Der Bundesrat hat in seiner 948. Sitzung am 23. September 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 (§ 3 Absatz 2a Satz 1 EGovG)
In Artikel 1 sind in § 3 Absatz 2a Satz 1 das Wort "sollen" durch das Wort "haben" und das Wort "bereitstellen" durch das Wort "bereitzustellen" zu ersetzen sowie die Wörter ", soweit noch keine Informationen in geeigneter Form abgerufen werden können" zu streichen.
Begründung:
Mit der vorgesehenen Änderung des § 3 EGovG wird die Grundlage für eine standardisierte Darstellung von Verwaltungsleistungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene gelegt. Allein ist die Regelung für die Erfordernisse des E-Government zu unbestimmt und negiert die bisherigen Entwicklungen auf Ebene der Länder.
Durch die Formulierung des Absatz 2a als Soll-Vorschrift wird den obersten Bundesbehörden die Möglichkeit einer Ausnahme von der Zurverfügungstellung von standardisierten Informationen gegeben. Die Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung ergibt sich auch nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf. Vielmehr wird ausgeführt, dass die Bundesministerien sowie alle weiteren obersten Bundesbehörden verpflichtet werden, zu Gesetzen und Verordnungen des Bundes Leistungsinformationen zur Verwendung auf Bundes-, Länder- und Kommunalportalen bereitzustellen (Begründung Buchstabe B, zu Artikel 1).
Weiter wird eingeschränkt, dass diese Bereitstellung nur erfolgt, soweit noch keine Informationen in geeigneter Weise abgerufen werden können. Auch für diese Einschränkung sieht die Begründung keinen Raum. Durch das Föderale Informationsmanagement sind die Länder bestrebt, Informationen zu Verwaltungsleistungen standardisiert anzubieten. Ob dies in jedem Fall erfolgt, kann aber bisher mangels einer hinreichenden Beteiligung des Bundes nicht abschließend festgestellt werden. Wenn der Bund zu einer anderen Auffassung gelangt wäre, bestünde nicht die Notwendigkeit der Einfügung des Absatz 2a. Es ist daher für eine standardisierte, mithin einheitliche, Darstellung von Verwaltungsleistungen nach Bundesrecht zwingend erforderlich, dass auch bestehende Informationen zu diesen Leistungen geprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Diese Prüfung kann allein durch die obersten Bundesbehörden erfolgen.
2. Zu Artikel 2 und 3 (§ 147 AO, EG AO)
Die Artikel 2 und 3 sind zu streichen.
Begründung:
Zur Streichung von Artikel 2
Die vorgesehene Änderung von § 147 AO ist aus zwei Gründen zu streichen:
- a) Es wird bezweifelt, ob die Änderung geeignet ist, die beabsichtigte bürokratieentlastende Wirkung zu entfalten.
Nach § 31 UStDV kann eine Rechnung aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die nach § 14 Absatz 4 UStG geforderten Angaben ergeben. Sofern die Rechnung auf die Lieferscheine etwa wegen der Menge und der Art der gelieferten Gegenstände oder des Zeitpunkts der Leistung Bezug nimmt, sind diese als Bestandteil der Rechnung anzusehen und dürften daher auch zukünftig nicht vernichtet werden. Dies gilt sowohl für bilanzierende Unternehmen, als auch für Unternehmen, die eine vereinfachte Einnahmen-Überschussrechnung vorlegen ( § 22 UStG). Die vorgeschlagene Änderung würde damit sogar einen Mehraufwand verursachen, weil sich die Unternehmen zunächst Klarheit über die von ihnen zu erfüllenden Aufbewahrungspflichten verschaffen müssten.
Im Falle des Verweises in der Rechnung auf den Lieferschein besteht zudem die Gefahr, dass aufgrund der gesetzlichen Neuregelung auch in diesen Fällen der Lieferschein entsorgt wird, auch wenn dies nicht die Intention des Gesetzgebers war. Darüber hinaus wird im Rahmen der Nachweisführung für die Steuerbefreiung von Umsätzen bei der Ausfuhr und von innergemeinschaftlichen Lieferungen den Unternehmen zugestanden, die entsprechenden Nachweise unter Einbeziehung der Lieferscheine zu führen. Der Wegfall der Aufbewahrungspflicht für Lieferscheine würde diese - im Sinne der Wirtschaft eingeführten - Verfahrensvereinfachungen in Frage stellen.
