A. Problem und Ziel
Seit der letzten Anpassung sind Preise, Löhne und Gehälter, aber auch die Tarife für die Personenbeförderung gestiegen. Es ist davon auszugehen, dass deshalb der aktuell geltende Höchstbetrag für das erhöhte Beförderungsentgelt in der Praxis Personen nicht mehr ausreichend davon abhält, ohne gültigen Fahrausweis zu fahren. Der seit zwölf Jahren geltende Betrag für das erhöhte Beförderungsentgelt von 40 Euro ist daher auf 60 Euro anzuheben.
B. Lösung
Änderung der entsprechenden Verordnungen.
C. Alternativen
Die Höhe des erhöhten Beförderungsentgelts wird nicht angepasst und bei den derzeit geltenden 40 Euro belassen.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Es entsteht einmalig ein geringfügiger Erfüllungsaufwand bei den Verkehrsunternehmen.
E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Da für die betroffenen Unternehmen und für die Verwaltung keine Mehrkosten entstehen, sind auch keine negativen Auswirkungen auf die Beförderungsentgelte und auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau zu erwarten.
Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur
Verordnung zur Änderung von Vorschriften über das erhöhte Beförderungsentgelt
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, 23. März 2015
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zu erlassende Verordnung zur Änderung von Vorschriften über das erhöhte Beförderungsentgelt mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Altmaier
Verordnung zur Änderung von Vorschriften über das erhöhte Beförderungsentgelt
Vom ...
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur verordnet, jeweils in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165) und dem Organisationserlass vom 17. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4310)
- - auf Grund des § 57 Absatz 1 Nummer 5 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), § 57 Absatz 1 Nummer 5 zuletzt geändert durch Artikel 29 des Gesetzes vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1221), und
- - auf Grund des § 26 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), von denen § 26 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a durch Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe a des Gesetzes vom 26. Mai 2009 (BGBl. I S. 1146) und § 26 Absatz 3 Satz 2 durch Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe b des Gesetzes vom 26. Mai 2009 (BGBl. I S. 1146) geändert worden sind, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz:
Artikel 1
Änderung der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen
In § 9 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 (BGBl. I S. 230), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 8. November 2007 (BGBl. I S. 2569) geändert worden ist, wird die Angabe "40 Euro" durch die Angabe "60 Euro" ersetzt.
Artikel 2
Änderung der Eisenbahn-Verkehrsordnung
In § 12 Absatz 2 Satz 1 der Eisenbahn-Verkehrsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 1999 (BGBl. I S. 782), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. Mai 2009 (BGBl. I S. 1146) geändert worden ist, wird die Angabe "40 Euro" durch die Angabe "60 Euro" ersetzt.
Artikel 3
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am (einsetzen: Datum des ersten Tages des zweiten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats) in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelung
Zweck des erhöhten Beförderungsentgeltes ist es, die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen durch "Schwarzfahren" möglichst gering zu halten und damit den sich tariftreu verhaltenden Fahrgast zu entlasten.
Die durch "Schwarzfahren" bedingten Einnahmeausfälle werden letztlich durch die Einnahmen von den zahlenden Fahrgästen und die Bestellentgelte der Aufgabenträger ausgeglichen. Die Leistungen der öffentlichen Hand sowie der Nutzer sind damit höher, als sie sein müssten, wenn sich alle Fahrgäste tariftreu verhielten.
Die letzte Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes in der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (BefBedV) und in der Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) erfolgte durch Verordnung vom 15. Oktober 2002 zum 1. Januar 2003. Zum 1. Januar 2015 sind damit zwölf Jahre vergangen.
In der Zwischenzeit haben sich Preise, Löhne und Gehälter, aber auch die Tarife für die Personenbeförderung deutlich erhöht. Es ist notwendig, eine angemessene Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes vorzunehmen, um die mittlerweile gestörte Relation zwischen den Beförderungsentgelten und dem aktuell geltenden erhöhten Beförderungsentgelt wieder herzustellen. "Schwarzfahren" darf sich nicht rechnen. Dies ist für die betroffenen Verkehrsunternehmen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Nach Schätzungen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen werden durch "Schwarzfahrer" bei den deutschen Nahverkehrsunternehmen jährliche Einnahmeausfälle von etwa 200 - 250 Millionen Euro verursacht. Hinzu kommt, dass die Verkehrsunternehmen gegenüber der Situation im Jahre 2002 gestiegene Kosten für die Kontrolle der Fahrausweise der Beförderten und bei der Beitreibung des erhöhten Beförderungsentgeltes zu tragen haben.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, die Deutsche Bahn AG sowie die sonstigen Bahnunternehmen fordern vor diesem Hintergrund eine deutliche Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes. Eine Erhöhung des erhöhten Beförderungsengeltes auf 60 Euro wurde durch die Länder durch den Beschluss zu TOP 5.2 der Verkehrsministerkonferenz vom 10./11. April 2013 sowie durch den Beschluss des Bundesrates vom 28. November 2014 (BR-Drs. 502/14(B) ) initiiert.
II. Wesentlicher Inhalt der Verordnung
In den jeweiligen Bestimmungen der BefBedV und der EVO, in denen die Höhe des erhöhten Beförderungsentgelts geregelt ist, wird jeweils der Betrag "40 Euro" durch den Betrag "60 Euro" ersetzt.
III. Alternativen
Die Höhe des erhöhten Beförderungsentgelts wird nicht angepasst und bei den derzeit geltenden 40 Euro belassen.
