Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft

A. Problem und Ziel

Das Problem der Vaterschaftsanerkennung zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit wird zunehmend diskutiert. Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat am 18./19. November 2004 die Auffassung geäußert, dass aus Anlass von Vaterschaftsanerkennungen zu den oben genannten Zwecken "ein befristetes Anfechtungsrecht für einen Träger öffentlicher Belange bei Vaterschaftsanerkennungen im Bürgerlichen Gesetzbuch geschaffen werden muss". Die Konferenz der Justizministerinnen und -minister (JuMiKo) hat daraufhin die Bundesministerin der Justiz am 17. November 2005 gebeten, ein entsprechendes Gesetz vorzubereiten.

Durch die Einführung eines Anfechtungsrechts für solche Fälle wird die Akzeptanz der unverändert richtigen Grundentscheidung der Kindschaftsrechtsreform von 1998 gewahrt. Die Reform hat die Elternautonomie gestärkt, indem sie das Zustandekommen einer wirksamen Anerkennung allein an formgebundene Erklärungen des Vaters (Anerkennung) und der Mutter (Zustimmung) knüpft. Nach der alten Rechtslage war im Regelfall für die Anerkennung die Zustimmung des Jugendamts als Amtspfleger für das nichteheliche Kind erforderlich. Darauf hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet und damit auch die rechtliche Anerkennung sozialer Vater-Kind-Verhältnisse ermöglicht. Dies trägt der sozialen Realität Rechnung und entspricht der Wertung des Grundgesetzes: Die Abstammung wie die sozialfamiliäre Verantwortungsgemeinschaft machen gleichermaßen den Gehalt von Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. April 2003, NJW 2003, S. 2151, 2154).

Mit der Vaterschaftsanerkennung zeigt der Anerkennende in der Regel Verantwortungsbereitschaft für das Kind und wird u.a. unterhaltspflichtig. Es gibt jedoch gerade im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsstatus der beteiligten Personen Fälle, in denen Männer eine Vaterschaft anerkennen, die nicht die biologischen Väter der Kinder sind, auch kein soziales Vater-Kind-Verhältnis anstreben und oft die aus der Vaterschaft folgende Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit nicht fürchten. Dann dient die Anerkennung weder der rechtlichen Anerkennung des biologischen Vaters noch der Gründung einer sozialen Familie. Solche Vaterschaftsanerkennungen sind vom Schutzzweck der Kindschaftsrechtsreform nicht gedeckt und können deren Akzeptanz gefährden.

Die Innenminister der Länder haben für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 bei ihren Ausländerbehörden Fallzahlen erhoben. Danach wurde 1.694 unverheirateten ausländischen Müttern eines deutschen Kindes, die im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig waren, aufgrund der Vaterschaftsanerkennung ein Aufenthaltstitel erteilt. Die Zahlen können zwar nicht belegen, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen handelt, d.h. eine Anerkennung ohne dass eine leibliche oder soziale Beziehung zum Kind gegeben ist. Sie zeigen aber einen nicht unerheblichen Rahmen, in dem missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen stattfinden können. IMK und JuMiKo fordern deshalb zu Recht ein zielgenau auf die missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen gerichtetes Anfechtungsrecht.

Durch die Schaffung eines Anfechtungsrechts besteht für solche Fälle in Zukunft eine Abhilfemöglichkeit, die sowohl die Akzeptanz der Kindschaftsrechtsreform stärkt als auch der Entstehung eines "Generalverdachts" gegen binationale Familien vorbeugt.

B. Lösung

Der Entwurf sieht die Einführung eines Anfechtungsrechts durch eine öffentliche Stelle vor. Dadurch sollen Vaterschaftsanerkennungen mit Folgen für den Aufenthaltsstatus gerichtlich überprüft werden können, bei denen weder eine sozialfamiliäre Vater-Kind-Beziehung noch eine biologische Vaterschaft vorliegt.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Unmittelbar durch das Gesetz entstehen keine Kosten.

2. Vollzugsaufwand

Für die öffentlichen Haushalte könnten durch die Einrichtung der anfechtungsberechtigten Behörde sowie die Vorbereitung und Durchführung von Anfechtungsverfahren zusätzliche Kosten entstehen. Die Einführung des Anfechtungsrechts für eine öffentliche Stelle wird zu zusätzlichen Verfahren bei den Familiengerichten, Oberlandesgerichten und - unter den engen Voraussetzungen der §§ 621e, 543 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) - eventuell auch beim Bundesgerichtshof führen. In welchem Umfang dadurch Mehrkosten für Bund, Länder und Kommunen entstehen, ist nicht abschätzbar, da derzeit keine Einschätzung über die genaue Zahl missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen möglich ist. Soweit beim Bund Mehrkosten entstehen, werden diese im Rahmen der vorhandenen Haushaltsansätze finanziert.

Diesen Kosten dürfte aber jedenfalls auch eine Kostenersparnis im Bereich der Sozialleistungen gegenüberstehen. Bei den Fällen, in denen eine Anfechtung der Vaterschaft vor allem in Betracht kommt, handelt es sich um im Zeitpunkt der Anerkennung ausreisepflichtige Mütter, die ohne die Anerkennung nicht mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) und den damit ggf. verbundenen Sozialleistungen rechnen könnten, sondern eine Abschiebung erwarten müssten.

E. Sonstige Kosten

Für die Wirtschaft, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, entstehen keine Kosten. Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise, auf das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 1. September 2006
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 13.10.06

Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung sonstigen Bundesrechts

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Probleme des geltenden Rechts

Das Problem der Vaterschaftsanerkennung zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit wird zunehmend diskutiert: Die Innenministerkonferenz hat am 18./19. November 2004 gefordert, "dass ein befristetes Anfechtungsrecht für einen Träger öffentlicher Belange bei Vaterschaftsanerkennungen im Bürgerlichen Gesetzbuch geschaffen werden muss" und u.a. die Konferenz der Justizministerinnen und -minister um Unterstützung des Vorhabens gebeten.

