Bahrami bei den iranischen Behörden zur Sprache zu bringen;
- 33. betont, dass die Vertreter der EU-Organe Kontakte mit Vertretern einer großen Bandbreite von politischen und sozialen Organisationen des Iran, einschließlich prominenter iranischer Menschenrechtsverteidiger, aufbauen sollten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Unterstützung für Basisarbeit und menschliche Kontakte zu verstärken;
- 34. verurteilt die Unterdrückung der unabhängigen Medien durch die iranischen Behörden, einschließlich der Zensur von Video- und Fotomaterial, um den Zugang zu Informationen und den Informationsfluss einzuschränken; ist in höchstem Maße besorgt darüber, dass die willkürliche Anwendung des Rechts im Iran zu einer starken Selbstzensur der Medien führt; fordert die offiziellen Vertreter der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf, den Iran an seine völkerrechtliche Verpflichtung, die Freiheit der Medien zu gewährleisten, zu erinnern; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, bei Treffen mit ihren iranischen Amtskollegen - mittels der Vorlage von Listen mit Namen - darauf zu bestehen, dass die vielen Tageszeitungen, deren Einstellung erzwungen wurde, wieder aufgelegt und die politischen Gefangenen freigelassen werden; verurteilt die Praxis der Ausweisung ausländischer Korrespondenten - einschließlich Journalisten namhafter europäischer Zeitungen - durch die iranische Regierung; begrüßt den Start eines Euronews-Programms in Farsi;
- 35. bekundet seine Besorgnis über die Unterdrückung des kulturellen, musikalischen und künstlerischen Ausdrucks durch Zensur, Verbote und repressive Maßnahmen gegen Künstler, Musiker, Regisseure, Schriftsteller und Dichter;
- 36. fordert, dass der Straflosigkeit im Iran ein Ende gesetzt wird, indem ein unabhängiges gerichtliches Überprüfungsverfahren im Iran eingeführt wird, oder mittels Überweisung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an das Völkerrecht anwendende Institutionen, wie den Internationalen Strafgerichtshof;
- 37. begrüßt die Maßnahmen einiger Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Gewährung von Zuflucht für diejenigen iranischen Menschenrechtsverteidiger, Dissidenten, Journalisten, Studenten, Frauen, Kinder und Künstler, die wegen ihrer religiösen Überzeugungen, Meinungsäußerungen, sexuellen Orientierung oder anderer Formen der Ausübung ihrer Menschenrechte verfolgt werden;
Das Nukleardossier
- 38. bekräftigt, ungeachtet des Rechts des Iran, im Rahmen der Regeln des Nichtverbreitungssystems nukleare Energie für friedliche Zwecke zu nutzen, dass die Proliferationsrisiken des iranischen Atomprogramms der Europäischen Union und der internationalen Gemeinschaft weiterhin ernsthafte Sorgen bereiten, wie dies in vielen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sehr deutlich zum Ausdruck kommt;
- 39. fordert die iranischen Behörden auf, die Verpflichtungen des Iran im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags zu erfüllen; verlangt mit Nachdruck, dass Teheran das Zusatzprotokoll zum Sicherungsabkommen ratifiziert und durchführt; verurteilt die anhaltende Weigerung des Iran, uneingeschränkt mit der IAEO zusammenzuarbeiten, indem er die Arbeit der IAEO behindert, den uneingeschränkten und bedingungslosen Zugang zu wichtigen Anlagen verweigert und die Benennung von Inspektoren ablehnt;
- 40. betont ferner, dass der Iran gemäß einem der Leitgrundsätze des Atomwaffensperrvertrags das Recht hat, Uran zu friedlichen Zwecken anzureichern, und zur Erreichung dieses Ziels technische Hilfe erhalten darf;
- 41. unterstützt den zweigleisigen Ansatz des Rates im Hinblick auf eine friedliche Verhandlungslösung für die derzeitige Pattsituation im Atomkonflikt und lobt ihn bezüglich seines neuen Gemeinsamen Standpunkts vom 26. Juli 2010, mit dem neue und weitreichende autonome Maßnahmen für den Iran eingeführt werden; bedauert, dass der Iran nicht bereit war, die Angebote, die in der jüngsten Gesprächsrunde der P5+1-Staaten mit dem Iran in Istanbul vorgelegt wurden, anzunehmen, und dass die Gespräche in der Folge scheiterten; ist aber weiterhin davon überzeugt, dass die EU eine breitere Strategie gegenüber dem Iran entwickeln sollte, die über das Nukleardossier hinausgehen und sich auch mit der Menschenrechtssituation im Iran und der Rolle des Iran in der Region befassen sollte;
- 42. erinnert daran, dass in der Frage des iranischen Atomprogramms der Iran den gesamten Vereinten Nationen, und nicht nur "dem Westen" gegenübersteht;
- 43. stellt fest, dass angesichts der Weigerung des Iran, uneingeschränkt mit der IAEO zusammenzuarbeiten, weitere Sanktionen die logische Folge sind; fordert die Hohe Vertreterin und die EU-Mitgliedstaaten auf, alle Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf den Gemeinsamen Standpunkt der EU - insbesondere im Hinblick auf Ausfuhrgenehmigungen, Zoll- und Grenzkontrollen, Luftfracht und Schifffahrt - zu bewerten, um den Iran daran zu hindern, die Sanktionen zu umgehen, und um eine realistische Einschätzung im Hinblick auf die Frage vornehmen zu können, ob die Sanktionen die erwarteten Ergebnisse erzielen oder nicht; bekräftigt erneut seinen Standpunkt, dass diese Maßnahmen keine negativen Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerung haben sollten; begrüßt in diesem Zusammenhang die Entscheidung der USA, zielgerichtete Sanktionen gegen iranische Amtspersonen zu verhängen, denen nachgewiesen wurde, dass sie verantwortlich für oder mitschuldig an schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen sind, die seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 begangen wurden; fordert den Rat auf, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen;
- 44. ist der Ansicht, dass weltweit erneute Anstrengungen erforderlich sind, um die Welt von der Bedrohung durch Kernwaffen zu befreien; begrüßt den Aufruf von Präsident Obama zu nuklearer Abrüstung und fordert die Hohe Vertreterin auf, dieses Thema zu einer ihrer Prioritäten in den Fragen, die sie mit den Mitgliedstaaten behandelt, sowie bei ihren Kontakten mit den Regierungen im Nahen Osten und Asien zu machen;
- 45. fordert Kommission, Rat und die Mitgliedstaaten der EU auf, die Handelsbeziehungen mit dem Iran - über die Sanktionen hinausgehend - im Hinblick auf das Ziel zu überprüfen, die Menschenrechtsverletzungen infolge der Ausfuhr von nach europäischem Standard gebauten Technologien in den Iran, einschließlich Mobiltelefonen, Kommunikationsnetzen, Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, Überwachungstechnologien und Software für Internet-Scanning und -Zensur und Data Mining, auch von personenbezogenen Daten, einzuschränken; ersucht die Kommission, einen Vorschlag für eine Verordnung über ein neues Lizenzsystem vorzulegen, wenn aus dieser Prüfung hervorgeht, dass gesetzgeberisches Handeln erforderlich ist;
- 46. fordert die Kommission und den Rat auf, unverzüglich Maßnahmen zu treffen, um die Ausfuhr von Überwachungstechnologie (insbesondere Überwachungszentralen) durch EU-Unternehmen in den Iran zu verbieten;
- 47. fordert den Europäischen Rat auf, die Liste mit iranischen Personen, die Verbindungen zu den iranischen Atom- und Waffenprogrammen und den damit verbundenen Beschaffungsnetzen haben, zu erweitern; fordert die zuständigen Behörden auf, rasch zu agieren, die Vermögenswerte dieser Personen einzufrieren und sie daran zu hindern, in das Hoheitsgebiet der EU einzureisen und den EU-Rechtsraum für Tätigkeiten im Zusammenhang mit diesen Programmen zu nutzen;
- 48. fordert die Hohe Vertreterin auf, das Nukleardossier des Iran und die Menschenrechte des iranischen Volkes auch in Zukunft ganz oben auf ihre Tagesordnung zu setzen, und fordert den Iran auf, substanzielle Verhandlungen im Hinblick auf das Ziel aufzunehmen, eine umfassende und langfristige Lösung des Atomstreits zu erreichen;
Außenbeziehungen
- 49. verurteilt auf das Schärfste den von Präsident Ahmadinedschad geäußerten Wunsch, Israel von der Landkarte verschwinden zu lassen, sowie seine antisemitische Rhetorik, vor allem seine Leugnung des Holocaust und die zugrunde liegende Absicht, dem israelischen Staat seine Daseinsberechtigung abzuerkennen; bekräftigt erneut seine uneingeschränkte Unterstützung für das Bestehen von Israel und eine Zwei-Staaten-Lösung für Palästina;
- 50. fordert Rat und Kommission auf, die Situation in der Golfregion aufmerksam zu verfolgen und ihr Möglichstes tun, um Frieden und Stabilität in dieser Region zu fördern;
- 51. erkennt die Rolle der Türkei an, die ein einflussreicher Akteur in der Region ist, und würdigt die gemeinsamen Bemühungen der Türkei und Brasiliens im Hinblick auf eine Verhandlungslösung im iranischen Atomstreit; bedauert jedoch, dass die Bestimmungen des Dreiparteien-Übereinkommens vom 17. Mai 2010 nur zum Teil den Forderungen der IAEO entsprechen; fordert die türkischen Behörden auf, dem europäischen Ansatz gegenüber der nuklearen Bedrohung durch den Iran zu folgen; fordert die Türkei auf, die Lage der Menschenrechte in ihren Dialog mit dem Iran einzubeziehen;
- 52. unterstreicht die Tatsache, dass Russland einer der wichtigsten Lieferanten von modernen Waffen und angereichertem Uran in den Iran ist; begrüßt die Entscheidung der Russischen Föderation, den Verkauf von S-300-Raketen an den Iran einzustellen und die von den Vereinten Nationen gegen den Iran aufgrund seines Atomprogramms verhängten Sanktionen zu unterstützen; verlangt vehement, dass Russland jede Art von Verbreitung von Waffen und die Ausfuhr von Uran in den Iran einstellt, damit die Wirksamkeit der Sanktionen gegen den Iran und die Erfüllung des Atomwaffensperrvertrags sichergestellt werden können;
- 53. ermuntert die Hohe Vertreterin, die transatlantische Koordination und Komplementarität in Bezug auf den Iran zu fördern und die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie alle betroffenen Akteure auf globaler und regionaler Ebene, die ähnliche Sorgen bezüglich des Iran haben, zu den Maßnahmen gegenüber dem Iran zu konsultieren;
- 54. nimmt zur Kenntnis, dass die EU und der Iran ein gemeinsames Interesse daran haben, Frieden und Stabilität in Afghanistan zu sichern; begrüßt die konstruktive Rolle des Iran im Hinblick auf die Erneuerung der Infrastruktur und die Wiederbelebung der Wirtschaft sowie in Bezug auf die Verhinderung des Drogenschmuggels aus Afghanistan; betont jedoch, dass Frieden und Stabilität in Afghanistan nur von Dauer sein können, wenn alle Nachbarn auf die politische Einflussnahme in dem Land verzichten;
- 55. fordert die Hohe Vertreterin auf, jetzt, da der Europäische Auswärtige Dienst die Verantwortung im Hinblick auf die Vertretung der Europäischen Union in Drittländern vom rotierenden Ratsvorsitz übernommen hat, eine EU-Delegation in Teheran zu eröffnen;
- 56. fordert die Kommission und den Rat auf, den Iran zu ermutigen, sich konstruktiv an der künftigen Entwicklung Afghanistans zu beteiligen, und hebt die gemeinsamen Ziele der EU und des Iran, was die Stabilität von Afghanistan und die wirksame Bekämpfung der Opiumproduktion und des Drogenhandels betrifft, hervor;
- 57. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Islamischen Republik Iran zu übermitteln.
