A. Problem und Ziel
Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in Deutschland gehen nach der letzten Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahr 2011 zunehmend dazu über, bislang durch eigenes Personal oder Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erledigte Arbeiten nunmehr durch Fremdpersonal auf der Basis von Werkverträgen ausführen zu lassen.
In den letzten Monaten aufgedeckte Fälle nicht nur in der Fleischindustrie, sondern auch in anderen Branchen mit erheblicher Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland, offenbaren dabei nicht nur die allein profitorientierte Umgehung arbeits- und tarifrechtlicher Standards zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie dokumentieren darüber hinaus, dass mitten in Deutschland Tausende vor allem aus den südosteuropäischen Mitgliedstaaten stammende Menschen wegen fehlender Beschäftigungsalternativen in den Heimatländern bei uns unter nicht mehr für möglich gehaltenen, nach sozialstaatlichen Maßstäben untragbaren und zum Teil sogar menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen arbeiten müssen.
B. Lösung
Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowie im Betriebsverfassungsgesetz werden folgende Änderungen vorgenommen:
I. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz:
- - Durch die Ergänzung der Vorschriften über die Versagung und Verlängerung der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis wird der Erlaubnisbehörde die Befugnis eingeräumt, die Verlängerung der Erlaubnis schon bei dem darauf gerichteten erstmaligen Antrag und damit sehr viel früher zu versagen, wenn von der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bis dahin kein Gebrauch gemacht worden ist und deshalb anzunehmen ist, dass sie nur auf "Vorrat" beschafft wurde.
- - Die Vorschriften über die Unwirksamkeit von Leiharbeitsverträgen werden zur Verhinderung der sogenannten verdeckten Arbeitnehmerüberlassung trotz vorhandener Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis dahingehend ergänzt, dass zukünftig Arbeitnehmerüberlassung nur noch dann als erlaubte (wirksame) Arbeitnehmerüberlassung gilt, wenn sie eindeutig als solche kenntlich gemacht worden ist.
II. Betriebsverfassungsgesetz:
- - Die nach geltender Rechtslage bereits bestehende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben - zum Beispiel im Rahmen der Personalplanung - rechtzeitig und umfassend auch dann zu unterrichten, wenn es um den beabsichtigten Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten geht, wird zur Verdeutlichung nunmehr gesetzlich klargestellt.
- - Dem Betriebsrat wird bei einsatzbetriebsbezogenen Angelegenheiten des Arbeitsschutzes für die nach geltender Rechtslage in der Praxis betriebsverfassungsrechtlich zumindest faktisch schutzlosen Werkvertragsbeschäftigten ein Mitbestimmungsrecht und damit eine auf diese Fragen beschränkte "Doppelzuständigkeit" eingeräumt.
- - Die Besetzung eines Arbeitsplatzes im Betrieb mit einem Werkvertragsbeschäftigten wird hinsichtlich einzelner, dem Schutz der bereits im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dienenden Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrates den "personellen Maßnahmen" im Sinne des Gesetzes gleichgestellt.
C. Alternativen
Keine.
D. Kosten
Behördliche Pflichten werden nicht erweitert.
E. Sonstige finanzielle Auswirkungen
Es kommt zu einer nicht bezifferbaren, aber als niedrig einzuschätzenden Mehrbelastung der Unternehmen durch eine Ausweitung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates und der Melde- und Berichtspflichten der Verleihunternehmen.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen und zur Verhinderung der Umgehung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen
Der Bundesrat hat in seiner 914. Sitzung am 20. September 2013 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim 18. Deutschen Bundestag einzubringen.
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen und zur Verhinderung der Umgehung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 46 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), wird wie folgt geändert:
1. § 3 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Absatz 3 wird folgender neuer Absatz 4 eingefügt:
(4) Die Verlängerung kann versagt werden, wenn der Antragsteller seit Erteilung der Erlaubnis keine gegenüber den beschäftigten Leiharbeitnehmern und Entleihern kenntlich gemachte und eindeutig als solche bezeichnete Arbeitnehmerüberlassung betrieben hat."
- b) Die bisherigen Absätze 4 und 5 werden Absätze 5 und 6.
2. In § 8 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 werden nach dem Wort "Zahl" ein Komma und die Wörter "Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung" eingefügt.
3. § 9 Nummer 1 wird wie folgt gefasst:
"1. Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn
- a) der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat oder
- b) bei vorhandener Erlaubnis die Überlassung des Leiharbeitnehmers nicht eindeutig als Arbeitnehmerüberlassung kenntlich macht und als solche bezeichnet oder
- c) die Arbeitnehmerüberlassung nicht vorübergehend erfolgt,".