Die Konferenz der Justizministerinnen und -minister hat daraufhin die Bundesministerin der Justiz am 17. November 2005 gebeten, "zur Bekämpfung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen zu Zwecken der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches vorzubereiten, die einem Träger öffentlicher Belange in diesen Fällen ein befristetes Anfechtungsrecht gewährt."

Mit der Vaterschaftsanerkennung zeigt der Anerkennende in der Regel Verantwortungsbereitschaft für das Kind und wird u.a. unterhaltspflichtig. Es gibt jedoch gerade im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsstatus der beteiligten Personen Fälle, in denen Männer eine Vaterschaft anerkennen, die nicht die biologischen Väter der Kinder sind, auch kein soziales Vater-Kind-Verhältnis anstreben und oft die aus der Vaterschaft folgende Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit nicht fürchten. Dann dient die Anerkennung weder der rechtlichen Anerkennung des biologischen Vaters noch der Gründung einer sozialen Familie und entspricht häufig auch nicht den Interessen des Kindes. So kann sein biologischer Vater, der möglicherweise Kontakt zum Kind hat oder aufnehmen möchte, nicht ohne Anfechtung als Vater festgestellt werden (§§ 1594 Abs. 2, 1600d Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB).

II. Änderungsbedarf

1. Geltendes Recht

a) Rechtslage seit dem 1. Juli 1998

Durch das Beistandschaftsgesetz wurde mit Wirkung zum 1. Juli 1998 die bis dahin für nichtehelich geborene Kinder bestehende gesetzliche Amtspflegschaft des Jugendamtes (§ 1706 BGB a. F.) durch die Beistandschaft des Jugendamtes (§§ 1712 ff. BGB n. F.) ersetzt, die nur auf Antrag des das Kind betreuenden Elternteils eintritt. Nach der alten Rechtslage bedurfte die Anerkennung der Vaterschaft für ein nichteheliches Kind gemäß § 1600c BGB a. F. der Zustimmung des Kindes, welche bei einem noch nicht 14jährigen Kind gemäß § 1600d Abs. 2 BGB a. F. durch den gesetzlichen Vertreter, also im Regelfall durch das Jugendamt als Amtspfleger, erklärt werden musste.

Gemäß § 1595 BGB in der Fassung des ebenfalls zum 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindschaftsrechtsreformgesetzes muss grundsätzlich nicht mehr das Kind, sondern die Mutter der Anerkennung zustimmen. Anerkennung und Zustimmung müssen öffentlich beurkundet werden (§ 1597 BGB). Zuständig für die Beurkundung ist u.a. der Standesbeamte ( § 29a Abs. 1 des Personenstandsgesetzes - PStG) und die Urkundsperson beim Jugendamt (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VIII). Eine über die Beurkundung hinausgehende Mitwirkung des Jugendamtes an der Vaterschaftsfeststellung findet nur statt, wenn die Mutter eine Beistandschaft beantragt (§§ 1712 ff. BGB).

Ziel der Neuregelungen durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz und das Beistandsschaftsgesetz war es, die bisherige "Bevormundung" der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes durch die Amtspflegschaft des Jugendamtes abzuschaffen und die Rechte der Mutter zu stärken. Nach der alten Rechtslage war im Regelfall für die Anerkennung die Zustimmung des Jugendamts als Amtspfleger für das nichteheliche Kind erforderlich. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum Kindschaftsrechtsreformgesetz (BT-Drs. 013/4899, S. 54) enthält hierzu folgendes:

"Die Stellung der Mutter soll sowohl bei der Anerkennung als auch bei der Anfechtung der Vaterschaft gestärkt werden.

Die Mitwirkung der Mutter am Zustandekommen einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung ist vom Gesetz in diesen Fällen nicht vorgesehen. Dies erklärt sich aus dem System der Amtspflegschaft und dem darin liegenden Misstrauen gegenüber der Mutter eines nichtehelichen Kindes.

Der Entwurf sieht dagegen vor, dass die Anerkennung der Zustimmung der Mutter - und zwar aus eigenem Recht und nicht als gesetzliche Vertreterin des Kindesbedarf (§ 1595 Abs. 1 BGB-E). ..."

Gesetzgeberisches Ziel war mithin die Stärkung der rechtlichen Stellung der Mutter eines nichtehelichen Kindes, der anstatt des früheren Misstrauens nunmehr grundsätzliches Vertrauen in die Richtigkeit ihrer in Übereinstimmung mit dem anerkennenden Vater abgegebenen Erklärung entgegen gebracht wird (so auch Kammergericht Berlin, Beschluss vom 11. Dezember 2001, Das Standesamt 2002, S. 241).

In engem Zusammenhang mit dieser Zielsetzung steht die im Gesetz vorgesehene Beschränkung der Unwirksamkeit der abstammungsrechtlichen Erklärungen auf die in § 1598 Abs. 1 BGB genannten Gründe und die Begrenzung der Vaterschaftsanfechtungsberechtigungen auf den in § 1600 BGB genannten Personenkreis. Das Abstammungsrecht regelt als Statusrecht die Abstammung und die Verwandtschaft von Personen. An diesen rechtlichen Tatbestand ist eine Vielzahl von Folgen geknüpft. So gilt dies für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 4 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG). Auch familienrechtliche Rechtspositionen wie das Sorgerecht, das Umgangsrecht und Ansprüche auf Unterhalt (§§ 1601 ff. BGB) hängen von der Abstammung bzw. Verwandtschaft ab. Darüber hinaus entstehen Auswirkungen im Erbrecht. Aber auch im Sozialrecht hat die Abstammung Bedeutung etwa für Fragen der Hinterbliebenenversorgung.

