Der Bundesrat hat in seiner 948. Sitzung am 23. September 2016 beschlossen, zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017 gemäß Artikel 110 Absatz 3 des Grundgesetzes und zu dem Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 gemäß § 9 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft und gemäß § 50 Absatz 3 Satz 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf und zum Finanzplan allgemein
- a) Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen stellen sich trotz gestiegener Risiken derzeit nach wie vor günstig dar. Die Binnennachfrage bleibt weiterhin robust - wenn auch das Wachstum des privaten Konsums sowie von Bau- und Ausrüstungsinvestitionen zuletzt etwas geringer ausfiel bzw. sogar rückläufig war. Der Export zeigt sich im ersten Halbjahr 2016 nach einer Schwächephase im zweiten Halbjahr 2015 wieder als wichtige Stütze der wirtschaftlichen Dynamik. Die meisten Prognosen gehen derzeit von einer Fortsetzung der positiven Entwicklung in kurzer und mittlerer Frist aus. Die aus finanzpolitischer Sicht gute Wirtschaftslage in Deutschland mit einer stabilen Binnenkonjunktur und einer ausgesprochen günstigen Lage am Arbeitsmarkt dürfte sich in den kommenden beiden Jahren aus heutiger Sicht daher nicht wesentlich ändern.
- b) Dies setzt jedoch voraus, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und der Welt weiter stabilisiert. Die gesamtwirtschaftlichen Risiken bleiben allerdings hoch. Das gilt insbesondere mit Blick auf den außenwirtschaftlichen Bereich. Dort haben die Risiken zuletzt sogar zugenommen, etwa durch das "Brexit"-Votum im Vereinigten Königreich. Zudem sind die Nachfrageschwäche bei wichtigen europäischen Handelspartnern sowie die Instabilitäten im Banken- bzw. Finanzsektor in Europa noch nicht überwunden. Weitere belastende Faktoren könnten sich etwa durch eine Verschärfung geopolitischer Konflikte oder die zunehmende Bedrohung durch den Terrorismus ergeben.
- c) Mit dem Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2017 legt die Bundesregierung das dritte Mal in Folge einen Haushalt vor, der ohne Nettoneuverschuldung auskommt. Die Finanzplanung sieht zudem bis einschließlich des Jahres 2020 vor, Einnahmen und Ausgaben ohne neue Nettokreditaufnahme in Einklang zu bringen. Diese Entwicklung wird weiterhin erheblich vom historisch niedrigen Zinsniveau sowie der sehr guten Lage am Arbeitsmarkt befördert. Die günstigen Rahmenbedingungen erlauben der Bundesregierung gegenwärtig eine insgesamt expansiv ausgerichtete Ausgabenpolitik, ohne den Kurs einer Nullverschuldung in Frage stellen zu müssen.
- d) Die Finanzpolitik steht auch künftig gesamtstaatlich vor großen Herausforderungen, die etwa mit der Integration der hohen Zahl an Flüchtlingen und der demographischen Entwicklung verbunden sind. Um die absehbaren finanziellen Belastungen der nächsten Jahre tragen zu können, bedarf es deshalb auch weiterhin eines hohen Maßes an Haushaltsdisziplin. Eine gesicherte Einnahmenbasis und eine strikte Ausgabendisziplin sind die Voraussetzungen dafür, dass auch künftig finanzpolitische Herausforderungen bei Einhaltung der verfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenzen bewältigt werden können.
- e) Unabhängig davon ist es wichtig, die strukturellen Rahmenbedingungen gezielt zu verbessern, etwa indem wachstumsfreundliche Ausgabenbereiche ein höheres Gewicht erhalten. Der Bundesrat hält es daher aus finanz- und ordnungspolitischer Sicht für geboten, den Fokus der staatlichen Ausgaben noch stärker auf investive sowie zukünftig wachstumsfördernde Ausgaben zu legen, die dem Haushalt langfristig Mehreinnahmen generieren, wichtige Infrastrukturprojekte auf den Weg bringen und Anreize zur Aufnahme privater Investitionen schaffen.
- f) Der Bundesrat hält es für notwendig, dass sich Bund und Länder endlich auf ein gemeinsames Konzept für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einschließlich des Länderfinanzausgleichs verständigen. Es bedarf einer angemessenen Finanzausstattung aller Länder, die die umfassende und effektive Wahrnehmung ihrer Aufgaben nachhaltig sicherstellt. Der Bundesrat erwartet deshalb, dass der Bund den Ländern einen angemessenen Beitrag zur Verfügung stellt, und verweist hierzu auf das im Rahmen der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 3. Dezember 2015 verabschiedete gemeinsame Länder-Reformmodell. Dieses enthält weitreichende Zugeständnisse sowie Kompromisslinien und ist vom gemeinsamen Willen aller sechzehn Länder getragen, eine zeitnahe Einigung auch mit dem Bund herbeizuführen.
- g) Der Bundesrat unterstreicht, dass die erfolgreiche Bewältigung der Flüchtlingssituation eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt, die Bund, Länder und Kommunen mittel- und langfristig vor große Herausforderungen stellt. Er erinnert in diesem Zusammenhang an die Zusage des Bundes, sich dauerhaft und substantiell an den Kosten von Ländern und Kommunen zu beteiligen. Der Bundesrat erwartet daher, dass der Bund seine Beteiligung an den Flüchtlings- sowie den Integrationskosten auch über das Jahr 2018 hinaus in angemessener Weise fortsetzt.
- h) Mit Blick auf die Ausführungen zur Tilgung des Fonds Deutsche Einheit (FDE) erinnert der Bundesrat die Bundesregierung an die im Rahmen der Bund-Länder-Einigung zum Aufbauhilfegesetz im November 2013 gegebene Zusage, dass die Verpflichtung der Länder zu jährlichen Kompensationsleistungen in Höhe von 2,225 Mrd. Euro im Zusammenhang mit der Finanzierung des FDE bei einer vorzeitigen vollständigen Tilgung des FDE endet. Bei fortgesetzt niedrigem Zinsniveau dürfte dies aller Voraussicht nach im Jahr 2018 der Fall sein, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt sicherzustellen wäre, dass der Länderbeitrag entfällt.
- i) Die Finanzierung öffentlicher Aufgaben wird durch internationale Steuerflucht und Steuerhinterziehung in zweifacher Hinsicht in Frage gestellt: Sie entziehen dem Staat nicht nur unmittelbar einen bedeutenden Anteil seiner Finanzierungsmittel, sondern stellen gleichzeitig den für das Gelingen eines Gemeinwesens unverzichtbaren Handlungsmaßstab der Steuerehrlichkeit in Frage. Der Bundesrat betont ausdrücklich die Notwendigkeit für eine Umsetzung der von Bund und Ländern angestoßenen Maßnahmen zur erweiterten Mitwirkungspflicht von Steuerpflichtigen, der geplanten steuerlichen Anzeigenpflichten von Banken sowie erweiterten Ermittlungsbefugnissen der Steuerverwaltung.