Artikel 2
Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes
Das Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), zuletzt geändert durch Artikel 3 Absatz 4 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 2424), wird wie folgt geändert:
1. § 80 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 2 wird der Halbsatz 2 durch folgenden Halbsatz ersetzt:
"im Fall von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen und länger als einen Monat auf dem Betriebsgelände tätig sind, sind dem Betriebsrat die Verträge des Arbeitgebers mit diesen Personen oder mit deren Arbeit- oder Auftraggebern einschließlich der Unterlagen über Einsatztage und Einsatzzeiten sowie Informationen zu den Arbeitsaufgaben und den Arbeitsabläufen einschließlich der Zusammenarbeit mit den Betriebsangehörigen zur Verfügung zu stellen."
- b) Nach Satz 2 wird folgender Satz 3 eingefügt:
"Im Rahmen der Zurverfügungstellung der Unterlagen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen."
2. In § 87 Absatz 1 Nummer 7 werden nach dem Wort "Unfallverhütungsvorschriften" die Wörter "für alle auf dem Betriebsgelände tätigen Personen" angefügt.
3. Dem § 92 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
"Die Unterrichtungspflicht erstreckt sich auch auf den geplanten Einsatz von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen und länger als einen Monat auf dem Betriebsgelände tätig sein sollen."
4. Nach § 99 wird der folgende § 99a eingefügt:
" § 99a Mitbestimmung bei Einsatz von Fremdpersonal
- (1) Die in § 99 Absatz 1 Satz 1 genannten Pflichten des Arbeitgebers gelten entsprechend bei Personen, die zu ihm nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, gleichwohl aber länger als einen Monat auf dem Gelände seines Betriebes tätig sein sollen oder sind.
- (2) Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zum Einsatz der in Absatz 1 genannten Personen jedoch nur in den Fällen des § 99 Absatz 2 Nummern 1, 3 und 6 verweigern.
- (3) § 99 Absatz 1 Satz 3, Absätze 3 und 4 sowie §§ 100 und 10 1 sind entsprechend anzuwenden."
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
Gemäß § 631 Absatz 1 BGB wird durch den Werkvertrag der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift kann Gegenstand eines Werkvertrages sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
Werkverträge sind aus der heutigen spezialisierten und arbeitsteilig organisierten Praxis der Betriebe und Unternehmen in Deutschland nicht wegzudenken und wichtiger denn je zuvor.
Nicht jedes Unternehmen kann sämtliche für die Erreichung seines Betriebszweckes notwendigen Produkte, Gewerke, Leistungen und Fachkompetenzen im eigenen Betrieb herstellen oder personell vorhalten. Das, was in den Unternehmen nicht vorhanden ist und nur gelegentlich gebraucht wird, muss "eingekauft" werden. Die so praktizierte Arbeitsteilung trägt maßgeblich zur Wertschöpfung bei und ist als solche anerkennenswert.
Dieser ursprüngliche Anwendungsbereich von Werkvertragskonstruktionen hat sich in den letzten Jahren allerdings massiv ausgeweitet und erfasst heute Bereiche des Fremdpersonaleinsatzes, die bis zu der im Jahr 2011 erfolgten "Reregulierung" des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes maßgeblich durch Leiharbeitsverhältnisse geprägt waren. Bis 2011 haben Unternehmen nicht nur wegen des dadurch möglichen flexibleren Personaleinsatzes und der Abdeckung von Auftragsspitzen, sondern auch um Personalkosten zu senken, in noch weitaus höherem Maß Leiharbeit genutzt. In das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wurden als Folge und Reaktion auf die immer heftigeren Diskussionen um Lohndumping und Ersetzung ganzer Stammbelegschaften mittels Leiharbeit unter anderem eine "Lohnuntergrenze" und die sogenannte "Drehtürklausel" eingefügt, um Leiharbeitskräfte effektiver zu schützen. Nachdem nunmehr auch noch das Bundesarbeitsgericht die Tariffähigkeit einiger christlicher Gewerkschaften verneint und seine Rechtsprechung zur Konzernleihe sowie zur Frage, welche Zeitspanne bei der Überlassung als im Sinne des Gesetzes "vorübergehend" anzusehen ist, zugunsten der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer verändert hat, haben viele Unternehmen zur Vermeidung der mit der Leiharbeit verbundenen Einschränkungen sowie der im Vergleich zu Werkverträgen höheren Kosten, "Gefahren und Risiken" auf Fremdpersonaleinsatz mittels Werkvertragskonstruktionen umgestellt.