Das Abstammungsrecht entfaltet somit grundsätzliche Tatbestandswirkung in einer Vielzahl von Rechtsgebieten und bedarf damit eines besonders hohen Maßes an Rechtssicherheit. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass sehr häufig einer entsprechenden Erklärung auch ein tatsächliches Zusammenleben von Mutter, Vater und Kind zugrunde liegt und somit eine Familie gegeben ist. Auch dieses Zusammenleben soll vor möglichen Angriffen von außen geschützt werden (vgl. hierzu auch die Ausführungen in der Begründung des Regierungsentwurfs für ein Kindschaftsrechtsreformgesetz zum Ausschluss eines Anfechtungsrechts des biologischen Vaters, BT-Drs. 013/4899, S. 57 f.).

Daher hat sich der Gesetzgeber des Kindschaftsrechtsreformgesetzes in § 1598 BGB ganz bewusst auf die in § 1598 Abs. 1 BGB abschließend aufgeführten Unwirksamkeitsgründe beschränkt und im Übrigen gemäß § 1598 Abs. 2 BGB auch eine Heilungsvorschrift für formunwirksame Vaterschaftsanerkenntnisse geschaffen, die ebenfalls insbesondere der Rechtssicherheit dient (BT-Drs. 013/4899, S. 85). Diese Beschränkung der Unwirksamkeitsgründe schließt nach ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine Berufung auf die allgemeinen Vorschriften über Willensmängel und die Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften aus (vgl. LG Krefeld, Beschluss vom 21. Dezember 1973, Der Amtsvormund 1974, S. 261; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1984, FamRZ 1985, S. 271; Palandt/Diederichsen, 65. Aufl. 2006, Rn. 1 zu § 1598 BGB; Münchener Kommentar/Wellenhofer-Klein, 4. Aufl. 2006, Rn. 1 und 26 ff. zu § 1598 BGB). Das OLG Köln hat dementsprechend mit Urteil vom 25. Oktober 2001 (FamRZ 2002, S. 629) festgestellt, dass gemäß § 1600c BGB die Vaterschaft im Anfechtungsverfahren auch in den Fällen der bewusst wahrheitswidrige Vaterschaftsanerkennung vermutet wird.

Aufgrund dieser Umstände ist auch der Standesbeamte nicht berechtigt, die entsprechende Beischreibung des anerkennenden deutschen Staatsangehörigen als Vater des Kindes im Geburtenbuch zu verweigern (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 11. Dezember 2001, a.a. O.).

Mit dieser Beschränkung der Unwirksamkeitsgründe korrespondiert die Beschränkung der Vaterschaftsanfechtungsberechtigten. Gemäß § 1600 BGB sind nur der rechtliche Vater i.S.d. §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB, die Mutter, das Kind und unter eingeschränkten Voraussetzungen auch der biologische Vater anfechtungsberechtigt. Aus den dargelegten Gründen der Rechtssicherheit und des Schutzes des Zusammenlebens von Familien sollte Außenstehenden nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, die Abstammung eines Kindes in Frage zu stellen.

b) Auswirkungen der Vaterschaftsanerkennung in verschiedenen Rechtsgebieten

aa. Im Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht

Die IMK hat zum Thema "Vaterschaftsanerkennungen zu Zwecken der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit" eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die in ihrem (Zwischen)Bericht für die Sitzung der IMK am 5./6. Dezember 2002 in Bremen folgende Fallgruppen identifiziert hat:

Als Kind eines deutschen Staatsangehörigen erwirbt das Kind mit der wirksamen Vaterschaftsanerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 1 StAG). Eine Überprüfung, ob der Vaterschaftsanerkennung "biologische Tatsachen" zugrunde liegen, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Für die Mutter des Kindes, die beispielsweise als Bürgerkriegsflüchtling oder Asylbewerberin keinen auf Dauer gesicherten Aufenthalt hat oder z.B. wegen Nichtverlängerung des Aufenthalttitels oder nach Ablehnung eines etwaigen Asylantrags bereits ausreisepflichtig ist, ergibt sich in dieser Fallkonstellation gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als ausländischem Elternteil eines minderjährigen ledigen deutschen Kindes zur Ausübung der Personensorge. Gemäß § 28 Abs. 2 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nach drei Jahren befristet verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Kind im Bundesgebiet fortbesteht. Wenn nach Ablauf der drei Jahre darüber hinaus kein Ausweisungsgrund vorliegt und die Mutter sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann, hat sie in der Regel Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis. Im Ergebnis erhält die Mutter also zunächst für die Dauer von drei Jahren und solange das Kind sich im Bundesgebiet aufhält, einen gesicherten Aufenthalt. Eine etwaige bis dahin bestehende Ausreisepflicht erlischt.

Wird das Kind aufgrund der Vaterschaftsanerkennung gemäß § 4 Abs. 3 StAG deutscher Staatsangehöriger, erwirbt die Mutter einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis aus § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG zur Ausübung der Personensorge.

