Unterrichtung durch die Bundesregierung
Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Gemeinsam für die Gesundheit - ein strategischer Ansatz der Europäischen Union für 2008 - 2013 KOM (2007) 630 endg.; Ratsdok. 14689/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 08. November 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 26. Oktober 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 23. Oktober 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 285/05 (PDF) = AE-Nr. 051032

Weissbuch
Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013

1. Wozu eine neue Gesundheitsstrategie?

Die Gesundheit ist ein zentrales Anliegen der Menschen und muss durch effektive politische Strategien und Maßnahmen in den Mitgliedstaaten, auf EG1-Ebene sowie auf globaler Ebene gefördert werden.

Die Hauptzuständigkeit für die Gesundheitspolitik und die gesundheitliche Versorgung der europäischen Bürger liegt bei den Mitgliedstaaten. Die Aufgabe der Europäischen Gemeinschaft besteht nicht darin, die Arbeit der Mitgliedstaaten widerzuspiegeln oder zu wiederholen. Gleichwohl gibt es Bereiche, in denen die Mitgliedstaaten allein nicht wirksam handeln können und in denen Zusammenarbeit auf Gemeinschaftsebene unverzichtbar ist.

Dazu gehören größere Gesundheitsgefahren und Probleme mit grenzübergreifenden oder internationalen Auswirkungen wie Pandemien und Bioterrorismus sowie Fragen des freien Verkehrs von Waren, Personen und Dienstleistungen.

Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe bedarf es der sektorübergreifenden Zusammenarbeit. Laut Artikel 152 des EG-Vertrags "wird bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt".

Die vorliegende Strategie verleiht der Gesundheit mehr Gewicht in politischen Strategien wie der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung, indem sie die Verknüpfung von Gesundheit und wirtschaftlichem Wohlstand betont, und der "Bürgernahen Agenda", indem sie den Bürgern das Recht zuerkennt, selbst über ihre Gesundheit und ihre gesundheitliche Versorgung zu entscheiden. Die Maßnahmen der Strategie betreffen gesundheitsrelevante Arbeiten in allen Sektoren. Gesundheit wird in den Artikeln des Vertrags zu Binnenmarkt,

Umwelt, Verbraucherschutz, soziale Angelegenheiten, einschließlich der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, Entwicklungspolitik und Forschung sowie vielen anderen angesprochen2.

Welch wichtige Rolle die Europäische Gemeinschaft in der Gesundheitspolitik spielt, wurde im Reformvertrag erneut bestätigt, auf den sich die Staats- und Regierungschefs der EU am 19. Oktober 2007 in Lissabon geeinigt haben; darin wird vorgeschlagen, der Gesundheit mehr politisches Gewicht zu verleihen. Zu erwarten ist ein neues übergeordnetes Ziel zur Förderung des Wohls der Bürger ebenso wie eine Aufforderung der Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit im Gesundheitswesen und in der Gesundheitsversorgung. Gesundheitsrelevante Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene bringen einen zusätzlichen Nutzen zu den Maßnahmen der Mitgliedstaaten, insbesondere im Bereich der Prävention, einschließlich Lebensmittelsicherheit und Ernährung, Sicherheit von Arzneimitteln, Bekämpfung des Rauchens, Rechtsvorschriften für Blut, Gewebe und Zellen, Organe, Wasser- und Luftqualität sowie Errichtung mehrerer Gesundheitsagenturen. Dennoch stehen wir weiterhin vor wachsenden Herausforderungen, was die Gesundheit der Bevölkerung angeht, und diese erfordern einen neuen strategischen Ansatz.