Diese Umstellung ist keine Randerscheinung mehr. Die Ergebnisse einer umfangreichen Betriebsrätebefragung der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG), aber auch vorliegende Forschungsbefunde zeigen, dass in vielen Branchen eine eindeutige Entwicklung hin zu einem vermehrten Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten, die bei den "Werkbestellern" Arbeiten ausführen, die zuvor von dortigen Stammbeschäftigten erledigt worden sind, besteht. Danach sind zum Beispiel in den großen Schlachthöfen - insbesondere in Niedersachsen - zum Teil nur noch 20 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Unternehmen selbst angestellte Stammbeschäftigte, fünf Prozent Leiharbeitskräfte und 75 Prozent Werkvertragsbeschäftigte vorrangig aus den südosteuropäischen EU-Mitgliedstaaten. In der gesamten Fleischindustrie sind es 35 Prozent, in der Zuckerindustrie wie bei den Werften 20 Prozent, in der Getränkeindustrie 10 Prozent aller Beschäftigten, die auf Werkvertragsbasis in den Einsatzbetrieben arbeiten.
Die Betriebsrätebefragungen, aber auch auf Zeugenaussagen ehemaliger Werkvertragsbeschäftigter beruhende Medienberichte belegen, dass dies nicht nur in Einzelfällen, sondern in vielen Unternehmen, vor allem der Schlacht- und Zerlegebranche, zu Arbeits- und Lebensbedingungen der Werkvertragsbeschäftigten geführt hat, die nur noch als skandalös und zum Teil sogar als menschenunwürdig zu bewerten sind.
Das Instrument Werkvertrag wird dort systematisch mit dem alleinigen Ziel der Profitmaximierung nur noch zum Schein, das heißt zur Umgehung oder Vermeidung arbeitsrechtlicher Standards genutzt. Tatsächlich erweisen sich formale Werkvertragskonstruktionen materiell als verdeckte Arbeitnehmerüberlassung.
Von spektakulären Fällen (Monatslohn von 174 Euro, Stundenlöhne zwischen 3 und 5,50 Euro, Verweigerung der Lohnzahlung, Abzug unverhältnismäßig hoher Beträge für die Zurverfügungstellung von zum Teil menschenunwürdigen Unterkünften und Transport) abgesehen, verdienen Werkvertragsbeschäftigte ausweislich genannter Betriebsrätebefragung bis zu zehn Euro, durchschnittlich 5,84 Euro weniger als Stammbeschäftigte.
Das Lohnniveau liegt damit noch niedriger als bei den Leiharbeitskräften, die ihrerseits bereits eine hohe Lohndifferenz zu den Stammbeschäftigten aufweisen.
Vor allem Werkvertragsbeschäftigte aus Bulgarien und Rumänien, die sich mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache und aus Angst, bei Beschwerden über ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen den dringend benötigten Verdienst zu verlieren, nicht wehren (können), werden oft Opfer ausbeuterischen Lohndumpings skrupelloser Geschäftemacher.
Profiteure hiervon sind wegen der dadurch möglichen geringeren Kosten letztlich aber auch die deutschen Vertragspartner, die ihre Mitverantwortung für die Situation der Werkvertragsbeschäftigten jedoch regelmäßig verneinen.
Selbst wenn ein allgemeiner, flächendeckender Missbrauch von Werkvertragskonstruktionen empirisch nicht belegt ist, ist es Aufgabe eines sozialen Rechtsstaats, hier einzuschreiten. Abzuwarten hieße, die vielen tausend Werkvertragsbeschäftigten, die gegenwärtig unbestritten unter den vorgenannten Bedingungen in den Betrieben deutscher Unternehmen arbeiten und leben müssen, ihrem Schicksal zu überlassen und den Ruf Deutschlands als Wirtschaftsstandort weiter zu beschädigen.
Denn die Werkvertragsbeschäftigten selbst verfügen über keinerlei Interessenvertretung, die sie schützt und ihre Belange vertritt.
Der Betriebsrat des Einsatzbetriebs ist - anders als teilweise für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer - für sie als sogenanntes Fremdpersonal nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nicht zuständig.
In den (ausländischen) (Sub-)Unternehmen, die Werkvertragsbeschäftigte rekrutieren und - zum Teil über deutsche Verleihfirmen - in die Einsatzbetriebe zur Erfüllung des "Werkvertrags" entsenden, gibt es eher selten einen Betriebsrat oder eine anderweitige Mitarbeitervertretung.
