844. Sitzung des Bundesrates am 23. Mai 2008
A
- 1. Der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes aus folgendem Grund zu verlangen:
Zu Artikel 1 Nr. 10 Buchstabe c (§ 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c WPflG), Artikel 3 Nr. 22 Buchstabe b (§ 67 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c SG), Artikel 13 Nr. 3 Buchstabe c (§ 11 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c ZDG)
Das Gesetz ist wie folgt zu ändern:
- a) In Artikel 1 Nr. 10 Buchstabe c sind in § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c die Wörter "dessen Regelstudienzeit acht Semester nicht überschreitet und bei dem das Studium spätestens drei Monate nach Beginn der betrieblichen Ausbildung aufgenommen wird," zu streichen.
- b) In Artikel 3 Nr. 22 Buchstabe b sind in § 67 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c die Wörter "dessen Regelstudienzeit acht Semester nicht überschreitet und bei dem das Studium spätestens drei Monate nach Beginn der betrieblichen Ausbildung aufgenommen wird," zu streichen.
- c) In Artikel 13 Nr. 3 Buchstabe c sind in § 11 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c die Wörter "dessen Regelstudienzeit acht Semester nicht überschreitet und bei dem das Studium spätestens drei Monate nach Beginn der betrieblichen Ausbildung aufgenommen wird," zu streichen.
Begründung
Das vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz bewirkt, dass bei Studierenden, die gleichzeitig eine Berufsausbildung und ein Studium absolvieren, hinsichtlich der Frage der Zurückstellung vom Wehrdienst, von Dienstleistungen und vom Zivildienst zukünftig grundsätzlich auf das Studium abgestellt wird. Dies hat zur Folge, dass in so genannten dualen Studiengängen die Regelungen des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c WPflG, des § 67 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c SG und des § 11 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe c ZDG, wonach eine Zurückstellung erfolgen soll, wenn die Einberufung eine bereits begonnene Berufsausbildung unterbricht oder eine rechtsverbindlich zugesagte oder vertraglich gesicherte Berufsausbildung verhindern würde, grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen. Etwas anderes soll ausschließlich für Studiengänge gelten, deren Regelstudienzeit acht Semester nicht überschreitet und bei denen das Studium spätestens drei Monate nach Beginn der betrieblichen Ausbildung aufgenommen wird.
Die grundsätzliche Gleichbehandlung von Studierenden im dualen Studium (dualer Bildungsgang) mit Studenten in regulären Studiengängen ist sachlich nicht angemessen. Studierende in dualen Studiengängen müssen vielmehr durchgehend wie andere Auszubildende behandelt werden. Die Unterbrechung betrieblicher Ausbildungsverträge ist erheblich problematischer als die Unterbrechung eines regulären Studiums. Betriebe bieten häufig nur eine sehr begrenzte Zahl von Plätzen für Studierende im dualen Studium an. Das Risiko, dass konjunkturelle Schwankungen beziehungsweise Veränderungen der Unternehmensplanung eine Fortsetzung der Ausbildung nach einer Einberufung erschweren oder unmöglich machen, ist erheblich. Hinzu kommt, dass bereits die Suche nach einem "dualen Ausbildungsplatz" erschwert wird, wenn eine Einberufung zum Wehrdienst während der Ausbildungszeit nicht ausgeschlossen werden kann.
Unabhängig von den grundsätzlichen Erwägungen, die gegen eine Gleichbehandlung von "dualen" mit "regulären" Studierenden sprechen, führt die Formel "7 + 1" zu einer Differenzierung innerhalb der Gruppe der dualen Studiengänge. Während einige duale Studiengänge mit einem Zeitaufwand von sieben (Berufsakademien) oder sogar nur sechs Studiensemestern zuzüglich eines Prüfungssemesters absolviert werden können, benötigen auch "Nicht-Bummelstudenten" beispielsweise in den Studiengängen Maschinenbau/ Energie- und Anlagensysteme, Maschinenbau/Entwicklung und Konstruktion sowie Produktionstechnik und Management acht Semester und ein Prüfungssemester. Es wird erkennbar, dass die Formel "7 + 1" gerade in demjenigen Bereich nicht hilft, in denen in Deutschland momentan ein besonderer Fachkräftemangel festzustellen ist, nämlich in den Ingenieurwissenschaften. Gründe für eine Differenzierung zwischen verschiedenen dualen Studiengängen sind im Übrigen nicht erkennbar; eine solche Ungleichbehandlung macht die gesetzliche Regelung deshalb rechtlich anfechtbar.
Darüber hinaus ist es nicht sachgerecht, die Zurückstellung davon abhängig zu machen, dass das Studium spätestens drei Monate "nach Beginn der betrieblichen Ausbildung" aufgenommen wird. Denn typischerweise sind bei dualen Studiengängen die Phasen, in denen sich die Studenten in einem Ausbildungsbetrieb aufhalten, selbst bereits integraler Bestandteil des dualen Studiengangs; das duale Studium beginnt also nicht erst in Phasen des Curriculums, die auf dem Universitätscampus stattfinden.
B
- 2. Der federführende Ausschuss für Verteidigung empfiehlt dem Bundesrat, einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.