899. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2012
A
Der Ausschuss für Kulturfragen empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich die Ziele der Europa-2020-Strategie für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Allerdings weist der Bundesrat angesichts des Nachdrucks, mit dem die Kommission auf eine verstärkte Ausrichtung des Bildungswesens auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes dringt, erneut darauf hin, dass sich die Bemühungen der Mitgliedstaaten im Bildungsbereich nicht darin erschöpfen dürfen, die Beschäftigungsfähigkeit und die Erwerbsbeteiligung zu verbessern, sondern das umfassendere Ziel haben müssen, Werte zu vermitteln und die gesamte Persönlichkeit zur Entfaltung zu bringen (vgl. zuletzt BR-Drucksache 803/11(B) ).
- 2. Der Bundesrat erkennt die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Verbesserung der Qualität der Bildungs- und Ausbildungssysteme in Europa an und würdigt in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Mehrwert der europäischen Bildungskooperation. Der Bundesrat erinnert zugleich daran, dass er die deutsche Beteiligung an der europäischen Bildungskooperation nach wie vor als freiwilligen Prozess betrachtet, der sich auf Grund der vertraglichen Bestimmungen jedweder Vorgabe durch die europäische Ebene entzieht (vgl. zuletzt BR-Drucksache 001/12(B) ).
- 3. Hinsichtlich des bildungspolitischen Kernziels der Europa-2020-Strategie erinnert der Bundesrat unter Verweis auf die vertraglich festgelegte Kompetenzverteilung im Bildungsbereich sowie auf das Subsidiaritätsprinzip daran, dass vom Europäischen Rat in den Schlussfolgerungen vom 17. Juni 2010 betont wurde, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, quantitative Ziele im Bildungsbereich festzulegen und zu verwirklichen, und dass länderspezifische Empfehlungen die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, zum Beispiel in Bereichen wie Bildung, unberührt lassen müssen.
- 4. Der Bundesrat misst der Verringerung der Quote der frühzeitigen Schulabgänger eine hohe Bedeutung bei. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachte Forderung der Kommission nach verstärkten Bemühungen der Mitgliedstaaten in den Reformen der allgemeinen und beruflichen Bildung weist der Bundesrat jedoch mit Blick auf die Kompetenzverteilung und Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in diesem Bereich gemäß den Artikeln 165 und 166 AEUV zurück.
- 5. Der Bundesrat erinnert daran, dass Bildungsreformen Zeit benötigen, um Wirkung zu zeitigen, und warnt daher angesichts der sehr kurzen Zeitabstände, in denen die Kommission im Rahmen der Europa-2020-Strategie Fortschritte auch im Bildungsbereich misst und bewertet, vor unrealistischen Erwartungen.
- 6. Der Bundesrat mahnt vermehrte Sorgfalt bei der Übersetzung aus der ursprünglichen Sprachfassung an und weist in diesem Zusammenhang insbesondere kritisch darauf hin, dass frühzeitige Schulabgänger ("early school leavers") nicht mit Schulabbrechern gleichzusetzen sind.
B
- 7. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.