Bei der Frage nach dem sich daraus ergebenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf ist jedoch sorgfältig abzuwägen zwischen dem Recht der Unternehmen, strategische Entscheidungen bezüglich der Ausführung von Arbeiten mit eigenen Beschäftigten oder durch Auslagerung der Aufgabenerledigung weiterhin nach den Maßstäben unternehmerischer Verantwortung für den Betrieb treffen zu können, und den schützenswerten Rechten der Werkvertragsbeschäftigten. Die Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen darf nicht zu Regelungen führen, die bereits die Absicht, dieses Instrument der arbeitsteiligen Wirtschaft (verantwortungsvoll) zu nutzen, dem Verdacht der Umgehung von Arbeitnehmerschutzrechten aussetzt.
An anderer Stelle ist bereits gefordert worden, die sachlichen und personellen Ressourcen der zuständigen Stellen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll, die im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit bereits heute auch für die Überprüfung von Werkverträgen zuständig sind, zu verbessern bzw. aufzustocken. Bei der vorliegend vorgeschlagenen Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes geht es über die vorstehende Forderung hinaus darum, bestimmte unternehmerische Strategien, die auf die formelle Nutzung von Werkvertragskonstruktionen zur Verdeckung eigentlich vorliegender Arbeitnehmerüberlassung hindeuten, im Interesse eines notwendig effektiven Arbeitnehmerschutzes von vornherein zu unterbinden bzw. über die geltenden Möglichkeiten hinaus zu sanktionieren.
Damit Unternehmen, die formal Werkvertragsbeschäftigte bei einem Dritten einsetzen, welche tatsächlich als Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer tätig werden, sich im Falle der Aufdeckung nicht darauf zurückziehen können, über eine Arbeitnehmerüberlassung zu verfügen, die sie allein für diesen Fall auf Vorrat beantragt haben, muss das Verleihunternehmen schon frühzeitig, das heißt vor der Beantragung der Verlängerung der Erlaubnis für ein weiteres Jahr, tatsächlich erlaubte und als solche kenntlich gemachte Arbeitnehmerüberlassung betrieben haben, um eine Verlängerung der erstmals erteilten Erlaubnis zu erhalten.
Zwecks Ermöglichung der Kontrolle durch die Erlaubnisbehörde sind entsprechende Daten zudem zukünftig in die halbjährlich von den Verleihunternehmen zu erstattenden statistischen Meldungen aufzunehmen. Auf diese Weise wird der in zahlreichen Fällen festgestellten Praxis, die Erlaubnis nur zu beantragen, um diese für den Fall unerwünschter und gegebenenfalls negativ ausfallender Überprüfung des "Werkvertrages" durch die zuständigen Behörden vorweisen zu können, wirkungsvoll begegnet. Dementsprechend und ergänzend wird die Pflicht begründet, Arbeitnehmerüberlassungsverträge eindeutig als solche zu bezeichnen.
Mit dieser Ergänzung des Gesetzes wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz relativ umfängliche Schutz der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer nicht nur durch verdeckte Arbeitnehmerüberlassung ohne Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis unterlaufen wird, sondern auch durch verdeckte Arbeitnehmerüberlassung trotz vorhandener Erlaubnis. Die abschreckende Konsequenz eines Verstoßes gegen die in Form eines weiteren Unwirksamkeitstatbestandes geregelte Transparenzpflicht besteht darin, dass wie bei Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis für die betroffene Arbeitskraft ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher oder Einsatzbetrieb fingiert wird.
Bei der Aufgabe, das Unterlaufen von Arbeitnehmerschutzrechten durch missbräuchlichen Einsatz von Werkvertragskonstruktionen (wenn möglich schon vorab) zumindest einzudämmen, kommt darüber hinaus dem Betriebsrat erhebliche Bedeutung zu. Durch seine Tätigkeit vor Ort ist er mit den Umständen im Betrieb vertraut und daher in der Lage, den Einsatz von Fremdpersonal und die damit verbundenen Effekte im Unternehmen einschätzen zu können. Um hier drohendem Missbrauch entgegen zu wirken, ist es aber nicht erforderlich, dem Betriebsrat bei der Frage, ob im Einzelfall überhaupt Fremdpersonal eingesetzt werden soll oder nicht, ein die freie Unternehmerentscheidung einschränkendes "hartes" Mitbestimmungsrecht einzuräumen. Schon bei Nutzung seiner Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte (Information, Beratung, Vorschläge, Erörterung) stehen dem Betriebsrat mehrere Instrumente zur Verfügung, eventuelle auf die Umgehung von Arbeitnehmerschutzrechten ausgerichtete Strategien des Arbeitgebers zu verhindern oder als solche zu "entlarven". Er hat damit zumindest theoretisch schon jetzt mehr Möglichkeiten der Einflussnahme als dies nachträglich überprüfende
Kontrollbehörden oder Änderungen zum Beispiel des Werkvertragsrechts leisten könnten. Die dem Betriebsrat insoweit zustehenden Rechte sind im Betriebsverfassungsgesetz aber nicht oder nicht ausreichend deutlich erkennbar. Sie werden deshalb von vielen Betriebsräten oft nicht in vollem Umfang oder nicht rechtzeitig genug wahrgenommen.
