Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Bewährungshilfe und der Straffälligenarbeit

A. Problem und Ziel

Im Rahmen ihrer 81. Konferenz haben sich die Justizministerinnen und Justizminister am 23. und 24.Juni 2010 mehrheitlich für die Schaffung einer klarstellenden gesetzlichen Regelung für die Übermittlung personenbezogener Daten der Bewährungshelfer an die Polizei, die Strafvollstreckungsbehörde und die Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs ausgesprochen. Der Gesetzentwurf soll dem Bewährungshelfer in bestimmten Konstellationen die Möglichkeit eröffnen, personenbezogene Daten unmittelbar an die Polizei und die Vollstreckungsbehörden sowie an Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs zu übermitteln.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf sieht vor, die Datenübermittlungsbefugnisse des Bewährungshelfers im Achten Buch der Strafprozessordnung (StPO) in einem neuen, vierten Abschnitt gesetzlich zu regeln. Etwaige datenschutzrechtliche Bedenken, die derzeit einer Informationsübermittlung durch die Bewährungshelfer entgegenstehen könnten, werden durch die ausdrückliche gesetzliche Regelung in der Strafprozessordnung beseitigt.

Artikel 1 des Gesetzentwurfs sieht mit der Einfügung des § 496 StPO eine entsprechende Änderung der Strafprozessordnung vor.

In dessen Absatz 1 werden die Bewährungshelfer unter bestimmten Voraussetzungen ermächtigt, Erkenntnisse über Probanden unmittelbar den Staatsanwaltschaften bzw. den Jugendgerichten als Vollstreckungsbehörden und/oder der Polizei mitzuteilen.

§ 496 Absatz 2 StPO-E eröffnet den Bewährungshelfern die Möglichkeit, personenbezogene Daten von Verurteilten unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar den Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs zuzuleiten.

§ 496 Absatz 3 Satz 1 und 2 StPO-E regelt die Verwendungsbeschränkung für nach § 496 Absatz 1 und 2 StPO-E übermittelte Daten.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine

2. Vollzugsaufwand

Durch die Zuweisung der Auskunftsrechte an die Bewährungshelfer sind keine quantifizierbaren Mehraufwendungen zu erwarten.

E. Sonstige Kosten

Außerhalb der öffentlichen Haushalte, insbesondere im Bereich der Wirtschaft oder der sozialen Sicherungssysteme, sind Mehrbelastungen nicht zu erwarten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind ebenfalls nicht zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Keine

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Bewährungshilfe und der Straffälligenarbeit

Der Bundesrat hat in seiner 885. Sitzung am 8. Juli 2011 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Bewährungshilfe und der Straffälligenarbeit

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht werden die Angaben zum Achten Buch wie folgt geändert:

2. In der Überschrift zum Achten Buch wird nach dem Wort "Daten" das Wort "insbesondere" eingefügt.

3. Nach § 495 wird folgender vierter Abschnitt eingefügt:

"Vierter Abschnitt
Datenübermittlung durch die Bewährungshelfer

§ 496

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage und Zielsetzung des Entwurfs

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderung der Strafprozessordnung folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG (Strafrecht).

III. Kosten der öffentlichen Haushalte

Durch die Zuweisung der Auskunftsrechte an die Bewährungshelfer sind keine quantifizierbaren Mehraufwendungen zu erwarten.

IV. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Keine

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)

Zu Artikel 1 Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um Folgeänderungen zur Einfügung des neuen § 496 StPO-E.

Zu Artikel 1 Nummer 2 (Überschrift zum Achten Buch)

Der Gesetzentwurf sieht in Artikel 1 Nummer 2 vor, Datenübermittlungsbefugnisse im Achten Buch der StPO in einem neuen, vierten Abschnitt zu regeln. Dem wird in der Überschrift des Achten Buches der StPO durch die Einfügung des Wortes "insbesondere" Rechnung getragen.

Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 496 - neu - StPO)

Zu Absatz 1

Durch die Einfügung dieser Vorschrift erhalten die Bewährungshelfer die gesetzlich normierte Befugnis, personenbezogene Daten des Verurteilten an die Polizei oder die Vollstreckungsbehörde zu übermitteln, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter oder zur Sicherung der Zwecke der Bewährungshilfe erforderlich ist.