- 1. Angenommene Texte, P7_TA(2010)0310.
- 2. Angenommene Texte, P7TA(2010)0016.
- 3. Angenommene Texte, P7TA(2009)0060.
- 4. Angenommene Texte, P7_TA(2010)0351.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu den Prioritäten der 16. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen und der Überprüfung im Jahre 2011
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC), insbesondere die Entschließungen vom 25. Februar 2010 zur 13. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen1, vom 14. Januar 2009 zu der Entwicklung des UNHRC, einschließlich der Rolle der EU2, vom 16. März 2006 zum Ergebnis der Verhandlungen über den Menschenrechtsrat und zur 62. Tagung der UN-Menschenrechtskommission3, vom 29. Januar 2004 zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinten Nationen4, vom 9. Juni 2005 zur Reform der Vereinten Nationen5, vom 29. September 2005 zu den Ergebnissen des Weltgipfels der Vereinten Nationen vom 14.-16. September 20056 und vom 7. Mai 2009 zu dem Jahresbericht über die Menschenrechte in der Welt 2008 und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich7,
- - unter Hinweis auf seine Dringlichkeitsentschließungen zu Menschenrechten und Demokratie,
- - unter Hinweis auf die Resolution A/RES/60/251 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Einrichtung des Menschenrechtsrates,
- - unter Hinweis auf die vorhergehenden ordentlichen Tagungen und Sondertagungen des UNHRC sowie auf die vorhergehenden Runden der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung (UPR),
- - unter Hinweis auf die 16. Tagung des UNHRC und die elfte Runde der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung, die vom 2. bis zum 13. Mai 2011 stattfinden soll,
- - unter Hinweis auf die Überprüfung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, die im Jahr 2011 stattfinden soll,
- - unter Hinweis auf die durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon bedingten institutionellen Änderungen, insbesondere die Schaffung des Europäischen Auswärtigen Dienstes und des Amtes des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,
- - unter Hinweis auf Artikel 2, Artikel 3 Absatz 5 sowie die Artikel 18, 21, 27 und 47 des Vertrags über die Europäische Union in der sich aus dem Vertrag von Lissabon ergebenden Fassung,
- - gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Achtung, die Förderung und der Schutz der universellen Menschenrechte Teil des ethischen und rechtlichen Besitzstands der Europäischen Union und einer der Eckpfeiler der europäischen Einheit und Integrität sind1,
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten die Achtung der Menschenrechte in ihrer eigenen Politik gewährleisten sollten, um die Position der Europäischen Union im UNHRC zu stärken und glaubwürdig zu machen,
C. in der Erwägung, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eine einzigartige Plattform für universelle Menschenrechte und ein spezielles Forum ist, das sich innerhalb der Vereinten Nationen mit den Menschenrechten beschäftigt, sowie in der Erwägung, dass er die wichtige Aufgabe und die Zuständigkeit dafür hat, die Förderung, den Schutz und die Achtung der Menschenrechte auf der ganzen Welt zu stärken,
D. in der Erwägung, dass bei der Überprüfung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zwei Aspekte eine Rolle spielen, wobei über den Status des Organs in New York und über die Verfahren in Genf diskutiert werden soll, sowie in der Erwägung, dass alle internationalen Akteure dafür sorgen müssen, dass nicht länger mit zweierlei Maß gemessen wird und dass Selektivität und Politisierung bei der Behandlung von Menschenrechtsangelegenheiten ein Ende gesetzt wird,
E. in der Erwägung, dass die Argumente Souveränität und innerstaatliche Rechtsprechung nicht länger angeführt werden können, um Staaten vor einer Überprüfung ihrer Menschenrechtsbilanz zu schützen,
F. in der Erwägung, dass die Europäische Union als globaler Akteur - im Rahmen der Vereinten Nationen im Allgemeinen und des UNHRC im Besonderen - agieren sollte und dass ein neuer Ansatz in Gestalt des neuen Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) dazu dienen sollte, die Union dabei zu unterstützen, auf wirksamere und sichtbarere Weise zu agieren und weltweiten Herausforderungen auf einheitliche, kohärente und effiziente Weise zu begegnen,
G. in der Erwägung, dass im EAD eine Direktion für Menschenrechte und Demokratie eingerichtet wurde,
H. unter Hinweis darauf, dass eine Delegation des Unterausschusses Menschenrechte des Europäischen Parlaments zur 16. Tagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen nach Genf reisen wird, wie das auch in den früheren Jahren bei den Tagungen des UNHRC und davor seines Vorgängers, der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, der Fall war,
- 1. unterstreicht die Bedeutung der 16. Tagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen und insbesondere des Prozesses der Überprüfung des UNHRC, der eine einzigartige Möglichkeit bietet, zu bewerten, wie der Rat sein Mandat erfüllt hat, und eine Gelegenheit für den Rat bietet, seine Arbeitsmethoden zu verbessern, um effizienter und systematischer auf Menschenrechtsverletzungen zu reagieren; begrüßt, dass im Rahmen des Prozesses der Überprüfung des Menschenrechtsrates zwei Ko-Moderatoren - Marokko und Liechtenstein - benannt wurden;
- 2. begrüßt, dass unter anderem Berichte über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, sowie über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Rahmen der Terrorismusbekämpfung und ausgedehnte Sitzungen zu den Rechten des Kindes auf der Tagesordnung der 16. ordentlichen Tagung stehen;
- 3. begrüßt, dass in diesem Jahr Sonderberichterstatter zu diesen Schlüsselthemen ernannt wurden, und nimmt zur Kenntnis, dass die Sonderberichterstatter zu Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, zu Religions- bzw. Glaubensfreiheit und zur Lage der Menschenrechtsverteidiger Berichte vorlegen werden; fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, einen aktiven Beitrag zu dieser Debatte zu leisten;
- 4. begrüßt die Einrichtung der neuen Direktion für Menschenrechte und Demokratie und unterstützt die Schaffung einer Arbeitsgruppe für Menschenrechte des Rates der EU (COHOM) mit Sitz in Brüssel, der Menschenrechtsexperten aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten angehören sollen; vertritt die Ansicht, dass Brüssel besser in der Lage ist, die Politik der EU zu überwachen, und Unterstützung dabei leisten wird, multilaterale Aufgaben im Zusammenhang mit bilateralen Tätigkeiten zu organisieren;
- 5. befürwortet die Benennung eines hochrangigen EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte und betont erneut, dass Länderstrategien in den Bereichen Menschenrechte und Demokratie wichtig sind;
- 6. hält es für sehr wichtig, dass die EU gemeinsame Standpunkte zu den Themen vertritt, die auf der 16. Tagung erörtert werden, und ersucht die Mitgliedstaaten, die Methode der EU zu stärken, ein- und dasselbe Anliegen mit vielen verschiedenen Stimmen vorzutragen, die in den letzten Jahren - beispielsweise bei den Initiativen der EU gegen die Todesstrafe - gut funktioniert hat;
Die Tätigkeit des Menschenrechtsrates
- 7. bekräftigt seine Forderung an die Mitgliedstaaten der EU, sich aktiv jedem Versuch zu widersetzen, die Grundsätze der Universalität, Unteilbarkeit und Interdependenz der Menschenrechte zu schwächen, und sich dafür einzusetzen, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen der Diskriminierung jeglicher Art, einschließlich der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Alters, der sexuellen Ausrichtung, der Religion oder der Weltanschauung, in gleichem Maße Aufmerksamkeit schenkt;
- 8. erinnert an die Bedeutung der Interdependenz der bürgerlichen und politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte; fordert, dass Wasser und Abwasserentsorgung als ein Grundrecht auf Verbesserung der Lebensbedingungen berücksichtigt werden;
- 9. erklärt sich besorgt darüber, dass das größte Hindernis, das einer wirksameren Ausübung des Mandats durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen entgegensteht, die oft vorrangig praktizierte Blockbildung ist, durch die Einfluss darauf genommen wird, auf welche Länder und welche Situationen der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen seinen Blick richtet; bekräftigt seine Ansicht, dass die Fähigkeit des UNHRC, sich mit länderspezifischen Situationen wirksam, rechtzeitig und angemessen auseinanderzusetzen, entscheidend für seine Autorität und Glaubwürdigkeit ist;