Darüber hinaus besteht bei Verneinung der Mitbestimmung des Betriebsrates in sozialen Angelegenheiten für längerfristig im Einsatzbetrieb beschäftigte Leiharbeitskräfte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine "betriebsverfassungsrechtliche Schutzlücke". Diese Schutzlücke gibt es bei Werkvertragsbeschäftigten in gleicher Weise. So ist bei Fragen des Arbeitsschutzes ein Koordinierungsbedarf gegeben, der eine einheitliche Regelung für nebeneinander oder gar zusammenarbeitende Beschäftigte zweier Arbeitgeber allein wegen der faktischen Zwänge erforderlich macht, weil sonst die Schutzfunktion des Gesetzes auch für Werkvertragsbeschäftigte außer Kraft gesetzt würde. Die Rechte des Betriebsrates des Einsatzbetriebs müssen in diesem Bereich daher auch auf Werkvertragsbeschäftigte erstreckt werden.
Die Einflussmöglichkeiten des Betriebsrates sind vor diesem Hintergrund durch ausdrückliche Klarstellungen im Gesetz noch deutlicher herauszustellen und dort, wo es die betriebliche Praxis erfordert, zum Teil auszuweiten.
Dies geschieht durch Änderungen oder Ergänzungen der Vorschriften über die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates ( § 80 BetrVG), die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten ( § 87 BetrVG), das Unterrichtungs-, Beratungs- und Vorschlagsrecht bei der Personalplanung ( § 92 BetrVG) sowie die Einfügung eines neuen § 99a. Mit dieser neuen Vorschrift wird ein dem Schutz der bereits im Betrieb Beschäftigten dienendes Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates auch bei Fremdpersonaleinsatz und dadurch gegebenenfalls drohenden Rechtsverstößen, Nachteilen und Störungen des Betriebsfriedens eingeführt.
Den vorstehend genannten Änderungen liegt dabei die gemeinsame Annahme zu Grunde, dass es für die Beantwortung der Frage, inwieweit durch den Einsatz von Fremdpersonal im Betrieb schützenswerte Interessen der Stammbelegschaft wie zum Beispiel Arbeitsschutzinteressen beeinträchtigt werden können, nicht auf das formale Vertragswerk ankommt, aufgrund dessen die Werkvertrags- oder Leiharbeitsbeschäftigten eingesetzt werden, sondern auf den eingenommenen Arbeitsplatz und dessen Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs, mithin wie das Vertragsverhältnis konkret gelebt wird. Der Betriebsrat muss deshalb zur Wahrnehmung der ihm vom Gesetz gegebenen Aufgaben schon möglichst frühzeitig, auf jeden Fall aber vor der Durchführung des Fremdpersonaleinsatzes prüfen können, ob es sich dabei um Leiharbeit, illegale Arbeitnehmerüberlassung oder "echte" Werkvertragsbeschäftigung handelt und gegebenenfalls die oben genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des AÜG)
Zu Nummer 1 (§ 3 Absatz 4 - neu -)
Die in den letzten beiden Jahren durch Betriebsrätebefragungen und im Rahmen der Aufdeckung spektakulärer "Lohndumping"-Fälle gewonnenen Erkenntnisse belegen nicht nur die Zunahme des Missbrauchs von Werkvertragskonstruktionen zur Verdeckung eigentlich vorliegender teurerer Arbeitnehmerüberlassung und zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Festzustellen ist zudem, dass viele "Personaldienstleistungsunternehmen", die ihre Beschäftigten in Drittbetrieben einsetzen, gerade und ausschließlich für den "Notfall" der Aufdeckung dieser Umgehungspraxis eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vorweisen können, die sie lediglich auf "Vorrat" beantragt und erhalten, jedoch bis dahin gar nicht für die im Gesetz vorgesehene Arbeitnehmerüberlassung genutzt haben.
Solche Erlaubnisse werden damit nicht nur nicht entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Zweck eingesetzt. Sie werden vielmehr nur beantragt, um das Verleihunternehmen, faktisch aber auch den Einsatzbetrieb für den genannten Notfall vor den berechtigten Ansprüchen der durch den Rechtsformmissbrauch um ihren nach Gesetz oder Tarifvertrag rechtmäßigen Lohn gebrachten Arbeitskräfte zu schützen. Mit der vorliegend vorgeschlagenen Regelung soll die Umsetzung dieser Umgehungsabsicht in die Praxis zumindest wesentlich erschwert werden.