Bei der Erarbeitung einer neuen Gesundheitsstrategie wurden umfangreiche Anhörungen durchgeführt3. Diese ergaben einen Konsens der Beteiligten darüber, wie die Gemeinschaft ihre Rolle im Gesundheitswesen wahrnehmen sollte. Danach sollten Gesundheitsbelange in alle Bereiche der Gemeinschaftspolitik integriert werden, gesundheitliche Benachteiligungen sollten abgebaut werden, die Gemeinschaft sollte eine wichtige Rolle in globalen Gesundheitsfragen spielen, Gesundheitsförderung sollte im Mittelpunkt stehen und die Gesundheitsinformation sollten verbessert werden. Außerdem wurde hervorgehoben, dass die Europäische Gemeinschaft, die Mitgliedstaaten und die Beteiligten zusammenarbeiten müssen um Ergebnisse zu erzielen.

Diese Herausforderungen und Aufgaben erfordern einen langfristigen Ansatz. Das vorliegende Weißbuch soll einen kohärenten Rahmen skizzieren - eine erste gesundheitspolitische Strategie der Gemeinschaft -, die für die Gemeinschaftsmaßnahmen im Gesundheitswesen richtungweisend sein soll. Es schlägt vier Hauptprinzipien vor, die drei strategische Ziele für die kommenden Jahre in den Mittelpunkt stellen. Die Strategie legt auch die Durchführungsmechanismen für die Zusammenarbeit zwischen den Partnern fest, und zwar zur verstärkten Berücksichtigung von Gesundheitsfragen in allen Politikbereichen, zur besseren Erkennbarkeit und zum besseren Verständnis von Gesundheitsfragen auf Gemeinschaftsebene. Die im vorliegenden Weißbuch skizzierte Strategie gilt bis 2013; danach soll sie überarbeitet werden, so dass weitere Maßnahmen zum Erreichen der Ziele gefördert werden können.

Dem Weißbuch liegt ein Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen bei.

2. Grundlegende Prinzipien für EG-Massnahmen im Gesundheitswesen

Prinzip 1: Eine auf gemeinsamen Gesundheitswertvorstellungen beruhende Strategie

Die Gesundheitspolitik sollte intern wie extern auf klaren Wertvorstellungen beruhen. Die Kommission hat mit den Mitgliedstaaten zusammengearbeitet, um einen wertebasierten Ansatz für die Gesundheitsversorgungssysteme festzulegen. Im Juni 2006 nahm der Rat eine Erklärung über gemeinsame Werte und Prinzipien in den Gesundheitsversorgungssystemen in der EU an und nannte als übergeordnete Werte flächendeckende Versorgung, Zugang zu qualitativ hochwertiger Versorgung, Verteilungsgerechtigkeit und Solidarität4. Darauf wird eine neue Erklärung über gemeinsame Werte für die Gesundheitspolitik im weiteren Sinne aufbauen. Der Rat hat die Kommission auch dazu aufgerufen, die Geschlechterperspektive zu berücksichtigen und einzubeziehen5, diese soll die Strategie weiter vorantreiben.

Die Grundrechte-Charta erkennt den Bürgern das Recht auf präventive Gesundheitsversorgung und auf Inanspruchnahme medizinischer Behandlung zu6. Mehrere internationale Erklärungen erkennen Grundrechte in Bezug auf die Gesundheit an7.

Ein Grundwert besteht in der Stärkung der Bürgerrechte. Die Gesundheitsversorgung rückt immer mehr den Patienten in den Mittelpunkt und wird immer stärker auf den Einzelnen abgestimmt dem Patienten fällt dabei eine immer aktivere Rolle zu. Aufbauend auf der Arbeit der "Bürgernahen Agenda" muss die gemeinschaftliche Gesundheitspolitik die Rechte der Bürger und Patienten als Ausgangspunkt nehmen. Dies umfasst Beteiligung und Mitwirkung an der Entscheidungsfindung ebenso wie die nötigen Fähigkeiten, gesund zu leben beispielsweise die so genannte Gesundheitskompetenz8, im Einklang mit dem Europäischen Rahmen der Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen9, d. h. das Verständnis von schulischen und internetgestützten Programmen.