- 10. ist der Ansicht, dass der Menschenrechtsrat besser ausgestattet werden sollte, um auf dauerhafte Problemlagen und auf Notfallsituationen reagieren zu können, gegebenenfalls durch Erweiterung des "Menschenrechtsinstrumentariums", indem nicht nur während der Tagungen, sondern auch zwischen den einzelnen Tagungen Foren veranstaltet und indem die Tagungen auch in von Genf entfernten Regionen abgehalten werden; bedauert, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mehrmals nicht in der Lage war, auf die jeweilige besorgniserregende Menschenrechtslage zügig und rechtzeitig zu reagieren, weil er nicht über die entsprechenden Instrumente verfügte, und unterstützt den Gedanken unabhängiger "Auslöseimpulse"; spricht sich dafür aus, sich aktiv für die Schaffung zielgerichteter Mechanismen des UNHRC einzusetzen, um unverzüglich auf Menschenrechtskrisen wie im Nahen Osten und in Nordafrika, Iran und Belarus reagieren zu können;
- 11. begrüßt die Bemühungen im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, eine überregionale Arbeitsgruppe zur Lage in Belarus zusammenzustellen; fordert den UNHRC auf, eine Stellungnahme abzugeben, in der die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in Belarus und die Repressionen gegen die demokratische Opposition und einfache Bürger nach den Präsidentschaftswahlen am 19. Dezember 2010 scharf verurteilt werden, und eine Resolution zu dieser Angelegenheit anzunehmen;
- 12. begrüßt die Initiative der USA, eine Länderresolution zu Iran einzubringen; fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, sich mit Nachdruck für die Einrichtung eines Sondermechanismus für Iran einzusetzen; fordert die Hohe Vertreterin und den EAD auf, die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in Menschenrechtsangelegenheiten von gemeinsamem Interesse zu koordinieren, wobei aber die EU, um wirksam und glaubwürdig zu sein, völlig unabhängig agieren sollte;
- 13. begrüßt die Entsendung einer hochrangigen Menschenrechtsmission der Vereinten Nationen vom 27. Januar bis 2. Februar 2011 nach Tunesien und tritt nachdrücklich für die uneingeschränkte Umsetzung ihrer Empfehlungen ein; bekräftigt erneut seine Forderung nach der Einrichtung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission, die die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Vorfällen nach dem 17. Dezember 2010 prüfen soll;
- 14. unterstützt die Entsendung einer Mission des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) nach Ägypten, um die allgemeine Menschenrechtslage nach den Änderungen in der Führung des Landes zu untersuchen;
- 15. begrüßt die im Konsens erfolgte Annahme einer Resolution zur Menschenrechtslage in Libyen auf der 15. Sondertagung am 25. Februar, in der die schwerwiegenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen in Libyen verurteilt werden und darauf hingewiesen wird, dass einige dieser Menschenrechtsverletzungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnten; fordert die Entsendung einer unabhängigen internationalen Kommission nach Libyen, um alle angeblichen Verstöße gegen die internationalen Menschenrechtsnormen in dem Land zu untersuchen, und unterstützt nachdrücklich die Empfehlung, die Mitgliedschaft Libyens im UNHRC auszusetzen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Entscheidung der Generalversammlung vom 1. März 2011, die Mitgliedschaft Libyens im UNHRC auszusetzen;
- 16. unterstützt die Eröffnung des Regionalbüros des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte im Mittelmeerraum;
- 17. begrüßt, dass auf Initiative Nigerias und der Vereinigten Staaten die 14. Sondertagung zur Lage der Menschenrechte in Côte d'Ivoire im Zusammenhang mit dem Abschluss der Präsidentschaftswahlen im Jahre 2010 abgehalten wurde, auf der Menschenrechtsverletzungen verurteilt und alle Parteien aufgerufen wurden, die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit in vollem Umfang zu wahren; bekräftigt erneut seine Unterstützung für das Wahlergebnis, wie es von den Vereinten Nationen anerkannt wurde, und fordert alle Akteure auf, die Amtsgewalt von Alassane Ouattara als gewähltem Präsidenten anzuerkennen; unterstützt den Beschluss der Afrikanischen Union, ein Forum der Staatschefs einzurichten, um die Krise nach den Wahlen in Côte d'Ivoire friedlich und auf dem Verhandlungsweg zu bewältigen;
- 18. wiederholt angesichts der Berichte der Sonderberichterstatter zur Lage der Menschenrechte in der Demokratischen Volksrepublik Korea und zur Lage der Menschenrechte in Myanmar/Birma seine Forderung, dass die Europäische Union die Einrichtung von Untersuchungskommissionen der Vereinten Nationen zur Beurteilung der Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern sowie zur Bewertung der Frage, inwieweit diese Menschenrechtsverletzungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, öffentlich unterstützen sollte; bedauert, dass die Demokratische Volksrepublik Korea nicht mit dem Sonderberichterstatter zusammenarbeitet, und ersucht um die Erweiterung des Mandats des Sonderberichterstatters für Myanmar/Birma;
- 19. fordert die EU auf, bei der bevorstehenden Tagung des Menschenrechtsrates aktiv zu einer Resolution in Zusammenhang mit dem Bericht über die Folgemaßnahmen des Ausschusses unabhängiger Sachverständiger im Rahmen der internationalen Erkundungsmission zum Konflikt in Gaza beizutragen und diese Resolution zu unterstützen, damit sichergestellt ist, dass die Verstöße gegen das Völkerrecht geahndet werden, und die Generalversammlung und internationale Gerichtsinstanzen zu befassen, falls Israel und die Palästinenser ihrer Verpflichtung, den internationalen Normen entsprechende Untersuchungen durchzuführen, nicht nachkommen; fordert die Hohe Vertreterin außerdem auf, aktiv zu überwachen, ob den Erkenntnissen im Rahmen der Nachbetrachtung des Berichts der internationalen Erkundungsmission zu dem Vorfall mit der humanitären Flotte Rechnung getragen wurde, womit sichergestellt ist, dass die Grundsätze der Rechenschaftspflicht und der Haftung eingehalten werden; betont in diesem Zusammenhang, dass Menschenrechtsaspekte zuerst im Assoziationsrat EU-Israel und im gemischten Ausschuss EU-Palästinensische Autonomiebehörde diskutiert werden müssen; erklärt sich insbesondere darüber besorgt, dass das Ergebnis der Tagung des Assoziationsrats EU-Israel vom 21. Februar 2011 dem diesbezüglichen Standpunkt der EU nicht Rechnung trägt;
- 20. begrüßt die Erklärungen, die die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte bei ihrem ersten Besuch in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Israel abgegeben hat, insbesondere die deutliche Erklärung, in der sie die israelische Siedlungspolitik kritisiert und feststellt, dass die internationalen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht nicht zur Disposition gestellt werden dürfen; betont die Bedeutung einer friedlichen Demokratisierung des Nahen Ostens;
- 21. bedauert, dass die Mitgliedschaftskriterien des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen gemäß der Resolution 060/251 der Generalversammlung zwar eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Gremium vorsehen, dass die gegenwärtige Praxis freiwilliger Zusagen jedoch nur ausgesprochen ungleiche und unangemessene Ergebnisse gezeitigt hat; bekräftigt deshalb erneut, dass als Mindestbedingung für eine Mitgliedschaft allen Mitgliedern wirksame ständige Einladungen zu Sonderverfahren vorliegen sollten, zusätzlich zu zuverlässigen Nachweisen ihres Einsatzes für die Menschenrechte; betont, dass im Wahlverfahren tatsächlicher Wettbewerb gegeben sein muss; fordert die Abschaffung der Möglichkeit, dass Regionalgruppen eine vorab festgelegte Kandidatenliste für die Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vorlegen;
- 22. fordert die EU-Mitgliedstaaten und den EAD auf, sich aktiv an der Überprüfung des UNHRC im Jahr 2011 zu beteiligen, um für eine bessere Einhaltung seines Mandats zu sorgen; hebt hervor, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen verstärkt den Charakter eines Frühwarnsystems und Vorsorgemechanismus annehmen und zu diesem Zweck die Fachkompetenz aus den Sonderverfahren genutzt werden sollte; betont erneut, dass ein transparenter und allumfassender Überprüfungsprozess erforderlich ist, bei dem den Ansichten nichtstaatlicher Organisationen, der Zivilgesellschaft und aller anderen Beteiligten Rechnung getragen wird; fordert den EAD auf, den Unterausschuss Menschenrechte des Europäischen Parlaments über den Stand der Überprüfung auf dem Laufenden zu halten;