Der gesetzliche Auftrag der Bewährungshilfe umfasst einerseits die fürsorgerische Betreuung, Lebenshilfe und Resozialisierung, z.B. Hilfe, die sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu überwinden, die zu neuen Straftaten führen könnten, andererseits aber auch die Wahrnehmung einer Funktion in der Strafrechtspflege (vgl. Fischer, StGB, 57. Auflage, 2010, § 56d Rnr. 4). Die Formulierung "zur Sicherung der Zwecke der Bewährungshilfe" soll verdeutlichen, dass die ausdrücklich angesprochenen

Gefahren nicht nur an polizeirechtlichen Gefahrenbegriffen zu messen sind. Die Befugnis zur Übermittlung personenbezogener Daten orientiert sich vielmehr maßgeblich auch an der weit gefächerten Aufgabe des Bewährungshelfers. Dieser darf daher Daten seines Probanden auch dann übermitteln, wenn dies zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Bewährungshilfe außerhalb der Abwehr der genannten Gefahren erforderlich ist. Er soll nicht nur einseitig Rückfallgefahren aufzeigen, sondern diese gegebenenfalls auch entkräften dürfen. In den Fallkonferenzen und Runden Tischen kann er durch die gewährte Übermittlungsbefugnis sein unverzichtbares Erfahrungswissen zum Wohl seines Probanden umfänglich einbringen.

Datenübermittlung an die Polizei

Zwar ist der Bewährungshelfer bereits nach der gegenwärtigen Rechtslage berechtigt, Informationen zur Gefahrenabwehr auch direkt an die Polizeibehörden zu übermitteln, sofern eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für die in § 34 Satz 1 StGB genannten Rechtsgüter vorliegt. § 34 Satz 1 StGB ermöglicht dem Bewährungshelfer derzeit eine Informationsweitergabe aber bereits dann nicht mehr, wenn eine Notstandslage nicht (mehr) gegeben ist, insbesondere wenn die Gefahr nicht (mehr) gegenwärtig ist. Für diesen Fall wird als mögliche Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung § 17 Nummer 1, 4 und 5 EGGVG - teilweise in analoger Anwendung - herangezogen. Um etwaige bestehende datenschutzrechtliche Bedenken auszuräumen, soll eine eindeutige Regelung geschaffen werden. Die Schaffung einer klarstellenden Norm ist auch deshalb geboten, weil die Bewährungshilfe keine zur Datenweitergabe berechtigte "Strafverfolgungsbehörde" im Sinne des § 481 Absatz 1 Satz 2 StPO ist.

Die indirekte Informationsübermittlung über die Führungsaufsichtsstelle und/oder das Gericht an die Polizei ist mit erheblichen Praktikabilitätseinschränkungen behaftet: Sie ist umständlich und - nicht zuletzt wegen ihrer Schwerfälligkeit - nicht praxistauglich.

Bei einem Risikoprobanden, bei dem ein Rückfall mit erheblichen Gefahren für Leib, Leben, persönliche Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung anderer zu befürchten ist, muss schnellstmöglich auf eine sich abzeichnende gefährliche Entwicklung reagiert werden. Solche Fälle treten in der Praxis nicht selten auf, z.B. wenn der Bewährungshelfer erfährt, dass sich der Proband in letzter Zeit wiederholt einem Kind genähert oder mehrfach in unmittelbarer Nähe von Örtlichkeiten oder Einrichtungen aufgehalten hat, an denen sich typischerweise Kinder aufhalten, oder wenn der Proband die dringend notwendige Medikation oder Therapie abgebrochen hat und gefährdendes Verhalten zeigt. In diesen Fällen ist es notwendig, dass die Bewährungshelfer Erkenntnisse über die Gefährlichkeit des Probanden zügig unmittelbar an die Polizei zur Einleitung präventivpolizeilicher Maßnahmen und - sofern es sich um einen Bewährungsprobanden mit zunächst positiver Prognose handelt - auch an die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde weitergeben.

Die Einholung einer (vorsorglichen) Einwilligungserklärung des Betroffenen scheidet im Bewährungsüberwachungsverfahren aus praktischen Gründen aus. Selbst wenn der Proband diese erteilen sollte, ist es dem Berufsverständnis der Bewährungshilfe und dem in dieser Beziehung gewünschten Vertrauensverhältnis zum Bewährungshelfer nicht zuträglich, wenn dem Probanden zu Beginn der Betreuung eine entsprechende allgemeine Einwilligungserklärung abverlangt werden würde.

Im Ergebnis besteht nach derzeit geltendem Recht keine hinreichend klar geregelte Möglichkeit für eine direkte Weitergabe bekannt gewordener, gegebenenfalls für sicherheitsrelevant erachteter Umstände durch den Bewährungshelfer direkt an die Polizeibehörden. Das Risiko und die Verantwortung für eine fehlerhafte Informationsübermittlung tragen die Bewährungshelfer.

