Antrag des Freistaats Thüringen
Entschließung des Bundesrates zur Überprüfung des Katalogs der Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuergesetz

Freistaat Thüringen Erfurt, 3. September 2019
Der Ministerpräsident

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Thüringer Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Überprüfung des Katalogs der Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuergesetz zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 980. Sitzung des Bundesrates am 20. September 2019 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

Entschließung des Bundesrates zur Überprüfung des Katalogs der Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuergesetz

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, eine strukturelle Neuordnung und Überprüfung der Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuerrecht vorzunehmen und fordert die Bundesregierung auf, die notwendigen Schritte einzuleiten. Handlungsbedarf besteht unter anderem bei der Besteuerung von Dienstleistungen für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Dabei sollte sowohl eine einheitliche ermäßigte Besteuerung des Grundbedarfs erreicht werden, aber auch überprüft werden, ob alle derzeitigen Ausnahmen vom regulären Umsatzsteuersatz noch zeitgemäß sind.

Unabhängig von dem grundsätzlichen Überarbeitungsbedarf, wird die Bundesregierung aufgefordert, zum nächstmöglichen Zeitpunkt Hygiene-Produkten für Frauen in die Liste der Produkte mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz aufzunehmen.

Begründung:

Die durch die Petition zur Steuersenkung auf Monatshygiene-Produkte in Deutschland hervorgerufene Diskussion macht erneut deutlich, dass die bestehenden bzw. nicht bestehenden Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuerrecht für die Bürger zum Teil nicht mehr nachvollziehbar sind.

In anderen EU-Staaten, wie Frankreich und Spanien erfolgte bereits eine Absenkung des Steuersatzes auf diese Produkte. Das Europäische Parlament hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, die sogenannte Pflege- und Tamponsteuer abzuschaffen.

Dieses Beispiel ist eines von vielen, welches deutlich macht, dass eine strukturelle Neuordnung und Überprüfung des Anwendungsbereiches des ermäßigten Umsatzsteuersatzes erforderlich ist.

Bei einer Überprüfung der Ermäßigungstatbestände sollte insbesondere eine stärkere Entlastung von Familien erreicht werden. Handlungsbedarf besteht auch bei der Besteuerung der Verpflegung in Schulen, Kindertagesstätten und vergleichbaren sozialen Einrichtungen. Diese Speisen werden nur in einem Teil der Einrichtungen ermäßigt besteuert. Die Voraussetzungen, die derzeit dazu führen, sind von den Eltern kaum beeinflussbar.

Es war richtig, für viele Medizinprodukte zur Kompensation einer Behinderung den ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Allerdings werden auch in diesem Bereich durchaus vergleichbare Produkte ungleich behandelt. So wird zum Beispiel für Brillen der volle Mehrwertsteuersatz erhoben und nicht wie zum Beispiel für Hörgeräte der ermäßigte Satz.

Für die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ist ein ausgewogenes und schlüssiges Gesamtkonzept notwendig. Dieses Gesamtkonzept soll dazu führen, dass in einzelnen Bereichen festgestellte Handlungsbedarfe angemessen und für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar berücksichtigt werden.

Sowohl für den Bürger nicht nachvollziehbare Belastungswirkungen, als auch nicht mehr zeitgemäße Ermäßigungstatbestände sind dringend zu korrigieren.