Der Bundesrat hat in seiner 980. Sitzung am 20. September 2019 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel, die Rechtsunsicherheiten bei bereits erteilten Typgenehmigungen, die seit dem 1. September 2017 ausgestellt wurden, und bei künftigen Typgenehmigungen abzustellen. Sie waren aufgrund des Gerichtsurteils über die Klagen der Städte Paris, Brüssel und Madrid und des vom Gericht um maximal 12 Monate verzögerten Wirksamwerdens der Nichtigkeitserklärung (tritt am 23. Februar 2020 in Kraft) entstanden. Der Verordnungsvorschlag muss rasch verabschiedet werden, damit Wirtschaftsakteure und die Kfz-Halter so bald wie möglich und in jedem Fall vor dem Wirksamwerden des Urteils am 23. Februar 2020 Klarheit darüber erhalten, welche Vorschriften gelten bzw. ob die Betriebserlaubnis des bereits zugelassenen Fahrzeugs erlischt.
- 2. Allerdings gibt der Bundesrat zu bedenken, dass der Kommission mit der vorgeschlagenen Verordnung die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte eingeräumt wird, die regulatorische Kernkompetenz damit vom Europäischen Parlament und dem Rat an die Kommission abgegeben werden soll - zumal durch die delegierten Rechtsakte wesentliche Elemente des Rechtsakts verändert würden. So soll gemäß Ziffer 10 des Verordnungsvorschlags (zu Artikel 14 Absatz 2) die Kommission künftig befugt werden, Grenzwerte für die Partikelmasse und die Partikelanzahl selbst neu festzulegen, da explizit auf den (gesamten) Anhang der bestehenden Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen verwiesen wird. Kritisch zu sehen ist weiter die Ziffer 11 des Verordnungsvorschlages (zu Artikel 14a), welcher neu eingefügt werden soll und die Dauer der Befugnisübertragung regelt. Die Befugnisübertragung soll demnach über 5 Jahre gelten und sich stillschweigend um den gleichen Zeitraum verlängern, sofern das Europäische Parlament oder der Rat nicht widersprechen. Der Bundesrat rät von dieser Regelung ab und schlägt vor, dass das Europäische Parlament und der Rat bei der Übertragung der Befugnisse mindestens alle 5 Jahre aktiv der Befugnisverlängerung zustimmen müssen. Nur so können das Europäische Parlament und der Rat die ihnen übertragene Kontrollfunktion wahrnehmen und wären auch in Zukunft die Mitgliedstaaten, und so Bundestag und Bundesrat, in die Entscheidung eingebunden.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass die Übertragung von Befugnissen vom Europäischen Parlament und dem Rat zum Erlass delegierter Rechtsakte an die Kommission vertieft diskutiert und überprüft wird oder mit einer substantiierten Begründung versehen werden muss.
Begründung:
Dem Rat und Europäischen Parlament ist die Aufgabe übertragen, wesentliche, europaweit wirkende gesetzliche Regelungen aufzustellen und einzuführen (Maastricht-Verträge). Innerhalb der Regelungen obliegt es dem Rat und Europäischen Parlament, wesentliche Regelungen und Parameter im regulären Verfahren zu beschließen. Dazu gehören bei den Abgasen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Rahmen ihrer Typgenehmigung zweifelsfrei die Grenzwerte, insbesondere die Partikelemissionen. Analoges trifft zum Beispiel für Immissionsgrenzwerte zu.
Unabhängig von dieser Aufgabe von Rat und Europäischem Parlament müssten die nationalen Parlamente nicht mehr beteiligt werden, wenn die Kommission formal alleinig für die Grenzwertsetzung zuständig wäre.
In Bezug auf die Verlängerung der Dauer der Befugnisübertragung zu allen anderen Regelungen sollten Rat und Europäisches Parlament ihre Verantwortung insbesondere der Kontrolle der Kommission, der sie Aufgaben übertragen, wahrnehmen. Auch aus Gründen der Evaluierung der Arbeit der Kommission sollte stets eine aktive Zustimmung von Rat und Europäischem Parlament erfolgen. Ansonsten könnte die Befugnis letztlich jetzt schon auf Dauer abgegeben werden, was Rat und Europäisches Parlament im vorliegenden Verordnungsvorschlag offensichtlich nicht beabsichtigen.