- 23. bekräftigt seinen Standpunkt, dass bei der Überprüfung die Unabhängigkeit des OHCHR gewahrt werden sollte, und wendet sich gegen Versuche, den Status des OHCHR zu ändern, weil sich dies nachteilig auf die Finanzierung und infolgedessen auf seine Unabhängigkeit auswirken könnte; begrüßt die vor Kurzem beschlossene Ernennung eines Assistenten des VN-Generalsekretärs für Menschenrechte, der das OHCHR in New York leiten wird; vertritt die Ansicht, dass dieses neue Amt dazu beitragen wird, die Kontakte, den Dialog und die Transparenz zwischen der VN-Generalversammlung und den anderen VN-Einrichtungen, einschließlich des Sicherheitsrats und des OHCHR zu stärken; betont, dass ausreichende Finanzmittel bereitgestellt werden müssen, damit die regionalen Büros und Außenstellen des OHCHR nicht schließen müssen und ihre Arbeit vor Ort fortsetzen können;
- 24. verlangt, dass die Sonderverfahren gewährleistet und gestärkt werden und dass dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die Möglichkeit garantiert wird, sich mittels Länderresolutionen und Ländermandaten mit konkreten Menschenrechtsverletzungen zu befassen; betont die Bedeutung der Unteilbarkeit der Menschenrechte, unabhängig davon, ob es sich um soziale, wirtschaftliche, kulturelle, bürgerliche oder politische Rechte handelt; stellt mit Besorgnis fest, dass der Beschwerdemechanismus, der einen einzigartigen opferorientierten Mechanismus darstellt, im Verhältnis zu der großen Zahl von eingegangenen Eingaben nur geringfügige Ergebnisse erbracht hat; hebt hervor, dass diese Angelegenheit bei der Überprüfung des UNHRC behandelt werden muss;
Allgemeine regelmäßige Überprüfung (UPR)
- 25. erkennt den zusätzlichen Nutzen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung (UPR) als einer gemeinsamen Erfahrung aller Regierungen an, durch die alle VN-Mitgliedstaaten einer gleichen Behandlung und Kontrolle unterworfen werden, auch wenn die Staaten freiwillig akzeptieren müssen, ihr unterworfen zu werden und den Empfehlungen nachzukommen; weist darauf hin, dass bis Dezember 2011 die Überprüfung aller Mitgliedstaaten der VN im Rahmen dieses Mechanismus abgeschlossen sein wird;
- 26. betrachtet es als wesentlich, dass der Zivilgesellschaft im Menschenrechtsrat Raum gelassen wird, um die Beteiligung der Zivilgesellschaft am Dialog zu intensivieren und dadurch nichtstaatlichen Organisationen neue Möglichkeiten zu eröffnen, mit bestimmten Staaten in einen Dialog zu treten;
- 27. unterstützt die stärkere Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen in die allgemeine regelmäßige Überprüfung, indem ihnen ermöglicht wird, schriftliche Empfehlungen zur Prüfung durch die Arbeitsgruppe abzugeben und an deren Beratungen teilzunehmen;
- 28. nimmt die Möglichkeit zur Kenntnis, die den Staaten durch die allgemeine regelmäßige Überprüfung eingeräumt wird, sich zur Erfüllung ihrer Menschenrechtsverpflichtungen und zur Weiterbehandlung der Ergebnisse der Arbeit von Vertragsorganen und der Sonderverfahren zu verpflichten;
- 29. bekräftigt, dass die Empfehlungen stärker auf Ergebnisse ausgerichtet sein sollten, und fordert, dass unabhängige Sachverständige und nationale Menschenrechtseinrichtungen stärker in die allgemeine regelmäßige Überprüfung einbezogen werden, damit ein wirksamer Weiterbehandlungsmechanismus gewährleistet ist; ist der Ansicht, dass unabhängiges Fachwissen in die UPR einbezogen werden kann, indem das Überprüfungsverfahren von Sachverständigen beobachtet wird, die bei der Verabschiedung des Abschlussberichts eine Zusammenfassung und eine Analyse der UPR vorlegen;
- 30. bedauert, dass die erste Überprüfung bestimmter Länder den Erwartungen eines transparenten, nicht selektiven und nicht konfrontativen Verfahrens nicht entsprochen hat; würdigt in diesem Zusammenhang die Rolle, die EU-Mitgliedstaaten bei dem Versuch gespielt haben, das "Blockdenken" aufzubrechen; er legt den EU-Mitgliedstaaten nahe, technische Hilfe zu leisten und damit zu einer Umsetzung der Empfehlungen beizutragen;
- 31. fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, auch weiterhin an der Überprüfung des UNHRC mitzuwirken, um sicherzustellen, dass keine Lücke zwischen dem ersten und zweiten UPR-Zyklus klafft und dass sich der zweite Zyklus auf die Umsetzung und die Weiterbehandlung der Empfehlungen konzentriert; teilt die Auffassung, dass alle Staaten, bei denen eine allgemeine regelmäßige Überprüfung vorgenommen wurde, eine klare Antwort auf jede einzelne Empfehlung geben und Zeitpläne für die Umsetzung der Empfehlungen der Arbeitsgruppe vorlegen sollten; stellt fest, dass die Vorlage eines Zwischenberichts über den Stand der Umsetzung dem Verfahren dienlich sein kann;
Sonderverfahren
- 32. weist erneut darauf hin, dass Sonderverfahren zum Kern des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen gehören und dass die Glaubwürdigkeit und der Erfolg des Menschenrechtsrates in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte von der Zusammenarbeit im Rahmen der Sonderverfahren und ihrer vollständigen Umsetzung abhängen; betont in diesem Zusammenhang, dass die Stärkung der Unabhängigkeit der Sonderverfahren und ihres Zusammenspiels mit dem Menschenrechtsrat von grundlegender Bedeutung ist;
- 33. verurteilt das Bestreben, die Unabhängigkeit der Sonderverfahren zu schwächen, indem Regierungen die Aufsicht über die Sonderverfahren ausüben; betont, dass jegliche Kontrolle die Wirksamkeit des Systems politischen Einflüssen aussetzen und sie beschädigen würde;
- 34. erachtet die Sonderverfahren zu länderspezifischen Situationen als ein wesentliches Instrument zur Verbesserung der Menschenrechtslage vor Ort; hebt hervor, dass Ländermandate aufgrund wesentlicher Faktoren wie der Periodizität und des Fachwissens, auf das sie sich stützen, nicht durch die UPR ersetzt werden können;
- 35. fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, die Integrität und die Rechenschaftspflicht des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen bei der Überprüfung zu verteidigen, indem sie die Einrichtung von Weiterbehandlungsmechanismen zur Umsetzung von Empfehlungen aus den Sonderverfahren neben der Annahme von Auswahlkriterien und einem transparenteren Ernennungsverfahren auf der Grundlage der Biografie, Fähigkeiten, Qualifikationen und Erfahrung der Kandidaten unterstützen; befürwortet den Vorschlag nichtstaatlicher Organisationen, die Frühwarnkapazitäten der Sonderverfahren mittels eines Mechanismus zu stärken, mit dem sie eine automatische Prüfung der Lage durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen auslösen können;
Mitwirkung der Europäischen Union
- 36. begrüßt die Teilnahme der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission an der 16. Tagung des UNHRC;
- 37. dringt darauf, dass der EAD und insbesondere die EU-Delegationen in Genf und New York die Kohärenz, Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit der Tätigkeiten der EU im UNHRC erhöhen, indem sie regionenübergreifende Kontakte und Kooperationen ausbauen und vor allem Lobbyarbeit gegenüber den gemäßigten Staaten in allen Gremien betreiben;
- 38. bekräftigt in diesem Zusammenhang seinen Standpunkt zu dem Konzept der Diffamierung von Religionen und vertritt die Auffassung, dass das Problem der Diskriminierung religiöser Minderheiten zwar sehr wohl in vollem Umfang behandelt werden muss, dass aber die Aufnahme dieses Konzepts in das Protokoll über zusätzliche Standards zu Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und allen Formen der Diskriminierung nicht sachgerecht ist; begrüßt die von der EU-Delegation organisierte Nebenveranstaltung anlässlich des 25. Jahrestags der Einrichtung des Mandats des Sonderberichterstatters über Religions- und Glaubensfreiheit; fordert die EU auf, mit den Hauptunterstützern der Resolution und anderen Akteuren nach einer Alternative zu der Resolution zu Diffamierung zu suchen, die vorgelegt werden wird;
- 39. unterstützt die regionenübergreifende Erklärung, die zu den Rechten von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen abgegeben wird;
- 40. bekräftigt seine Unterstützung für die aktive Teilhabe der EU an der Arbeit des UNHRC seit seiner Gründung, die darin besteht, allein oder gemeinsam mit anderen Resolutionen einzubringen, Erklärungen abzugeben und sich an konstruktiven Dialogen und Debatten zu beteiligen; würdigt die Zusagen der EU, die Lage in bestimmten Ländern im UNHRC anzusprechen, und hält es für wichtig, diese Zusagen auch konsequent einzuhalten;
