Entschließung des Europäischen Parlaments zum Iran
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Iran,
- - unter Hinweis auf den Menschenrechtsdialog EU-Iran und insbesondere die vierte Runde, die am 14./15. Juni 2004 in Teheran stattfand und in der sich die Regierung des Iran dazu bekannte, die Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit zu verstärken,
- - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, von denen der Iran Vertragsstaat ist,
- - unter Hinweis auf die Empfehlung des Obersten Richters der Islamischen Republik Iran an die Richter im Dezember 2002, sie sollten eine alternative Bestrafung in Fällen wählen, in denen andernfalls die Strafe der Steinigung verhängt würde, und seine Ankündigung des Verbots der Folter im April 2004 und den darauf folgenden Erlass entsprechender Vorschriften durch das iranische Parlament, die vom Wächterrat im Mai 2004 gebilligt wurden,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 16./17. Dezember 2004,
- - unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 10. März 20041 zur Einsetzung einer Interparlamentarischen Delegation für die Beziehungen zum Iran,
A. unter Hinweis auf sich mehrende Berichte über vollstreckte Hinrichtungen oder Todesurteile, die unter offensichtlicher Missachtung international anerkannter Schutzvorschriften verhängt wurden, darunter Urteile gegen jugendliche Straftäter, schwangere Frauen und geistig Behinderte,
B. unter Hinweis darauf, dass in der Resolution der UN-Generalversammlung vom 20. Dezember 2004 auf die sich verschlechternde Situation betreffend das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Medien hingewiesen wird, insbesondere die verstärkte Verfolgung der friedlichen Äußerung politischer Ansichten, einschließlich willkürlicher Festnahmen und Haft ohne Anklage oder Prozess,
C. in der Erwägung, dass es Berichte gibt über willkürliche Verhaftungen von Journalisten, Cyberjournalisten und Webloggern, Blockade von Online-Publikationen und Bedrohung solcher Journalisten, die über Folter berichten, mit langjährigen Gefängnisstrafen durch die iranische Justiz, womit gegen den einzigen verbleibenden Zugang der iranischen Öffentlichkeit zu unzensierten Informationen scharf durchgegriffen wird;
D. in der Erwägung, dass der UN-Sonderberichterstatter Ambeyi Ligabo feststellte, dass das iranische Pressegesetz und das Strafgesetzbuch nicht den zulässigen Einschränkungen entsprechen, die in Artikel 19 Absatz 3 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte aufgeführt sind,
E. unter Hinweis darauf, dass der Iran immer noch nicht der Konvention über die Beseitigung aller Formen von Diskriminierung von Frauen beigetreten ist und dass sein Parlament kürzlich einen Gesetzentwurf über die Gleichstellung von Mann und Frau abgelehnt hat,
F. unter Hinweis darauf, dass der Rat am 13. und 14. Dezember 2004 seine Unterstützung für einen Verhandlungsprozess über ein langfristiges Arrangement EU-Iran erteilt hat, nachdem er die Bestätigung der vollen Einstellung aller nuklearen Anreicherungs- und Wiederaufarbeitungsaktivitäten des Iran durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zur Kenntnis genommen hat, mit dem Ziel, die Verhandlungen über ein Handels - und Kooperationsabkommen wiederaufzunehmen, und der Abgabe objektiver Garantien, dass das Nuklearprogramm des Iran ausschließlich friedlichen Zwecken dient,
- 1. wiederholt seine generelle Ablehnung der Todesstrafe, und verurteilt insbesondere nachdrücklich Todesurteile gegen bzw. die Hinrichtung von jugendlichen Straftätern, schwangeren Frauen und geistig Behinderten;
- 2. fordert die iranischen Behörden auf, nachzuweisen, dass sie ihr erklärtes Moratorium des Steinigens umsetzen, und fordert die sofortige Umsetzung des Verbots der Folter, das - wie angekündigt - vom iranischen Parlament verabschiedet und vom Wächterrat gebilligt wurde;
- 3. verurteilt die Kampagne der Justiz gegen Journalisten, Cyberjournalisten und Weblogger, die zur Einstellung von Publikationen, Inhaftierung und, Berichten zufolge, weitverbreiteter Folter und erzwungenen falschen Geständnissen führt, und fordert die Behörden auf, all diejenigen freizulassen, die wegen gewaltloser Vergehen im Zusammenhang mit der Presse und mit Meinungsäußerung festgenommen, gerichtlich verfolgt oder verurteilt wurden;
- 4. fordert das iranische Parlament auf, das iranische Pressegesetz und das Strafgesetzbuch gemäß den Verpflichtungen des Iran im Rahmen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte anzupassen, und insbesondere alle strafrechtlichen Vorschriften aufzuheben, die sich auf die friedliche Meinungsäußerung, auch in der Presse, beziehen;
- 5. fordert die Behörden auf, international anerkannte rechtliche Schutzvorschriften zu respektieren, unter anderem betreffend Personen, die religiösen Minderheiten angehören, ganz gleich, ob sie offiziell anerkannt sind oder nicht;
- 6. ,begrüßt den vorläufigen Aufschub der Hinrichtung von Hajieh Esmailvand und berichtet, dass der Fall Leyla Moafi an Gerichtspsychiater verwiesen wurde, "um ihren Geisteszustand zu untersuchen", besteht allerdings darauf, dass ihre angeblichen "Verbrechen" nicht international anerkennbare Straftatbestände sind und dass ihre Strafverfolgung nicht internationalen Menschenrechtsstandards entspricht;
- 7. besteht darauf, dass einvernehmliche und private sexuelle Betätigung unter Erwachsenen in den Bereich der "Privatsphäre" fällt, und fordert die sofortige Freilassung aller wegen solcher Betätigung festgehaltenen Personen;
- 8. begrüßt und unterstützt den Verhandlungsprozess EU-Iran über nukleare Fragen, auch als eine Gelegenheit, um Fortschritte im Dialog EU-Iran auf politischer und menschenrechtlicher Ebene und in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu machen, und unterstützt den Rat, wenn er Maßnahmen des Iran erwartet, um auch andere Bedenken der Union zu zerstreuen, wie z.B. die Beendigung seiner Unterstützung für terroristische Organisationen, stärkere Achtung der Menschenrechte und Änderung seines Verhaltens zum Friedensprozess im Nahen Osten;
- 9. ersucht seine Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten und für bürgerliche Freiheiten, die Art und Weise zu prüfen, wie sich das Parlament am Prozess der regelmäßigen Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP des Rates vom 27. Dezember 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus beteiligen und dabei die Entwicklungen seit 2001 berücksichtigen kann;
- 10. hofft, dass die Einsetzung seiner Interparlamentarischen Delegation für die Beziehungen zum Iran es in die Lage versetzen wird, produktive Diskussionen mit dem iranischen Parlament und auch mit der iranischen Zivilgesellschaft zu führen;
- 11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Hohen Vertreter für die GASP, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Islamischen Republik Iran zu übermitteln.