Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Bestimmungen zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten - COM (2017) 824 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Das Europäische Parlament und die Europäische Zentralbank werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 604/10 (PDF) = AE-Nr. 100760,
Drucksache 864/11 (PDF) = AE-Nr. 111162,
Drucksache 444/17 (PDF) = AE-Nr. 170546 und AE-Nr. 170278

Europäische Kommission
Brüssel, den 6.12.2017 COM (2017) 824 final 2017/0335 (CNS)

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

Gründe und Ziele des Vorschlags

Vor zehn Jahren traf eine beispiellose Wirtschafts- und Finanzkrise die Volkswirtschaften der Europäischen Union (EU). Auch wenn die Krise ihren Ursprung nicht im Euroraum hatte, so hat sie doch einige institutionelle Schwächen des Währungsgebiets offenbart. Als Reaktion darauf hat die EU versucht, die Regeln der wirtschaftspolitischen Steuerung in der Union und im Euro-Währungsgebiet zu stärken, insbesondere mittels der als "Sechserpaket" (fünf Verordnungen und eine Richtlinie aus dem Jahr 2011) und als "Zweierpaket" (zwei Verordnungen aus dem Jahr 2013) bekannten Legislativpakete. Diese Rechtsakte haben dazu beigetragen, dass die nationalen Haushalte nun enger überwacht werden, die haushaltspolitischen Rahmen robuster sind und den Schuldenständen eine größere Aufmerksamkeit zukommt.

Bei der Suche nach Lösungen, die die Ursachen der Krise an der Wurzel angehen, wurde jedoch deutlich, dass der regelgebundene haushaltspolitische Rahmen auf EU-Ebene durch verbindliche Bestimmungen auf einzelstaatlicher Ebene ergänzt werden musste, um in allen Mitgliedstaaten eine solide Haushaltspolitik zu fördern und einen dauerhaften Mechanismus gegen die Entstehung übermäßiger Defizite zu schaffen.

In diesem Zusammenhang wurde geprüft, inwiefern das Unionsrecht zur Untermauerung solcher einzelstaatlicher Regeln eingesetzt werden könnte. Die Kommission war damals nachdrücklich dafür, weitere Reformen der wirtschaftspolitischen Steuerung nach der Gemeinschaftsmethode durchzuführen.1 Auf der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2011 konnte jedoch keine Einigung über die erwogenen Maßnahmen erzielt werden. Daraufhin vereinbarten die Mitgliedstaaten, die sich gemeinsam zu solchen innerstaatlichen Vorschriften verpflichten wollten, auf zwischenstaatlicher Ebene vorzugehen, was zum Abschluss des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS-Vertrag) als Vorstufe einer möglichst raschen Eingliederung der Bestimmungen in die Verträge führte.

Der SKS-Vertrag wurde am 2. März 2012 von 25 Vertragsparteien unterzeichnet (allen Mitgliedstaaten außer der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich2) und trat am 1. Januar 2013 in Kraft.

Das Herzstück des SKS-Vertrags ist der Titel III mit dem sogenannten "fiskalpolitischen Pakt". Die wichtigste Bestimmung des Pakts sieht vor, dass die Vertragsparteien die Auflage eines konjunkturbereinigt ausgeglichenen Haushalts mittels verbindlicher und dauerhafter Bestimmungen, vorzugsweise mit Verfassungsrang, in das jeweilige nationale Recht übernehmen. Diese Auflage spiegelt die zentrale Anforderung der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP), nämlich das mittelfristige Haushaltsziel, wider. 22 Vertragsparteien sind an den fiskalpolitischen Pakt gebunden (alle Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets sowie Bulgarien, Dänemark und Rumänien auf freiwilliger Basis). Andere Teile des SKS-Vertrags zielen darauf ab, die wirtschaftspolitische Koordinierung und Steuerung des Euro-Währungsgebiets zu stärken.

Der zwischenstaatliche Ansatz, der bei der Annahme des SKS-Vertrags zur Anwendung kam, wurde von allen beteiligten Akteuren stets als Möglichkeit betrachtet, auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise, als ein Vorankommen im Europäischen Rat unmöglich war, unmittelbar zu handeln. Daher vereinbarten die Vertragsparteien, die wesentlichen Bestimmungen des SKS-Vertrags binnen höchstens fünf Jahren ab dem Inkrafttreten des Vertrags, d.h. bis zum 1. Januar 2018, in das Unionsrecht zu überführen.

