A. Problem und Ziel
Der seit zwölf Jahren geltende Betrag für das erhöhte Beförderungsentgelt von 40 Euro ist auf 60 Euro anzuheben.
B. Lösung
Änderung der in Rede stehenden Verordnungen.
C. Alternativen
Nicht ersichtlich. Seit der letzten Anpassung sind Preise, Löhne und Gehälter, aber auch die Tarife für die Personenbeförderung gestiegen. Die Daten zu festgestellten Fahrten ohne gültige Fahrberechtigung belegen, dass der aktuell geltende Höchstbetrag für das erhöhte Beförderungsentgelt in der Praxis keine ausreichende Hinderung zu Fahrten ohne Fahrberechtigung mehr darstellt.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
I. Bund
Für den Bund entstehen weder Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand noch nennenswerter Aufwand beim Vollzug.
II. Länder und Kommunen
Für die Länder und Kommunen entstehen keine Haushaltsausgaben oder Vollzugsaufwand. Durch einen höheren Anteil der Nutzerfinanzierung könnte bei den Aufgabenträgern im öffentlichen Personennahverkehr eine geringe Entlastung bei den Bestellentgelten eintreten.
E. Sonstige Kosten
Es gibt keine kostenmäßige Mehrbelastung für die betroffenen Unternehmen und für die Verwaltung. Deshalb sind auch keine negativen Auswirkungen auf die genehmigten Beförderungsentgelte und auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, zu erwarten. Theoretisch könnten die Beförderungsentgelte durch eine höhere Zahlerquote sogar geringfügig gesenkt bzw. künftig weniger stark aus sonstigen Gründen erhöht werden.
F. Bürokratiekosten
Für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung werden keine Informationspflichten eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Verordnungsentwurf des Bundesrates
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen sowie zur Änderung der Eisenbahn-Verkehrsordnung
Der Bundesrat hat in seiner 928. Sitzung am 28. November 2014 beschlossen, die beigefügte Vorlage für den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß Artikel 80 Absatz 3 des Grundgesetzes der Bundesregierung zuzuleiten.
Anlage
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen sowie zur Änderung der Eisenbahn-Verkehrsordnung
Vom ...
Auf Grund des § 57 Absatz 1 Nummer 5 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), der zuletzt durch Artikel 2 Absatz 147 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist und des § 26 Absatz 1 Nummer 1a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), der zuletzt durch Artikel 4 Absatz 120 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist und § 1 Absatz 2 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165) sowie des Organisationserlasses der Bundeskanzlerin vom 17. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4310), verordnet das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Zustimmung des Bundesrates:
Artikel 1
In § 9 Absatz 2 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 (BGBl. I S. 230), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 8. November 2007 (BGBl. I S. 2569) geändert worden ist, wird die Angabe "40 Euro" durch die Angabe "60 Euro" ersetzt.
Artikel 2
In § 12 Absatz 2 Satz 1 der Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 8. September 1938 (RGBl. II S. 663) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 1999 (BGBl. I S. 782), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. Mai 2009 (BGBl. I S. 1146) geändert worden ist, wird die Angabe "40 Euro" durch die Angabe "60 Euro" ersetzt.
Artikel 3
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung des Entwurfs
Die letzte Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes in der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (VO-ABB) und in der Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) erfolgte durch Verordnung vom 15. Oktober 2002 zum 1. Januar 2003. Bis zum 1. Januar 2015 werden damit zwölf Jahre vergangen sein.
In der Zwischenzeit haben sich Preise, Löhne und Gehälter, aber auch die Tarife für die Personenbeförderung deutlich erhöht. Es ist notwendig, eine angemessene Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes vorzunehmen, um die mittlerweile gestörte Relation zwischen den Beförderungsentgelten und dem aktuell geltenden erhöhten Beförderungsentgelt wieder herzustellen. Dies ist für die betroffenen Verkehrsunternehmen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Nach Schätzungen des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen werden durch Fahrten der Schwarzfahrer bei den deutschen Nahverkehrsunternehmen jährliche Einnahmeausfälle von etwa 200 - 250 Millionen Euro verursacht. Hinzu kommt, dass die Verkehrsunternehmen gegenüber der Situation im Jahre 2002 gestiegene Kosten für die Kontrolle der Fahrausweise der Beförderten und bei der Beitreibung des erhöhten Beförderungsentgeltes zu tragen haben.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Präventivwirkung, die von dem erhöhten Beförderungsentgelt ausgeht, im Laufe der Jahre angesichts der allgemeinen Preisentwicklung deutlich abgenommen hat. Das erhöhte Beförderungsentgelt soll deshalb für den Anwendungsbereich der beiden genannten Verordnungen auf einheitlich 60 Euro angehoben werden. Der sich tariftreu verhaltende Fahrgast wird nicht belastet.
II. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht
Die Verordnungskompetenz des Bundes folgt aus § 57 Absatz 1 Nummer 5 des Personenbeförderungsgesetzes bzw. aus § 26 Absatz 1 Nummer 1a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes. Damit besteht nach Artikel 80 Absatz 1 des Grundgesetzes die Rechtssetzungsbefugnis des Bundes sowie nach Artikel 80 Absatz 3 des Grundgesetzes eine Zuleitungsbefugnis der Länder, da nach beiden Verordnungsermächtigungen eine Zustimmungsbedürftigkeit durch den Bundesrat begründet wird.
Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
III. Auswirkungen
Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sind durch den Entwurf nicht zu erwarten. Durch die Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes können den Länder- bzw. den Kommunalhaushaushalten möglicherweise Einsparungen entstehen, wenn aufgrund einer höheren Zahlerquote im ÖPNV und SPNV geringere Bestellentgelte anfallen. In diesem Bereich werden nur geringe Auswirkungen erwartet.
Die vorgesehenen Änderungen belasten die Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, oder die Umwelt sind nicht zu erwarten. Theoretisch könnten die Beförderungsentgelte durch eine höhere Zahlerquote sogar geringfügig gesenkt bzw. künftig weniger stark aus sonstigen Gründen erhöht werden.
Der Entwurf unterscheidet rechtlich nicht zwischen dem Schutz von Frauen und Männern.
Mit dem Gesetzentwurf werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger eingeführt.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 und 2
Zweck des erhöhten Beförderungsentgeltes ist es, die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen durch "Schwarzfahren", welche jährlich etwa 200 - 250 Millionen Euro betragen, möglichst gering zu halten und damit den sich tariftreu verhaltenden Fahrgast zu entlasten.
Die durch "Schwarzfahren" bedingten Einnahmeausfälle werden letztlich durch die Einnahmen von den zahlenden Fahrgästen und die Bestellentgelte der Aufgabenträger ausgeglichen. Die Leistungen der öffentlichen Hand sowie der Nutzer sind damit höher, als sie sein müssten, wenn sich alle Fahrgäste tariftreu verhielten.
Die intendierte abschreckende Wirkung für den "Schwarzfahrer" kommt dem aktuellen, im Jahr 2002 festgelegten Betrag von 40 Euro des erhöhten Beförderungsentgelts nicht mehr in dem erforderlichen Maße zu. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, die Deutsche Bahn AG sowie die sonstigen Bahnunternehmen fordern vor diesem Hintergrund eine deutliche Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes.
Die vorgesehene Anhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes auf 60 Euro wird als erforderlich, aber auch als angemessen angesehen, um das Risiko des "Schwarzfahrens" spürbar zu erhöhen. Durch die zunehmende Ausweitung der Verkehrsverbünde mit der damit verbundenen Möglichkeit, mit einem Ticket größere Strecken zu fahren, entsteht ein weiterer Bedarf, den Höchstbetrag für das erhöhte Beförderungsentgelt anzuheben, um Fehlanreize zu vermeiden.
Eine Anpassung auf 60 Euro entspricht zu einem wesentlichen Teil der Steigerung der Kosten nach dem Verbraucherpreisindex im Verkehrsbereich. Mit einer weiteren Erhöhung ist, anders als bei anderen regelmäßigen Preissteigerungen, nicht in näherer Zukunft zu rechnen, so dass auch ein Abstellen auf eine künftige Verbraucherpreissteigerung gerechtfertigt ist.
Zudem spricht auch die angestiegene finanzielle Belastung der Unternehmen durch die notwendigen Kontrollverdichtungen in den Verkehrsmitteln für die Erhöhung. Mit dem erhöhten Beförderungsentgelt soll neben Schaden durch den entgangenen Ticketpreis auch die finanzielle Mehrbelastung durch den Kontrollaufwand zumindest zum Teil ausgeglichen werden. Gemeint sind damit u.a. die Verwaltungsgebühren sowie Kosten für Großraum-Kontrollen und der Bau von Kontrolleinrichtungen. Diese Kosten sollten möglichst nicht auf die Allgemeinheit umgelegt werden und zu höheren Fahrpreisen führen.
"Schwarzfahren" darf sich nicht rechnen. Eine Ausschöpfung des Sanktionsrahmens durch die Verkehrsunternehmen im Regelfall dürfte von der ganz überwiegenden Mehrheit der zahlenden Fahrgäste begrüßt werden. Bei der Anpassung des erhöhten Beförderungsentgeltes von 40 Euro auf 60 Euro handelt es sich im Straßenbahn- und Obusverkehr sowie dem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen um eine Erhöhung des Rahmenbetrages, der den Verkehrsunternehmen auch weiterhin die Möglichkeit einräumt, in Fällen von geringem Verschulden situationsgerecht und kulant reagieren zu können. Insbesondere bei Ortsunkundigen, Kindern, älteren Personen oder Fahrgästen, die einen falschen Fahrschein gelöst haben, sollen die Unternehmen diesen Spielraum nutzen und ein niedrigeres erhöhtes Beförderungsentgelt fordern oder von der Verfolgung ganz absehen können. Damit soll auch vermieden werden, dass an sich zahlungswillige Fahrgäste mit unangemessen hohen Forderungen konfrontiert werden und Gelegenheitsfahrer aus Angst vor den Folgen eines Fehlers beim Fahrscheinkauf von der Nutzung des ÖPNV zurückschrecken. Dies erfordert eine entsprechende Festlegung der Verkehrsunternehmen z.B. in internen Richtlinien sowie eine Sensibilisierung und Schulung des Kontrollpersonals.
Sowohl der Bund als auch die Länder setzen sich parallel zur vorliegenden Anhebung dafür ein, dass die Verkehrsunternehmen und -verbünde durch geeignete Maßnahmen insbesondere beim Tarif und Vertrieb sicherstellen, dass Fälle des unbeabsichtigten "Schwarzfahrens" möglichst vermieden werden.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Den Verkehrsunternehmen soll eine ausreichende Vorbereitungszeit für die notwendigen Umstellungen - u.a. in den Tarifen und Hinweisen in den Fahrzeugen in Bezug auf das geänderte erhöhte Beförderungsentgelt - eingeräumt werden.