Eine Änderung des § 2 Absatz 5 Satz 2 AÜG - wie zum Teil in der Literatur vorgeschlagen - reicht dazu nicht aus. Danach soll die frühestens nach drei Jahren mögliche, unbefristet erteilte Erlaubnis erlöschen, wenn der Verleiher nicht wie nach geltendem Recht drei Jahre, sondern drei Monate lang keinen Gebrauch von ihr gemacht hat. Bis zu diesem Zeitpunkt und für den Erhalt der unbefristeten Erlaubnis muss das Verleihunternehmen in jedem der vergangenen Jahre zumindest einen Verleihvorgang tatsächlich durchgeführt haben. Als Voraussetzung für die Erteilung der beiden vorhergehenden befristeten Erlaubnisse wird dies nach dem Gesetzeswortlaut nicht gefordert. Die Verleiherlaubnis kann der Verleihunternehmer somit theoretisch schon drei Jahre lang ausschließlich für die genannten unerwünschten prophylaktischen Zwecke im Besitz haben. Dieser Praxis muss zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt, das heißt bereits im ersten Jahr begegnet werden.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Unternehmen, die in der Zeitarbeitsbranche tätig sein wollen, zum Aufbau ihrer Geschäftsbeziehungen einen ausreichend bemessenen Zeitraum benötigen. Die Alternative eines Erlöschens der Erlaubnis nach den oben angesprochenen drei Monaten wäre insoweit als unverhältnismäßig kurz zu beurteilen. Auch der arbeitsmarktpolitische Zweck der Zeitarbeit, für viele vormals arbeitslose, gering qualifizierte Menschen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, würde so konterkariert.
Der Regelungszweck "Verhinderung von Vorratserlaubnissen" wird deshalb vorliegend in das Erlaubnis(verlängerungs-)verfahren integriert. Dem Verleihunternehmer, der - wenn er es denn will - spätestens neun Monate nach erstmaliger Erteilung der Erlaubnis deren Verlängerung beantragen muss, kann diese von der Erlaubnisbehörde versagt werden, wenn er seit der Erteilung der Ersterlaubnis tatsächlich als solche gekennzeichnete Arbeitnehmerüberlassung nicht durchgeführt hat. Die Versagungsentscheidung selbst erfolgt sachlich angemessen und verhältnismäßig unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Dabei sind die Gründe für die Nichtausübung der Erlaubnis bei der Entscheidung über die Verlängerung bzw. Versagung in die Abwägung einzubeziehen.
Zu Nummer 2 (§ 8 Absatz 1)
Mit der Änderung der Vorschrift des § 8 AÜG über die statistischen Meldungen wird die unter Nummer 1 dargestellte Änderung ergänzt. Zusätzlich zu den bisherigen Angaben, zu denen der Verleiher im Rahmen der halbjährlich an die Erlaubnisbehörde zu erstattenden statistischen Meldungen verpflichtet ist, muss er zukünftig auch Daten zum Beginn und zur Beendigung der jeweiligen Überlassungsfälle melden. Auf diese Weise wird der für das Verleihunternehmen nach § 3 Absatz 4 - neu - erforderliche Aufwand bei der Darlegung und Glaubhaftmachung bereits durchgeführter und als solcher kenntlich gemachter Arbeitnehmerüberlassung gering gehalten. Je nach Zeitpunkt der erstmaligen Erlaubniserteilung bilden die Angaben zudem die notwendige Grundlage für eine positive Verlängerungsentscheidung.
Zu Nummer 3 (§ 9 Nummer 1)
Nach dem geltenden § 9 Nummer 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitskräften unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat. Im Fall einer solchen offenen illegalen Arbeitnehmerüberlassung wird nach § 9 Nummer 1 in Verbindung mit § 10 Absatz 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zum Einsatzbetrieb/Verleiher fingiert. Offene illegale Arbeitnehmerüberlassung kommt in der Praxis aber nur selten vor.
Immer weiter verbreitet dagegen ist die hier interessierende verdeckte illegale Arbeitnehmerüberlassung mit vorhandener Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Mit dieser Ausprägung/Konstruktion wird der Arbeitnehmerschutz, den das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz mit seinen Konsequenzen bei einer Überlassung unter dem Deckmantel eines Werkvertrags ohne Überlassungserlaubnis vorhält - nämlich die Nichtigkeit des Scheinwerkvertrags ebenso wie des Vertrags zwischen Verleiher und Leiharbeitskraft und stattdessen ein fingiertes Arbeitsverhältnis (kraft Gesetzes) zum Einsatzbetriebsinhaber/Entleiher -, ebenfalls unterlaufen.