Diese politische Vereinbarung wurde in Artikel 16 des SKS-Vertrags festgehalten, in dem es heißt:

"Binnen höchstens fünf Jahren ab dem Inkrafttreten dieses Vertrags werden auf der Grundlage einer Bewertung der Erfahrungen mit der Umsetzung des Vertrags gemäß dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union die notwendigen Schritte mit dem Ziel unternommen, den Inhalt dieses Vertrags in den Rechtsrahmen der Europäischen Union zu überführen."

Im Reflexionspapier der Kommission zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion vom Mai 20173 wurde auf diese Vereinbarung hingewiesen und eine mögliche Übernahme des fiskalpolitischen Pakts in den Rechtsrahmen der EU im Zeitraum 2017-2019 erwogen. In seiner Rede zur Lage der Union 2017 und der begleitenden Absichtserklärung4 schlug Präsident Jean-Claude Juncker unter anderem vor, den Inhalt des SKS-Vertrags in das EU-Recht zu überführen und dabei dem entsprechenden Maß an Flexibilität, das im SWP vorgesehen ist und von der Kommission seit Januar 2015 ausgelotet w i.d.R. chnung zu tragen.

Auch das Europäische Parlament hat wiederholt gefordert, den Inhalt des SKS-Vertrags in die Verträge aufzunehmen5, da die Steuerung einer echten Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) im institutionellen Rahmen der Union erfolgen müsse, um wirklich legitim und demokratisch zu sein.

Auch wenn der fiskalpolitische Pakt eine Zwischenlösung in Zeiten schwerer Krisen war, trifft sein Grundgedanke weiterhin uneingeschränkt zu: Es liegt im Interesse der Europäischen Union und des Euro-Währungsgebiets, eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik zu fördern und übermäßige Defizite zu vermeiden. Der vorliegende Vorschlag ist Teil eines größeren und ehrgeizigen Maßnahmenpakets, das die Kommission zur Reformierung der Wirtschafts-und Währungsunion am 6. Dezember 2017 vorlegen wird. Unter Anerkennung der besonderen Bedeutung für die Vollendung der WWU kommt der vorliegende Vorschlag dem Willen der Vertragsparteien des SKS-Vertrags, den Forderungen des Europäischen Parlaments nach einer Aufnahme in den Rechtsrahmen der Union und der von Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union vom September 2017 geforderten Einheit, Effizienz und demokratischen Rechenschaftspflicht nach.

Die vorgeschlagene Richtlinie stärkt die haushaltspolitische Verantwortung und die mittelfristige Ausrichtung der Haushalte der Mitgliedstaaten und soll dadurch zusammen mit den bestehenden SWP-Bestimmungen das dem fiskalpolitischen Pakt zugrunde liegende Ziel einer Annäherung an umsichtige öffentliche Schuldenstände erreichen. Es wird in der Tat dauern, bis die hohen öffentlichen Schuldenstände, die auch heute noch zu beobachten sind, abgebaut sind. Daher ist es unerlässlich, sowohl kurz- als auch langfristig weitere Fortschritte zu erzielen.

Damit Fortschritte bei der Annäherung an umsichtige öffentliche Schuldenstände erzielt werden, müssen die jährlichen Haushaltsbeschlüsse kontinuierlich auf die Erreichung und Aufrechterhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels ausgerichtet werden. Der haushaltspolitische Kurs muss sowohl im Hinblick auf die Politikbereiche, für die die nationalen Regierungen zuständig sind, als auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Wirtschaftslage festgelegt werden. Allerdings würden häufige Kursanpassungen die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit einer jeden Strategie für den Schuldenabbau untergraben. Eine solch kontinuierliche mittelfristige Ausrichtung der Haushaltspolitiken findet jedoch noch nicht vollständig statt, was zum Teil auf die außerordentlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des fiskalpolitischen Pakts herrschten. Da sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder normalisieren, ist es nun an der Zeit, diese Ausrichtung zu vollziehen und zu stärken, sodass sich alle Mitgliedstaaten wirksam den vereinbarten Zielen nähern.

Wie im Reflexionspapier zur WWU gefordert, müssen die WWU und ihre Vollendung weiterhin allen Mitgliedstaaten offenstehen. Das, was für das Euro-Währungsgebiet vorgesehen ist, sollte auch für die - und mit den - Mitgliedstaaten vorgesehen werden, die dem Euro in absehbarer Zukunft beitreten dürften. Für eine gut funktionierende einheitliche Währung ist dies von entscheidender Bedeutung. Demnach sollte die vorgeschlagene Richtlinie sowohl für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, als auch für andere teilnahmewillige Mitgliedstaaten gelten.