Ist das Kind deutscher Staatsangehöriger gemäß § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 StAG, erwirbt der ausländische Mann, der die Vaterschaft anerkennt, im Falle seiner Sorgeberechtigung einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis aus § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG zur Ausübung der Personensorge.

bb. Infolge der Vaterschaftsanerkennung und des daraus resultierenden Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes treten auch im Bereich sozialer Leistungsgesetze verschiedene Folgen ein:

2. Rechtstatsachen

Die erwähnte Arbeitsgruppe der IMK ist in ihrem (Zwischen)Bericht zu folgendem Ergebnis gekommen:

"Die Einführung eines befristeten Anfechtungsrechts für einen Träger öffentlichen Interesses bietet nach Auffassung der Arbeitsgruppe einen sachgerechten Lösungsansatz."

Ferner wurde in dem Bericht der Mangel an empirischen Erkenntnissen kritisiert. In dem (Abschluss)Bericht für die Sitzung des Arbeitskreises I der IMK am 7./8. Oktober 2004 in Lübeck wurden sodann die Ergebnisse einer Erhebung zu o.g. Thematik auf der Basis eines Musterfragebogens vorgestellt. Die Erhebung wurde als Folge des Zwischenberichts initiiert, von den Innenministerien der Länder bei ihren Ausländerbehörden durchgeführt und erstreckte sich vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004. Danach wurde u.a. 1694 unverheirateten ausländischen Müttern eines deutschen Kindes, die im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig waren, ein Aufenthaltstitel erteilt.

Ergebnis der Erhebung bei den Ausländerbehörden 1. April 2003 - 31. März 2004

unverheiratete ausländische Mütter mit deutschem KindDavon aus reisepflichtig vor der VaterschaftsanerkennungKind deutsch durch deutschen VaterKind deutsch durch ausländischem Vater mit gesichertem Aufenthaltstatus
Aufenthaltstitel2.3381.6941.449245

ausreisepflichtig vor VaterschaftsanerkennungKind ist deutsch oder hat AufenthaltstitelAufenthaltstitel oder Duldung für VaterKein Aufenthaltstitel oder Duldung für Vater
Ausländische Anerkennende1.9351.9351.414521

Die Zahlen können zwar nicht belegen, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen handelt, d.h. eine Anerkennung ohne dass eine leibliche oder soziale Beziehung zum Kind gegeben ist. Sie zeigen aber einen nicht unerheblichen Rahmen, in dem missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen stattfinden können. Es besteht zudem die Gefahr, dass sich organisierte Strukturen für solche Vaterschaftsanerkennungen entwickeln.

III. Lösung

In § 1600 BGB wird ein Anfechtungsrecht einer öffentlichen Stelle bei Missbrauch der Vaterschaftsanerkennung eingefügt:

Dadurch bleibt die unverändert richtige Grundentscheidung des Kindschaftsrechtsreformgesetzes gewahrt. Der Gesetzgeber hat die Stellung von Mutter, Kind und Anerkennendem ganz bewusst durch die Abschaffung der Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder (§§ 1706 BGB a. F.) gestärkt und damit die Entstehung sozialfamiliärer Beziehungen akzeptiert. Die soziale Familie ist eine von Artikel 6 GG geschützte gesellschaftliche Realität. Die Abstammung wie die sozialfamiliäre Verantwortungsgemeinschaft machen gleichermaßen den Gehalt von Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. April 2003, NJW 2003, S. 2151, 2154).

Das Bundesverfassungsgericht hat die Reform des Kindschaftsrechts von 1998 zum Anlass genommen, in einem Beschluss auf die Rolle der gewachsenen Einsicht in die Bedeutung des Umgangsrechts eines Kindes mit beiden Elternteilen für die Auslegung und Anwendung des Ausländerrechts hinzuweisen. Es hat an gleicher Stelle aber auch bekräftigt, dass Artikel 6 GG nicht schon aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfaltet (Beschluss der 2. Kammer des zweiten Senats vom 8. Dezember 2005, FamRZ 2006, S. 187).

Dementsprechend wird das Recht der Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung nur auf Fälle der Anerkennung erweitert, die nicht mit den Wertungen des Kindschaftsrechts in Einklang stehen. Anfechtbar sollen nur die Fälle sein, in denen weder aufgrund der Abstammung, noch aufgrund einer sozialfamiliären Beziehung eine Familie im Sinne von Artikel 6 GG vorliegt. In diesen Fällen gebührt dem öffentlichen Interesse an der Anfechtung der Vorrang.

Im Hinblick auf die an die Abstammung geknüpften Rechtsfolgen im Bereich des öffentlichen Rechts, insbesondere des Staatsangehörigkeits- und Aufenthaltsrechts besteht ein überwiegendes Gemeininteresse an der Anfechtung einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung. Der Gesetzgeber hat insbesondere in § 4 StAG und § 28 AufenthG Regelungen geschaffen, die dem Schutz der Familie Rechnung tragen. Diese Regelungen sollen nicht durch die Anerkennung von Vaterschaften umgangen werden können, die nicht in den Schutzbereich von Artikel 6 GG fallen.

Der vorgelegte Entwurf zielt durch die Einführung eines Anfechtungsrechts im BGB auf die Stärkung des Grundsatzes, familienrechtliche Statusentscheidungen auch für das Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht gelten zu lassen. Das Abstammungsrecht bedarf wegen seiner Tatbestandswirkung in einer Vielzahl von Rechtsgebieten eines besonders hohen Maßes an Rechtssicherheit. Der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung hat hier eine besondere Bedeutung.