Die Werte zur Verbesserung der Gesundheit müssen auch die Verringerung gesundheitlicher Benachteiligungen einschließen. Zwar leben viele Europäer länger und gesünder als frühere Generationen, doch bestehen weiterhin große Ungleichheiten in der Gesundheit10 in und unter den Mitgliedstaaten und Regionen sowie auch weltweit. So wird zwar die Gesamtbevölkerung der EU immer älter, doch die Lebenserwartung von Frauen bei der Geburt variiert um 9 Jahre zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten, bei Männern sogar um 13 Jahre, und die Säuglingssterblichkeit ist in einigen Ländern sechsmal so hoch wie in anderen11. Die Kommission wird Maßnahmen vorschlagen, mit denen Benachteiligungen abgebaut werden können, dazu gehören auch gezielte Gesundheitsförderung und der Austausch vorbildlicher Verfahren.

Schließlich muss sich die Gesundheitspolitik auf die besten wissenschaftlichen Erkenntnisse stützen die auf zuverlässigen Daten und Informationen sowie einschlägiger Forschung beruhen. Die Kommission ist in der Lage, vergleichbare Daten aus den Mitgliedstaaten und Regionen zusammenzustellen und muss auf die Aufrufe zu besserer Information und transparenterer Politikgestaltung reagieren, einschließlich eines Systems von Indikatoren, die alle Ebenen - die nationale und die subnationale - abdecken.

Maßnahmen

Prinzip 2: "Gesundheit ist das höchste Gut"12

Gesundheit ist für das Wohl des Einzelnen wie der Gesellschaft insgesamt von Bedeutung, eine gesunde Bevölkerung ist aber auch Voraussetzung für wirtschaftliche Produktivität und Wohlstand. Im Jahre 2005 wurden die gesunden Lebensjahre (Healthy Life Years - HLY) in die Lissabonner Strukturindikatoren aufgenommen, um zu unterstreichen, dass die Lebenserwartung der Bevölkerung bei guter Gesundheit, d.h. nicht nur nach der Zahl der Lebensjahre, einen Schlüsselfaktor für das Wirtschaftswachstum darstellt.

Der Bericht der Kommission an die Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2006 rief die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, die hohe Zahl der krankheitsbedingt arbeitsunfähigen Menschen zu senken13. Er betonte, dass die Politik in vielen Bereichen die Gesundheit zugunsten der allgemeinen Wirtschaftslage verbessern kann.

Die Ausgaben im Gesundheitsbereich sind nicht nur als Kostenfaktor, sondern auch als Investition zu sehen. Gesundheitsausgaben können zwar als wirtschaftliche Belastung betrachtet werden14, doch die wahren Kosten entstehen der Gesellschaft durch die direkten und indirekten Ausgaben für Erkrankungen sowie durch den Mangel an Investitionen in die einschlägigen Bereiche des Gesundheitswesens. Schätzungen zufolge beträgt die jährliche wirtschaftliche Belastung durch koronare Herzkrankheiten bis zu 1 % des BIP15; die durch psychische Erkrankungen verursachten Kosten belaufen sich sogar auf 3-4 % des BIP16. Die Ausgaben im Gesundheitswesen sollten durch Investitionen in die Prävention, den Schutz und die Verbesserung der allgemeinen körperlichen und seelischen Gesundheit der Bevölkerung flankiert werden, die nach OECD17-Daten derzeit durchschnittlich nur 3 % des Gesundheitsbudgets der OECD-Mitgliedstaaten für Prävention, Gesundheitsförderung und öffentliche Gesundheit ausmachen; im Vergleich dazu betragen die Ausgaben für kurative Versorgung und Behandlung 97 %18.

Der EU-Gesundheitssektor ist ein wichtiger Arbeitgeber und Ausbilder: Der Sektor Gesundheitswesen und Sozialfürsorge ist seit dem Jahr 2000 die treibende Kraft für die Expansion des Dienstleistungssektors (bis zu 2,3 Mio. Arbeitsplätze)19. Der wachsende Gesundheitssektor ist außerdem wichtige Quelle und Einsatzgebiet für innovative Technologien und unterstützt die Regionalpolitik sowie den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt.

