Der Bundesrat hat in seiner 928. Sitzung am 28. November 2014 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, die gesundheitsgefährdenden Emissionen von mobilen Maschinen und Geräten zu reduzieren. Er teilt die Auffassung der Kommission, dass eine Verschärfung des bestehenden Grenzwertregimes für Partikel- und Stickoxidemissionen von nicht für den Verkehr bestimmten mobilen Maschinen und Geräte notwendig ist, um das Ziel einer Luftqualität ohne negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu erreichen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt daher den Kommissionsvorschlag. Durch die vorgeschlagene neue Verordnung werden eine Vielzahl von nationalen Rechtsvorschriften und eine komplexe Richtlinie ersetzt, was die Übersichtlichkeit des Rechtsbereichs deutlich verbessern wird. Außerdem fördert die künftige Regelung mit ihrer Ausrichtung auf die internationale Angleichung technischer Anforderungen, insbesondere in Bezug auf den US-amerikanischen Markt, gleiche Wettbewerbsbedingungen und trägt auf diese Weise zu einer Stärkung der europäischen Industrie bei.
- 3. Aufgrund der krebserzeugenden Wirkung der Auspuffgase aus Dieselmotoren müssen zum Schutz der mit diesen Geräten arbeitenden Menschen die Dieselpartikelemissionen minimiert werden. Dies ist zusätzlich ein Beitrag zum Klimaschutz, da Rußpartikel klimawirksam sind und bei Anreicherung in der Atmosphäre zu einem beschleunigten Abschmelzen der Polkappen und Gletscher führen.
- 4. Der Bundesrat befürwortet die Wahl des Rechtsinstruments, da aus seiner Sicht eine Verordnung wesentlich besser als eine Richtlinie zur Zielerreichung geeignet ist. Durch die Wahl dieses Rechtsinstruments kann eine unionsweit einheitliche und zügige Rechtsetzung erfolgen und der Gefahr von Umsetzungsdefiziten entgegengewirkt werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der technischen Anpassungsnotwendigkeiten für die Hersteller von Interesse sowie im Hinblick auf einheitliche Standards bzw. auf eine frühzeitige Transparenz über zukünftig geltende Standards und der damit verbundenen Planungssicherheit für den EU-Binnenmarkt sinnvoll.
- 5. Der Bundesrat begrüßt die Einführung von Abgasvorschriften für verschiedene Motorenklassen und Unterklassen. Dies ermöglicht Emissionsgrenzwerte, die den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden können. Er ist der Auffassung, dass sich Abgasgrenzwerte für Binnenschiffe, Schienenfahrzeuge und Baumaschinen wegen ihrer Bedeutung für die Luftqualität in Ballungsräumen grundsätzlich am Stand der Technik im Straßenverkehrsbereich orientieren müssen. Der Bundesrat stellt jedoch fest, dass die Möglichkeiten dafür im Verordnungsvorschlag nicht ausgeschöpft werden. So wird für die großen NREDieselmotoren (> 560 kWh) mit hohen Emissionsmasseströmen ein deutlich weniger anspruchsvoller Partikelmasse- und Stickoxidgrenzwert vorgeschlagen als für kleinere Motoren dieser Klasse. Für Binnenschiffe und Lokomotiven sind schwächere Abgasgrenzwerte vorgesehen als für vergleichbar große Motoren in anderen Maschinen und Geräten. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich in den weiteren Verhandlungen für dementsprechend angepasste Grenzwerte einzusetzen.
- 6. Er fordert ferner, aufgrund der besonderen gesundheitlichen Bedeutung und Klimarelevanz von Dieselruß für alle Selbstzündungsmotoren ambitionierte Partikelanzahlgrenzwerte, insbesondere für Motoren in Lokomotiven, für die Motorenklassen NRE und NRG > 560 kWh sowie für kleinere Motoren > 75 kWh in Binnenschiffen.
- 7. Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass im Zusammenhang mit dem Verordnungsvorschlag und den laufenden Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP), mit denen eine Annäherung der Rechtsetzungen der USA und der EU herbeigeführt werden soll, in den USA lediglich ein Partikelmasseansatz verfolgt wird. Aus Sicht des Bundesrates dürfen die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA weder zur Absenkung bestehender Standards noch zu einem Verzicht auf zukünftige dem Vorsorgegedanken geschuldete Standardsetzungen führen (vergleiche BR-Drucksache 295/14(B) ).
