Punkt 12 der 878. Sitzung des Bundesrates am 17. Dezember 2010
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Intention der Bundesregierung, mit dem "Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen" notwendige Korrekturen am bisherigen System der Sicherungsverwahrung vorzunehmen. Es wäre weder gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen noch gegenüber der Gesellschaft zu verantworten, auf das Instrument der Sicherungsverwahrung als Schutz vor gefährlichen Straftätern gänzlich zu verzichten. Neben der Wahrnehmung dieses Schutzauftrages gegenüber der Bevölkerung muss das Gesetz jedoch ebenso den rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht werden.
- 2. Der Bundesrat hält es für bedenklich, dass bei einem Gesetzgebungsverfahren, welches in erheblichem Maße die Vollzugspraxis und damit die Belange der Länder berührt, dem Bundesrat ein erster Durchgang und damit die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur konstruktiven Mitarbeit am Gesetz verwehrt wird. Wichtige Aspekte der Länder konnten daher bei der Erarbeitung des Gesetzes nicht berücksichtigt werden.
Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit einer zeitnahen Überarbeitung insbesondere unter Berücksichtigung folgender Gesichtspunkte:
- 3. Es ist nicht sachgerecht, die nachträgliche Sicherungsverwahrung für Altfälle aufrecht zu erhalten, obgleich begründete Zweifel an der Konventionsgemäßheit dieses Regelungskomplexes bestehen.
- - Es erscheint nicht sachgerecht, das Institut der Sicherungsverwahrung konsolidieren zu wollen, ohne die bereits bei ihrer Einführung in Expertenkreisen nahezu einhellig abgelehnte Sicherungsverwahrung bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht wieder abzuschaffen. - Die primäre Sicherungsverwahrung sollte auf schwerste Gewalttaten und schwere Sexualstraftaten beschränkt bleiben und nicht Erpressungsdelikte, Betäubungsmittelstraftaten und Staatsschutzdelikte mit einbeziehen.
- - Die vorgesehene vorbehaltene Sicherungsverwahrung für Ersttäter entspricht in ihrem Wesen und in der Ausgestaltung ihrer Voraussetzungen nicht dem "ultimaratio-Prinzip", dem die Maßregel der Sicherungsverwahrung unterliegt.
- 4. Der Bundesrat weist zudem darauf hin, dass das Gesetz die Länder vor erhebliche, bisher nicht bedachte Umsetzungsschwierigkeiten stellt. Das gilt insbesondere für die technische Realisierung der elektronischen Überwachung im Rahmen der Führungsaufsicht.
- 5. Auch die nunmehr vorgeschlagene Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) ist aus forensischpsychiatrischer Sicht abzulehnen und verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Zudem ist die Frage nach einer angemessenen finanziellen Beteilung des Bundes an der Umsetzung zu stellen.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung auch zu diesen Fragen alsbald angemessene Vorschläge zu unterbreiten.