- 41. unterstützt die gemeinsame Initiative der EU und der Gruppe der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (GRULAC) für eine Resolution zu Kindern, die auf der Straße leben und arbeiten;
- 42. fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um alle Mandate der Sonderverfahren zu erhalten, und fordert insbesondere eine Verlängerung des Mandats des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über die Lage von Menschenrechtsverteidigern;
- 43. bedauert, dass die EU bei ihren Bemühungen um einen Konsens nebenbei oftmals auch den Anschein erweckt, ihre ehrgeizigen Ziele zu verwässern, und ist der Überzeugung, dass die EU viel beherzter vorgehen sollte, wenn sie Länderresolutionen einbringt oder sich ihnen anschließt;
- 44. stellt mit Sorge fest, dass die EU bislang nicht in der Lage gewesen ist, im Gesamtsystem der Vereinten Nationen wirksam Einfluss auszuüben; betont, dass die EU den Menschenrechtsrat vorrangig behandeln und eine bessere Abstimmung unter den Mitgliedstaaten herbeiführen muss, und fordert den Rat auf, Leitlinien zu beschließen, die die Abstimmung und Entscheidungsfindung in diesem Zusammenhang erleichtern, und sich um Koalitionen und Bündnisse mit wichtigen regionalen Partnern und allen gemäßigten Staaten zu bemühen, um das Blockdenken innerhalb des Menschenrechtsrates zu überwinden;
- 45. weist darauf hin, dass in praktischer Hinsicht eine größere, gut ausgestattete EU-Delegation in Genf und New York von großer Bedeutung ist; betont, dass das Geschehen in Genf und New York ein wesentlicher Bestandteil der EU-Außenpolitik sein muss, wobei der Schwerpunkt auf einer verbesserten internen Abstimmung liegt, und betont die Notwendigkeit eines guten Zusammenspiels der bilateralen und der multilateralen Ebene;
- 46. bedauert, dass die von der EU im September 2010 in der Vollversammlung der Vereinten Nationen eingebrachte Resolution mit dem Ziel, ihren Status zu stärken und somit dem neuen institutionellen Gefüge aufgrund des Vertrags von Lissabon gerecht zu werden, vertagt worden ist; weist darauf hin, dass es dieser gestärkte Status der EU ermöglichen würde, von einem ständigen Amtsinhaber (dem Präsidenten des Europäischen Rates und/oder der Hohen Vertreterin) vertreten zu werden und mit einer Stimme zu sprechen, wodurch sich die Präsenz und der Einfluss der EU als globaler Akteur erhöhen würde; dringt darauf, dass sich die spezielle " Task Force" des EAD weiter um eine Annahme der Resolution in enger Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedsstaaten bemüht;
- 47. beauftragt seine Delegation bei der 16. Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, die in dieser Entschließung dargelegten Bedenken zu äußern; fordert die Delegation auf, dem Unterausschuss Menschenrechte über ihren Besuch Bericht zu erstatten, und hält es für unbedingt notwendig, dass auch in Zukunft Delegationen des Europäischen Parlaments zu den einschlägigen Sitzungen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen entsandt werden;
- 48. bekräftigt seine Aufforderung an die Mitgliedstaaten der EU, dafür Sorge zu tragen, dass sie die Menschenrechte auch im innenpolitischen Handeln achten, damit nicht mit zweierlei Maß gemessen wird, zumal die EU derzeit das Verfahren des Beitritts zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) durchläuft und ein Scheitern des Beitritts die Position der EU im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen grundlegend schwächen könnte;
- 49. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem VN-Sicherheitsrat, dem VN-Generalsekretär, dem Präsidenten der 64. VN-Generalversammlung, dem Präsidenten des VN-Menschenrechtsrates, der Hohen Kommissarin der VN für Menschenrechte und der vom Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten geschaffenen Arbeitsgruppe EU-VN zu übermitteln.
- 1. Angenommene Texte, P7TA(2010)0036.
- 2. Angenommene Texte, P6_TA(2009)0021.
- 3. AngenommeneTexte, P6_TA(2006)0097.
- 45. Angenommene Texte, P6_TA(2005)0237.
- 67. Angenommene Texte, P7TA(2010)0489.
- 1. Artikel 2, Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu Pakistan, insbesondere zu dem Mord an Shahbaz Bhatti
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Menschenrechten und Demokratie in Pakistan, insbesondere die Entschließung vom 20. Januar 20111 sowie die Entschließungen vom 20. Mai 20102, vom 12. Juli 20073, 25. Oktober 20074, und 15. November 20075,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2010 zu dem Jahresbericht zu Menschenrechten in der Welt 2009 und zu der Politik der Europäischen Union6 in diesem Bereich,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 21. Februar 2011, die das Thema Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt aufgrund der Religion oder der Überzeugung betreffen,
- - in Kenntnis der Erklärung der Hohen Vertreterin der EU, Catherine Ashton, vom 2. März 2011 zu dem Mord an Shahbaz Bhatti, Minister der pakistanischen Regierung für Minderheiten,
- - unter Hinweis auf die Erklärung seines Präsidenten Jerzy Buzek vom 2. März 2011,
- - unter Hinweis auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte,
- - unter Hinweis auf die VN-Erklärung über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung von 1981,
- - unter Hinweis auf Artikel 19 der Verfassung Pakistans, der die Redefreiheit betrifft, - gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. unter Hinweis darauf, dass der pakistanische Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, am 2. März 2011 von bewaffneten Männern umgebracht wurde, die sein Fahrzeug unter Beschuss nahmen, als er in der Hauptstadt Islamabad zur Arbeit fuhr, und dass eine Gruppe, die sich Tehreeke-Taliban Punjab (Bewegung der Taliban Punjab) nennt, die Verantwortung für diesen Mord auf sich genommen und erklärt hat, der Minister sei wegen seiner Haltung zu den Blasphemiegesetzen getötet worden,
B. unter Hinweis darauf, dass Bhatti trotz der mehrfachen Morddrohungen islamistischer Gruppierungen der gezielte Antrag, einen kugelsicheren Dienstwagen und einen Personenschutz seines Vertrauens einsetzen zu dürfen, von der pakistanischen Staatsführung abgelehnt wurde,
C. unter Hinweis darauf, dass Shahbaz Bhatti das einzige christliche Mitglied des pakistanischen Kabinetts und einer wenigen führenden Politiker des Landes war, die den Mut hatten, gegen die genannten Gesetze und die dadurch begünstigten Ungerechtigkeiten zu kämpfen,
D. unter Hinweis darauf, dass dieser Mord erst zwei Monate nach dem Mord an Salman Taseer geschah, dem Gouverneur der Provinz Punjab, der von einem Mitglied seiner eigenen Sicherheitsleute getötet wurde, das mit seiner Ablehnung der pakistanischen Blasphemiegesetze nicht einverstanden war,
E. unter Hinweis darauf, dass am 1. März 2011 ein dritter prominenter pakistanischer Menschenrechtsaktivist, Naeem Sabir Jamaldini, Koordinator der pakistanischen Menschenrechtskommission, der besonders tatkräftig gegen die Menschenrechtsverletzungen in der Region Belutschistan vorgegangen war, ebenfalls umgebracht wurde,
F. unter Hinweis darauf, dass Berichten zufolge gegen die ehemalige pakistanische Ministerin, Reformpolitikerin und bekannte Journalistin Sherry Rehman eine Fatwa ausgerufen wurde, in der sie als nächstes Ziel für ein Attentat genannt wird,
G. unter Hinweis darauf, dass Minister Bhatti und Gouverneur Taseer lediglich die erklärte Haltung der regierenden PPP (Pakistan People's Party) bekräftigt haben und dass die Regierung Gilani am 30. Dezember 2010, als sie öffentlich von ihrer in einem Manifest erklärten Absicht zur Überarbeitung der Blasphemiegesetze abrückte, die Reformbefürworter der Isolierung und fortgesetzten Anfeindungen radikaler religiöser Führer und militanter Extremistengruppen preisgab, die Personen mit anderer Haltung einschüchtern, bedrohen und umbringen,
H. in der Erwägung, dass Politiker, Parteien und Vertreter der Medien und der Zivilgesellschaft, wie Aktivisten für Frauen- und Menschenrechte, immer wieder eingeschüchtert und sogar ermordet werden und dass dadurch die öffentliche Debatte über die Blasphemiegesetze zunehmend unterdrückt wird,
I. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 3 Absatz 5 des Vertrags über die Europäische Union die Förderung der Demokratie sowie die Achtung der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten zu den Grundprinzipien und Zielen der Europäischen Union gehören und gemeinsam die Grundlage für ihre Beziehungen mit Drittstaaten bilden und in der Erwägung, dass die EU entwicklungspolitische Unterstützung nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten geachtet werden,
