Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages
Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren
(3. Opferrechtsreformgesetz)

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 143. Sitzung am 3. Dezember 2015 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz - Drucksache 18/6906 - den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz) - Drucksache 18/4621 - in beigefügter Fassung angenommen.
Fristablauf: 25.12.15
Erster Durchgang: Drucksache. 056/15 (PDF)

Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz)*

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23. April 2014 (BGBl. I S. 410) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht werden die Angaben zu den §§ 406g und 406h durch die folgenden Angaben ersetzt:

" § 406g Psychosoziale Prozessbegleitung
§ 406h Beistand des nebenklageberechtigten Verletzten
§ 406i Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse im Strafverfahren
§ 406j Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse außerhalb des Strafverfahrens
§ 406k Weitere Informationen
§ 406l Befugnisse von Angehörigen und Erben von Verletzten".

2. Dem § 48 wird folgender Absatz 3 angefügt:

Dabei sind die persönlichen Verhältnisse des Zeugen sowie Art und Umstände der Straftat zu berücksichtigen."

3. In § 140 Absatz 1 Nummer 9 wird die Angabe "406g" durch die Angabe "406h" ersetzt.

4. § 158 wird wie folgt geändert:

5. Dem § 161a wird folgender Absatz 5 angefügt:

(5) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend."

6. § 163 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

7. Dem § 171 wird folgender Satz angefügt:

" § 187 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend für Verletzte, die nach § 395 der Strafprozessordnung berechtigt wären, sich der öffentlichen Klage mit der Nebenklage anzuschließen, soweit sie einen Antrag auf Übersetzung stellen."

8. § 214 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

"Zugleich veranlasst er die nach § 397 Absatz 2 Satz 3, § 406d Absatz 1 und § 406h Absatz 2 Satz 2 erforderlichen Benachrichtigungen vom Termin; § 406d Absatz 4 gilt entsprechend."

9. Dem § 397 wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Ist der Nebenkläger der deutschen Sprache nicht mächtig, erhält er auf Antrag nach Maßgabe des § 187 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung schriftlicher Unterlagen, soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich ist."

10. In § 397a Absatz 1 Nummer 1 wird die Angabe "176a," gestrichen.

11. § 406d wird wie folgt geändert:

12. Nach § 406f wird folgender § 406g eingefügt:

" § 406g Psychosoziale Prozessbegleitung

13. Der bisherige § 406g wird § 406h und Absatz 1 Satz 4 wird aufgehoben.

14. Der bisherige § 406h wird durch die folgenden §§ 406i bis 406l ersetzt:

" § 406i Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse im Strafverfahren

§ 406j Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse außerhalb des Strafverfahrens

Verletzte sind möglichst frühzeitig, regelmäßig schriftlich und soweit möglich in einer für sie verständlichen Sprache über folgende Befugnisse zu unterrichten, die sie außerhalb des Strafverfahrens haben:

§ 406k Weitere Informationen

§ 406l Befugnisse von Angehörigen und Erben von Verletzten

§ 406i Absatz 1 sowie die §§ 406j und 406k gelten auch für Angehörige und Erben von Verletzten, soweit ihnen die entsprechenden Befugnisse zustehen."

15. Dem § 464b wird folgender Satz angefügt:

"Zur Bezeichnung des Nebenklägers kann im Kostenfestsetzungsbeschluss die Angabe der vollständigen Anschrift unterbleiben."

16. Dem § 465 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

"Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten."

17. § 472 wird wie folgt geändert:

18. In § 473 Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe "406g" durch die Angabe "406h" ersetzt.

Artikel 2
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

In § 171b Absatz 2 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. April 2014 (BGBl. I S. 410) geändert worden ist, wird die Angabe "Satz 3" durch die Angabe "Satz 4" ersetzt.

Artikel 3
Änderung des Gerichtskostengesetzes

Die Anlage 1 (Kostenverzeichnis) des Gerichtskostengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 2014 (BGBl. I S. 154), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2082) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Gliederung wird nach der Angabe zu Teil 3 Hauptabschnitt 1 Abschnitt 4 folgende Angabe eingefügt:

"Abschnitt 5
Psychosoziale Prozessbegleitung".

