Gesetzesantrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Thüringen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung zwecks Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk

A. Problem und Ziel

Die Digitalisierung prägt die Gesellschaft in immer stärkerem Maße. Sie verändert Wirtschaft, Bildung, Alltagskultur. Dem muss die Rechtsordnung Rechnung tragen. Dazu muss sie den sich verändernden Rahmenbedingungen immer wieder angepasst werden - auch um die Entwicklung in eine wünschenswerte Richtung positiv zu begleiten. Dabei muss auch die Tatsache beachtet werden, dass gemeinnütziges Engagement in der digitalen Welt neue Formen annimmt.

In den letzten Jahren haben sich immer mehr Personen in so genannten Freifunk-Initiativen engagiert. Ziel der Initiativen ist es, ein kostenloses freies Kommunikationsnetzwerk aufzubauen, zu unterhalten und zu erweitern. Freifunk-Netze können von allen möglichen Nutzerinnen und Nutzern frei genutzt werden. Im Freifunk-Netz verbinden sich die Router direkt miteinander, wenn andere Router in Funkreichweite sind. So entstehen lokale Bürgernetze, in denen der Datenverkehr über alle beliebigen Stationen wandern kann. Durch von den Initiativen bereitgestellte Leitungen oder indem Nutzerinnen und Nutzer einen Teil der Bandbreite ihrer privaten Internetanschlüsse zur Verfügung stellen, entstehen auch Zugänge ins Internet. Freifunk-Netze stehen dabei nicht in Konkurrenz zu den Internetanschlüssen der Telekommunikationsanbieter: Auch für die Verbindung der Freifunk-Netze ins Internet sind solche Anschlüsse erforderlich. Zudem verfügen Freifunk-Netze meist über eher geringe Bandbreiten und dienen mithin einer Grundversorgung, aber nicht als Alternative zu leistungsfähigen Internetanschlüssen. Durch den Aufbau von Freifunk-Netzen werden Nutzerinnen und Nutzern zugleich Kompetenzen über IT-Infrastrukturen vermittelt. Zudem werden hierbei neue Technologien erprobt und entwickelt.

Nach § 52 Absatz 1 der der Abgabenordnung verfolgt eine Körperschaft (z.B. ein Verein oder eine (g)GmbH) gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Freifunk ist in dieser Hinsicht eine Form des gemeinnützigen bürgerschaftlichen Engagements, das die Digitalisierung hervorgebracht hat.

Körperschaften, die sich im Bereich des so genannten Freifunks engagieren, können bisher allerdings nur dann als steuerbegünstigt anerkannt werden, wenn sie satzungsmäßig und tatsächlich entweder einen der in der grundsätzlich abschließenden Aufzählung des § 52 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung ausdrücklich aufgeführten gemeinnützigen Zwecke (so genannte Katalogzwecke) oder mildtätige Zwecke nach § 53 der Abgabenordnung fördern. In Frage kommt als gemeinnütziger Zweck insbesondere die Förderung der Volks- und Berufsbildung (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 der Abgabenordnung; z.B. durch Bildungsmaßnahmen zu Fragen der Hard- und Software in diesem Bereich). Mildtätige Zwecke wurden in der Vergangenheit z.B. durch die unentgeltliche Überlassung von Hard- und Software an Flüchtlingsunterkünfte gefördert. An der bisherigen gemeinnützigkeitsrechtlichen Beurteilung dieser Tätigkeiten ändert sich durch die geplante Neuregelung nichts.

Soweit sich Freifunk-Initiativen daneben jedoch aktiv an der Schaffung und Unterhaltung der Freifunk-Netze selbst beteiligen, ist eine Steuerbegünstigung nach geltendem Recht nicht möglich. Daher dürfen sie keine für den steuerlichen Spendenabzug erforderlichen Zuwendungsbestätigungen ausstellen.

Das gemeinnützige Engagement von Freifunk-Initiativen für eine digitale Gesellschaft soll deshalb durch die Aufnahme eines neuen Katalogzwecks in die Abgabenordnung unterstützt werden. Die neue Ziffer ermöglicht es, auch solche Freifunk-Initiativen als gemeinnützig anzuerkennen, die auch bzw. ausschließlich Freifunk-Netze aufbauen und unterhalten.

B. Lösung

Der Entwurf sieht eine Ergänzung der Katalogzwecke durch eine neue Ziffer 26 "Freifunk-Netze" in § 52 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung vor. Dadurch wird - unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 51 ff. der Abgabenordnung - eine Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit auch für Freifunk-Initiativen in der Rechtsform einer Körperschaft, z.B. Vereinen, eröffnet, die Kommunikationsnetzwerke aufbauen und unterhalten. Aus Wettbewerbsgründen ist es erforderlich, den Förderzweck auf unentgeltliche Tätigkeiten zu beschränken.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Bund

a) Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Steuermindereinnahmen in derzeit nicht exakt bezifferbarer, aber geringer Höhe.

b) Vollzugsaufwand

Keiner.

2. Länder

a) Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Steuermindereinnahmen in derzeit nicht exakt bezifferbarer, aber geringer Höhe.

b) Vollzugsaufwand

Keiner.

E. Sonstige Kosten

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind ebenfalls nicht zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Durch das Gesetz werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung neu eingeführt, geändert oder abgeschafft.

Gesetzesantrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Thüringen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung zwecks Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk

Die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen
Düsseldorf, 31. Januar 2017

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Thüringen haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung zwecks Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk zuzuleiten.

Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Hannelore Kraft

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung zwecks Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Abgabenordnung

Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 (BGBl. I S. 3152) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

§ 52 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt geändert:

Hinter Nr. 25 wird die folgende neue Nummer 26 eingefügt:

"26. die Einrichtung und Unterhaltung von Kommunikationsnetzwerken, die der Allgemeinheit ohne Gegenleistung offenstehen (Freifunk-Netze). Als Gegenleistung in diesem Sinne gilt insbesondere die Erlaubnis zur Verwendung oder Weitergabe der Nutzerdaten für gewerbliche Zwecke."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeines

I. Auswirkungen des Gesetzentwurfs

Auswirkungen auf das Steueraufkommen lassen sich nicht genau beziffern, ein signifikanter Rückgang des Steueraufkommens ist aber keinesfalls zu erwarten.

Im Übrigen werden jedoch keine Mehrkosten entstehen. Für die Allgemeinheit entsteht kein Erfüllungsaufwand.

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 Grundgesetz.

IV. Zustimmungsbedürftigkeit

Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird die Einrichtung und Unterhaltung von "Freifunk-Netzen" als neue Nummer 26 in den Katalog der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung aufgenommen. Grundvoraussetzung für die Steuerbegünstigung dieser wesentlichen Aktivität im Bereich Freifunk ist eine eindeutige, trennscharfe Definition des Förderzwecks. Diese erfolgt in Satz 1 der neuen Nummer 26.

Satz 2 der Regelung dient zur Abgrenzung des gemeinnützigen Freifunks von kommerziellen Angeboten im Bereich der Kommunikationsnetzwerke.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.