Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer wasserrechtlichen Genehmigung für Behandlungsanlagen für Deponiesickerwasser und zur Änderung der Vorschriften zur Eignungsfeststellung für Anlagen zum Lagern, Abfüllen oder Umschlagen wassergefährdender Stoffe

Der Bundesrat hat in seiner 956. Sitzung am 31. März 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d (§ 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Buchstabe b WHG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d wird in § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b WHG kumulativ mit Nummer 1 Buchstabe a gefordert, dass "die erklärten Leistungen alle wesentlichen Merkmale der harmonisierten Norm oder der Europäischen Technischen Bewertung umfassen, die dem Gewässerschutz dienen".

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob es zulässig ist, in Rechtsvorschriften für einen bestimmten Rechtsbereich die Feststellung (auch einschließlich der Ausprägung) aller wesentlichen Merkmale zu verlangen.

Ergänzend wird gebeten zu prüfen, ob mit dieser Regelung sichergestellt werden soll, dass tatsächlich alle möglichen zu erklärenden Leistungen bezüglich des Gewässerschutzes beim Inverkehrbringen der Bauprodukte festgestellt sein müssen.

Begründung:

Die harmonisierten Normen zur Bauproduktenverordnung weisen einen Anhang ZA.1 auf, in dem die Leistungsmerkmale bzw. wesentlichen Eigenschaften zusammengestellt sind. Je nach Norm können dabei mandatierte Stufen und Klassen genannt sein oder es wird auf Prüfungen verwiesen.

Ob der Hersteller eines Bauprodukts bei der Herstellererklärung der Konformität seiner Bauprodukte zur Norm verpflichtet ist, für alle wesentlichen Merkmale einen Wert auszuweisen bzw. die Erfüllung der Merkmale zu bestätigen, ist bislang nicht abschließend geklärt.

Artikel 6 EU-BauPVO legt den Inhalt einer Leistungserklärung fest. In der Leistungserklärung soll die Leistung des Bauprodukts in Bezug auf seine wesentlichen Merkmale angegeben werden (Artikel 6 Absatz 1 EU-BauPVO) und sie muss Angaben zum Produkttyp, zum AVCP-System und zur einschlägigen harmonisierten Norm oder Europäischen Technischen Bewertung enthalten (Artikel 6 Absatz 2 EU-BauPVO). Zudem bestimmt Artikel 6 Absatz 3 EU-BauPVO, welche und wie wesentliche Merkmale des Produkts erklärt werden müssen:

'(3) Zusätzlich enthält die Leistungserklärung Folgendes:

Aus der Formulierung von Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe e EU-BauPVO könnte geschlossen werden, dass in der Leistungserklärung (alle) die Leistungen zu erklären sind, die für eine bestimmte Verwendung in dem Mitgliedstaat gefordert sind, in dem die Vermarktung und in Folge die Verwendung beabsichtigt ist (= vollständige Leistungserklärung für Bestimmungsmitgliedstaat). Für dieses Verständnis spricht auch Erwägungsgrund

Das bedeutet allerdings auch, dass der Mitgliedstaat seine Anforderungen konkret benennen müsste, damit der Hersteller weiß, welche Angaben notwendig sind.

Auf der anderen Seite ist in Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe c von der Leistung nur eines Merkmals die Rede. Dabei dürfte der Hersteller folglich Merkmale, für die er keine Leistung feststellen und ausweisen will, mit "NPD" erklären (No Performance Determined/keine Leistung festgestellt).

Eine Entscheidung zu dieser Rechtsfrage ist für die hier vorliegende Regelung von entscheidender Relevanz und bedarf daher der Klärung.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d (§ 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2, 3 WHG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren sicherzustellen, dass die in § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 verwendeten Begrifflichkeiten (insbesondere im Hinblick auf die Bezeichnung der Produkte und die Art und Führung der Nachweise) sowie der Verweis auf die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Verwendung von (serienmäßig hergestellten) Bauprodukten, Bauarten usw., die auch die Einhaltung der wasserrechtlichen Anforderungen sicherstellen, die jeweils gültigen bauordnungsrechtlichen Regelungen berücksichtigen.

Begründung:

Für rein national zu regelnde Bauprodukte wird im derzeit gültigen § 63 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 WHG über entsprechenden Verweis in die jeweilige Landesbauordnung die Oberste Baubehörde des jeweiligen Landes ermächtigt, durch Rechtsverordnung (vgl. Muster-WasBauPVO) zu regeln, dass für bestimmte Bauprodukte, auch soweit sie Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften (also den Regelungen des WHG) unterliegen, hinsichtlich dieser Anforderungen bestimmte Nachweise zu führen sind, wenn die anderen Rechtsvorschriften diese Nachweise verlangen oder zulassen. Diese Vorlage der Nachweise ist nach dem derzeit gültigen § 63 Absatz 3 Satz 2 WHG erforderlich.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf werden Formulierungen verwendet, die einem Entwurf der Musterbauordnung (MBO) zugrunde liegen. Dieser Entwurf wurde jedoch von den Ländern noch nicht umgesetzt, denn die Novelle der MBO und die VV TB sollen gleichzeitig in Kraft treten. Dies ist derzeit noch nicht möglich, da das nach der Richtlinie (EU) Nr. 1535/2015 (Informationsrichtlinie) vorgesehene Notifizierungsverfahren der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) noch abgeschlossen werden muss. Daher ist insbesondere der Begriff der "Bauartgenehmigung" (§ 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 WHG) in den Ländern noch nicht eingeführt.