2. Nach Nummer 3141 wird folgender Abschnitt 5 eingefügt:

Nr. GebührentatbestandGebühr oder Satz der jeweiligen Gebühr 3110 bis 3117, soweit nichts anderes vermerkt ist
"Abschnitt 5
Psychosoziale Prozessbegleitung
Vorbemerkung 3.1.5:
Eine Erhöhung nach diesem Abschnitt tritt nicht ein, soweit das Gericht etwas anderes angeordnet hat (§ 465 Abs. 2 Satz 4 StPO).
3150Dem Verletzten ist ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet
- für das Vorverfahren:
Die Gebühren 3110 bis 3116 und 3118 erhöhen sich um
520,00 €
3151- für das gerichtliche Verfahren im ersten Rechtszug:
Die Gebühren 3110 bis 3116 und 3118 erhöhen sich um
370,00 €
Die Erhöhung der Gebühr 3116 tritt nur ein, wenn ausschließlich diese Gebühr zu erheben ist. Die Erhöhungen nach den Nummern 3150 und 3151 können nebeneinander eintreten.
3152Dem Verletzten ist für das Berufungsverfahren ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet:
Die Gebühren 3120 und 3121 erhöhen sich um
Die Erhöhung der Gebühr 3120 oder 3121 für die Anordnung einer oder mehrerer Maßregeln der Besserung und Sicherung tritt nur ein, wenn ausschließlich diese Gebühr zu erheben ist.
210,00 €."

Die Gebühren 3120 und 3121 erhöhen sich um Die Erhöhung der Gebühr 3120 oder 3121 für die Anordnung einer oder mehrerer Maßregeln der Besserung und Sicherung tritt nur ein, wenn ausschließlich diese Gebühr zu erheben ist.

Artikel 4
Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG)

§ 1 Regelungsgegenstand

Dieses Gesetz regelt für die psychosoziale Prozessbegleitung nach § 406g der Strafprozessordnung

§ 2 Grundsätze

§ 3 Anforderungen an die Qualifikation

§ 4 Anerkennung und weitere Anforderungen

Die Länder bestimmen, welche Personen und Stellen für die psychosoziale Prozessbegleitung anerkannt werden, welche weiteren Anforderungen hierfür an Berufsausbildung, praktische Berufserfahrung, spezialisierte Weiterbildung und regelmäßige Fortbildungen zu stellen sind.

§ 5 Vergütung

§ 6 Höhe der Vergütung

Der beigeordnete psychosoziale Prozessbegleiter erhält für die Wahrnehmung seiner Aufgaben aus der Staatskasse für eine psychosoziale Prozessbegleitung eine Vergütung

Mit der Vergütung nach Satz 1 sind auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Ausübung der psychosozialen Prozessbegleitung entstandener Aufwendungen und Auslagen sowie Ansprüche auf Ersatz der auf die Vergütung entfallenden Umsatzsteuer abgegolten.

§ 7 Entstehung des Anspruchs

Der Anspruch auf Vergütung entsteht für jeden Verfahrensabschnitt nach § 6 Satz 1 gesondert. Das gerichtliche Verfahren beginnt, wenn das für die Hauptverhandlung zuständige Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 203 der Strafprozessordnung beschließt.

§ 8 Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes

Auf den Umfang und die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs sowie auf die Festsetzung der Vergütungen und Vorschüsse einschließlich der Rechtsbehelfe sind § 8 Absatz 1, § 47 Absatz 1 Satz 1, § 48 Absatz 1, die §§ 54, 55 Absatz 1, § 56 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entsprechend anzuwenden.

§ 9 Erlöschen des Anspruchs

Der Vergütungsanspruch erlischt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach Einstellung oder rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bei dem für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Gericht geltend gemacht wird.

§ 10 Öffnungsklausel; Verordnungsermächtigung

§ 11 Übergangsregelung

Die Länder können abweichend von den Voraussetzungen des § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis zum 31. Juli 2017 bestimmen, dass Personen, die bereits eine von einem Land anerkannte Aus- oder Weiterbildung im Sinne dieses Gesetzes begonnen, aber noch nicht beendet haben, psychosoziale Prozessbegleitung vornehmen können.

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Artikel 1 Nummer 12, 16 und 17 Buchstabe a sowie Artikel 3 und 4 treten am 1. Januar 2017 in Kraft.

* Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57).