Das Verständnis der wirtschaftlichen Faktoren in Bezug auf Gesundheit und Krankheit und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesundheitsverbesserung sowohl in der EU als auch global muss durch die Weiterentwicklung von Informationen und Analysen in der Kommission sowie die enge Zusammenarbeit mit Partnerländern wie den USA oder Japan sowie internationalen Organisationen wie der OECD und dem Europäischen Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik vertieft werden.

Maßnahmen

Prinzip 3: Gesundheit in allen Politikbereichen

Die Gesundheit der Bevölkerung ist nicht nur ein Thema für die Gesundheitspolitik. Auch andere Bereiche der Gemeinschaftspolitik spielen eine wichtige Rolle, beispielsweise die Regional- und Umweltpolitik, Tabakbesteuerung, Arzneimittel- und Lebensmittelvorschriften, Tiergesundheit, Gesundheitsforschung und -innovation, die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, Gesundheit in der Entwicklungspolitik, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, IKT und Strahlenschutz sowie die Koordinierung von Agenturen und Stellen für die Regelung von Einfuhren. Eine starke gemeinschaftliche Gesundheitspolitik muss unbedingt Synergien mit diesen und anderen Sektoren entwickeln. Viele Sektoren werden dazu beitragen, die Ziele und Maßnahmen dieser Strategie zu erreichen.

Dieses Vorgehen bedeutet auch, neue Partner in die Gesundheitspolitik einzubeziehen. Die Kommission wird Partnerschaften entwickeln, um die Ziele der Strategie zu fördern, unter anderem mit Nichtregierungsorganisationen, der Industrie, der Wissenschaft und den Medien.

Dieser Ansatz ist auch in der Entwicklungs-, Außen- und Handelspolitik zu verfolgen.

Globalisierung bedeutet, dass sowohl die Gesundheitsprobleme als auch deren Lösungen grenzübergreifenden Charakter haben, zudem haben sie oft sektorübergreifende Ursachen und Auswirkungen. Beispiele hierfür sind der koordinierte Ansatz zur Bekämpfung von HIV/Aids in der EU und benachbarten Ländern20 und die EU-Strategie für Maßnahmen zur Bekämpfung des akuten Fachkräftemangels im Gesundheitswesen der Entwicklungsländer21.

Maßnahmen

Prinzip 4: Mehr Mitsprache der EU in der globalen Gesundheitspolitik

Die EG und ihre Mitgliedstaaten können bessere Gesundheitsergebnisse für die EU-Bürger und andere durch nachhaltige kollektive Führung in der globalen Gesundheitspolitik erzielen22.

In unserer globalisierten Welt lassen sich einzelstaatliche oder EU-weite Aktionen schwer von der globalen Politik trennen, da globale Gesundheitsfragen Einfluss auf die interne gemeinschaftliche Gesundheitspolitik haben und umgekehrt. Die EG kann weltweit zur Gesundheit beitragen, indem sie ihre Wertvorstellungen, Erfahrungen und Kenntnisse mitteilt und konkrete Schritte zur Verbesserung der Gesundheit unternimmt. Die Arbeit kann Bemühungen unterstützen, um die Kohärenz zwischen der internen und externen Gesundheitspolitik zur Erzielung globaler Gesundheitsziele23 sicherzustellen, um Gesundheit als wichtiges Element bei der Bekämpfung der Armut durch Gesundheitsaspekte in der externen Entwicklungszusammenarbeit mit einkommensschwachen Ländern zu berücksichtigen um auf Gesundheitsgefahren in Drittländern zu reagieren und die Durchführung internationaler Gesundheitsabkommen wie des Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung des Tabakkonsums und der internationalen Gesundheitsvorschriften zu fördern.