Artikel 3 (der Bestandteil des fiskalpolitischen Pakts ist) ist aus WWU-Sicht bei Weitem die wichtigste Bestimmung des SKS-Vertrags, da er der Notwendigkeit nachzukommen versucht, solide und tragfähige öffentliche Finanzen zu wahren und ein übermäßiges öffentliches Defizit sowie eine übermäßige Staatsverschuldung zu vermeiden. Mit Artikel 3 Absatz 1 verpflichten sich die Vertragsparteien zu einer Haushaltslage, die ausgeglichen ist oder einen Überschuss aufweist, mit einer Untergrenze von einem strukturellen Defizit von 0,5 % des BIP, wobei dieses bei Mitgliedstaaten, deren Schuldenstand erheblich unter 60 % des BIP liegt und deren Risiken für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gering sind, bis zu 1,0 % des BIP erreichen kann. Die Auflage eines ausgeglichenen Haushalts muss an einen Korrekturmechanismus geknüpft sein, der bei einer erheblichen Abweichung automatisch ausgelöst wird.

Nach Artikel 3 Absatz 2 sind die Vertragsparteien verpflichtet, diese Auflagen in ihre jeweilige nationale Rechtsordnung zu übernehmen. Andere Bestimmungen des SKS-Vertrags wurden entweder bereits in EU-Recht umgesetzt (insbesondere durch das "Zweierpaket" für das Euro-Währungsgebiet), oder aber sie würden Änderungen an den Verträgen erfordern oder eignen sich aus diversen Gründen nicht für eine Überführung (weil sie etwa bereits bestehende EU-Rechtsvorschriften replizieren würden). Demnach konzentriert sich der für eine Übernahme in den Rechtsrahmen der Union vorgeschlagene "Inhalt" auf Artikel 3 des SKS-Vertrags.

Es gibt vielfältige Gründe, diesen "Inhalt" des SKS-Vertrags in den Kern des haushaltspolitischen Rahmens der EU aufzunehmen. Im Vergleich zur derzeitigen zwischenstaatlichen Lösung würde dadurch der Rechtsrahmen vereinfacht und sichergestellt, dass als Teil des allgemeinen Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene eine wirksamere und systematischere Überwachung der Umsetzung und Durchsetzung der Haushaltsregeln stattfindet. Auch würden die mit dem gleichzeitigen Bestehen von zwischenstaatlichen Vereinbarungen und im Unionsrecht vorgesehenen Mechanismen einhergehenden möglichen Risiken einer Doppelung und widersprüchlicher Maßnahmen verringert. Mit einem konsolidierten Rahmen, der dem EU-Recht unterliegt, wäre es zudem leichter, eine kohärente und koordinierte Entwicklung der EU-weiten und einzelstaatlichen Haushaltsregeln innerhalb des allgemeineren Prozesses zur Vertiefung der WWU sicherzustellen. Wie im Bericht der fünf Präsidenten über die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas6 dargelegt, würde die Überführung aller Instrumente, die im Verlauf der Krise auf zwischenstaatlicher Ebene geschaffen wurden, in den Rechtsrahmen der Union vor allem eine größere demokratische Rechenschaftspflicht und Legitimität in der gesamten Union bewirken.

Der vorgeschlagenen Richtlinie liegt die Überlegung zugrunde, dass eine wirksame Durchsetzung des haushaltspolitischen Rahmens der EU nicht nur durch einen Top-Down-Ansatz erreicht werden kann. Aufgrund der besonders dezentral orientierten Politikgestaltung in Haushaltsfragen in der EU und des allgemeinen Bedarfs nach nationaler Eigenverantwortung bei Haushaltsvorschriften ist es ganz entscheidend, dass sich die Ziele des haushaltspolitischen Koordinierungsrahmens der WWU auch in den haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten wiederfinden. Mit der Richtlinie 2011/85/EU des Rates7 wurden bereits Mindestanforderungen für die nationalen haushaltspolitischen Rahmen festgelegt; mit dem SKS-Vertrag haben die Vertragsparteien die Grundlage für eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik untereinander gestärkt, indem sie sich dazu verpflichtet haben, die Auflage eines ausgeglichenen Haushalts in nationale Bestimmungen aufzunehmen, "die verbindlicher und dauerhafter Art sind, vorzugsweise mit Verfassungsrang, oder deren vollständige Einhaltung und Befolgung im gesamten nationalen Haushaltsverfahren auf andere Weise garantiert ist [...]".

Analog dazu wird im vorliegenden Vorschlag die Verpflichtung auferlegt, dass die Mitgliedstaaten über ein Regelwerk verbindlicher und dauerhafter numerischer Haushaltsregeln verfügen müssen, das mit den im Unionsrahmen festgelegten Haushaltsregeln in Einklang steht und Besonderheiten des jeweiligen Mitgliedstaats Rechnung tragen kann. Durch dieses Regelwerk sollte das verantwortungsvolle haushaltspolitische Vorgehen der Mitgliedstaaten gestärkt und die Einhaltung der jeweiligen aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) im Bereich der Haushaltspolitik erwachsenden Verpflichtungen gefördert werden. Auch sollte insbesondere durch die Verankerung eines mittelfristigen Ziels im Bereich des strukturellen Haushaltssaldos, das nationale Haushaltsbehörden bei ihren jährlichen Beschlüssen verbindlich berücksichtigen müssen, eine Annäherung an umsichtige öffentliche Schuldenstände (d.h. an den Referenzwert aus dem den Verträgen beigefügten Protokoll (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit) sichergestellt werden. Dieser zielorientierte Ansatz spiegelt das gemeinsame Ziel der nationalen Haushaltsvorschriften und -mechanismen und des haushaltspolitischen Rahmens der EU, tragfähige öffentliche Finanzen zu gewährleisten, wider. Da die Auswirkungen der meisten haushaltspolitischen Maßnahmen auf den Haushalt weit über den jährlichen Haushaltszyklus hinausgehen, soll die mittelfristige Ausrichtung eine robustere Grundlage für eine solide Haushaltspolitik schaffen. Ebenso sollte auch der Umsetzung größerer Strukturreformen, die nachweislich positive Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen haben, in der mittelfristigen Haushaltspolitik angemessen Rechnung getragen werden.

Wenn aus haushaltstechnischen Gründen ein mittelfristiges Haushaltsziel verankert werden soll, muss in der Haushaltsplanung ein mittelfristiger Pfad für die Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen vorgesehen werden, der im Einklang mit dem mittelfristigen Haushaltsziel oder dem darauf ausgerichteten Anpassungspfad steht. Um ein stärkeres Gefühl der nationalen Eigenverantwortung in der Haushaltspolitik sicherzustellen und den spezifischen souveränen Rechten der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, sollte der Pfad gleich nach Amtsantritt einer neuen Regierung für die gesamte Dauer der in der jeweiligen nationalen Verfassungsordnung vorgesehenen Legislaturperiode festgelegt werden. In den jährlichen Haushaltsplänen sollte dieser Pfad unbedingt über ihre gesamte Geltungsdauer hinweg eingehalten werden.

Für die Glaubwürdigkeit des mittelfristigen Haushaltsziels und des damit einhergehenden operativen Ziels sind wirksame Instrumente zur Korrektur bei Nichteinhaltung der Vorgaben erforderlich. Zwar können außergewöhnliche Umstände zu einer vorübergehenden Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel oder vom dorthin führenden Anpassungspfad führen, doch müssen erhebliche Abweichungen durch die automatische Aktivierung eines vorher festgelegten Korrekturmechanismus korrigiert werden, der dafür sorgt, dass insbesondere Abweichungen vom mittelfristigen Ausgabenpfad ausgeglichen werden.

Die Neigung zu Defiziten und der in allen Mitgliedstaaten beobachtbare prozyklisch geprägte politische Kurs im Allgemeinen stehen einer langfristig ausgelegten soliden Haushaltspolitik im Weg. Um dem entgegenzuwirken, wurden als Ergänzung Haushaltsvorschriften und unabhängige finanzpolitische Institutionen geschaffen. Haushaltsvorschriften, die mit unabhängigen Überwachungsmechanismen ausgestattet sind, ermöglichen nachweislich eine höhere Transparenz, bessere Haushaltsergebnisse und geringere Finanzierungskosten für die Staatsschulden. Aus diesem Grund sieht die vorgeschlagene Richtlinie vor, unabhängige finanzpolitische Institutionen in die Überwachung der Einhaltung des Regelwerks numerischer Haushaltsregeln einzubinden; sie sollen unter anderem die Angemessenheit der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte bewerten und die Aktivierung und Anwendung des Korrekturmechanismus überwachen. Stellen diese unabhängigen finanzpolitischen Institutionen erhebliche Abweichungen vom mittelfristigen Haushaltsziel oder vom dorthin führenden Anpassungspfad fest, sollten sie einerseits die nationalen Haushaltsbehörden auffordern, den Korrekturmechanismen rasch zu aktivieren, und andererseits die geplanten Korrekturmaßnahmen und ihre Umsetzung bewerten. Flankiert durch die Auflage für die Haushaltsbehörden der Mitgliedstaaten, den Empfehlungen der unabhängigen Institutionen Folge zu leisten oder andernfalls ihr Vorgehen zu begründen, würden diese öffentlichen Bewertungen, die von den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen im Rahmen ihrer Aufgaben ausgearbeitet werden, bei Nichteinhaltung der Vorgaben einen größeren Imageschaden verursachen und dadurch eine stärkere Glaubwürdigkeit und Durchsetzbarkeit der mittelfristigen Ausrichtung erreichen. Da infolge der Annahme des "Sechserpakets", des "Zweierpakets" und des SKS-Vertrags8 bereits unabhängige finanzpolitische Institutionen in fast allen Mitgliedstaaten entstanden sind, ist es unwahrscheinlich, dass im Rahmen der vorgeschlagenen Richtlinie die Schaffung neuer Strukturen verlangt wird, doch könnten Änderungen an den aktuellen Zuständigkeiten der bestehenden unabhängigen finanzpolitischen Institutionen, ein verbesserter Zugang zu den Informationen und eine gewisse Verstärkung der Ressourcen angebracht sein.

Durch detaillierte Bestimmungen in der vorgeschlagenen Richtlinie werden spezifische Aspekte des Korrekturmechanismus und die erforderlichen Eigenschaften für die Einrichtung von unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und die Wahrnehmung der Aufgaben, die sich für sie aus diesem Vorschlag ergeben, näher festgelegt. Diese Elemente umfassen auch wesentliche Aspekte der gemeinsamen Grundsätze für nationale fiskalpolitische Korrekturmechanismen9, die die Mitgliedstaaten bei der Annahme von Maßnahmen gemäß Artikel 3 Absatz 2 des SKS-Vertrags angewandt haben.

Die vorgeschlagene Richtlinie berührt nicht die Verpflichtung, die die Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, in Artikel 7 des SKS-Vertrags eingegangen sind und die darin besteht, vor der Abstimmung über Vorschläge oder Empfehlungen der Kommission, die das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit betreffen, ihre Standpunkte im Rat zu koordinieren. Genauso wird auch die in Artikel 13 des SKS-Vertrags vorgesehene Praxis gewahrt, nach der im Rahmen von interparlamentarischen Sitzungen des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente der Vertragsparteien Diskussionen stattfinden. Solche Diskussionen tragen im Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung der Union zur Stärkung der demokratischen Rechenschaftspflicht bei.

- Kohärenz mit bestehenden Vorschriften in der EU

Das Hauptinstrument der haushaltspolitischen Koordinierung und Überwachung in der EU und im Euroraum ist der SWP, mit dem die Vertragsbestimmungen zur Haushaltsdisziplin umgesetzt werden. Der fiskalpolitische Pakt entspricht in vielen Aspekten der präventiven Komponente des SWP. So deckt sich die Auflage eines strukturell ausgeglichenen Haushalts in weiten Teilen mit dem in Artikel 2a der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken festgelegten mittelfristigen Haushaltsziel.10

Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird ein Regelwerk numerischer Haushaltsregeln mit den dazugehörigen Spezifikationen vorgelegt, das nicht nur mit dem SWP vereinbar ist, sondern diesen auch gezielt ergänzen soll. Dieses Regelwerk soll die Einhaltung der aus dem AEUV im Bereich der Haushaltspolitik für die Mitgliedstaaten erwachsenden Verpflichtungen fördern, was unter anderem bedeutet, dass das mittelfristige Ziel, das im Rahmen der nationalen Haushaltsverfahren die Rolle eines Ankers für die Gewährleistung tragfähiger Schuldenstände einnehmen soll, mit dem in Artikel 2a der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates festgelegten mittelfristigen Haushaltsziel in Einklang stehen muss. Um dem im SWP vorgesehenen angemessenen Maß an Flexibilität und den darin enthaltenen Verfahrensvorschriften zu entsprechen, beinhaltet der Vorschlag gezielte Bestimmungen, damit der Umsetzung von Strukturreformen durch die Mitgliedstaaten, die positive Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen haben, Rechnung getragen werden kann.