Datenübermittlung an die Staatsanwaltschaft

In laufenden Bewährungsüberwachungen haben die Bewährungshelfer über die Lebensführung des Verurteilten gemäß § 56d Absatz 3 Satz 2 StGB dem Gericht Bericht zu erstatten. In Wahrnehmung ihrer Funktion für die Strafrechtspflege informieren sie das Gericht beispielsweise über die (Nicht-)Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, aber auch über neue Straftaten des Verurteilten. Das Gericht wiederum hört vor Erlass einer nachträglichen Bewährungsentscheidung nach § 453 Absatz 1 Satz 2 StPO die Staatsanwaltschaft an.

Werden Bewährungshelfer im Rahmen der Führungsaufsicht tätig, unterstützen sie nach § 68a Absatz 3 StGB die Führungsaufsichtsstelle bei der Ausübung ihrer Überwachungsaufgabe. Auch hier üben die Bewährungshelfer neben der Betreuungsaufgabe eine Funktion in der Strafrechtspflege aus (vgl. Fischer, a. a. O.). Sie erstatten der Aufsichtsstelle und auf Verlangen dem Gericht Bericht.

Der Informationsweg von der Bewährungshilfe an die Staatsanwaltschaft ist ohne vorherige Einschaltung des Gerichts oder der Führungsaufsichtsstelle sachgerecht und erforderlich, wenn die Staatsanwaltschaft in die Überwachungskonzeptionen als Vollstreckungsbehörde direkt eingebunden ist. Einige Überwachungskonzepte sehen vor, dass die Staatsanwaltschaft zusammen mit anderen Beteiligten über die Aufnahme von Probanden in die Überwachungskonzepte entscheidet. In diesem Rahmen bilden gerade die durch den Bewährungshelfer eingebrachten Erkenntnisse eine wichtige Grundlage für die Einschätzung, ob und inwieweit im Einzelfall eine Gefahr künftiger schwerwiegender Rechtsgutverletzungen, namentlich weiterer Straftaten, gegeben ist und wie dem wirksam begegnet werden kann. Die den Fallkonferenzen bzw. Runden Tischen gemeinsame Intention, die Kompetenzen verschiedener Beteiligter zu bündeln, erfordert in diesem speziellen Zusammenhang die unmittelbare Information der Staatsanwaltschaft durch die Bewährungshilfe. Aus dem unmittelbaren Kontakt mit dem Probanden verfügt der Bewährungshelfer über Erkenntnisse, die sich in geeigneten Auflagen und Weisungen für den Probanden niederschlagen sollen; diese hat die Staatsanwaltschaft gegenüber dem die Bewährung überwachenden Gericht bzw. der Strafvollstreckungskammer anzuregen.

§ 496 Absatz 1 StPO-E ist als Befugnisnorm ausgestaltet. Sie enthält bewusst keine gesetzliche Verpflichtung der Bewährungshelfer zur Datenübermittlung.

Die Formulierung ("dürfen") belässt dem Bewährungshelfer den erforderlichen Beurteilungsspielraum für seine Entscheidung zur Informationsübermittlung. Sie hebt die besondere Vertrauensstellung gegenüber dem Probanden hervor.

Zu Absatz 2

§ 496 Absatz 2 StPO-E ermöglicht dem Bewährungshelfer, personenbezogene Daten des Verurteilten an die Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs zu übermitteln, sofern deren Kenntnis für den Vollzug der Freiheitsentziehung erforderlich ist. Dies ist nach dieser Vorschrift insbesondere bei Förderung der Vollzugs- und Behandlungsplanung oder der Entlassungsvorbereitung der Fall.

Zu Beginn des Vollzugs einer freiheitsentziehenden Maßnahme ist für jeden einzelnen Gefangenen eine individuelle Behandlungsuntersuchung vorgeschrieben, auf deren Grundlage ein Vollzugsplan erstellt wird. Dabei sind vor allem die Probleme, die der Verurteilte aus seinem Leben vor dem Freiheitsentzug mitbringt, sowie die nach der Entlassung zu bewältigenden Schwierigkeiten zu berücksichtigen. Um "passgenaue", auf die individuellen Bedürfnisse des Gefangenen zugeschnittene wirksame Behandlungsmaßnahmen in den Vollzugsplan aufnehmen zu können, sind die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse des Gefangenen zu erforschen ( § 6 Absatz 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes - StVollzG). Die sogenannte Aufnahmeuntersuchung erstreckt sich dabei auf alle Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach seiner Entlassung notwendig ist. Der Begriff der Lebensverhältnisse ist hierbei umfassend zu verstehen; er erstreckt sich nicht nur auf die familiäre Situation sondern schließt unter anderem die sozialen Felder der Berufstätigkeit, der schulischen, beruflichen wie auch der allgemeinen sozialen und politischen Ausbildung und der Freizeit als zentrale Aspekte der genannten Lebensverhältnisse ein.