IV. Kosten

Kostenbelastungen für die Wirtschaft sowie Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise, auf das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

Für die öffentlichen Haushalte könnten durch die Einrichtung der anfechtungsberechtigten Behörde sowie die Vorbereitung und Durchführung von Anfechtungsverfahren zusätzliche Kosten entstehen. Die Einführung des Anfechtungsrechts für eine öffentliche Stelle wird zu zusätzlichen Verfahren bei den Familiengerichten, Oberlandesgerichten und - unter den engen Voraussetzungen der §§ 621e, 543 Abs. 2 ZPO - eventuell auch beim Bundesgerichtshof führen. In welchem Umfang dadurch Mehrkosten für Bund, Länder und Kommunen entstehen, ist nicht abschätzbar, da derzeit keine Einschätzung über die genaue Zahl missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen möglich ist. Soweit beim Bund Mehrkosten entstehen, werden diese im Rahmen der vorhandenen Haushaltsansätze finanziert.

Den entstehenden Kosten dürfte eine Kostenersparnis im Bereich der Sozialleistungen gegenüberstehen. Bei den Fällen, in denen eine Anfechtung der Vaterschaft vor allem in Betracht kommt, handelt es sich um im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtige Mütter, die ohne die Anerkennung nicht mit einer Aufenthaltserlaubnis und den damit ggf. verbundenen Sozialleistungen rechnen könnten, sondern eine Abschiebung erwarten müssten. Ohne Vaterschaftsanerkennung erhalten Mutter und Kind vielmehr auch bei Verbleib im Bundesgebiet lediglich die eingeschränkten Leistungen nach dem AsylbLG.

V. Gesetzgebungszuständigkeit

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Grundgesetzes (Bürgerliches Recht, Personenstandswesen).

VI. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten. Der Gesetzentwurf will die Akzeptanz der Kindschaftsrechtsreform fördern, die durch die Abschaffung der Amtspflegschaft auch die Rolle der unverheirateten Mutter gestärkt hat.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)

Zu Nummer 1 (§ 1600 BGB)

Zu Buchstabe a (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB-E)
Zu Buchstabe b (§ 1600 Abs. 3 [neu] BGB-E: besondere Anfechtungsvoraussetzungen)
Zu Buchstabe c (§ 1600 Abs. 4 [neu] BGB-E)

Durch die Verweisung auf die geltende Legaldefinition des Merkmals "sozialfamiliäre Beziehung" ist sichergestellt, dass die Praxis sich auch bei der Anfechtung von Scheinvaterschaften durch eine Behörde an der sich entwickelnden Auslegung dieses Merkmals in Rechtsprechung und Literatur orientieren kann (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2004, S. 290; BGH FamRZ 2005, S. 705; Palandt/Diederichsen, a.a. O., Rn. 7 zu § 1600, Rn. 6 zu § 1685).

Zu Buchstabe d (§ 1600 Abs. 5 [neu] BGB-E)

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.

Zu Buchstabe e (§ 1600 Abs. 6 [neu] BGB-E - Behördenzuständigkeit)

Die Ermächtigung in Satz 1 und 2 soll den Ländern die flexible Reaktion auf besondere örtliche Bedürfnisse ermöglichen.

Bei Satz 3 handelt es sich um eine Auffangzuständigkeit für die örtliche Zuständigkeit. Sie knüpft an die gerichtliche Zuständigkeit an, die bereits in § 640a ZPO geregelt ist. Die Auffangzuständigkeit ist insbesondere für die Fälle von Bedeutung, in denen die Beteiligten keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Die zuständige anfechtungsberechtigte Behörde bestimmt sich dann nach dem Amtsgericht Schöneberg in Berlin. Diese Auffangzuständigkeit ist insbesondere für die Auslandsvertretungen im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Mitteilungspflicht gegenüber der anfechtungsberechtigten Behörde von Bedeutung.

Zu Nummer 2 (§ 1600b Abs. 1a [neu] BGB-E)

Mit der Regelung wird Beginn und Dauer der Frist an die besonderen Tatbestandsvoraussetzungen für die Vaterschaftsanfechtung durch eine Behörde im Unterschied zur Anfechtung durch eine Privatperson angepasst.

Der Wortlaut der Sätze 1 und 2 orientiert sich an dem vergleichbaren Fall des § 48 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG - Frist zur Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes). Die Befristung trägt dem Umstand Rechnung, dass vorbehaltlich der Rechtsbeständigkeit der Vaterschaftsanerkennung das betroffene Kind deutscher Staatsbürger ist und der sorgeberechtigte Elternteil einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hat. Diesen Anspruch verliert er nur und erst dann, wenn eine Anfechtungsklage erhoben wird und diese Erfolg hat. Es ist im Interesse der Betroffenen sowie der Ausländerbehörden und Auslandsvertretungen, dass die Frage der Rechtsbeständigkeit der Vaterschaftsanerkennung möglichst schnell geklärt wird. Die auf die Tätigkeit von Behörden zugeschnittene Jahresfrist hat sich seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder vor knapp 30 Jahren bewährt.

Die Sätze 3 und 4 legen im Einklang mit der Wertung vergleichbarer Fälle und im Interesse des Vertrauensschutzes eine absolute Ausschlussfrist für die Anfechtung von fünf Jahren fest. Das betroffene Kind ist bis zu einer erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft deutscher Staatsbürger und hält sich damit rechtmäßig in Deutschland auf. § 24 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (StAngRegG) enthält die Fünfjahresfrist für die Feststellung der Unwirksamkeit von Einbürgerungen Volksdeutscher wegen durch Verschulden des Antragstellers den Behörden nicht bekannter Tatsachen, die der Einbürgerung entgegengestanden hätten. Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 669/04 - (NVwZ 2006, S. 807; DVBl 2006, S. 910; ZAR 2006, S. 246; StAZ 2006, S. 200) zur Rücknahme einer Einbürgerung legt es nahe, für den Fall des rückwirkenden Wegfalls der deutschen Staatsangehörigkeit durch erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft eine Anfechtungshöchstfrist festzulegen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hebt die besonderen grundrechtsbezogenen Probleme hervor, die der Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit gerade für Kinder aufwirft (in den Urteilsgründen C. III. am Ende). Das Gericht hat dem Gesetzgeber insbesondere aus Gründen des Vertrauensschutzes Befristungsregelungen oder Altersgrenzen nahe gelegt. Für das Vertrauen des Kindes macht es keinen Unterschied, ob es seine Staatsangehörigkeit von einer Einbürgerung des Vaters oder einer Vaterschaftsanerkennung herleitet.