- b) Die Maßnahme kollidiert mit dem Kernanliegen, Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen.
Lieferscheine sind für die Steuerfahndung häufig der einzige Ansatzpunkt bei der Ermittlung von Steuerhinterziehung im Bereich der Bargeschäfte. Derartige Sachverhalte könnten nur noch erschwert aufgedeckt werden, wenn die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Lieferscheinen entfällt. Das gilt auch in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige nicht buchführungspflichtig ist.
Lieferscheine enthalten auch Informationen, die nicht zwingend nach § 14 Absatz 4 UStG in der Rechnung anzugeben sind. Daher sollte von der vorgesehenen Verkürzung der Aufbewahrungspflicht Abstand genommen werden. So sind z.B. Angaben zum Ort der Lieferung, die häufig auf Lieferscheinen angegeben werden, kein zwingender Rechnungsbestandteil. Diese Kenntnis kann aber durchaus bei der steuerlichen Sachverhaltsermittlung von Bedeutung sein. Auch sind in der Rechnung häufig keine "Gratislieferungen" von Gegenständen enthalten, die unter dem Blickwinkel von "verstecken Rabatten" oder eines "geldwerten Vorteils" steuerlich relevant sind. Zudem ergeben sich aus Lieferscheinen zusätzliche Verprobungsmöglichkeiten über die Vollständigkeit der angefertigten oder erhaltenen Rechnungen.
Zur Streichung von Artikel 3
Folgeänderung aus der Streichung von Artikel 2
3. Zu Artikel 4 (§ 40a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 EStG)
Artikel 4 ist wie folgt zu fassen:
"Artikel 4
Änderung des Einkommensteuergesetzes
Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1914) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. In § 40a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 wird die Zahl "68" durch die Zahl "72" ersetzt.
- 2. § 41a Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz wird wie folgt gefasst:... (weiter wie Regierungsentwurf)"
Begründung:
Zu Artikel 4 (Einleitung und Nummer 2)
Redaktionelle Folgeänderung wegen einer zusätzlichen Änderung des Einkommensteuergesetzes.
Zu Nummer 1
Eine Pauschalierung von steuerlich kurzfristig Beschäftigten mit 25 Prozent ist nur zulässig, wenn der durchschnittliche Tageslohn 68 Euro nicht übersteigt. Die durchschnittliche Tageslohngrenze knüpft an den Mindestlohn an (8 Stunden x 8,50 Euro = 68 Euro). Da der Mindestlohn zum 1. Januar 2017 aller Voraussicht nach auf 8,84 Euro steigt, ist die durchschnittliche Tageslohngrenze zu erhöhen.
4. Zu Artikel 5 (UStG-DV)
In der Vergangenheit sind aus der Anhebung der Grenze bei Kleinbetragsrechnungen um 50 Euro die Haushaltsmindereinnahmen auf bis zu 80 Millionen Euro pro Jahr beziffert worden. Demgegenüber weist der Gesetzentwurf hierzu keine finanziellen Auswirkungen aus.
Die Bundesregierung wird daher darum gebeten, die Diskrepanz im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens aufzuklären.
Begründung:
Im Rahmen der Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen wegen der Anhebung der Betragsgrenzen für Kleinbetragsrechnungen ist die damalige Bundesregierung bei der Erhöhung von 100 Euro auf 150 Euro im Rahmen des Ersten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere der mittelständischen Wirtschaft vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 1970) von Haushaltsmindereinnahmen von bis zu 80 Millionen Euro pro Jahr ausgegangen (BR-Drucksache 302/06 (PDF) , S. 17). Das Finanztableau des aktuellen Gesetzentwurfs weist demgegenüber zu der Anhebung der Grenze um weitere 50 Euro von 150 Euro auf 200 Euro keine Haushaltsausgaben aus. Nicht zuletzt wegen von der Bundesregierung vermuteten Gesamtzahl der von der Änderung betroffenen Rechnungen bedarf diese Diskrepanz der Aufklärung im Verlaufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens.