Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. November 2009 zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger - Stockholm-Programm

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 5466 - vom 16. Dezember 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 25. November 2009 angenommen.

Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 616/09(B) HTML PDF

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Verwirklichung des RFSR seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam ein wesentliches Ziel der Europäischen Union gewesen ist; in der Erwägung, dass es absolut notwendig ist, zum ursprünglichen Geist des Programms von Tampere zurückzukehren, das alle Aspekte des Straf- und Zivilrechts umfasste und in dessen Mittelpunkt die Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten standen,

B. in der Erwägung, dass die Globalisierung nicht nur den Finanzsektor, sondern zunehmend auch den RFSR betrifft; unter Hinweis darauf, dass dies einen ganzheitlicheren politischen Ansatz sowie Maßnahmen zur Bewältigung der dringenden Fragen im Bereich Migration und Asyl und vor allem einen tiefgreifenderen Austausch und eine umfassendere Kooperation zwischen den Akteuren in den Politikbereichen Justiz und Inneres, Entwicklung, internationaler Handel und soziale Angelegenheiten erforderlich macht,

C. in der Erwägung, dass die Rechtsgrundlagen, Zielsetzungen, Instrumente und Beschlussfassungsmethoden der Politik im Zusammenhang mit dem RFSR durch den Vertrag von Lissabon, der kürzlich entweder durch parlamentarische Abstimmung oder durch Volksabstimmung angenommenen wurde, eine Neugestaltung erfahren werden,

D. in der Erwägung, dass die Rechte und die institutionelle Rolle, die den nationalen Parlamenten zum ersten Mal durch den Vertrag von Lissabon zugewiesen wurden, positive Auswirkungen vor allem auf die Entwicklung und Funktionsweise des RFSR haben werden, zumal die Einhaltung des Grundsatzes der Subsidiarität besser garantiert sein wird,

E. in der Erwägung, dass in vielen Bereichen der Justiz- und Innenpolitik nationale Lösungen nicht mehr ausreichen, weshalb europäische Antworten auf die internationalen Herausforderungen in den Bereichen Migration, Sicherheit und Technologie, einschließlich der Informations- und Kommunikationstechnologie, entwickelt werden müssen,

F. in der Erwägung, dass die Aufhebung der Kontrollen an den EU-Binnengrenzen eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration ist,

G. in der Erwägung, dass die Bürgerinnen und Bürger auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten sind und dass die Mitgliedstaaten im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten werden, die ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament Rechenschaft ablegen muss; in der Erwägung, dass deshalb die erforderliche Parlamentarisierung der Europäischen Union einerseits auf der Erweiterung der Befugnisse des Europäischen Parlaments gegenüber allen Entscheidungsträgern der Europäischen Union und andererseits auf einer stärkeren Kontrolle der nationalen Regierungen durch ihre jeweiligen Parlamente beruhen muss,

H. in der Erwägung, dass gemeinsame Maßnahmen nicht über die Befugnisse der Gemeinschaft hinausgehen dürfen, ferner in der Erwägung, dass europäische Konzepte nur dann zum Tragen kommen dürfen, wenn sie mehr Erfolg versprechen als nationale Aktionen,

I. in der Erwägung, dass die Rechte und Schutzrechte der Unionsbürger, insbesondere im Bereich des Datenschutzes zu wahren sind, sowie in der Erwägung, dass die gemeinsame Justiz- und Innenpolitik weiterhin einer parlamentarischen Kontrolle unterliegen muss,

J. in der Erwägung, dass der Transparenz des Rechtsetzungsprozesses höchste Bedeutung beigemessen werden muss und dass den nationalen Parlamenten und den Bürgern die Möglichkeit gegeben werden sollte, die Gestaltung und Umsetzung der Politik im Zusammenhang mit dem RSFR zu verfolgen und zu kontrollieren,

K. in der Erwägung, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist, den Schutz der Grundrechte in der Union, der sich auf die Charta der Grundrechte und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stützt, nicht beeinträchtigen, sondern einen wertvollen zusätzlichen Schutz darstellen wird, wobei jedoch zu beachten ist, dass eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vorgenommen werden muss,

L. in der Erwägung, dass es im Interesse der durchgreifenden und zügigen Bekämpfung des organisierten Verbrechens sowie von Betrug und Korruption und des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union erforderlich ist, die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zu intensivieren, Europol und Eurojust systematischer in die Ermittlungen einzubeziehen, eine Europäische Staatsanwaltschaft einzurichten und effektive und messbare Ergebnisse zu erzielen, und unter Hinweis darauf, dass sich die Europäische Union nach dem Willen der Unionsbürger stärker für die Bekämpfung der Korruption einsetzen soll,