Die zum Teil auf Vorrat beantragte und erteilte Erlaubnis (siehe oben) verhindert, auch wenn sie nie zweckentsprechend eingesetzt werden sollte, sondern nur für den Fall der Aufdeckung des Rechtsmissbrauchs vorgehalten wird, die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher. Hieran haben nicht zuletzt wegen der in § 10 Absatz 3 AÜG bei fehlender Erlaubnis geregelten Qualifizierung sowohl des Verleihers (Scheinwerkvertragsnehmer) als auch des Einsatzbetriebs (Scheinwerkvertragsbesteller) als Arbeitgeber, die für die Zahlungsansprüche des betroffenen Arbeitnehmers gesamtschuldnerisch haften, beide ein erhebliches Interesse.
Bei der Nutzung von Scheinwerkverträgen ist die Privilegierung jener, die die Erlaubnis nur zum vorbeugenden Schutz vor Inanspruchnahme nach Maßgabe des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes beantragt und erhalten haben, gegenüber jenen ohne Erlaubnis, die die Arbeitnehmerschutzrechte nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz im Vertrauen darauf umgehen, nicht entdeckt zu werden, nicht zu rechtfertigen.
Mit der hier vorgeschlagenen Rechtsänderung greifen die Rechtsfolgen des § 10 Absatz 1 AÜG nunmehr bei allen Scheinwerkverträgen. Auch bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung mit Erlaubnis wird damit ein Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Einsatzbetriebs fingiert, wenn die Überlassung im Einzelfall nicht eindeutig als Arbeitnehmerüberlassung kenntlich gemacht worden ist.
Auch bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung soll zukünftig ein Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Einsatzbetriebs fingiert werden. Dies entspricht der konsequenten Umsetzung der neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu. Es reicht nicht aus, dass gerichtlich festgestellt wird, dass eine auf Dauer ausgerichtete Überlassung nicht unter den Geltungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes fällt. Ein solches Verhalten muss auch Konsequenzen haben, die gesetzlich zu regeln sind und nicht der Rechtsprechung überlassen werden dürfen.
Zu Artikel 2 (Änderung der BetrVG)
Zu Nummer 1 (§ 80 Absatz 2)
Zu Buchstabe a (Satz 2 Halbsatz 2 - neu -)
Mit der hier vorgeschlagenen Regelung wird die schon nach geltender Rechtslage bestehende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend über die Beschäftigung auch von Werkvertragsarbeitskräften zu unterrichten, gesetzlich klargestellt. Der Betriebsrat muss beurteilen können, ob es sich bei dem Einsatz von Fremdpersonal um einen "echten" Werkvertrag handelt oder Leiharbeit. Er muss dabei sein Unterrichtungsrecht auch laufend geltend machen können. Nur so kann er zum Beispiel beurteilen, ob sich durch eine nachträgliche Veränderung der Arbeitsabläufe aus einem Werkvertragsverhältnis eine Arbeitnehmerüberlassung entwickeln könnte oder bereits entwickelt hat.
Nur gelegentlich und nur kurze Zeit auf dem Betriebsgelände tätige externe Personen werden durch die Einmonatsfrist von der Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers ausgenommen und dessen Aufwand so sachgerecht begrenzt.
Zu Buchstabe b (Satz 3 - neu -)
Sprachliche Klarstellung.
Zu Nummer 2 (§ 87 Absatz 1 Nummer 7)
Für Werkvertragsbeschäftigte, die zur Erfüllung eines Werkvertrags vom Werkunternehmer in den Betrieb des Werkbestellers entsandt werden, ist nach geltender Rechtslage der Betriebsrat des entsendenden Werkunternehmens für die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten zuständig. Durch die neue Regelung werden die Rechte dieses Betriebsrates weder geschmälert noch beeinträchtigt. Sie erfahren vielmehr im Interesse des Schutzes der woanders eingesetzten Werkvertragsbeschäftigten dort eine Sicherung und Ergänzung, wo dieser Schutz ansonsten wegen der Umstände des Einzelfalls leer liefe. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn im Werkunternehmen kein Betriebsrat gewählt ist oder Angelegenheiten betroffen sind, die nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten im Einsatzbetrieb vor Ort und damit auch nicht vorab über noch so ausgefeilte Formulierungen und Vorgaben im Werkvertrag selbst zu regeln sind.