- 1. verurteilt mit allem Nachdruck den brutalen Mord an dem Minister für Minderheiten der pakistanischen Regierung, Shahbaz Bhatti, vom 2. März 2011, spricht den Angehörigen und Freunden des Opfers und dem pakistanischen Volk seine tiefempfundene Anteilnahme aus und erklärt sich solidarisch mit all denjenigen, die weiterhin bedroht werden und dennoch ihre Stimme erheben;
- 2. gibt seiner Anerkennung für Minister Shahbaz Bhattis Mut und sein dessen offenem Eintreten für Gerechtigkeit, Dialog zwischen den Glaubensrichtungen und Religions- und Glaubensfreiheit in Pakistan Ausdruck, und würdigt, dass er sich trotz anhaltender Bedrohung und der ungeheueren persönlichen Risiken auch für Asia Bibi, die wegen Gotteslästerung zum Tod verurteilte Christin und Mutter von fünf Kindern, eingesetzt hat;
- 3. würdigt das Eintreten von Minister Shahbaz Bhatti für den Kampf gegen die Blasphemiegesetze und die von ihnen begünstigten Ungerechtigkeiten; spricht seine Anerkennung für die Fortschritte aus, die während seiner Amtszeit gemacht wurden und zu denen bedeutende, diskrete Verhandlungen über mögliche Änderungen dieser Gesetze gehörten;
- 4. weist darauf hin, dass es im Unterschied zu der schwachen Reaktion der Öffentlichkeit auf den Mord an Gouverneur Salman Taseer eine allgemeine Missbilligung des Mordes an Minister Shahbaz Bhatti in beiden politischen Lagern, in den Medien und im gesamten religiösen und ethnischen Spektrum der pakistanischen Gesellschaft gegeben hat; gibt der Hoffnung Ausdruck, dass diese Empörung zu einer Solidarisierung all derjenigen beitragen wird, die die in der Verfassung Pakistans verankerten demokratischen Werte wahren wollen;
- 5. fordert die pakistanische Regierung auf, alle Aspekte des Mordes an Shahbaz Bhatti genau untersuchen zu lassen, alle an diesem Verbrechen Beteiligten unter strenger Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze umgehend vor Gericht zu bringen und für die zügige und gerechte Strafverfolgung des Mörders von Gouverneur Salman Taseer zu sorgen;
- 6. fordert die Regierung Pakistans auf, die Maßnahmen für die Sicherheit von Kabinettsmitgliedern und Personen zu verbessern, die von religiösen Extremisten und Terroristen konkret bedroht werden, wie der frühere Informationsminister Sherry Rehman und Anwälte, die in Verfahren wegen Gotteslästerung als Verteidiger agieren;
- 7. legt der Regierung Pakistans nahe, unverzüglich einen neuen Minister für Minderheiten zu ernennen, und bekräftigt seinen Standpunkt, dass diese Person ein starker und neutraler Vertreter einer Minderheit sein sollte;
- 8. legt der Regierung Pakistans nahe, das Ministerium für Minderheiten bei der Fortführung der Arbeit und der Verfolgung der Vision von Shahbaz Bhatti zu unterstützen, besonders beim landesweiten Dialog auf Landesebene zwischen Religionsführern und bei den auf örtlicher Ebene ansetzenden Vorhaben der Bezirksausschüsse für Harmonie zwischen den religiösen Gruppierungen;
- 9. wiederholt seinen dringenden Aufruf an die Regierung Pakistans, sämtliche politischen Parteien, die Zivilgesellschaft und die Medien, zusammenzuhalten und die extremistischen Angriffe abzuwehren; gibt der Hoffnung Ausdruck, dass die Regierung Pakistans der ethnischen und der religiösen Vielfalt in der pakistanischen Gesellschaft sowohl durch ihre Zusammensetzung als auch durch ihr Handeln Rechnung tragen wird;
- 10. ruft zu einer zügigen und zweckmäßigen politischen Abkehr von der Beschwichtigung solcher Extremisten auf, die vom Militär, von der Justiz, von den Medien und von der Politik gemeinsam getragen werden sollte, nachdem der Status quo sich derart dramatisch ausgewirkt hat; fordert die Regierung Pakistans auf, nicht zuzulassen, dass die Stimmen, die sich für religiöse Toleranz und die Achtung der universellen Menschenrechtsgrundsätze in Pakistan aussprechen, von Extremisten zum Schweigen gebracht werden;
- 11. erklärt sich zutiefst besorgt über das Klima der Intoleranz und Gewalt und fordert die Regierung Pakistans auf, Menschen, die andere zu Gewalthandlungen in Pakistan aufhetzen, strafrechtlich zu verfolgen, besonders die, die zur Tötung von andersdenkenden Personen und Gruppen aufrufen und in Einzelfällen Belohnungen dafür anbieten, und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Debatte hierüber zu erleichtern;
- 12. lobt insbesondere die Bemühungen des ehemaligen Ministers Sherry Rehman und des verstorbenen Ministers für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, um die Änderung der Blasphemiegesetze zu dem Zweck, deren Missbrauch zu unterbinden, und fordert die Regierung auf, diese Gesetze und sonstige diskriminierende Vorschriften aufzuheben, unter anderem Paragraf 295(B) und C des Strafgesetzbuchs, die ein Erbe überkommener Zeiten sind; fordert die Regierung Pakistans zudem auf, geltende Vorschriften wie Artikel 137 des Strafgesetzbuchs, der Hasspredigten unter Strafe stellt, durchzusetzen;
- 13. fordert die zuständigen Institutionen der EU auf, die religiöse Toleranz in der Gesellschaft im Dialog mit Pakistan zu thematisieren, weil dieses Thema von zentraler Bedeutung für den langfristigen Kampf gegen religiösen Extremismus ist;
- 14. empfiehlt der EU, die Regierung Pakistans zu einem jährlich stattfindenden Runden Tisch einzuladen, der sich mit der Situation der Minderheiten in Pakistan befasst, und das Europäische Parlament an der Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltung zu beteiligen;
- 15. fordert die zuständigen Institutionen der EU auf, die finanzielle Unterstützung für Menschenrechtsorganisationen und -aktivisten fortzusetzen und praktische Maßnahmen zur Unterstützung des wachsenden Engagements der Zivilgesellschaft in Pakistan gegen die Blasphemiegesetze und andere diskriminierende Rechtsvorschriften zu skizzieren;
- 16. begrüßt die aktuellen Erklärungen des Rates zu Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen, in denen die Stärkung der Maßnahmen der EU auf diesem Gebiet in Aussicht genommen wird; fordert die zuständigen Institutionen der EU auf, das Problem der religiös motivierten Verfolgung in aller Welt aktiv zur Sprache zu bringen;
- 17. fordert die zuständigen Institutionen der EU auf zu prüfen, ob das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) eingesetzt werden kann, um weltweit Aktionen zur Bekämpfung von Intoleranz, Extremismus und diskriminierenden Rechtsvorschriften, die religiös motiviert sind, zu finanzieren; wiederholt seine Aufforderung an die Hohe Vertreterin, in der Menschenrechtsdirektion des Europäischen Auswärtigen Dienstes eine ständige Stelle zu schaffen, die die Situation in Bezug auf von Staat oder Gesellschaft ausgehende Einschränkungen der Gewissensfreiheit und damit zusammenhängender Rechte beobachtet;
- 18. fordert die zuständigen Institutionen der EU auf, der Regierung Pakistans nahezulegen, ein eigenes Menschenrechtsministerium einzurichten und eine sinnvoll tätige, unabhängige und neutrale nationale Menschenrechtskommission einzusetzen;
- 19. fordert die zuständigen Institutionen der EU auf, zu verlangen, dass die Regierung Pakistans sich an die Demokratie- und Menschenrechtsklausel des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Islamischen Republik Pakistan hält; fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, einen Bericht über die Umsetzung des Kooperationsabkommens und die Demokratie- und Menschenrechtsklausel vorzulegen;
- 20. weist darauf hin, dass Pakistan als Unterzeichnerstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte bestimmte Verpflichtungen hat, und fordert die zuständigen Behörden Pakistans auf, ein Verfahren der Überprüfung des Geltungsbereichs der pauschalen Vorbehalte gegen diesen Pakt einzuleiten, die teilweise Rechte, die in der pakistanischen Verfassung verankert sind, einschränken oder dem Primat des internationalen Rechts gegenüber dem innerstaatlichen Recht widersprechen; vertritt die Überzeugung, dass die Art und Weise, in der die Blasphemiegesetze gegenwärtige angewendet werden, diese Verpflichtungen eindeutig verletzt, und fordert den EAD auf, diesen Umstand zu berücksichtigen, wenn er die mögliche Anwendung des Systems APS+ auf Pakistan ab 2013 prüft, und ihm hierüber zu berichten;
- 21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament Pakistans zu übermitteln.
- 1. Angenommene Texte, P7_TA(2011)0026.
- 2. Angenommene Texte, P7TA(2010)0194.
- 3. Angenommene Texte, P7_TA(2007)0351.
- 4. Angenommene Texte, P7_TA(2007)0489.
- 5. Angenommene Texte, P7_TA(2007)0536.