M. in der Erwägung, dass die Prioritäten der nächsten fünf Jahre im Bereich des Zivilrechts die von einzelnen Bürgern und Unternehmen geäußerten Bedürfnisse widerspiegeln müssen,

N. in der Erwägung, dass für die gegenseitige Anerkennung als Eckpfeiler des RFSR gegenseitiges Vertrauen in die Rechtssysteme der jeweils anderen Länder erforderlich ist und dass diese Werte nur durch gegenseitige Kenntnis und gegenseitiges Verstehen gewährleistet werden können, damit eine europäische Rechtskultur entstehen kann,

O. in der Erwägung, dass der europäische Rechtsraum auf einer unter Rechtsanwälten, Richtern und Staatsanwälten zu verwirklichenden "europäischen Rechtskultur" aufbauen muss, die sich nicht nur auf das Recht der Union stützt, sondern sich durch gegenseitige Kenntnis und gegenseitiges Verstehen der einzelstaatlichen Justizsysteme, eine grundlegende Neugestaltung von Studienprogrammen, Austauschprogramme, Studienaufenthalte und gemeinsame Berufsbildungsprogramme mit aktiver Unterstützung des Europäischen Netzes für die Ausbildung und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten und der Europäischen Rechtsakademie entwickelt,

P. in der Erwägung, dass gegenseitiges Vertrauen auch von einer sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene durchgeführten kontinuierlichen Beurteilung der Wirksamkeit und der Ergebnisse der verschiedenen nationalen Systeme abhängt; unter Hinweis darauf, dass in diesem Zusammenhang auf die außerordentlich wertvolle Arbeit der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz des Europarates verwiesen werden muss,

Q. in der Erwägung, dass die europäischen Netze in den verschiedenen Bereichen des Justizsystems (Europäisches Netz für die Ausbildung und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten, Europäisches Netz der Räte für das Justizwesen, Netz der Präsidenten der obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union, Eurojustiz-Netz europäischer Generalanwälte, Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen und Netzwerke von Rechtsanwälten) eine aktive Rolle bei der weiteren Verwirklichung einer europäischen Rechtskultur spielen müssen, und unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. September 1991 zur Errichtung einer Europäischen Rechtsakademie1, seinen Standpunkt vom 24. September 2002 zu dem Erlass des Beschlusses des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Netzes für justizielle Ausbildung2, seine Entschließung vom 9. Juli 2008 zur Rolle des einzelstaatlichen Richters im europäischen Rechtsgefüge3 und seine Empfehlung vom 7. Mai 2009 an den Rat zur Entwicklung eines Raums der Strafgerichtsbarkeit in der EU4,

R. in der Erwägung, dass die Cyberkriminalität in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat und zu komplexeren rechtlichen Problemen und einer Belastung der Handlungsfähigkeit der Gerichte geführt hat; in der Erwägung, dass es aufgrund dieser Entwicklungen notwendig ist, die Einrichtung eines Europäischen Gerichts für Cyberkriminalität zu prüfen, das auf Fragen im Zusammenhang mit der Cyberkriminalität spezialisiert ist,

Der Vertrag von Lissabon als Wegbereiter für den RFSR

Ein kohärenteres, transparenteres und demokratischeres Mehrjahresprogramm

Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten

Ein Europa der Rechte

Kampf gegen Diskriminierung, Förderung der Integration

Stärkung der Rechte im Zusammenhang mit der Unionsbürgerschaft

Migration

Asyl

Grenzen und Visa

Schutz von Kindern

Datenschutz und Sicherheit

Zivil- und Handelsjustiz für Familien, Bürger und Unternehmen

Stärkung des Zugangs zur Ziviljustiz für Bürger und Unternehmen

Ausschöpfung sämtlicher Vorteile des Binnenmarkts durch das europäische Vertragsrecht

Bessere Rechtsetzung im Bereich Justiz

Entwicklung einer europäischen Rechtskultur

E-Justiz: Ein Instrument im Dienste der Bürger und Angehörigen der Rechtsberufe

Prioritäten im Strafrecht

Eine kohärente Sicherheitsstrategie auf mehreren Ebenen: Ein Europa, das seine Bürger schützt (Bekämpfung von Kriminalität bei gleichzeitiger Wahrung der Rechte der Bürger)

Operationelle Einrichtungen und Agenturen und technische Hilfsmittel

Dringliche Fragen