2. Ergebnisse der Konsultationen der interessierten Kreise

In Artikel 16 des SKS-Vertrags und dem entsprechenden Erwägungsgrund bringen die Vertragsparteien ausdrücklich ihren festen und unmissverständlichen Willen zum Ausdruck, den Inhalt des Vertrags so bald wie möglich in den Rechtsrahmen der Union zu überführen.

Mit der Vorlage des vorliegenden Vorschlags ist die Kommission dieser Verpflichtung der 25 Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien sind, nachgekommen. Ihre Absicht, die Initiative zu ergreifen und dieser Verpflichtung nachzukommen, hat die Kommission erstmalig im Reflexionspapier zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion mitgeteilt, in dem an die Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, den Inhalt des SKS-Vertrags in das Unionsrecht aufzunehmen, erinnert wurde. In seiner Rede zur Lage der Union 2017 und der begleitenden Absichtserklärung kündigte Präsident Juncker an, im Rahmen des Pakets zur Vertiefung der WWU am 6. Dezember 2017 einen Vorschlag für die Überführung in das Unionsrecht vorzulegen.

Die vorgeschlagene Richtlinie baut auf der eingehenden Kenntnis auf, die die Kommission von der Struktur des fiskalpolitischen Pakts (und insbesondere seiner Wechselwirkung mit dem haushaltspolitischen Rahmen der Union) und von der Art und Weise hat, wie die betreffenden Mitgliedstaaten den Pakt in ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsordnung verankert haben. Für die Erstellung ihres Berichts vom Februar 2017 über die Bewertung der einschlägigen nationalen Bestimmungen, die von den an den fiskalpolitischen Pakt gebundenen Vertragsparteien erlassen wurden, hat die Kommission umfassende Konsultationen mit diesen Mitgliedstaaten geführt. Die bilateralen Gespräche haben der Kommission ein tief greifendes und präzises Wissen darüber vermittelt, wie die Vorgaben aus Artikel 3 des SKS-Vertrags mittels rechtlicher und institutioneller Vorschriften der Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

In den von den Mitgliedstaaten im Rat "Wirtschaft und Finanzen" und in den vorbereitenden Ausschüssen geführten Diskussionen über den fiskalpolitischen Pakt, insbesondere über die Bewertung der nationalen Bestimmungen und ihrer Umsetzung, wurde auch die Frage der Überführung des fiskalpolitischen Pakts in das Unionsrecht angesprochen, und es wurde darauf hingewiesen, dass diesbezügliche Maßnahmen bis spätestens 1. Januar 2018 ergriffen werden müssen.

3. Rechtliche Aspekte

- Rechtsgrundlage und Verhältnismäßigkeit

Rechtsgrundlage der vorgeschlagenen Richtlinie ist Artikel 126 Absatz 14 Unterabsatz 2 AEUV. Die Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten soll den bestehenden politischen Rahmen zur Vermeidung übermäßiger Defizite nach Artikel 126 AEUV ergänzen und stärken. Die vorgeschlagene Richtlinie greift nicht in die materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften des SWP ein, sondern steigert die Wirksamkeit dieser Bestimmungen. Der Vorschlag gilt für alle Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und enthält Optin-Bestimmungen für Mitgliedstaaten, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören.

- Subsidiarität

Der Vorschlag steht im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union. Das Ziel kann auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden, sondern ist besser auf Unionsebene zu verwirklichen. Die vorgeschlagene Richtlinie geht nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. 2017/0335 (CNS)

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Bestimmungen zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 126 Absatz 14 Unterabsatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments, nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank, gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

HAT folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die in Artikel 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit enthaltenen Definitionen der Begriffe "öffentlich", "Defizit" und "Schuldenstand".

Ferner gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

Artikel 3
Haushaltspolitische Verantwortung und mittelfristige Ausrichtung der Haushalte

Artikel 4
Teilnahme von nicht zum Euro-Währungsgebiet gehörenden Mitgliedstaaten

Artikel 5
Berichte

Bis zum 30. Juni 2024 und danach alle fünf Jahre unterbreitet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Umsetzung dieser Richtlinie, der anhand der einschlägigen Angaben aus den Mitgliedstaaten erstellt wird.

Artikel 6
Schlussbestimmungen

Artikel 7
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 8
Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Rates
Der Präsident