- 8. Aufgrund der langen Lebensdauer von Motoren, die in nicht für den Verkehr bestimmten mobilen Maschinen und Geräten zum Einsatz kommen, wird die mit der vorgeschlagenen Verordnung angestrebte Emissionsreduzierung voraussichtlich erst in 20 bis 30 Jahren flächendeckend greifen. Vor dem Hintergrund der von der Kommission zutreffend dargestellten Bedeutung dieser Emissionsquellen für eine hohe Luftqualität bittet der Bundesrat die Bundesregierung, analog zum Motorenförderprogramm für Binnenschiffe, ein Förderprogramm für die Beschaffung besonders schadstoffarmer Maschinen und Geräte, insbesondere für Baumaschinen der neuen Abgasstufe V, aufzulegen.
- 9. Um für eine schnelle Marktdurchdringung emissionsarmer Geräte und Maschinen zu sorgen, bittet der Bundesrat, das Datum der vorgeschlagenen Anwendung der Verordnung auf die Typgenehmigung der Motoren einheitlich auf den 1. Januar 2018 festzulegen.
- 10. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission in Artikel 42 des Verordnungsvorschlags eine Regelung vorsieht, nach der die Messdaten der Zulassungsbehörde, aufgrund derer die Zulassung erteilt wurde, in einer zentralen Verwaltungsplattform und Datenbank eingesehen werden können. Nur so können auch von anderen nationalen Zulassungsbehörden der Mitgliedstaaten die Voraussetzungen, die zur Zulassung geführt haben, nachvollzogen werden.
- 11. Der Bundesrat unterstützt das in den Erwägungsgründen 17 und 18 des Verordnungsvorschlags dargestellte Konzept der Überwachung der Emissionen im realen Betrieb ausdrücklich, weil nur so Abweichungen zwischen den Messdaten, die zur Zulassung geführt haben, und den tatsächlich entstehenden Emissionen aufgedeckt werden können. Er fordert die Kommission auf, zügig einen Vorschlag für eine Prüfmethodik zur Überwachung der Einhaltung der Anforderungen im realen Betrieb mittels tragbarer Emissionsmesssysteme vorzulegen.
- 12. Zur Erleichterung der Kontrollen von Geräten und Maschinen im realen Betrieb und, um den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der EU-Mitgliedstaaten nicht zu behindern, bittet der Bundesrat die Kommission zu prüfen, ob ein unionsweites Kennzeichnungsregime über die CE-Kennzeichnung
hinaus mittels an der Maschine oder dem Gerät anzubringender Plakette implementiert werden kann. Dieses sollte aus Sicht des Bundesrates vor allem handgeführte Geräte und Baumaschinen betreffen, da diese für die Erbringung von Dienstleistungen über die Grenzen von Mitgliedstaaten hinweg eine besondere Rolle spielen. - 13. Ferner bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich für eine Emissionskennzeichnung in Analogie zur Energieverbrauchskennzeichnung bei handgeführten Geräten für den Einsatz bei Letztverbraucherinnen und -verbrauchern einzusetzen, da durch eine gut sichtbare Kennzeichnung dieser Geräte eine Lenkungswirkung hin zu besonders emissionsarmen Geräten erreicht werden kann.
- 14. Der Bundesrat hält an dem Grundsatz fest, dass die mit der Durchführung der Typprüfung betrauten technischen Dienste von den Maschinen- bzw. Motorenherstellern institutionell getrennt und unabhängig sein sollten. Er sieht mit Sorge, dass der Verordnungsvorschlag von diesem Grundsatz abweicht und erstmals bei der Prüfung der Konformität mit Schadstoffemissionsgrenzwerten eine Selbstprüfung durch die Motoren- bzw. Maschinenhersteller ermöglicht wird. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass die technischen Dienste wie bisher von den Herstellern institutionell getrennt und unabhängig tätig sein müssen.