Schließt sich die Inhaftierung des Verurteilten im Anschluss an ein laufendes Bewährungs- oder Führungsaufsichtsverfahren an, etwa weil die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen wurde oder der Verurteilte wegen einer neuen Verurteilung in Haft genommen wird, so verfügt der zuständige Bewährungshelfer üblicherweise bereits über die für eine Aufnahmeuntersuchung wesentlichen Informationen zu dem Betroffenen. Da er im Rahmen der Betreuung des Verurteilten regelmäßig dessen Lebenssituation mit Rücksicht auf soziale Bindungen, Arbeitsstelle und Wohnort zu beurteilen hat, liegen ihm unter anderem Erkenntnisse zur familiären und zur Wohnungssituation, zur beruflichen Tätigkeit bzw. zum Stand der Beschäftigungssuche des Verurteilten, zur Notwendigkeit der Schuldenbereinigung, zum Umgang des Verurteilten mit Suchtmitteln oder zu haftrelevanten Erkrankungen und/oder Behinderungen vor. Diese sind für die Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs von Bedeutung, weil die Erfahrungen mit dem Verurteilten in Freiheit und der bis zur Inhaftierung erreichte Sachstand auf den einzelnen Gebieten erheblichen Einfluss auf die Vollzugsplanung und - perspektivisch - auch auf die Entlassungsvorbereitung haben können.

Die Vollzugseinrichtung ist derzeit grundsätzlich auf die eigene Darstellung des Gefangenen angewiesen (§ 179 Absatz 2 Satz 1 StVollzG). Dessen Angaben weichen jedoch nach aller Erfahrung häufig von den tatsächlichen Gegebenheiten ab, weil die Gefangenen gerade zu Beginn des Vollzugs hinsichtlich ihrer sozialen Variablen, insbesondere zu ihrer aktuellen persönlichen Situation und zum Umgang mit Suchtmitteln, zu einer idealisierten Darstellung neigen. Probleme in diesen Bereichen werden - wenn überhaupt - nur zögerlich eingestanden. Oft ist der Verurteilte auch nur unzureichend in der Lage, seine finanzielle und/oder berufliche Situation so (vollständig) zu beschreiben, dass diese Informationen nach gegenwärtiger Rechtslage einer (Weiter-)Bearbeitung grundsätzlich nur begrenzt zur Verfügung stehen und eine Maßnahmeplanung ohne Zeitverzug in diesen Fällen nicht erfolgen kann. Andererseits zeigen Verurteilte bisweilen auch Unverständnis darüber, dass sie Informationen über ihre aktuelle persönliche und soziale Situation sowie bestehende Probleme, die sie zuvor bereits gegenüber ihrem Bewährungshelfer offenbart oder sogar mit diesem konkret aufgearbeitet hatten, nunmehr wiederholen und gegenüber der Vollzugseinrichtung erneut darlegen müssen.

Nur die frühe Thematisierung, möglichst unmittelbar nach Aufnahme in die Vollzugseinrichtung, gewährleistet eine zielgerichtete und effektive Behandlungsplanung. Hiervon profitiert in erster Linie der Verurteilte, der dadurch schneller Zugang zu Hilfesystemen oder speziellen (sozial-)therapeutischen und sonstigen Maßnahmen erhält. Notwendige Schritte, wie z.B. die Abmeldung beim Arbeitgeber oder vom Leistungsträger, regelungsbedürftige Miet-, Unterhalts- und sonstige Zahlungsangelegenheiten oder die Einholung von Nachweisen über schulischberufliche Qualifikationen zur Eingliederung in Beschäftigungsmöglichkeiten des Vollzugs, können schneller und effizienter erfolgen. Der Verwaltungsaufwand wird durch eine zeitnahe und fundierte Datenübermittlung durch die Bewährungshilfe gering gehalten. Die Behandlung des Verurteilten kann somit früher zielgerichtet auf seine Ressourcen und Defizite ausgerichtet werden.