Der Beitrag der EU zur globalen Gesundheit erfordert die Interaktion der Gesundheits-, Entwicklungs-, Außen-, Forschungs- und Handelspolitik. Die verstärkte Koordinierung in Gesundheitsfragen mit internationalen Organisationen wie der WHO und anderen einschlägigen Organisationen der Vereinten Nationen, der Weltbank, der Internationalen Arbeitsorganisation, der OECD und dem Europarat sowie anderen strategischen Partnern und Ländern wird der Stimme der EU mehr Gewicht in globalen Gesundheitsfragen verleihen sowie ihren Einfluss und ihre Außenwirkung entsprechend ihrem wirtschaftlichen und politischen Gewicht verstärken.

Maßnahmen

3. Strategische Ziele

Die Gesundheitspolitik auf Gemeinschaftsebene sollte die Gesundheit fördern, die Bürger vor Gefahren schützen und die Nachhaltigkeit unterstützen. Um die größeren Herausforderungen annehmen zu können, vor denen das Gesundheitswesen in der EU steht, legt diese Strategie drei Ziele als vorrangige Bereiche für die kommenden Jahre fest. Die Kommission wird mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um spezifischere operative Ziele innerhalb dieser strategischen Ziele zu entwickeln.

Ziel 1: Förderung der Gesundheit in einem alternden Europa

Die Überalterung der Bevölkerung aufgrund niedriger Geburtenraten und steigender Lebenserwartung ist nun eine Tatsache. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der über 65-jährigen EU-Bürger um 70 % ansteigen. Die Altersgruppe der über 80-Jährigen wird um 170 % zunehmen24.

Diese Veränderungen werden voraussichtlich zu einer steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen führen, und gleichzeitig wird die Zahl der Beschäftigten zurückgehen. Dadurch könnten die Ausgaben im Gesundheitswesen in den Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2050 um 1 bis 2 % des BIP ansteigen, was zu einem durchschnittlichen Anstieg der Gesundheitsausgaben um 25 % als BIP-Anteil führen würde. Nach den Prognosen der Kommission ließe sich der Anstieg der Gesundheitsausgaben jedoch halbieren, wenn die Menschen bei höherer Lebenserwartung länger gesund blieben25.

Die Gesundheit im Alter muss durch Maßnahmen unterstützt werden, die während der gesamten Lebensspanne die Gesundheit fördern und Erkrankungen vorbeugen, indem sie wesentliche Faktoren wie schlechte Ernährung, Bewegungsmangel, Alkohol-, Drogen- und Tabakkonsum, Umweltrisiken, Straßenverkehrsunfälle sowie Heim- und Freizeitunfälle berücksichtigen. Die Verbesserung der Gesundheit von Kindern, Erwachsenen im Erwerbsalter und älteren Menschen wird zu einer gesunden produktiven Bevölkerung beitragen und heute wie zukünftig ein gesundes Altern unterstützen. Gleichermaßen unterstützen Maßnahmen zur Förderung gesunder Lebensweisen und zur Verringerung schädlicher Verhaltensweisen sowie zur Prävention und zur Behandlung bestimmter Erkrankungen, einschließlich genetischer Störungen, die Gesundheit im Alter. Die Weiterentwicklung der geriatrischen Medizin muss aktiv gefördert werden, wobei der Schwerpunkt auf individualisierter Pflege liegen sollte. Palliativversorgung und ein besseres Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen, wie z.B. der Alzheimer-Krankheit, sind ebenfalls wichtige Themen, die in Angriff zu nehmen sind. Auch bedarf es weiterer Arbeiten im Bereich Blut, Gewebe, Zellen und Organe, einschließlich Transplantationsfragen.

Zur Unterstützung dieser Maßnahmen ist mehr Forschung nötig, einschließlich Langzeituntersuchungen, ebenso wie höhere Kapazitäten in Gesundheitswesen, beispielsweise durch verstärkte Ausbildung und Gesundheitsstrukturen. Da die öffentliche Hand durch den demografischen Wandel und andere Herausforderungen zunehmend unter Druck steht, ist es von größter Bedeutung, dass die getroffenen Maßnahmen effizient und effektiv sind.