- 15. Der Bundesrat stellt fest, dass auch benzingetriebene Motoren (Klasse NRS und NRSh) gesundheitsschädliche Abgase emittieren, die insbesondere bei handgehaltenen Geräten für die Nutzerinnen und Nutzer eine signifikante Gesundheitsgefahr darstellen. Es muss deshalb sichergestellt sein, dass die Abgasnachbehandlungssysteme dieser Maschinen auch über die gesamte Lebensdauer wirksam sind. Er bittet daher die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die für die Typprüfung vorgeschlagenen, sehr kurzen Zeitperioden (EDP) für die Ermittlung der Dauerhaltbarkeit dieser Systeme für die jeweils kleinste Motorenklasse deutlich verlängert werden.
- 16. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Verhandlungen auf europäischer Ebene für folgende Verbesserungen hinsichtlich der Regelungen über die Marktüberwachung einzusetzen:
- - Aus fachlicher Sicht der Marktüberwachung sollte im Verordnungstext klarer herausgearbeitet werden, welche Kontrollaufgaben die Marktüberwachungsbehörden neben der Tätigkeit der Genehmigungsbehörde haben und welche Pflichten für die Wirtschaftsakteure gegenüber den Marktüberwachungsbehörden bestehen. - Es sollte im Verordnungstext klar herausgestellt werden, dass der Prüfansatz für die Marktüberwachung sich umfassend darauf bezieht, ob ein Produkt im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 rechtskonform ist, und dass hierbei nicht allein Risikoaspekte maßgebend sind.
- - Damit für die Überwachungsbehörden keine zusätzlichen Kosten entstehen, sollte in der Verordnung ausdrücklich geregelt werden, dass die für die Prüfungen der Marktüberwachung erforderlichen Unterlagen, Informationen und Prüfmuster den Marktüberwachungsbehörden kostenlos von den Wirtschaftsakteuren zur Verfügung zu stellen sind.
- 17. Der Bundesrat erkennt in folgenden weiteren Bereichen noch Prüfungs- und gegebenenfalls Änderungsbedarf. Er bittet die Bundesregierung, dies bei den weiteren Beratungen des Vorschlags auf EU-Ebene zu berücksichtigen:
- - Die vorgesehene Regelung, Übergangsmotoren, deren EU-Typgenehmigung auf Grund neuer Anforderungen nicht mehr gültig ist, nach einem Zeitraum von 18 Monaten nach dem in Anhang III aufgeführten Datum nicht mehr in Verkehrbringen zu dürfen, erscheint unverhältnismäßig (Artikel 57 Absatz 7 Buchstabe a). Dies könnte bestimmte Anwendungen erheblich einschränken und insbesondere mittelständisch geprägte Hersteller mit geringen Stückzahlen überfordern. Der Bundesrat empfiehlt daher eine stufenweise Einführung und angemessene Verlängerung der vorgesehenen Regelung von 18 Monaten auf bis zu 24 Monate, abhängig vom Anwendungsbereich. Für spezielle Branchen muss zudem geprüft werden, ob eine Verlängerung um zwölf bzw. 24 Monate notwendig ist. - Der Verordnungsvorschlag enthält in Artikel 31 Absätze 3 und 5 keine klar gefassten Regelungen hinsichtlich Austauschmotoren ("Replacement engines"). Mobile Maschinen sind äußerst langlebige Güter, deren Motoren innerhalb eines Lebenszyklus unter Umständen gewechselt werden müssen. Der Bundesrat empfiehlt daher, eine entsprechende Regelung für Austauschmotoren in die Verordnung aufzunehmen, wie sie in der bestehenden Richtlinie 97/68/EG enthalten ist.
- - Der Bundesrat hält die für Binnenschiffe vorgeschlagenen Anforderungen für sehr ambitioniert. Diese scheinen den weltweit üblichen Standard im Marinesektor deutlich zu übertreffen und die im Bereich der Binnenschifffahrt üblichen Zyklen der Flottenerneuerung zu überfordern. Er regt deshalb an, die entsprechenden Regelungen unter Beachtung von Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit zu überprüfen, insbesondere auch dahingehend, ob eine Harmonisierung der Grenzwerte für die Binnenschifffahrt mit den von der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde USEPA festgelegten Grenzwerten vorgenommen werden sollte.