Der Bundesrat hat in seiner 975. Sitzung am 15. März 2019 beschlossen, die Entschließungen in Drucksache 022/19 (PDF) und Drucksache 073/19 (PDF) in der aus der Anlage ersichtlichen Fassung anzunehmen.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Einschränkung von Mikroplastikeinträgen und zum Verbot von Mikroplastik in Kosmetika
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass Mikro- und Nanoplastik eine große Gefahr für Binnengewässer und Meeresökosysteme darstellen. Er ist besorgt, dass neben dem wahrnehmbaren Eintrag von Kunststoffabfällen in die Umwelt auch eine zunehmende Verschmutzung der Gewässer, Meere und Böden mit Mikroplastik festzustellen ist.
- 2. Die Quellen von Mikroplastik sind vielfältig. So gelangt Mikroplastik unter anderem als Abrieb von Reifen und Textilien, Kunstrasen sowie als bewusster Zusatz zu Kosmetika oder anderen Produkten über die Abwässer in Flüsse, Seen und Meere. Durch Klärschlämme, Agrarkunststoffe, belasteten Kompost, Verwehungen und Überschwemmungen ist ein Eintragsweg in die Böden gegeben. Über Aufnahme durch Lebewesen wird es Teil der Nahrungskette und damit auch zu einer Belastung der menschlichen Nahrungsgrundlagen sowie möglicherweise der menschlichen Gesundheit. Der Bundesrat hält daher weitergehende Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung dieser Einträge für dringend geboten.
- 3. Der Bundesrat ist weiter der Auffassung, dass eine Verminderung von Mikroplastik vordringlich eine Frage des Produktdesigns darstellt. Abwässer beispielsweise von Straßen und Wegen müssten mit hohem Aufwand entsprechend vorbehandelt werden, bevor sie in Gewässer eingeleitet werden. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, mit welchen Maßnahmen eine wirksame Minderung des Eintrags von Mikroplastikpartikeln und schwer abbaubaren Polymeren in Gewässer und in die Böden bezogen auf Menge und Schädlichkeit erreicht werden kann.
- 4. Aus Sicht des Bundesrates sollte der Eintrag von Mikro- und Nanoplastik durch Minimierung oder Vermeidung des Einsatzes bereits an der Quelle verhindert werden. Eine Quelle ist die Kosmetikindustrie, die Mikro- und Nanoplastik in flüssiger und fester Form in Kosmetika und anderen Pflegeprodukten einsetzt. Nach Auffassung des Bundesrates ist das Zusetzen von Mikroplastik und anderen schwer abbaubaren Polymeren in Reinigungs-, Hygiene- und Kosmetikartikeln sowie vielen weiteren Produkten nicht erforderlich. Der Bundesrat sieht die Hersteller solcher Produkte in einer besonderen Verantwortung und bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Hersteller auf den Zusatz von Mikroplastik verzichten.
- 5. Deshalb unterstützt der Bundesrat nachdrücklich die Bemühungen der Bundesregierung, den Einsatz von flüssigen und festen Kunststoffzusätzen in Kosmetika und anderen Pflegeprodukten so schnell wie möglich, spätestens aber bis zum Jahr 2020 mittels einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Kosmetikhersteller zu beenden.
- 6. Sollte der Einsatz von Mikro- und Nanoplastik in Kosmetikartikeln und anderen Pflegeprodukten nicht bis zum Jahr 2020 vollständig beendet sein, fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, auf europäischer Ebene auf ein entsprechendes Verbot hinzuwirken.
- 7. Angesichts des bereits bestehenden Ausmaßes der Verbreitung von Mikroplastik in der aquatischen Umwelt bittet der Bundesrat die Bundesregierung, aus Gründen des Gewässer-, Meeres- und Gesundheitsschutzes auch nationale Verbote oder Beschränkungen von Produkten mit bewusst zugesetzten Kunststoffpartikeln und anderen schwer abbaubaren Polymeren zu prüfen.
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich weiterhin auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die von der EU-Kommission im Rahmen der Europäischen Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft (BR-Drucksache 013/18 (PDF) ) angekündigten Maßnahmen zur Eindämmung der Umweltverschmutzung durch Mikroplastik umgehend umgesetzt werden.
Begründung:
Mikro- und Nanoplastik gefährdet in zunehmendem Maße Ökosysteme und die Gesundheit des Menschen. Der Einsatz von Kunststoffmikropartikeln in Kosmetika und Pflegeprodukten ist eine Ursache der Plastikverschmutzung in der Umwelt. Plastik enthält verschiedene chemische Zusatzstoffe wie z.B. Weichmacher. An Mikroplastik können sich zudem diverse organische Schadstoffe und Schwermetalle ansammeln. Dadurch wird ein zusätzlicher, aber vermeidbarer Eintragspfad von langlebigen Schadstoffen in die Nahrungskette geschaffen. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand kann nicht ausgeschlossen werden, dass Mikroplastik das Verhalten und die Vermehrung von Fischlarven negativ beeinflusst und damit die Fischbestände gefährdet. Neuere Studien ergeben auch, dass die Auswirkungen von Mikroplastik in Böden die Ökosysteme dauerhaft negativ beeinflussen. Ebenso ist eine gesundheitliche Gefährdung des Menschen nach derzeitigem Wissensstand möglich bzw. kann nicht ausgeschlossen werden.
Der Bundesrat fordert mit Beschluss vom 6. Juli 2018 (BR-Drucksache 224/18(B) -) neben Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Reduktion von Kunststoffeinträgen ein EU-weites Verbot von Mikroplastik in Wasch- und Reinigungsmitteln sowie in Kosmetika.
Die Hersteller und Vertreiber haben selbst den größten Einfluss auf die Gestaltung der von ihnen hergestellten und vertriebenen Produkte. Kosmetikprodukte sind zwar nicht die größte Quelle für Mikroplastikverunreinigungen und viele Unternehmen der Kosmetikbranche verzichten bereits freiwillig bei bestimmten Produkten auf das Zusetzen von Mikroplastik. Trotz einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Kosmetikhersteller, die bereits zu einem Rückgang des Mikro- und Nanoplastiks in Kosmetika und Pflegeprodukten geführt hat, werden diese Stoffe nach wie vor eingesetzt. Die Europäische Kommission hat die Europäische Chemikalienagentur ECHA beauftragt, Beschränkungen von bewusst zugesetzten Mikroplastikpartikeln zu prüfen. Nach dem Vorsorgeprinzip ist es erforderlich, dass der Einsatz vollständig beendet wird. Hierfür sind weitere Anstrengungen notwendig. Sollten entsprechende Absprachen im Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung nicht zum Erfolg führen, sind regulatorische Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich.
Maßnahmen auf nationaler Ebene könnten im Falle einer zweifelsfrei europarechtlichen Zulässigkeit zusätzlich ergriffen werden. Von dieser Möglichkeit machen einige Mitgliedstaaten wie Schweden, Italien oder Großbritannien Gebrauch. Aus Gründen des Schutzes der heimischen Gewässer und angesichts der Unsicherheit, ob ein EU-weites Verbot zeitnah ergeht, sollte die Bundesregierung die Prüfung einer nationalen Verbotsregelung mindestens für das bewusste Zusetzen von Mikroplastik in Produkte einleiten und ggf. dem Vorbild anderer Staaten wie Italien, USA, Kanada, Neuseeland und Schweden folgen.