- 6. Angenommene Texte, P7TA(2010)0489.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu Belarus (insbesondere zu den Fällen Ales Michalewitsch und Natallja Radsina)
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Belarus, insbesondere die Entschließungen vom 20. Januar 20111, vom 17. Dezember 20092 und vom 22. Mai 20083,
- - unter Hinweis auf die am 18. Februar 2011 in Brüssel abgegebene Erklärung der Hohen Vertreterin der EU, Catherine Ashton, zu dem gegen einen Vertreter der belarussischen Opposition ergangenen Urteil und dem Strafmaß, das gegen ihn verhängt wurde,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Belarus, die auf der 3065. Tagung des Rates "Auswärtige Angelegenheiten" vom 31. Januar 2011 in Brüssel angenommen wurden,
- - unter Hinweis auf den Beschluss 2011/69/GASP des Rates vom 31. Januar 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/639/GASP des Rates über restriktive Maßnahmen gegen einzelne belarussische Amtsträger,
- - unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Antifolterkonvention), dessen Vertragsstaat Belarus ist,
- - unter Hinweis auf die von den Vereinten Nationen angenommenen Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen,
- - unter Hinweis auf die 2001 angenommenen und 2008 überarbeiteten Leitlinien für die Politik der EU gegenüber Drittländern hinsichtlich Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
- - unter Hinweis auf die Entschließung 1790 (2011) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 27. Januar 2011 zu der Lage in Belarus nach den Präsidentschaftswahlen,
- - unter Hinweis auf den Bericht von Amnesty International vom 2. Februar 2011 mit dem Titel "Security, Peace and Order" Violations in the wake of elections in Belarus" (Sicherheit, Frieden und Ordnung" Gewalt nach den Wahlen in Belarus),
- - gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass zahlreiche Vertreter der Opposition, darunter frühere Präsidentschaftskandidaten, Journalisten und Menschenrechtsverteidiger, nach den Ereignissen des 19. Dezember 2010 in Minsk festgenommen wurden und seither im Untersuchungsgefängnis des KGB inhaftiert sind, und in der Erwägung, dass nach wie vor Unterdrückungsmaßnahmen und politisch motivierte Prozesse gegen Vertreter der Opposition und Menschenrechtsverteidiger durchgeführt werden und unterdessen über 40 Personen angeklagt und ihnen Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren drohen,
B. in der Erwägung, dass die Staatsanwaltschaft der Stadt Minsk den Untersuchungszeitraum in einem sogenannten Fall von Massenaufruhr in Verbindung mit den Ereignissen des 19. Dezember 2010 auf fünf Monate verlängert hat und dass die Prozesse gegen Präsidentschaftskandidaten, Anhänger der Opposition, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten, die im Zusammenhang mit diesem Fall eingeleitet wurden, politisch motiviert waren,
C. in der Erwägung, dass im Zusammenhang mit den Demonstrationen vom 19. Dezember 2010 Aljaksandr Atroschtschankau, Aljaksandr Maltschanau, Dsmitry Nowik und Wassil Parfjankou, die den Wahlkampfteams von Uladsimir Njakljajeu und Andrej Sannikau, zwei Kandidaten der demokratischen Opposition, angehört haben, zu drei bis vier Jahren Freiheitsstrafe in einer Hochsicherheitsstrafkolonie verurteilt wurden und dass - wie ihre Rechtsanwälte festgestellt haben - die Behörden ihnen keine Schuld nachweisen konnten,
D. in der Erwägung, dass ihren Rechtsanwälten wiederholt Treffen mit ihnen verweigert wurden, dass die Rechtsanwälte infolge von Bedrohungen durch das KGB gezwungen waren, ihr Mandat zurückzugeben, und dass das Justizministerium ihnen anschließend die Zulassung entzogen hat,
E. in der Erwägung, dass Ales Michalewitsch, ein früherer Präsidentschaftskandidat, der nach den Protesten im Anschluss an die Wahlen festgenommen worden war, erst am 26. Februar 2011 freigelassen worden ist, nachdem er eine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit dem belarussischen KGB unterzeichnet hatte, die er inzwischen öffentlich widerrufen hat,
F. in der Erwägung, dass Ales Michalewitsch am 28. Februar 2011 eine Erklärung veröffentlicht hat, in der er Rechenschaft über die psychische und physische Folter ablegt, der die politischen Gefangenen ausgesetzt waren, um sie dazu zu zwingen, zu gestehen und die Beweise ihrer Schuld anzuerkennen,
G. in der Erwägung, dass auch Natallja Radsina, die Betreiberin der Oppositionswebsite "Charter"97", im Dezember 2010 festgenommen und beschuldigt wurde, Massenunruhen nach den Präsidentschaftswahlen organisiert und sich daran beteiligt zu haben, und in der Erwägung, dass Natallja Radsina aus dem Untersuchungsgefängnis des KGB freigelassen, ihr aber bis zum Abschluss der einschlägigen Ermittlungen untersagt wurde, ihre Heimatstadt zu verlassen,
H. in der Erwägung, dass Natallja Radsina nach ihrer Freilassung erklärt hat, KGB-Offiziere hätten in der Haft psychologischen Druck auf sie ausgeübt und versucht, sie als Informantin des KGB anzuwerben, und in der Erwägung, dass ihre Erklärung die Berichte politischer Gefangener über Folter im Gefängnis des KGB in Minsk erhärtet,
I. in der Erwägung, dass der Staatssicherheitsrat von Belarus den Einsatz von Folter gegen Gefangene im Untersuchungsgefängnis des KGB bestritten hat,
- 1. missbilligt die fehlende Achtung der Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung durch die belarussischen Behörden und fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller inhaftierten Demonstranten sowie die Aufhebung aller gegen sie erhobenen politisch motivierten Anklagen;
- 2. verurteilt auf das Schärfste den Einsatz von Folter gegen Gefangene als unmenschliche Behandlung, die völkerrechtlich eindeutig verboten und in einem europäischen Land in unmittelbarer Nachbarschaft der EU vollkommen untragbar ist;
- 3. missbilligt das hohe Strafmaß, das unlängst gegen junge Oppositionelle einzig und allein wegen der Teilnahme an den Demonstrationen des 19. Dezember verhängt wurde, als eklatante und schwerwiegende Verletzung ihrer politischen und bürgerlichen Rechte und als offenkundige Verletzung internationaler Übereinkommen, dessen Vertragspartei Belarus ist;
- 4. prangert das Klima der Angst und Einschüchterung an, dem politische Gegner in Belarus ausgesetzt sind; verurteilt die Unterdrückungsmaßnahmen und Übergriffe gegen Bürgerrechtler, zu denen es im Anschluss an den Wahltag kam, wie etwa die massenhaft durchgeführten Durchsuchungen von Privatwohnungen und von Büros von Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft, sowie Verweise von Hochschulen und Entlassungen aus Betrieben; fordert die Behörden auf, die Meinungsfreiheit und den Medienpluralismus in Belarus zu achten;
- 5. fordert Belarus nachdrücklich auf, die Rechtsstaatlichkeit, internationale Übereinkommen und innerstaatliche Rechtsvorschriften über die angemessene Behandlung von Gefangenen und deren ungehinderten Zugang zu Familienangehörigen, einem Rechtsbeistand und medizinischer Betreuung zu achten und die ständige Schikanierung von politischen Gegnern, Menschenrechtsverteidigern und unabhängigen Medien zu beenden;
- 6. verurteilt die Entscheidung des Anwaltskollegiums der Stadt Minsk, einigen der Anwälte, die ein Mandat einer der in einer Strafsache wegen Massenaufruhrs angeklagten Personen übernommen haben, darunter Aleh Ahejeu, Pawel Sapelka, Tazzjana Ahejewa, Uladsimir Touszik und Tamara Harajewa, die Zulassung zu entziehen, und fordert das Anwaltskollegium der Stadt Minsk auf, diese Entscheidung zurückzunehmen;
- 7. missbilligt die Entlassung von Aljaksandr Pyltschanka, dem Vorsitzenden der Anwaltskammer der Stadt Minsk, durch den Justizminister, nachdem Pyltschanka Bedenken gegen die Entscheidung des Ministeriums geäußert hatte, vier Anwälten, die ein Mandat in einem sogenannten Fall von Aufruhr übernommen hatten, die Zulassung zu entziehen, und diese Entscheidung als haltlos und als Beweis dafür bezeichnet hatte, dass die Unabhängigkeit der Justiz und jedes einzelnen Rechtsanwalts faktisch bedroht ist;
- 8. fordert die belarussischen Behörden auf, unverzüglich eingehende und unparteiische Ermittlungen im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Folter politischer Gefangener durchzuführen und die an diesen Praktiken beteiligten Personen zu ermitteln und strafrechtlich zu belangen;
- 9. fordert die belarussischen Behörden auf, das Gesetz über öffentliche Veranstaltungen zu überarbeiten und mit den Anforderungen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte in Einklang zu bringen;
- 10. fordert den Rat, die Kommission, die Hohe Vertreterin der EU und andere EU-Partnerländer auf, zu prüfen, ob die restriktiven Maßnahmen auf Staatsanwälte, Richter und Vertreter des KGB, die an Menschenrechtsverletzungen in Belarus beteiligt sind, ausgedehnt werden sollten, es sei denn, die Repressionen in Belarus werden unverzüglich beendet und es werden erhebliche Fortschritte in den Bereichen Menschenrechte und Grundfreiheiten erzielt; vertritt die Auffassung, dass der Rat die Möglichkeit prüfen sollte, präzise und gezielte Wirtschaftssanktionen gegen staatliche Unternehmen in Belarus einzuführen;
- 11. begrüßt die Zusagen neun weiterer Länder, nämlich Kroatiens, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Montenegros, Bosnien und Herzegowinas, Serbiens, Islands, Liechtensteins und Norwegens, restriktive Maßnahmen gegen einzelne belarussische Amtsträger zu verhängen;
- 12. bekräftigt, dass der Prozess des Miteinanders zwischen der Europäischen Union und Belarus, darunter auch die Beteiligung von Belarus an der Östlichen Partnerschaft, ausgesetzt wird, bis die belarussische Regierung unverzüglich Schritte auf dem Weg zur Demokratisierung und zur Achtung der Menschenrechte unternimmt;
- 13. betont, dass die EU ungeachtet der politischen Konsequenzen für die Beziehungen zwischen der EU und Belarus, nachdem man dort nach den Präsidentschaftswahlen rigoros gegen die Opposition vorgegangen ist, ihre Unterstützung für die belarussische Zivilgesellschaft intensivieren muss, auch in Form von Erleichterungen bei der Visumvergabe;
- 14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten, den parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarats und dem Parlament und der Regierung von Belarus zu übermitteln.