Maßnahmen

Ziel 2: Schutz der Bürger vor Gesundheitsgefahren

Der Schutz der menschlichen Gesundheit ist eine Verpflichtung gemäß Artikel 152 EG-Vertrag.

Die Verbesserung der Sicherheit und der Schutz der Bürger vor Gesundheitsgefahren sind seit jeher ein zentrales Anliegen der gemeinschaftlichen Gesundheitspolitik. Gleichzeitig trägt die EU auch Verantwortung für die Gesundheit der Bürger in Drittländern.

Die Arbeit auf Gemeinschaftsebene umfasst wissenschaftliche Risikobewertung,

Bereitschaftsplanung und Reaktionen auf Epidemien und Bioterrorismus, Strategien zur Bekämpfung der Risiken durch bestimmte Erkrankungen und Zustände, Maßnahmen bei Unfällen und Verletzungen, die Verbesserung der Sicherheit am Arbeitsplatz und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes.

Die Kommission wird diese Arbeit fortsetzen, konzentriert sich jedoch auch auf Herausforderungen, die bisher noch nicht in vollem Maße berücksichtigt wurden. Weltweit haben der verstärkte Handel und zunehmende Reisen neue Risiken mit sich gebracht, da sie die Ausbreitung übertragbarer Krankheiten erleichtern. Die Bekämpfung von Pandemien oder biologischen Zwischenfällen und die Reaktion auf die Bedrohung durch Bioterrorismus erfordern die Zusammenarbeit und Koordinierung auf Gemeinschaftsebene und mit den internationalen Akteuren. Auch müssen Maßnahmen gegen neu auftretende Gesundheitsgefahren ergriffen werden, wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Klimawandel, damit dessen mögliche Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die Gesundheitsversorgungssysteme behandelt werden. Die Patientensicherheit ist ein weiteres zentrales Anliegen. Im Vereinigten Königreich tragen 10 % der stationär aufgenommenen Patienten unerwünschte Wirkungen ihrer gesundheitlichen Versorgung davon27, und dieses Problem dürfte in anderen EU-Mitgliedstaaten ein ähnliches Ausmaß annehmen. Es bedarf eines neuen Ansatzes, um Gesundheitsgefahren innerhalb und außerhalb der EU zu bekämpfen.

Maßnahmen

Ziel 3: Förderung dynamischer Gesundheitssysteme und neuer Technologien

Die Gesundheitssysteme in der EU stehen unter wachsendem Druck, auf die Herausforderungen zu reagieren, die die Bevölkerungsüberalterung, die steigenden Erwartungen der Bürger, die Migration und die Mobilität von Patienten und Beschäftigten des Gesundheitswesens mit sich bringen.

Neue Technologien haben das Potenzial, die Gesundheitsversorgung und die Gesundheitssysteme zu revolutionieren und deren künftige Nachhaltigkeit mit zu unterstützen. Gesundheitstelematik, Genomik und Biotechnologien28 können die Prävention von Krankheiten und die Behandlung verbessern sowie den Schwerpunkt von der stationären Versorgung auf die Prävention und Primärversorgung verlagern helfen. Die Gesundheitstelematik kann dazu beitragen, dass eine bessere bürgerzentrierte Versorgung erbracht die Kosten gesenkt und die grenzübergreifende Interoperabilität unterstützt werden, um die Patientenmobilität und -sicherheit zu erleichtern29. Neue Technologien müssen hingegen auch angemessen bewertet werden, auch hinsichtlich ihrer Kosteneffizienz und Verteilungsgerechtigkeit. Ebenso sind die Auswirkungen auf die Ausbildung der Beschäftigten im Gesundheitswesen und dessen Kapazitäten zu berücksichtigen. Neue und unbekannte Technologien können ethische Bedenken aufwerfen, daher sind auch Fragen des Vertrauens und der Zuversicht der Bürger anzusprechen.