Zu Nummer 3 (§ 1600e BGB)

Da sich die neu eingeführte Anfechtungsklage nach § 1600b Abs. 1 Nr. 5 sowohl gegen das Kind als auch gegen den Anerkennenden als rechtlichen Vater im Sinne von §§ 1600 Abs. 1 Nr. 1, 1592 Nr. 2 richten muss, ist § 1600e Abs. 1 um diese spezielle Ausgestaltung der Passivlegitimation zu ergänzen. Die Berechtigung zur Anfechtung der Vaterschaft ergibt sich aus § 1600. Bei dieser Gelegenheit wird der Absatz insgesamt sprachlich präziser gefasst.

Absatz 2 wird zur Klarstellung ergänzt, weil nicht jede Behörde eine (juristische) Person ist.

Die erfolgreiche Anfechtungsklage beseitigt die Wirkungen der Vaterschaftsanerkennung rückwirkend (vgl. BGH, FamRZ 1994, S. 694, 695; Baumbach/Hartmann, 64. Aufl. 2006, Rn. 11 Grundzüge § 253 ZPO). Die gerichtliche Feststellung ändert deshalb auch den Personenstand des Kindes mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Geburt (Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, Rn. 40 zu § 30 PStG). Ein bereits erteilter Aufenthaltstitel kann dementsprechend gemäß §§ 51 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, 48 VwVfG zurückgenommen werden (vgl. Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Zimmermann-Kreher/Storr, Kommentar zum Zuwanderungsgesetz 2005, Rn. 11 zu § 51 AufenthG). Im Staatsangehörigkeitsrecht entfällt die für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erforderliche Abstammung von einem deutschen Vater, das Kind ist aufgrund der erfolgreichen Anfechtung nicht deutscher Staatsbürger geworden.

Zu Artikel 2 (Änderung sonstigen Bundesrechts)

Zu Absatz 1 ( § 29a PStG)

Die Ergänzung ist erforderlich, weil das Ablehnungsrecht des § 4 Beurkundungsgesetz (BeurkG) wegen § 58 BeurkG nicht für Standesbeamte gilt.

Alle anderen Urkundspersonen sollen bereits jetzt gemäß § 4 BeurkG (ggf. i. V.m. § 1 Abs. 2 BeurkG) die Beurkundung ablehnen, wenn mit ihr erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Ein solcher unredlicher Zweck wird z.B. mit der Vaterschaftsanerkennung verfolgt, bei der die Erlangung ausländerrechtlicher Vorteile im Vordergrund steht und die familienrechtlichen Wirkungen von den Beteiligten erkennbar nicht gewollt sind (Knittel, Beurkundungen im Kindschaftsrecht, 6. Aufl. 2005, Rn. 22, 24a, 25).

Zu Absatz 2 (Aufenthaltsgesetz)

Zu Nummer 1 ( § 79 AufenthG)

Durch die Neufassung wird die Regelung auf Fälle ausgeweitet, in denen ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren in Vorbereitung oder anhängig ist. Die Neuregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass eine zivilrechtlich wirksame Vaterschaftsanerkennung auch für aufenthaltsrechtliche Verfahren Bindungswirkung entfaltet, die jedoch durch ein Anfechtungsverfahren aufgehoben werden kann. Von der Behörde kann nicht verlangt werden kann, sehenden

Auges ein Verfahren zu betreiben, bei dem die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung eine zentrale Rolle spielt, ohne dass die Rechtsbeständigkeit dieser Anerkennung geklärt ist. Dies betrifft regelmäßig die Fälle, in denen eine Mitteilung nach §§ 87 Abs. 5 oder 90 Abs. 4 AufenthG erfolgt ist.

Die Personenaufzählung in Absatz 2 Nr. 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass sowohl die Mutter als auch der Vater des Kindes Antragsteller im Verfahren auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels sein können und beide im Vaterschaftsanfechtungsverfahren verschiedene Rollen haben können. Während der Vater stets Partei ist (vgl. § 1600e BGB-E), kann die Mutter als gesetzliche Vertreterin des Kindes oder als Beigeladene am Verfahren beteiligt sein (vgl. Zöller/Philippi, 25. Aufl. 2005, Rn. 2 zu § 640e ZPO).

Die Aussetzung der Entscheidung über den Aufenthaltstitel führt im Einklang mit den §§ 60a, 81 AufenthG, nicht zu einem Rechtsverlust: Personen, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, ist gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG eine Duldung (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) zu erteilen. Danach ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. In den relevanten Fallgruppen handelt es sich um Personen, die sich aufgrund der Vaterschaftsanerkennung auf § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG berufen. Die Vorschrift sieht einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den ausländischen Elternteil eines minderjährigen Deutschen vor, dem das Personensorgerecht zusteht und der deshalb beabsichtigt, die Personensorge auszuüben. Der Abschiebung des Elternteils wird daher Art. 6 Abs. 1 GG entgegenstehen, so dass die Voraussetzungen für eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG vorliegen. Für die Personen, die sich bereits rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, gilt § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG.

Zu Nummer 2 ( § 87 AufenthG)

Zu Buchstabe a (Absatz 2)

Dem § 87 Abs. 2 Satz 1 AufenthG soll eine neue Nummer 4 angefügt werden, wonach öffentliche Stellen die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten haben, wenn sie von konkreten Tatsachen Kenntnis erlangen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen für ein behördliches Anfechtungsrecht nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB vorliegen.

Die neue Mitteilungspflicht ergänzt die Mitteilungspflicht aus dem Absatz 1 des § 87 AufenthG, die in Fällen missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen ebenfalls zur Anwendung kommen kann. Danach haben öffentliche Stellen (vgl. die Legaldefinition in § 2 des Bundesdatenschutzgesetzes) den mit der Ausführung des AufenthG betrauten Behörden auf Ersuchen die ihnen bekannten Umstände mitzuteilen, die die Behörden für die Ausführung dieses Gesetzes benötigen.

Zu den Aufgaben der Ausländerbehörden und der Auslandsvertretungen gehört die Erteilung von Aufenthaltstiteln (§ 71 Abs. 1 und 2 AufenthG). Wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Erteilung des Aufenthaltstitels ist z.B. im Fall der ausländischen Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes, die durch die Vaterschaftsanerkennung vermittelt wird. Die Ausländerbehörde kann hier insbesondere die Stelle, die die Vaterschaftsanerkennung und die Zustimmung der Mutter beurkundet hat, um Mitteilung etwaiger Anhaltspunkte für einen Missbrauch ersuchen. Solche Anhaltspunkte können sich etwa daraus ergeben, dass der anerkennende Vater bereits mehrfach Kinder verschiedener ausländischer Mütter anerkannt hat oder der Urkundsbeamte von Dritten über eine Geldzahlung anlässlich der Vaterschaftsanerkennung unterrichtet wird. Neben den beurkundenden Stellen können auch die Einwohnermeldeämter über sachdienliche Informationen verfügen. So ist die Meldung eines gemeinsamen Wohnsitzes ein Indiz für eine sozialfamiliäre Beziehung, während das Getrenntleben Anlass für weitere Sachverhaltsermittlung sein kann.

Die Mitteilungspflicht auf Ersuchen der Ausländerbehörde nach § 87 Abs. 1 AufenthG reicht jedoch nicht in allen Fällen missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen aus. Insbesondere gibt es Fälle, in denen die Ausländerbehörde eine Person, die ohne die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig wäre, gar nicht im Blick hat. Dies gilt etwa für Ausländer, die einen Aufenthaltstitel nicht beantragt haben oder denen er verweigert wurde. Es gibt auch keine Gewähr dafür, dass die Betroffenen hier nach erfolgter Vaterschaftsanerkennung alsbald die Ausländerbehörde aufsuchen, um einen Aufenthaltstitel zu beantragen. Ebenfalls nicht im Blick der Ausländerbehörden werden häufig die Fälle sein, in denen die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis, die durch eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung ermöglicht wurde, vor Inkrafttreten der vorliegenden Neuregelung erteilt hat. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG wird in der Regel für drei Jahre erteilt. Innerhalb dieses Zeitraums besteht für die Ausländerbehörde grundsätzlich kein Anlass, sich mit dem Vorgang des Ausländers zu befassen, so dass bei ihr keine konkreten Verdachtsmomente auftreten können. Dies gilt erst recht für die Fälle, in denen die Ausländerbehörde eine Niederlassungserlaubnis, d.h. eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, erteilt hat. Nach § 28 Abs. 2 AufenthG ist einem Ausländer, der sich auf den Familiennachzug zu Deutschen, etwa nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG beruft, bereits nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

Die neue Mitteilungspflicht von öffentlichen Stellen bei konkreten Tatsachen nach § 87 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG-E ist außerdem geeignet zu vermeiden, dass die Ausländerbehörden im Hinblick auf das neu geschaffene öffentliche Anfechtungsrecht gleichsam "auf Verdacht" in allen Fällen von Vaterschaftsanerkennungen mit Auslandsbezug von ihrem nach § 87 Abs. 1 AufenthG bestehenden Recht auf Auskunftsersuchen Gebrauch machen müssen, um Kenntnis von möglichen Missbrauchsfällen erlangen zu können.

Für das Jugendamt kann die Mitteilungspflicht des § 87 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG-E in Konflikt insbesondere mit seinem Auftrag aus dem SGB VIII treten, Eltern in Angelegenheiten ihrer Kinder Hilfe und Unterstützung anzubieten. § 87 Abs. 2 letzter Halbsatz AufenthG-E sieht daher - entsprechend der Regelung des § 87 Abs. 3 AufenthG für die Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration - vor, dass das Jugendamt zur Mitteilung nur verpflichtet ist, soweit dadurch die Erfüllung der eigenen Aufgaben nicht gefährdet wird. Eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung des Jugendamts wird in der Regel insbesondere dann anzunehmen sein, wenn zwischen dem Jugendamt und den betroffenen Eltern ein über die Beurkundung der Vaterschaft hinausgehendes Hilfeverhältnis besteht.

Die Auslandsvertretungen teilen ihnen bekannt werdende Anfechtungstatsachen nach § 90 Abs. 4 AufenthG-E unmittelbar der anfechtungsberechtigten Behörde mit; § 90 Abs. 4 AufenthG-E ist insoweit lex specialis zu § 87 Abs. 2 AufenthG-E.

Die Anknüpfung an konkrete Tatsachen greift einen Ansatz aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht auf. Durch die Formulierung wird sichergestellt, dass bloße Vermutungen oder Hypothesen nicht ausreichen (vgl. Karlsruher-Kommentar/Wache, 3. Aufl. 2006, Rn. 39 vor § 53 OWiG).