- 1. Angenommene Texte, P7TA(2011)0022.
- 2. ABl. C 286E vom 22.10.2010, S. 16.
- 3. ABl. C 279E vom 19.11.2009, S. 113.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu der Lage und dem Kulturerbe in Kaschgar (Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang, VR China)
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu China, vor allem die Entschließungen zu den Menschen- und Minderheitenrechten, insbesondere vom 26. November 2009 und 24. November 2010,
- - unter Hinweis auf das 13. Gipfeltreffen EU-China vom 6. Oktober 2010 in Brüssel, zu dem das erste Hochrangige Kulturforum EU-China gehörte, mit dem der Kulturdialog zwischen der EU und China und die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gestärkt werden soll,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, die von der Generalversammlung per Resolution Nr. 047/135 vom 18. Dezember 1992 verabschiedet wurde und die vorschreibt, dass die "Staaten ( ... ) die Existenz und die nationale oder ethnische, kulturelle, religiöse und sprachliche Identität der Minderheiten in ihrem Hoheitsgebiet [schützen]",
- - unter Hinweis auf die Artikel 4, 22 und 119 der Verfassung der Volksrepublik China, die vorsehen, dass der Staat die kulturelle Entwicklung der von Minderheitennationalitäten bewohnten Gebiete unterstützt und wertvolle Kulturdenkmäler und Relikte schützt und das kulturelle Erbe der Nationalitäten geschützt wird,
- - gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die chinesische Regierung im Jahr 2009 ein Städtebauprogramm in Höhe von 500 Millionen US-Dollar mit der Bezeichnung "Sanierung baufälliger Häuser in Kaschgar" angekündigt hat und die an der Seidenstraße gelegene alte Stadt Kaschgar dadurch seit 2009 Schritt für Schritt zerstört wird, da geplant ist, 85 Prozent der traditionellen Altstadt abzureißen, durch moderne Wohnblocks zu ersetzen und die letzten historischen Überbleibsel der Stadt in gemischt sino-uigurische Touristenorte zu verwandeln,
B. in der Erwägung, dass die Regierung in Peking die Stadt Kaschgar nach wie vor daran hindert, bei der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) den Status als Welterbe zu beantragen, so auch im Rahmen des geplanten länderübergreifenden Antrags auf Schutz mehrerer Kulturstätten entlang der Seidenstraße in Zentralasien,< /p>
C. in der Erwägung, dass die Stadt Kaschgar als uraltes Handels- und Touristenzentrum eine weltweit bedeutsame Stätte mit einem einzigartigen architektonischen Erbe von historischer und geografischer Bedeutung ist,
D. in der Erwägung, dass Kaschgar für die kulturelle Identität der in der Region ansässigen Bevölkerungsgruppen der Uiguren und der Hui wie auch für die kulturelle Vielfalt Chinas von hohem symbolischem Wert ist,
E. in der Erwägung, dass sich aus der Begründung des Sanierungsprogramms, es handele sich dabei um Baumaßnahmen für den Erdbebenschutz, nicht ergibt, dass traditionelle Gebäude vollständig abgerissen werden müssen, sondern auch unter Bewahrung des kulturellen Erbes saniert werden könnte,
F. in der Erwägung, dass die Regierung in Peking in anderen Teilen Chinas im Rahmen ihrer unterschiedlichen lokalen "Entwicklungspläne" eine Modernisierung mit der Abrissbirne betrieben hat, bei der historische Gebäude unwiederbringlich zerstört und die Bewohner umgesiedelt wurden, ohne dass dabei auf den Verlust eines unschätzbaren historischen und kulturellen Erbes Rücksicht genommen oder einer Erhaltung wichtiger Gebäude und bedeutender Architektur in denkmalgeschützten Gebieten oder in Museen Vorrang eingeräumt worden wäre, damit Zeugnisse der Jahrtausende währenden historischen und kulturellen Entwicklung Chinas für künftige Generationen und die ganze Welt erhalten bleiben,
G. in der Erwägung, dass die Regierung in Peking fortwährend eine repressive Politik gegenüber Volksgruppen und deren Kultur im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang betreibt, die in der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste von Uiguren bei den Unruhen im Jahr 2009 in Urumtschi einen traurigen Höhepunkt erreicht haben,
H. in der Erwägung, dass die Bevölkerungsgruppen der Uiguren und der Hui unter anhaltenden Menschenrechtsverletzungen zu leiden haben und dass vielen von ihnen eine angemessene politische Vertretung und kulturelle Selbstbestimmung vorenthalten wird,
- 1. fordert die chinesische Regierung auf, die kulturelle Zerstörung des architektonischen Erbes von Kaschgar umgehend zu beenden und Sachverständige damit zu beauftragen, eingehend Sanierungsmethoden zu prüfen, mit denen das kulturelle Erbe bewahrt wird;
- 2. fordert die chinesische Regierung auf, alle Zwangsumsiedlungen und die durch den Abriss von Wohngebieten bedingte soziale Ausgrenzung der uigurischen Bevölkerung von Kaschgar einzustellen sowie alle bisherigen Leidtragenden dieser Politik angemessen zu entschädigen;
- 3. fordert die chinesischen Staatsorgane auf, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um einen echten Dialog zwischen Han-Chinesen und Uiguren einzuleiten und bei ihren wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Xinjiang verstärkt auf Integration zu setzen, die Eigenverantwortung zu stärken und die kulturelle Identität der uigurischen Bevölkerung zu schützen;
- 4. fordert die chinesische Regierung auf, ihren verfassungsmäßigen Verpflichtungen nachzukommen und die kulturellen Traditionen Kaschgars und des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang zu fördern, die sehr stark durch die uigurische Identität geprägt sind;
- 5. fordert die staatlichen Stellen Chinas auf, verstärkt Maßnahmen zu ergreifen, um illegalen Handel und Schmuggel zu unterbinden, die zum Verlust des zivilisatorischen Erbes Chinas beitragen;
- 6. fordert den chinesischen Kulturminister auf, die geltenden Bestimmungen und Gesetze zum Schutz kultureller Relikte einer Überprüfung zu unterziehen, sodass der sich derzeit wandelnden Lebensweise der ethnischen Minderheiten Rechnung getragen wird, die gelegentlich in Unkenntnis ihres kulturellen Schatzes in unangemessener Weise davon Gebrauch machen oder auf den Schutz ihres kulturellen Erbes verzichten; stellt fest, dass eine landesweite Aufklärungskampagne zu diesem Thema gefördert werden sollte;
- 7. fordert die chinesische Regierung nachdrücklich auf, die Möglichkeit zu prüfen, dass sich die Stadt Kaschgar dem gemeinsamen Antrag Kasachstans. Kirgisistans, Tadschikistans und Usbekistans auf die Aufnahme der Seidenstraße in die UNESCO-Liste des Welterbes anschließt;
- 8. fordert die chinesische Regierung auf, alle diskriminierenden und repressiven politischen Maßnahmen gegenüber den Bevölkerungsgruppen der Uiguren und der Hui zu beenden und deren Grundrecht auf freie kulturelle Entfaltung zu achten, und zwar insbesondere im Hinblick auf Tursunjan Hezim, einen ehemaligen Geschichtslehrer, der in einem Geheimprozess zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde, und auf andere engagierte Bürger, gegen die in den vergangenen Monaten Schuldsprüche ergangen sind;
- 9. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, zusätzliche Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte zum Schutz der Menschenrechte und der kulturellen Rechte der ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten Chinas zu entwerfen;
- 10. fordert die EU-Vertreter und die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Gespräche mit der Volksrepublik China über Menschen- und Minderheitenrechte auszuweiten und zu intensivieren sowie den Menschenrechtsdialog wirksamer und ergebnisorientierter zu gestalten;
- 11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, der UNESCO, dem Nationalen Volkskongress (und seinem Ständigen Ausschuss) der Volksrepublik China und dem Ständigen Ausschuss der Kommunistischen Partei Chinas im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang zu übermitteln.< /li>