Zur Steigerung der Investitionen ins Gesundheitswesen wurde die Gesundheit in Instrumente einbezogen die darauf abzielen, das Wachstum, die Beschäftigung und die Innovation zu fördern einschließlich der Lissabon-Strategie, des Siebten Forschungsrahmenprogramms mit der Gemeinsamen Technologie-Initiative zur innovativen Medizin, des Programms für Wettbewerb und Innovation sowie der Regionalpolitik in der EU. Es bedarf jedoch weiterer Maßnahmen, z.B. in Bezug auf die Kapazitäten der Regionen, die Schlüsselakteure bei der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen sind.

Ein klarer Gemeinschaftsrahmen wird außerdem dazu beitragen, dynamische und nachhaltige Gesundheitssysteme zu fördern, indem er die Anwendung der EG-Rechtsvorschriften auf die Gesundheitsdienstleistungen klarstellt und die Mitgliedstaaten in Bereichen unterstützt, in denen koordinierte Maßnahmen den Gesundheitssystemen einen zusätzlichen Nutzen bringen können.

Maßnahmen

4. Gemeinsam für die Gesundheit: Durchführung der Strategie

4.1. Durchführungsmechanismen

Diese Strategie zielt auf konkrete Ergebnisse bei der Verbesserung der Gesundheit ab. Gemäß dem Vertrag hat die EG eine besondere Aufgabe bei der Verbesserung und dem Schutz der Gesundheit und zudem bei der Erleichterung der Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich.

Da die Zuständigkeit für das Gesundheitswesen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene bei den Mitgliedstaaten liegt und das Subsidiaritätsprinzip zu beachten ist, sind die Mitgliedstaaten eng in die Durchführung der Strategie einzubinden. Die Kommission wird zu diesem Zweck einen neuen Mechanismus der strukturierten Zusammenarbeit auf EG-Ebene vorschlagen der die Kommission beraten und die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten fördern soll. Dazu gehört auch eine neue Struktur mit den Mitgliedstaaten, die einige bestehende Ausschüsse ersetzen soll. Dieser Kooperationsmechanismus wird der Kommission helfen, Prioritäten zu nennen, Indikatoren festzulegen, Leitlinien und Empfehlungen zu erarbeiten, den Austausch bewährter Verfahren zu fördern und Fortschritte zu bewerten. Er soll außerdem Möglichkeiten für lokale und regionale Mitwirkung bieten. Die Kommission wird sektorübergreifend arbeiten und die Kohärenz mit anderen Gremien sicherstellen die sich mit Gesundheitsfragen befassen wie die Verwaltungskommission und der Ausschuss für Sozialschutz.

Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten können ergänzt werden, indem die Zusammenarbeit mit den Akteuren auf Gemeinschaftsebene gefördert wird. Die Kommission wird die Partnerschaften mit ihnen weiterentwickeln und dabei auf den Erfahrungen von Gremien wie dem Gesundheitsforum, dem Europäischen Forum für Alkohol und Gesundheit sowie der Plattform für Ernährung, körperliche Bewegung und Gesundheit aufbauen.

Maßnahmen

4.2. Finanzierungsinstrumente

Die Maßnahmen dieser Strategie werden bis zum Ende des laufenden Finanzierungszeitraums (2013) durch die vorhandenen Finanzierungsinstrumente ohne weitere Folgen für den Haushalt gefördert. Die Jahresarbeitspläne des neu angenommenen Gesundheitsprogramms der Gemeinschaft30 werden ein Kerninstrument für die Förderung der Strategieziele bilden.

Maßnahmen anderer Gemeinschaftsprogramme oder -strategien wie der EU-Strategie für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz 2007-2012 werden ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

Mehrere weitere Gemeinschaftsprogramme stellen ebenfalls Fördermittel für das Gesundheitswesen bereit, beispielsweise das Siebte Forschungsrahmenprogramm und die Regionalpolitik31.