Geht eine Mitteilung nach § 87 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG-E bei der Ausländerbehörde ein, muss die Ausländerbehörde sie im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit überprüfen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen des behördlichen Anfechtungsrechts (Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt i.S.d. § 1600 Abs. 3 BGB-E). Gelangt die Ausländerbehörde ebenfalls zu dem Ergebnis, dass konkrete Anfechtungstatsachen vorliegen, muss sie diese nach § 90 Abs. 4 AufenthG-E der anfechtungsberechtigten Behörde mitteilen.

Zu Buchstabe b (Absatz 5 neu)

Die Mitteilungspflichten der anfechtungsberechtigten Behörde und der Familiengerichte werden mit Rücksicht auf die Bedeutung der Entscheidungen für das Verwaltungsverfahren eingeführt.

Zu Nummer 3 ( § 90 AufenthG)

Die Mitteilungspflicht der Ausländerbehörde ist erforderlich, weil die Ausländerbehörde regelmäßig mit Anträgen auf Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltstiteln befasst ist, zu deren Begründung auf Vaterschaften aufgrund von Anerkennungen verwiesen wird. Die Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft erfolgt mit Blick auf die Fälle, in denen die Vaterschaftsanerkennung nicht wegen der Abstammung des Kindes oder einer sozialfamiliären Beziehung, sondern zum Zwecke der Erteilung eines Aufenthaltstitels durch die zuständige Behörde erfolgt.

Der Tatbestand verlangt in Abwägung zwischen dem Gebot effektiver Sachverhaltsermittlung einerseits und der Vermeidung bloßer Verdachtsmeldungen andererseits das Vorliegen konkreter Tatsachen, die aus Sicht der mitteilenden Behörde die Annahme eines Anfechtungstatbestands rechtfertigen. Der Wortlaut orientiert sich an dem § 48 Abs. 4 VwVfG, der die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts betrifft und damit einen Fall regelt, der mit der Anfechtbarkeit der Vaterschaft vergleichbar ist.

Zur Anknüpfung an konkrete Tatsachen wird auf die Begründung zu Artikel 2, Absatz 2, Nummer 2a (§ 87 Abs. 2 AufenthG-E) verwiesen. Die Mitteilung dieser Tatsachen soll dazu beitragen, dass die anfechtungsberechtigte Behörde ggf. eine schlüssige Klage erheben kann (vgl. die Begründung zu Artikel 1, Nummer 1, Buchstabe b, (2) Gerichtliches Verfahren, Sachverhaltsermittlung).

Die Einbeziehung der Auslandsvertretungen ist schon deshalb gerechtfertigt und notwendig, da diese in eigener Zuständigkeit Anträge auf Visumerteilung ablehnen können. Die interne Zustimmung der jeweiligen Ausländerbehörde gemäß § 31 Abs. 1 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) ist nur im Fall der Erteilung des Visums erforderlich. Nur insoweit erhält die Ausländerbehörde ggf. von konkreten anfechtungsrelevanten Tatsachen seitens der Auslandsvertretung Kenntnis.

Zu Absatz 3 ( § 640d ZPO)

Die Änderung von § 640d ZPO erstreckt sich neben der gebotenen redaktionellen Umstellung auf das Anfügen eines neuen Absatzes 2. Dieser schreibt die Anhörung des Jugendamts durch das Gericht in einem Anfechtungsverfahren nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB-E vor. Wenn eine sozialfamiliäre Beziehung des Kindes zu dem nach § 1592 Nr. 2 BGB legitimierten Vater besteht, wird das Jugendamt vielfach aufgrund seiner Beratungstätigkeit (vgl. § 52a SGB VIII) oder im Rahmen der Beistandschaft (vgl. §§ 55, 56 SGB VIII, § 1712 BGB) Kenntnis davon haben. Außerdem kann das Jugendamt seine Bewertung der vorhandenen Fakten gemäß seinem Aufgabenverständnis in das Gerichtsverfahren einbringen. Damit besteht neben dem Untersuchungsgrundsatz eine weitere Absicherung, dass die Anfechtung nur in den Fällen zum Erfolg führt, in denen der Vaterschaftsanerkennung keine sozialfamiliäre Beziehung zugrunde liegt.

Die Vorschrift orientiert sich an der in § 49a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) geregelten Anhörungspflicht. Da es sich bei Kindschaftssachen nach §§ 640 ff. ZPO, mithin auch bei Anfechtungsverfahren nach § 640 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, um "ZPO-Familiensachen" handelt, sind die Verfahrensvorschriften in die Zivilprozessordnung zu integrieren. Eine vergleichbare Vorschrift ist im Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgesehen (Artikel 1 § 184).

Zu Absatz 4 (Artikel 229 § [15] EGBGB)

Wegen der weit reichenden Auswirkungen der Abstammung im privaten und öffentlichen Bereich (Erbrecht, Steuerrecht, Sozialrecht etc.) besteht ein großes Bedürfnis nach baldiger Rechtssicherheit. Die Anfechtung der Vaterschaft wird daher vom Gesetz befristet. Da der anfechtungsberechtigten Behörde erst mit Inkrafttreten dieses Gesetzes die Anfechtung der Vaterschaft ermöglicht wird, sie aber gleichwohl schon vorher von den die Anfechtung rechtfertigenden Tatsachen erfahren haben kann, besteht die Gefahr der Verfristung. Artikel 229 § [15] EGBGB-E schreibt daher vor, dass die Anfechtungsfrist nicht vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu laufen beginnt. Zum Schutz des betroffenen Kindes gilt die absolute Ausschlussfrist von fünf Jahren auch in diesen Fällen.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Der Praxis soll ein angemessener Vorlauf für die Umsetzung dieses Gesetzes gegeben werden.