IV. Regelungskompetenz
Die Verordnungskompetenz des Bundes folgt aus § 57 Absatz 1 Nummer 5 des Personenbeförderungsgesetzes bzw. aus § 26 Absatz 1 Nummer 1a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes.
V. Vereinbarkeit mit Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Die Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
VI. Rechtliche Folgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Die Verordnung sieht keine Rechtsvereinfachung oder Vereinfachung von Verwaltungsverfahren vor.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Es wurden die Managementregeln und Indikatoren der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie geprüft. Hervorzuheben sind die Managementregel Nummer 7 (öffentliche Haushalte) sowie die Nachhaltigkeitsindikatoren Nummer 6 (Indikatorenbereich Staatsverschuldung) und Nummer 11b (Indikatorenbereich Mobilität sichern - Umwelt schonen). Durch die Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes können den Länder- bzw. den Kommunalhaushalten Einsparungen entstehen, wenn aufgrund einer höheren Anzahl an Personen, die eine Fahrkarte kaufen, im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Schienenpersonennahverkehr (SPNV) geringere Bestellentgelte anfallen. Außerdem kann ein geringerer Anteil von "Schwarzfahrern" die Akzeptanz des ÖPNV und des SPNV in der Bevölkerung insgesamt steigern, was wiederum dazu beitragen kann, mehr Menschen dazu zu bewegen, das eigene Auto stehen zu lassen und stattdessen mit Bus und Bahn zu fahren.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
4. Erfüllungsaufwand
4.1 Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger
Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
4.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Es entsteht einmalig ein geringfügiger Erfüllungsaufwand bei den Verkehrsunternehmen, die ihre internen Verwaltungsabläufe (z.B. Softwareanpassung) an die Anhebung des erhöhten Beförderungsentgelts anpassen müssen.
4.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
Für die Verwaltung entsteht kein Erfüllungsaufwand.
5. Weitere Kosten
Die vorgesehenen Änderungen belasten die Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, oder die Umwelt sind nicht zu erwarten.
6. Gleichstellungspolitische Auswirkungen
Die Verordnung unterscheidet rechtlich nicht zwischen dem Schutz von Frauen und Männern.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen)
und
Zu Artikel 2 (§ 12 Absatz 2 Satz 1 der Eisenbahn-Verkehrsordnung)
Eine Anpassung auf 60 Euro entspricht zu einem wesentlichen Teil der Steigerung der Kosten nach dem Verbraucherpreisindex im Verkehrsbereich. Mit einer weiteren Erhöhung ist, anders als bei anderen regelmäßigen Preissteigerungen, nicht in näherer Zukunft zu rechnen, so dass auch ein Abstellen auf eine künftige Verbraucherpreissteigerung gerechtfertigt ist.
Zudem spricht auch die angestiegene finanzielle Belastung der Unternehmen durch die notwendigen Kontrollverdichtungen in den Verkehrsmitteln für die Erhöhung. Mit dem erhöhten Beförderungsentgelt soll neben Schaden durch den entgangenen Ticketpreis auch die finanzielle Mehrbelastung durch den Kontrollaufwand zumindest zum Teil ausgeglichen werden. Gemeint sind damit u.a. die Verwaltungsgebühren sowie Kosten für Großraum-Kontrollen und der Bau von Kontrolleinrichtungen. Diese Kosten sollten möglichst nicht auf die Allgemeinheit umgelegt werden und zu höheren Fahrpreisen führen.
Bei der Anpassung des erhöhten Beförderungsentgeltes von 40 Euro auf 60 Euro handelt es sich im Straßenbahn- und Obusverkehr sowie dem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen um eine Erhöhung des Rahmenbetrages, der den Verkehrsunternehmen auch weiterhin die Möglichkeit einräumt, in Fällen von geringem Verschulden situationsgerecht und kulant reagieren zu können. Insbesondere bei Ortsunkundigen, Kindern, älteren Personen oder Fahrgästen, die einen falschen Fahrschein gelöst haben, sollen die Unternehmen diesen Spielraum nutzen und ein niedrigeres erhöhtes Beförderungsentgelt fordern oder von der Verfolgung ganz absehen können. Damit soll auch vermieden werden, dass an sich zahlungswillige Fahrgäste mit unangemessen hohen Forderungen konfrontiert werden und Gelegenheitsfahrer aus Angst vor den Folgen eines Fehlers beim Fahrscheinkauf von der Nutzung des ÖPNV zurückschrecken. Dies erfordert eine entsprechende Festlegung der Verkehrsunternehmen z.B. in internen Richtlinien sowie eine Sensibilisierung und Schulung des Kontrollpersonals.
In diesem Zusammenhang fordern die Länder, entsprechend des Beschlusses zu TOP 5.2 der Verkehrsministerkonferenz vom 10./11. April 2013 sowie der BR-Drs. 502/14(B) , die Verkehrsunternehmen und -verbünde auf, durch geeignete Maßnahmen insbesondere beim Tarif und Vertrieb sicherzustellen, dass unbeabsichtigtes "Schwarzfahren" möglichst vermieden wird. Dieser Forderung schließt sich der Bund an.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Den Verkehrsunternehmen soll eine ausreichende Vorbereitungszeit für die notwendigen Umstellungen - u.a. in den Tarifen und Hinweisen in den Fahrzeugen in Bezug auf das geänderte erhöhte Beförderungsentgelt - eingeräumt werden.