Die unmittelbare Kooperation mit demjenigen, der bereits im Vorfeld der Inhaftierung mit dem Verurteilten in professionellem Kontakt stand, verbessert die Qualität sowohl der Behandlungsuntersuchung zu Beginn der Inhaftierung als auch die der Entlassungsvorbereitung an deren Ende erheblich. Dabei soll der direkte Datenaustausch das Gespräch mit dem Verurteilten und eine unmittelbare Datenerhebung bei ihm nicht ersetzen. Die eigenen Angaben des Verurteilten zu seinen Lebensverhältnissen können jedoch auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Plausibilität hin überprüft werden. Der "Wissensvorsprung" des Bewährungshelfers im Umgang mit dem Verurteilten unterstützt die Entscheidungsfindung bei der Festlegung von notwendigen Behandlungsmaßnahmen im Vollzugsplan; seine Erkenntnisse über das Verhalten des Verurteilten in "Freiheit" wiederum sind für die Entlassungsvorbereitung hilfreich.

Ob nach gegenwärtiger Rechtslage eine Befugnis des Bewährungshelfers, personenbezogene Daten des Verurteilten von Amts wegen unmittelbar an die Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs weiterzugeben, besteht, wird höchst unterschiedlich beurteilt. Dies steht einer einheitlichen und klaren Rechtsanwendung entgegen. Teilweise wird die Rechtsauffassung vertreten, bereits jetzt sei eine Datenübermittlung der Bewährungshilfe an den Strafvollzug ohne Weiteres zulässig, wenn der Verurteilte die Vollstreckung seiner ursprünglich zur Bewährung ausgesetzten Strafe antrete, weil der Datenaustausch zwischen den jeweils zuständigen Verfahrensbeteiligten des Strafverfahrens grundsätzlich zugelassen sei und es für diese verfahrensinterne Informationsweitergabe keiner ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe. Teilweise wird eine Auskunftsbefugnis des Bewährungshelfers gegenüber der Vollzugsanstalt zu verfahrensübergreifenden Zwecken, das heißt etwa im Rahmen der Vollstreckung einer Strafe, wegen derer der Verurteilte nicht der Bewährungsaufsicht unterstand, über § 479 Absatz 2 Nummer 1 und 2 StPO (Auskunft von Amts wegen) oder über § 474 Absatz 1 StPO (Auskunft auf entsprechendes Ersuchen der Vollzugsanstalt) hergeleitet. Vereinzelt wird ein Rückgriff auf Befugnisnormen der Landesdatenschutzgesetze für zulässig gehalten oder - ausdrücklich unter Hinweis auf eine besondere organisatorische Zugehörigkeit der Bewährungshilfe zur Landgerichtsverwaltung - eine Übermittlungsbefugnis der Bewährungshilfe aus § 479 Absatz 2, Absatz 3 Halbsatz 1, § 478 Absatz 1 und 2, §§ 474 ff. StPO analog vertreten. Alle Ansätze sind jedoch nicht unumstritten.

Wegen der bislang fehlenden Normierung von Datenübermittlungsbefugnissen und den sich daraus ergebenden rechtlichen Unsicherheiten wird derzeit - soweit eine systematische Informationsübermittlung angestrebt wird - auf eine Einwilligungserklärung des Verurteilten zur Übermittlung der Erkenntnisse des Bewährungshelfers über den Probanden an die Justiz- und Maßregelvollzugseinrichtungen hingewirkt. Auf die Erteilung dieser Einwilligungserklärungen des Gefangenen angewiesen zu sein, ist jedoch unbefriedigend. Insbesondere problematische Gefangene verweigern erfahrungsgemäß eine Kooperation.

Angesichts dieser Diskussion über Bestehen oder Umfang von Übermittlungsbefugnissen ist eine gesetzliche Klarstellung überfällig. Die Schaffung der ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 496 Absatz 2 StPO-E ermöglicht den direkten Datenaustausch zwischen Bewährungshilfe und Justizvollzug und erleichtert und vereinheitlicht somit die Rechtsanwendung.

Bei der Ausgestaltung der Datenübermittlungsbefugnis der Bewährungshilfe gegenüber den Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs als Ermessensvorschrift wird auch hier dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Bewährungshelfer und Proband Rechnung getragen.

Zu Absatz 3

§ 496 Absatz 3 Satz 1 StPO-E stellt klar, dass die personenbezogene Datenübermittlung an die Staatsanwaltschaft, die Polizei und die Justiz- und Maßregeleinrichtungen nach § 496 Absatz 1 und 2 StPO-E nur für die dort gesetzlich vorgesehenen Zwecke erfolgen darf.

Nach § 496 Absatz 3 Satz 2 StPO-E ist die Datennutzung auch für andere als die der Auskunftserteilung direkt zugrundeliegenden Zweckbestimmungen erlaubt, soweit auch für diese hätte Auskunft gewährt werden dürfen.

Mit den Regelungen soll eine unzulässige zweckfremde Verwendung erlangter Informationen verhindert werden.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Nach Artikel 2 des Gesetzentwurfs soll das beabsichtigte Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.