Der Bundesrat hat in seiner 796. Sitzung am 13. Februar 2004 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur wirksamen Bekämpfung der Schwarzarbeit im Taxengewerbe und Schaffung eines fairen Wettbewerbs
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf,
- 1. die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb im Taxen- und Mietwagengewerbe zu schaffen und den durch Schwarzarbeit entstehenden massiven Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der rechtstreuen Unternehmer und Beschäftigten wirksam entgegen zu treten,
- 2. zügig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die erkannten Missbrauchstatbestände auch im deutschen Taxi- und Mietwagengewerbe einzudämmen. Dabei sollten vorrangig wirkungsvolle Regelungen im Bereich der Steuer- und Sozialgesetzgebung geschaffen werden. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe des Bund-Länder-Fachausschusses "Straßenpersonenverkehr"
- - Änderung der technischen Ausstattung von Taxen- und Mietwagen - gesetzliche Verankerung der Datenübermittlung und -verarbeitung - Änderung von Rechtsvorschriften sollten in die Überlegungen einbezogen werden.
Begründung:
Unter Federführung der Staatsanwaltschaft Osnabrück und des Hauptzollamtes Osnabrück haben im Mai 2000 über 500 Beamte aus mehreren Ländern eine gemeinsame Schwerpunkt-Aktion im dortigen Taxen- und Mietwagengewerbe durchgeführt. Bei dem bundesweit bisher aufwändigsten Einsatz wurden umfangreiche Beweismaterialien beschlagnahmt. Die Ermittlungsergebnisse zeigen erhebliche Unregelmäßigkeiten und Straftaten. Dabei geht es im Wesentlichen um Steuerhinterziehung, um Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen, um Leistungsmissbrauch gegenüber Arbeits- und Sozialämtern, um Vorenthalten von Beiträgen zur Berufsgenossenschaft, um Unterhaltspflichtverletzungen, um Falschbeurkundungen in Nebenverdienstbescheinigungen sowie teilweise um Beihilfe zu den genannten Tatbeständen.
Von den 545 eingeleiteten Ermittlungsverfahren - davon 47 gegen Arbeitgeber - sind bisher 399 Verfahren durch Einstellung (z. T. gegen Geldauflage), durch Strafbefehl oder Anklage abgeschlossen. Allein in Osnabrück beläuft sich der Schaden bislang auf mehr als 7,5 Millionen (Mio.) Euro, davon rd. 3,9 Mio. Euro vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge, 2,9 Mio. Euro hinterzogener Umsatz- und Lohnsteuern sowie knapp 600.000,- Euro überzahlte Arbeitslosenunterstützung bzw. Sozialhilfe. Die Auswertungen sind allerdings noch nicht abgeschlossen. Es gibt keine Hinweise, dass das Taxi- und Mietwagengewerbe in Osnabrück besonders auffällig oder unauffällig ist. Insoweit liegt die Vermutung nahe, dass die o.g. Missbrauchstatbestände in entsprechender Ausprägung vielerorts auftreten. Dies zeigen z.B. andere Schwerpunktaktionen im Bundesgebiet (u.a. Itzehoe, Villingen/Schwenningen, Landshut).
Die Ermittler weisen darauf hin, dass die geltenden strafrechtlichen Vorschriften und Sanktionsmöglichkeiten zwar ausreichend sind, eine gerichtsfeste Beweisführung sich aber mangels auswertbarer Unterlagen ausgesprochen schwierig darstellt. So ist z.B. der Nachweis über die tatsächlich erzielten Einnahmen oder eingegangene Beschäftigungsverhältnisse oft schwer zu führen. Regelmäßige Aufzeichnungen in Form von Schicht- oder Abrechnungszetteln für Arbeitnehmer und selbstfahrende Unternehmer existieren kaum oder sind nicht verwertbar.
Der Bund-Länder-Fachausschuss "Straßenpersonenverkehr", der erstmals im März 2001 durch einen Bericht der Staatsanwaltschaft Osnabrück mit dem Thema befasst wurde, erörterte im November 2001 den Bericht und die Verbesserungsvorschläge einer von ihm eingesetzten länderübergreifenden Arbeitsgruppe. Analyse und Bericht der Arbeitsgruppe bestätigen, dass es unredlichen Unternehmern und Arbeitnehmern relativ leicht gemacht wird, die bestehenden gesetzlichen Vorschriften nicht einzuhalten, um daraus spürbare finanzielle wie auch Wettbewerbsvorteile gegenüber den sich ordnungsgemäß verhaltenden Unternehmen zu erzielen. Es entstehen erhebliche finanzwirtschaftliche Schäden. Das Volumen der nicht erklärten Umsätze im deutschen Taxen- und Mietwagengewerbe (Stand 2000/2001) wird von der Arbeitsgruppe auf jährlich zwischen 1 und 1,3 Milliarden Euro, die nicht gemeldeten Lohnsummen auf jährlich zwischen 400 und 750 Millionen Euro geschätzt.
Staat und Sozialversicherungsträgern entsteht insoweit je Euro Schwarzeinnahme ein geschätzter Gesamtschaden in Höhe von 40 bis 50 Cent. Allein für Niedersachsen ist der Gesamtschaden auf bis zu 50 Millionen Euro (jährlich) zu veranschlagen.
Die Arbeitsgruppe unterstreicht, dass zahlreiche Behörden und öffentliche Stellen wie Finanzbehörden, Sozialversicherungsträger, Berufsgenossenschaften oder Genehmigungsbehörden nach dem Personenbeförderungsgesetz ihren gesetzlichen Auftrag mangels effektiver Kontrollmöglichkeiten nicht mehr hinreichend erfüllen können. Mit Blick auf die Rechtsetzungskompetenz des Bundes beschloss der Bund-Länder-Fachausschuss am 7. November 2001 (bei einer Gegenstimme), das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu bitten, die Initiative gegenüber den anderen Bundesressorts zu ergreifen, um mit Hilfe der von der Arbeitsgruppe entwickelten Verbesserungsvorschläge die aufgezeigten Missbrauchstatbestände im Gewerbe einzudämmen. Nach fast zwei Jahren bleibt mit Ernüchterung festzustellen, dass eine Problemlösung nicht in Sicht ist.