Beschluss des Bundesrates
Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung

Der Bundesrat hat in seiner 982. Sitzung am 8. November 2019 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 26. September 2019 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 84 Absatz 1 Satz 5 und 6 des Grundgesetzes zuzustimmen.

Der Bundesrat hat ferner die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst

Anlage
Entschließung zum Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung

1. Zu Artikel 2 Nummer 2a ( § 65e SGB V)

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Finanzierung der ambulanten Krebsberatungsstellen schnellstmöglich abschließend zu regeln, insbesondere durch eine Änderung des SGB VI.

Begründung:

Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz sieht durch die Einfügung des § 65e SGB V die Finanzierung der ambulanten Krebsberatungsstellen durch die gesetzlichen und privaten Krankenkassen vor. Jedoch wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass die gesetzlichen und privaten Krankenkassen lediglich 40 Prozent der Kosten der ambulanten Krebsberatungsstellen übernehmen sollen. Die Finanzierung der verbleibenden 60 Prozent der Kosten der Krebsberatungsstellen ist nicht geregelt. Damit ist die Finanzierung der Krebsberatungsstellen nicht sichergestellt. Eine Beteiligung der gesetzlichen Rentenversicherung sollte vorgesehen werden.

2. Zu Artikel 2 Nummer 10a (§ 120 Absatz 2 Satz 6 SGB V)

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Auswirkungen der Anknüpfung der Vergütung Psychiatrischer Institutsambulanzen (PIAs) an den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) kritisch zu prüfen. Sollte sich dabei bestätigen, dass auf dieser Grundlage die Leistungsfähigkeit der PIAs bei wirtschaftlicher Betriebsführung nicht zu gewährleisten ist, wird die Bundesregierung aufgefordert, diese Rechtsänderung zurückzunehmen, um den Fortbestand des unverzichtbaren Versorgungsbeitrags, den PIAs in der ambulanten Versorgung schwer psychisch kranker Patientinnen und Patienten leisten, zu gewährleisten.

Begründung:

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung am 26. September 2019 unter anderem mit folgender Ergänzung des § 120 Absatz 2 SGB V beschlossen:

"Die Vergütung der Leistungen der psychiatrischen Institutsambulanzen soll der Vergütung entsprechen, die sich aus der Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen nach § 87 Absatz 2a Satz 26 ergibt."

Ziel der Regelung soll laut ihrer Begründung einerseits sein, der Einbeziehung der PIAs in die neue berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgungsform auch auf der Leistungs- und Vergütungsseite Rechnung zu tragen. Andererseits sollen Fehlanreize aus unterschiedlichen Vergütungen für gleiche Leistungen vermieden werden. Doch bereits die dahinter stehende Grundannahme gleicher Leistungen ist zu hinterfragen. Dies zeigt bereits die spezielle Aufgabenzuweisung in § 118 Absatz 1 SGB V, die unter anderem von der Versorgung von Patienten ausgeht, die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung gerade auf eine Behandlung durch psychiatrische Krankenhäuser angewiesen sind. Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme schwer nachvollziehbar, dass in den PIAs mit ihren multiprofessionellen Teams (ausschließlich) die gleichen Leistungen wie im niedergelassenen Bereich erbracht werden.

Auch wenn ausdrücklich eine adäquate Vergütung von berufsgruppenübergreifenden Leistungen im vertragsärztlichen Bereich zu begrüßen ist, erscheinen grundsätzliche Festlegungen zur Vergütungsstruktur von PIAs im Rahmen eines Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung nicht sachgerecht. Nach jetziger Rechtslage erfolgt die Vergütung der PIAs unmittelbar von den Krankenkassen. Entsprechend § 120 Absatz 2 Satz 3 SGB V soll die Höhe der Vergütung die Leistungsfähigkeit der PIAs bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten. Mit der Neuregelung wird eine bislang funktionierende Vergütungsfindung auf Landesebene durch eine bundeseinheitliche Vergütung abgelöst, ohne dass eine hiermit einhergehende Verbesserung erkennbar wäre.

Denn bundesweite Vergütungen sind allenfalls dort zielführend, wo es auch bundesweit einheitliche Kostenstrukturen gibt. Dies ist hier aber nicht der Fall, weil beispielsweise auch die Personalkosten der PIAs von Land zu Land unterschiedlich sind. Nicht zuletzt enthält § 17d Absatz 1 Satz 3 KHG einen Prüfauftrag zur PIA-Vergütung, dem die jetzige Änderung vorgreift.

Problematisch erscheint die Rechtsänderung, weil die neue Gesetzesformulierung ohne weitere, ausdrückliche Konkretisierung bzw. Einschränkung auf den EBM verweist. Die möglicherweise intendierte Beschränkung der Anknüpfung auf Leistungen der neuen berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten Versorgung schwer psychisch Kranker mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf ergibt sich aus dem gewählten Wortlaut der Norm jedenfalls nicht eindeutig. In ihrer jetzigen Fassung lässt die Norm vielmehr befürchten, dass zukünftig alle PIA-Leistungen nach EBM zu vergüten wären. Dies würde den Fortbestand des unverzichtbaren Versorgungsbeitrags, den PIAs in der ambulanten Versorgung schwer psychisch kranker Patientinnen und Patienten leisten, aus Sicht der Länder völlig unnötiger Weise gefährden.

3. Zu Artikel 2 Nummer 10b Buchstabe a (§ 136a Absatz 2 Satz 9 SGB V)

Begründung:

§ 136a Absatz 2 Satz 9 SGB V verpflichtet den G-BA, für den Bereich der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung insbesondere verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal zu bestimmen. Zur Umsetzung dieses gesetzlichen Auftrags hat der G-BA am 19. September 2019 die Erstfassung einer Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) beschlossen, in der differenzierte personelle Mindestvorgaben festgelegt sind, die sich an Behandlungsbereichen, Berufsgruppen und patientenbezogenen Minutenwerten orientieren.

Eine gesetzliche Verpflichtung des G-BA, im Gegensatz dazu nunmehr einen bettenbezogenen Personalmindestschlüssel für die Berufsgruppe der Psychotherapeuten festzulegen, lehnt der Bundesrat aus fachlichen Gründen ab:

Ein solcher bettenbezogener Schlüssel, ausschließlich für die Berufsgruppe der Psychotherapeuten, bildet die notwendige Differenzierung der Psychotherapiebedarfe unterschiedlicher Behandlungsbereiche innerhalb einer psychiatrischen oder psychosomatischen Klinik nur ungenügend ab und gibt den Kliniken auch nicht die unter fachlichen und ökomischen Gesichtspunkten unbedingt notwendige Flexibilität hinsichtlich vorhandener psychotherapeutischer Ressourcen. Um der jeweiligen konkreten Versorgungs- und Behandlungssituation Rechnung tragen zu können, ist ein abgestufter, subtilerer sowie strukturelle, funktionelle und fachliche Gegebenheiten der Kliniken berücksichtigender Maßstab notwendig.

Die PPP-RL des G-BA zielt für die Bemessung des Personalbedarfs daher aus gutem Grund nicht auf die Bettenzahl, sondern auf die am konkreten Versorgungsbedarf der Patienten ausgerichteten Minutenwerte ab. Auch diesen aktuellen Vorgaben der PPP-RL würde die Etablierung einer bettenbezogenen Mindestvorgabe allein für die Berufsgruppe der Psychotherapeuten widersprechen und zudem die Etablierung eines parallelen Personalbemessungssystems für die Psychotherapeuten erfordern.