Solange die MBO von den Ländern nicht entsprechend umgesetzt ist, muss eine Übereinstimmung der Formulierungen mit den aktuellen Landes-Bauordnungen gewährleistet sein, da ein lückenloser Verweis von den Regelungen des WHG in die Landesbauordnung zur landesrechtlichen WasBauPVO nötig ist.

Besteht dieser nicht, so kann für eine Vielzahl der von der WasBauPVO erfassten Anlagenteile die Eignungsfeststellungspflicht nicht entfallen. Für jedes dieser Anlagenteile wäre dann eine Einzelfallprüfung erforderlich.

3. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d (§ 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 WHG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d sind in § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3

nach der Angabe "Nummer 1" die Wörter "oder Nummer 2" einzufügen.

Begründung:

Anlagenteile werden aus mehreren Bauprodukten zusammengefügt. Begrifflich sind in § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 und Nummer 2 WHG nur singuläre Bauprodukte (dazu zählen auch die vollständigen Bausätze mit CE-Zeichen) genannt.

Wenn Anlagenteile aus Bauprodukten zusammengefügt werden, die hinsichtlich ihrer wasserrechtlichen Eignung bereits als geeignet gelten, ist eine Differenzierung hinsichtlich der Herkunft dieses Nachweises nicht erforderlich.

In § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 WHG muss daher jetzt nur noch geregelt werden, wann der Nachweis der wasserrechtlichen Eignung für aus mehreren nicht unter die Nummern 1 und 2 fallenden Bauprodukte errichtete Anlagenteile fiktiv als erbracht gilt. Dies ist der Fall bei Erteilung einer bauordnungsrechtlichen allgemeinen Bauartgenehmigung.

Durch die Änderung wird auch ermöglicht, dass Bauprodukte mit CE-Kennzeichen und national bauaufsichtlich allgemein zugelassene Bauprodukte zu wasserrechtlich geeigneten Anlagenteilen ohne weiteren Nachweis zusammengefügt werden können.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d (§ 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 WHG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d ist in § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 vor dem Wort "Bauartgenehmigung" das Wort "allgemeine" einzufügen.

Begründung:

Auf der Grundlage der Umsetzung des "Musters einer Verordnung zur Feststellung der wasserrechtlichen Eignung von Bauprodukten durch Nachweise nach der Musterbauordnung (WasBauPVO)" im Bauordnungsrecht aller Länder in Verbindung mit den länderübergreifend gültigen Bauregellisten A Teile 2 und 3 war bisher auch die Feststellung der wasserrechtlichen Eignung durch bestimmte bauordnungsrechtliche Verwendbarkeitsnachweise möglich. Die WasBauPVO ermöglichte grundsätzlich nur Verwendbarkeitsnachweise in Form allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassungen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) für serienmäßig hergestellte Bauprodukte und Bauarten sowie in Form allgemeiner bauaufsichtlicher Prüfzeugnisse. Allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse konnten jedoch in Ermangelung einer Bekanntmachung allgemein anerkannter Prüfregeln in den Bauregellisten A Teil 2 und A Teil 3 weder für Bauprodukte noch für Bauarten beantragt und erteilt werden. Zustimmungen im Einzelfall unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Anforderungen konnten durch die zuständigen Behörden für den Vollzug des Bauordnungsrechts auf der Grundlage der WasBauPVO nicht erteilt werden. Die wasserrechtliche Eignungsfeststellung bei Einzelfällen oblag ausschließlich den zuständigen Behörden für das Wasserrecht.

Die bisherige Rechtslage wird deshalb nur dann ohne zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Verwaltung fortgeführt, wenn § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 WHG auf allgemeine Bauartgenehmigungen beschränkt ist, die länderübergreifend durch das DIBt erteilt werden. Die allgemeinen Bauartgenehmigungen des DIBt lösen die früher erteilten allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für Bauarten ab.

Der Begriff der Bauartgenehmigung umfasst im Bauordnungsrecht der Länder sowohl allgemeine Bauartgenehmigungen für die Serienfertigung als auch vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen für Einzelfälle. Genauso wie § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 WHG sich auf serienmäßig hergestellte Bauprodukte beschränkt, muss § 63 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 WHG auf eine allgemeine Bauartgenehmigung beschränkt sein.

Andernfalls würde sich aus dem Gesetzentwurf zur Änderung des WHG ein ganz erheblicher, neuer Erfüllungsaufwand für die Verwaltung im Vollzug des Bauordnungsrechts ergeben, weil die zuständigen Behörden für die Erteilung von vorhabenbezogenen Bauartgenehmigungen auch Fachpersonal für die Bearbeitung von Anträgen unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Anforderungen in allen 16 Ländern vorhalten müssten.