Hierbei geht es konkret um die in § 87 Absatz 1 Nummer 7 geregelten Angelegenheiten der Unfallverhütung und des Arbeitsschutzes. Würde man hier ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates des Einsatzbetriebs auch für Werkvertragsbeschäftigte weiterhin verneinen, so bestünde die gleiche "betriebsverfassungsrechtliche Schutzlücke", wie sie das Bundesarbeitsgericht bei längerfristig beschäftigten Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern angenommen hat. Der Arbeitsschutz der Werkvertragsbeschäftigten ist eng verknüpft mit dem der regulär im Betrieb Beschäftigten. Ein unvollständiger Arbeitsschutz der Werkvertragsbeschäftigten kann Auswirkungen auf die anderen Beschäftigten haben. Daher muss der Betriebsrat des Einsatzbetriebes hier mitbestimmen können. Auch beim Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten muss die Frage der Zuständigkeit des Betriebsrates des Einsatzbetriebs für die Bereiche der Unfallverhütung und des Arbeitsschutzes arbeitsplatz- und betriebsbezogen und nicht danach beantwortet werden, wer arbeitsvertraglicher Arbeitgeber der oder des Beschäftigten ist.
Dieses Beispiel zeigt die sich aus rein praktischen Erwägungen ergebende Erforderlichkeit der Geltung einheitlicher Regelungen im Einsatzbetrieb und der "Doppelzuständigkeit" des dortigen Betriebsrates.
Bei Fragen außerhalb der genannten "Sozialvorschrift", das heißt bei Fragen zu arbeitsvertraglich begründeten Arbeitsbedingungen dagegen bleibt es bei der ausschließlichen Zuständigkeit des Betriebsrates des beauftragten Unternehmens.
Zu Nummer 3 (§ 92 Absatz 1)
Die vorgeschlagene Ergänzung stellt die bereits durch entsprechende Rechtsprechung konkretisierte Rechtslage, nach der der Betriebsrat auch bei einer den Einsatz von Fremdpersonal beinhaltenden Personalplanung des Arbeitgebers frühzeitig umfassend zu unterrichten ist, gesetzlich klar. Auch hier wird mit der Vorgabe, dass die Vorschrift erst bei einer Tätigkeitsdauer von mindestens einem Monat, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehende Personen auf dem Betriebsgelände aufweisen müssen, der zusätzliche mit der Schutzaufgabe des Betriebsrates nicht zu rechtfertigende Aufwand des Arbeitgebers begrenzt.
Zu Nummer 4 (§ 99a - neu -)
Normzweck des § 99 Absatz 2 BetrVG und der dort abschließend genannten Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrates ist der Schutz der bereits im Betrieb Beschäftigten, der durch die Mitsprache des Betriebsrates bei der personellen Zusammensetzung des Arbeitsverbandes gewährleistet wird. Dieser Schutzauftrag des Betriebsrates wird durch den neuen § 99a und die in dessen Absatz 2 aufgenommenen Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Absatz 2 Nummern 1, 3 und 6 BetrVG auf den Einsatz von Fremdpersonal ausgedehnt.
Die Ergänzung ist erforderlich, nachdem die streitige Frage, ob es sich bei dem nicht nur gelegentlichen Einsatz einer Werkvertragsarbeitskraft - ähnlich wie beim Einsatz von Leiharbeitskräften - um eine "Einstellung" im Sinne des § 99 BetrVG handeln kann, vom Bundesarbeitsgericht nach der Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung nunmehr wieder verneint wird. Diese Rechtsprechung wird der dargestellten veränderten Praxis beim Fremdpersonaleinsatz und dem Schutzbedürfnis der Stammbelegschaft nicht mehr gerecht.
Zumindest bei den hier die Zustimmungsverweigerung erlaubenden Fragen,
- - ob der nicht nur kurzfristige Einsatz einer nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehenden Person im Betrieb gegen gesetzliche oder sonstige Vorschriften verstößt,
- - ob durch deren Einsatz Nachteile für die Stammbelegschaft oder eine Störung des Betriebsfriedens drohen,
kann es nicht auf die vom Bundesarbeitsgericht geforderten Voraussetzungen für die Annahme einer die Mitbestimmung auslösenden Einstellung ankommen, nach der das Personal der Fremdfirma in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers (derart) eingegliedert sein muss, dass dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz nach Ort und Zeit zu treffen hat und damit wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung übernimmt.
Mit der Einfügung des § 99a wird die insoweit nicht begründbare unterschiedliche Behandlung von Leiharbeitskräften und Werkvertragsbeschäftigten aufgehoben. Der Betriebsrat wird so bei der Bewältigung seiner sich immer schwieriger gestaltenden Aufgaben gestärkt, ohne die unternehmerische Entscheidungsfreiheit in der Frage, wie und mit welchen Mitteln der Arbeitgeber seine unternehmerischen Zwecke verfolgen will, unverhältnismäßig einzuschränken.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.